Laboe: Kampf gegen eigene Geschichte

Begonnen von Ralf, 03 November 2007, 12:10:17

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Ralf

Weniger Besucher, klamme Kassen und eine politisch problematische Ausstellung: Der Deutsche Marinebund will das Ehrenmal in Laboe jetzt attraktiver machen – dabei floss in den vergangenen Jahren zu viel Geld in die Verwaltung des Marinebundes, sagen Kritiker des Vereins.
Laboe/sh:z
– Der Blick des Besuchers wird gleich am Eingang eingefangen: ,,Sie starben für uns" steht dort in der Halle des Marine-Ehrenmals in Laboe (Kreis Plön) in Stein gemeißelt. Eine Besucherin hat ins Gästebuch geschrieben ,,Nicht für mich". Wie sie denken offenbar immer mehr Einheimische und Touristen, denn das Ehrenmal leidet seit Jahren unter sinkenden Besucherzahlen. Immer wieder wird die Ausstellung über den Seekrieg als ,,revanchistisch" bezeichnet.

,,In manchen Teilen ist sie unmodern", sagt Dr. Jann Markus Witt, der ab dem kommenden Jahr die historische Leitung übernehmen wird. Die Darstellung der Marinegeschichte sei ,,nicht direkt kriegsverherrlichend, aber eben schon von Heldengeschichten geprägt und einseitig", gibt Witt zu. Eine Anpassung an die aktuellen Ergebnisse der Geschichtswissenschaft sei dringend nötig, denn seit den 50er Jahren sei zwar immer wieder an der Bausubstanz gearbeitet worden, das Ausstellungskonzept aber bis auf eine Ergänzung zur Marinegeschichte nach 1945 weitgehend unverändert geblieben. Mitglieder des Marinebundes, die selbst den Krieg erlebt hätten, seien immer gegen eine Neugestaltung gewesen, die vor allem Witts Vorgänger vorantreiben wollte, bevor er entnervt aufgab.

Und so finden sich in den Hallen des Ehrenmals eine Reichskriegsflagge, die heute gern von Neonazis als Symbol verwendet wird. Dazu gibt es keinen weiteren Kommentar, ebenso wenig darüber, dass U-Boot-Fahrer in den letzten Kriegsjahren sinnlos in den Tod geschickt worden. In einer Glaswand ist ein kaum sichtbares Hakenkreuz integriert. ,,Außerdem fehlt in der Ausstellung jeder Hinweis auf die durch Matrosen in Gang gebrachte Revolution von 1919", sagt Witt. Und die Besetzung ,,unserer Kolonien in Afrika" wird zwar erwähnt, dass deutsche Truppen zu Beginn des 20. Jahrhunderts regelrechte Völkermorde begingen, vermisst der Besucher dagegen. Dennoch spricht der Vorstand von einem ,,Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren".

,,Wir müssen versuchen, das Ehrenmal attraktiver zu machen", sagt Karl Heid, Präsident des Deutschen Marinebundes, dem das Ehrenmal gehört und der sich um den Erhalt kümmert. Mit übersichtlicheren Schautafeln, Filmen und Medien wollen er und Jann Markus Witt das Ehrenmal entstauben. Dazu habe sich der Marinebund einen ,,rigiden Sparkurs aufgezwungen", wie Heid sagt. Personal sei entlassen, Kostenstrukturen optimiert worden.

,,Das ist überfällig, der Marinebund hat sich nie genug um das Ehrenmal gekümmert, sondern sich nur daran bereichert", sagt ein Kritiker, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Der Geschäftsbericht nährt seine Angaben. Demnach nahm der Marinebund 2006 fast 800 000 Euro an Eintrittsgeldern ein, nach Abzug der Betriebs- und Personalkosten konnten jedoch nur rund 161 000 Euro in den Erhalt der Gedenkstätte investiert werden. Doch allein die Vereinszeitung ,,Leinen los" kostete den Verband, der nach eigenen Angaben noch rund 17 000 Mitglieder zählt, über 175 000 Euro. Vorstandssitzungen, der Abgeordnetentag, Reise- und Verwaltungskosten schlagen mit insgesamt deutlich über 100 000 Euro zu Buche. ,,Das Ehrenmal soll sich selbst tragen", sagt Präsident Heid dazu. ,,Es ist umgekehrt: Das Ehrenmal hat einen Verband getragen, der ein aussterbender Veteranenclub ist", meint hingegen ein einfaches Mitglied des Bundes. Heid selbst will versuchen, ,,die Sache in Ordnung zu bringen". Staatsgelder bekam er zur Unterstützung nur einmal, 30 000 Euro Zuschuss für die Sanierung eines Dachs – gezahlt vom Landesamt für Denkmalpflege. ,,Wir fragen nicht, wie viel Geld jemand hat, der ein Denkmal besitzt", sagt der Landeskonservator Dr. Michael Paarmann. Eine Einschätzung, die selbst der Bund der Steuerzahler in Schleswig-Holstein teilt.

Bei der Modernisierung ist der Marinebund jedoch finanziell auf sich allein gestellt. ,,Das hat zumindest den Vorteil, dass wir bei der Gestaltung unabhängig sind", sagt Witt. So wie in den vergangenen 50 Jahren.kay müller


Unterschrift unter dem Bild:

Ehrenmal und Deutscher Marinebund
Das Marine-Ehrenmal in Laboe mit seinem weit sichtbaren 85 Meter hohen Turm wurde 1936 eingeweiht. Neben dem Turm gehören dazu eine unterirdische Gedenkhalle, die Historische Halle mit zahlreichen Schiffsmodellen. Das Ehrenmal gehört dem Deutschen Marine Bund, dem größten Ehemaligenverband der Deutschen Marinen – mithin der Dachverband aller Marinekameradschaften, -vereine und -clubs in Deutschland



Aus dem heutigen Flensburger Tageblatt

Die Leute haben eben nicht mehr den Willen sich in andere Zeiten zu versetzen oder gar alte Denkweisen zu anderen Zeitpunkten zu tollerieren, verarbeiten und dann nachvollziehen oder verstehen zu wollen/können...
Ich hoffe, Ihr könnt das BIld sehen. Es zeigt den neuen Leiter vor dem Denkmal...

Eure Kommentare?  :MG:
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Tyrsus

Die seltsame Malice auf die kaiserliche Reichskriegsflagge, die vom scharfen Antimonarchisten Hitler ja eigentlich eher widerwillig adaptiert wurde (eben ein Zugeständnis an eine Marine, deren meiste höhere Offiziere sich noch gut an die Zeiten erinnern konnten, als die deutsche Geltung zur See auch von Leuten wie Albert Ballin nicht wenig ausgebaut wurde...), ist -gelinde gesagt- bemerkenswert sinnfrei. Nicht nur, daß damit die Nazikeule auch gegen jedwede Meinung, daß im Deutschland vor 1914 etliches an Kultur mehr vorhanden war als z.T. heute, schwingbar wird, es bringt auch kleine, ahnungslose Glatzköpfe dazu, das Symbol einer Zeit vor sich herzutragen, die von strammen Nationalsozialisten gern als "...zum Untergang verdammt, weil jüdisch unterwandert bis in die höchsten Kreise und außerdem noch mit den englischen und amerikanischen Börsen versippt uind verschwägert..." (A. Rosenberg, wenn ich mich recht erinnere) bezeichnet wurde.

Dies nur als ein kleines Beispiel dafür, wie indifferent die jüngere und jüngste Geschichte Europas so allgemein betrachtet wird.
Daß dann so konfuse Polit- und Auflagenkeifereien auf dem Rücken einer Institution ausgetragen werden, die eigentlich mit Politik nichts am Hut hat, wundert mich wenig.

Der Gedanke, sich hinzusetzen und über etwas nachzudenken, wenn man sich genausogut hohler Schlagworte, bereitwillig von allen Seiten geliefert, bedienen könnte, scheint dem modernenHomo consumens nicht sehr zu behagen.....
"Dummheit, du siegst - und ich muß untergeh'n. Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergeblich" Schiller, Jungfrau v. Orleans

Torpedo

Immer wieder schön welche Blüten an Unsinn so vor sich hinwuchern. Aber eins stimmt: Es ist wirklich vernachlässigt worden. Wenn man sich jahrzehntelang nicht mit seiner GEschichte beschäftigt und dies immer anderen überläßt, wundert es mich nicht, dass so geschrieben und gedacht wird.

Wenn wir nicht versuchen auch die Tradition zum Allgemeingut zu machen (und daran haben wir Teil!), dann wird sie von Randgruppen mißbraucht und von der Journaille zu solcherlei Beiträgen verwurstet. Das Ehrenmal muß sich auch weiterentwickeln und dann sollten da auch Sätze stehen wie: Wird von der rechten Szene mißbraucht (die RKF natürlich). Ich könnte jedesmal vor Wut platzen, wenn diese braunen Deppen sich geschichtsträchtige Symbole einfach aneignen und NIEMAND etwas dagegen unternimmt (außer sie einfach zu verbieten- demnächst wird dann auch die Farbkombination schwarz-weiß-rot verboten...)

WIR müssen da etwas tun! Vielleicht kann man ja mit dem Leiter mal ein TReffen arrangieren und mit ihm darüber diskutieren.
Uli "Torpedo"   [WoW Nic: Torpedo_uas]

"Man muss seine Geschichte kennen, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen"

Restaurierungsbericht des SEELÖWE, 20er Jollenkreuzer Baujahr 1943
http://facebook.com/r167seeloewe

ufo

Gar nicht so einfach!

Ich finde schon man muss dem Marine Ehrenmal vorwerfen keinerlei Entwicklung zu zeigen. Zumindest in den Jahren, in denen ich da in Fahradentfernung von gewohnt hab, hat sich da nix bewegt.

Muss sich da denn was bewegen?
Ja!
Doch, doch!
Geschichte ist nichts Statisches. Die Lehre von der Geschichte ist immer auch der Ausdruck der Zeit die betrachtet; nicht nur der Zeit die betrachtet wird.

Geschichte einer Zeit betont immer bestimmte Aspekte, ignoriert andere. 1957 war es richtig und angemessen die Lehre vom "Reinen Schild und der Unbefleckten Flagge" (Raeder ueber 'seine' Kriegsmarine) zu vertreten und zu verbreiten. Zu ungeheuerlich die Verbrechen des Dritten Reiches, zu gross die Schuld. Da machte ein Geschichtsbild Sinn welches erstmals deutlich machte, dass das nicht alle 'die Boesen' waren, nicht alles Verbrecher.

Die Welt hat sich weiterentwickelt; unser Geschichtsbild vom Dritten Reich ist differenzierter geworden, facettenreicher. Inzwischen darf man als Deutscher Historiker nicht nur wissen sondern auch publizieren, dass die grosse Rettung ueber die Ostsee, so gross vielleicht gar nicht war, dass da selbst im Maerz 1945 noch Soldaten von West nach Ost (!) geschippert wurden geradewegs in Kriegsgefangenschaft und Tod; sinnloser Nachschub fuer die Heeresgruppe Vistula. Da wurden noch im April Faehnriche nach Berlin in den Heldentod geflogen. Marineinfantriebrigarden haben an manchen Fronten mehr Gefallene (das ist im Klartext 'Verheitzte') zu beklagen als manche angeblich ach so fanatische SS Regimenter. Na – und die Himmelfahrts U-Boote bracht man nicht wirklich zu erwaehnen. Die werden Doenitz aber schon seit etwa 20 Jahren angekreided.

Da  hat sich also was getan in unserem Bild der Kriegsmarine verglichen zu den Ansichten unserer Vaeter. Sooo unbefleckt war der Schild denn wohl doch nicht.

Jetzt aber kommt ein etwas schwieriger geistiger Schritt; ein Schritt mit dem sich gerade Deutsche Geschichte gern schwertut:
Der Wandel im Bild der Marine ist erstmal wertfrei !!!
Der macht die Maenner von damals nicht besser oder schlechter. Die waren die Kinder ihrer Zeit. Die haben getan, was sie fuer richtig und gut hielten.

Geschichte – vernuenftig gemacht – urteilt nicht; sie versucht zu verstehen.
Wir sollen lernen, warum die so und nicht anders gehandelt haben, was haben die gedacht, was gefuehlt. In Deutscher Geschichtsschreibung taucht aber seit dem zweiten Weltkrieg immer auch ein Suehneelement auf.
Jemand kann nicht einfach ein kolonialer Offizier aus dem Kaiserreich gewesen sein (wie das hier zum Beispiel gesehen wird.). Nein, in Deutschland ist das dann gleich ein rassistischer Negerkiller. Deutsche Geschichtsschreibung (ver)urteilt gern. Hier auf der Insel darf jemand, der hundervierundzwanzig Farbige mit Speeren bewaffnete Krieger mit einem Maschienengewehr umgenietet hat ein Kriegsheld sein, ohne, dass man daraus schliesst, dass das heutzutage noch angemessen waere. In Deutschland geht das nicht. Deutsches Geschichtsverstaendnis urteilt auch immer. Lettow-Vorbeck ist inzwischen Persona non grata – ein Rassistenschwein. Da darf keine Kaserne mehr nach benannt sein.

Damit ist Wadel in Deutschem Geschichtsverstaendnis immer schwierig. Hier darf man sagen, dass der Falklandkrieg eine Schnapsidee war und die Helden von damals sind trotzdem noch Helden. In Deutschland waeren sie dann automatisch verfuehrte Trottel.
Deutsche, die Britannien bereisen, stolpern oft selbst ueber diesen Unterschied. Britische Ehrenmaeler werden oft als ausgesprochen imperialistisch, selbstgerecht, manchmal ignorant empfunden. Das krasseste Beispiel ist die Statue von Bomber Harris. Der Mann war nach heutigen Standart sicher ein Kinderschlaechter. Betrachtet aber nach dem Stand von 1940 war er der Mann, der einem auf Haenden und Knieen liegenden Britannien erlaubt hat zurueckzuschlagen, ein militaerischer Fuehrer, der seine Maenner so inspirieren konnte, dass sie fuer ihn in den Tod geflogen sind. Deutsche winseln immer rum, wenn die Rede auf seine Statue kommt. Deutsche moechten seit 1945 Geschichte immer von Heute aus bewerten und beurteilen.
   
So aber tut sich jemand, der die Kriegsmarine noch selbst erlebt hat, schwer einen Wandel im Geschichtsbild zu aktzeptieren. Kann ich gut verstehen! In Deutschland geht das immer auch mit Urteilen einher. Schmerzhaft!

Muss aber sein!

Man kann in Laboe nicht ein Geschichtsbild von 1957 verkaufen, nur weil das Deutsche Verstaendnis von Geschichte etwas garstig ist. Wer veraltete Ansichten verkauft, Geschichtsverstaendnis von Gestern vertritt, Ansichten von Vorgestern ausstellt, der dient buchstaeblich nur mehr den ewig Gestrigen.

Der Spagat, den das Laboeer Ehrenmal einmal schaffen muss, ist die guten und schlechten Elemente Deutscher Marinegeschichte aufzuzeigen ohne die Handelnden von damals zu verurteilen.

Die haben Unvorstellbares geleistet damals. Weseruebung war ein militaerischer Geniestreich. In eben dem Norwegen haben die aber auch am 11. Mai 1945 noch Leute wegen Wehrkraftzersetzung aufhaengen lassen. Die Geschichte der Deutschen Marine hat viele Gesichter. Will man ein ernstzunehmendes Mahnmal, dann muss man Verstehen foerdern, nicht urteilen.

Weicht man dem aus, klammert sich an alte, vergangen Geschichtsbilder, dann macht man sich der Geschichtsklitterung schuldig, ein Vorwurf denn sich die Sammlung Tamm beispielsweise oft anhoeren muss – eben da sie sich scheut Aspekte aufzuzeigen, die, die Dummen zur Kritik, die Weisen aber zum Nachdenken anregen wuerden.

Nee – ich denke schon in Laboe ist Umdenken angesagt! 

Ufo     

TD

Hallo !

Im MarineForum 11/2007

http://www.marineforum.info/

ist zum Thema ein interessanter Leserbrief
mit der Überschrift:

,, Totengedenken ist manchmal eine Farce"


veröffendlicht.

Bei Interesse am Text PN du E-Mail- Adresse.

Gruß

Theo
...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

Leutnant Werner

@Ralf: Danke für den Beitrag - gerade deswegen, weil viel von uns ja letztes Jahr beim Crew-Treff dort waren. Ich sage: Man kann Marinegeschichte auch ein wenig sachlicher erzählen und neue Medien einbinden. Da gibts im Ausland (z.B. Imperial War Museum/London) Beispiele, wie man Geschichtserzählung besser umsetzt.
@Tyrsus: Da hast Du ganz recht, Martin. Ich finde es ebenfalls unheimlich bedauerlich. In dem 1998 erschienen Buch "The first world war" des führenden  britischen Kriegshistorikers und Sandhurst-Professors John Keegan, das jedenfalls in der englischsprachigen Welt als Standardwerk gilt, geht er im ersten Kapitel auf 24 Seiten über "A European Tragedy" ein. Die Kriegsgegner waren sich unglaublich ähnlich, denn eine europäische Kultur großer Gemeinsamkeit gab es in beinahe allen Bereichen. Der Verlust dieser Erkenntnis und mehrerer 10 Millionen Menschenleben über die nächsten Jahrzehnte ist in einem nicht nachvollziehbaren Maß zu bedauern. Allerdings herrschte damals auch Übereinstimmung über die Maxime, dass alle politischen Fragen auch endgültig in einem Krieg entschieden werden könnten. Leider hatten alle übersehen, dass die Waffen der Massenvernichtung, Repetier- und Maschinengewehre, die so genannte Kriegstechnik des "Kabinettkrieges" obsolet gemacht hatte. Bis zur Einführung des voll funktionsfähigen Kampfpanzers und wirkungsvoller Erdkampf-Flugzeuge haben diese Waffen im ersten Weltkrieg Millionen Soldaten getötet, die sich in die Todeszone begaben (zwischen den Gräben). Der Verlust an Know-How, an Kultur IN diesen Menschen, denn das waren in der Retrospektive die besten Menschen, die Europa bis jetzt in jeder Beziehung hervorgebracht hat, ist unglaublich bedauerlich. Wie? Europa hat was hervorgebracht?... Das war das Ergebnis des 100-jährigen Friedens zwischen den Napoleonischen Kriegen und dem 1WK. Wenn das jemand hinterfragt, zitiere ich gerne hier aus Keegans Werk.

Das genannte Kapitel ist dasjenige, das mich in jahrzehntelanger militärgeschichtlicher Recherche am Meisten bewegt hat.

Die vielen Menschen, die damals in Krieg und Tod gezogen sind, sind unter der Flagge des Kaiserreiches in ihren Untergang gezogen, und ich finde es unerträglich, dass braune Proleten dieses Zeichen der Ehre durch ihre Benutzung in den Dreck ziehen.

Schöne Grüße aus Speyer nach Wien

Ekke

kalli

ZitatDer Spagat, den das Laboeer Ehrenmal einmal schaffen muss, ist die guten und schlechten Elemente Deutscher Marinegeschichte aufzuzeigen ohne die Handelnden von damals zu verurteilen.

Danke Ufo für Deine niedergeschriebenen Gedanken.
Ich habe da auch so einige davon. Was macht man mit einem ererbten Ehrenmahl jetzt?

Ein Museum aufbauen? Schilder der Erklärung anbringen? Didaktische Filme abspielen? Eine Werbekampagne lostreten um mehr Eintrittsgelder zu bekommen?

Ich glaube, dass es ein Ehrenmahl bleiben soll. So wie es jetzt ist. Gut, Darstellungen kann man immer verbessern. Aber Laboe wird immer Laboe bleiben.

Ein Jeder kann sich über die Entstehungsgeschichte informieren.
Jeder kann sich auch damit auseinandersetzen und den Schluss ziehen, dass es nie wieder Krieg geben darf. Und ein Jeder soll sich klar sein, dass dieses Ehrenmahl nicht missbraucht werden darf.
Eine etwas zynische Aussage im Hinblick darauf, was es nach 1945 bis heute an Kriegen gab und gibt.
Ehrenmahl=Mahnmal wider dem Krieg. Eine Umkehrung der Absicht der ,,Erbauer".

Heldenverehrung wie mal geplant kann ich aber aus heutiger Sicht nicht mehr erkennen. Ich empfinde dort nur Trauer.

Deine Meinung zur Tamm- Sammlung möchte ich für mich ein wenig relativieren. 
Ich sehe dort einzigartige Ausstellungsstücke und bilde mir dazu meine Meinung. Ich brauche keine langen Erklärungen.
Mir reicht allein das zu besichtigende Objekt. Ich kann einfach Museen mit langen Texttafeln nicht leiden. :MS:



Leutnant Werner

Der sehr interessante Beitrag von UFO entstand zeitgleich zu meinem Eintrag. Eventuell äußere ich mich Morgen noch einmal dazu. Tendenz Kalli
Ciao
lt.

ufo

Zitat von: kalli am 03 November 2007, 23:09:15
...
Deine Meinung zur Tamm- Sammlung möchte ich für mich ein wenig relativieren. 
Ich sehe dort einzigartige Ausstellungsstücke und bilde mir dazu meine Meinung. Ich brauche keine langen Erklärungen.
Mir reicht allein das zu besichtigende Objekt. Ich kann einfach Museen mit langen Texttafeln nicht leiden. :MS:




Damit aber beschreibt Du auch das Probelm des Laboeer Ehrenmals. Dir als Fachman ist das ohne Erklaerungen gut genug. Logisch. Kaum jemand hier im Forum wird die Sammlung Tamm oder das Laboeer Ehrenmal missverstehen. Museen aber mussen auch den Laien ansprechen. Wenn man das Ehrenmal auf lange Sicht mit Besuchergeldern am Leben erhalten will, muss man erklaeren, was da zu sehen ist, sonst kommen garstige Gutmenschen daher und sind unzufrieden, weil sie sich von unkommentierter Geschichte hintergangen fuehlen. Voelker betrachten Geschichte (inzwischen) verschieden - wie ich oben aufzuzeigen versuchte - dem muss man Rechnung tragen. Laboe ist einseitig - so wie die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" einseitig ist. Das waere nicht weiter schlimm - aber die eine Art von Einseitig ist im Moment nicht angesagt in der Republik und wird das gluecklicherweise auch nicht wieder sein. Dumm gelaufen. Das wird Laboe auf lange Sicht beruecksichtigen muessen.

Geschichte muss kommentieren!
Geschichte muss nicht bewerten.

Ufo

Ralf

#9
Hallo Ufo,

das sehe ich genau so... Ich finde, man muss mehr auf die Personen eingehen. In welcher Welt lebten sie, den Laien darüber aufklären, warum es halt (Neudeutsch) "geil war" im Skagerak von einer 38er der Tommies aus dem Turm gepustet zu werden. Wenn ich den Leuten von heute etwas über einen Schmiss erzähle, von Ehre und Fehdehandschuh, dann kriegste große Augen und das sofortigen Verlangen "zu googln" in den Augen den Menschen zu sehen...

Ich lass neulich einmal einige Berichte von Soldaten, die ein Ritterkruez im WWII bekamen. Es gibt da eine Seite, Ihr kennt sie bestimmt. Wenn man das ließt und man nicht differenziert, dann hat man sicher Probleme. Heldenvergötterung! Verherrlichung! Usw. ... Das kommt einen sofort in den Sinn.
Wie sieht das eigentlich in den USA und in GB aus, wenn man zu wissen bekommt, dass einer einen "Silver Star" oder das Victoriakross" bekommen hat? Rollt man mit den Augen oder ist man beeindruckt?

Natürlich kann das heute keiner mehr verstehen. Zudem sind wir heute im Umgang mit unserer Geschichte so flexibel wie ein Amboss. Es wird nicht zugelassen, dass man die Soldaten von damals nur annähernd verstehen darf. Oder sympathisch findet... Ich denke, die meisten hier haben sich schon lange eine Meinung gebildet, haben sich damit beschäftigt, wie es zum Dritten Reich kommen konnte und können sich kaum davon freisprechen eventuell damals ähnlich gehandelt zu haben. Erziehung und Geschichte hatten ja ebenfalls großen Einfluss... Aber wem erzähle ich das... Hier wohl den wenigsten, weil sie differenzieren...

In unserer heutigen schnelllebigen Gesellschaft, muss in einem Dreizeiler alles stehen, was man wissen muss, ansonsten wird man „weggeklickt“… Ich möchte gar nicht wissen, wie das wird, wenn ich nicht mehr da bin und meine Söhne ihrerseits Kinder erziehen und dann genau wie jede Generation mit diesen Unterschieden zu kämpfen haben…

Ich ziehe den Hut vor jedem Gefallenen, der sein Leben für sein Land ließ. Aber eben auch vor denen der anderen Seite.
Geschichten wie beispielweise der Weihnachtsfrieden 1914 oder auch ein Matrose der HMS KGV, der weint als er davon erzählt, dass sie von der Untergangsstelle der KM Scharnhorst abdampften ohne "die Kammeraden" zu retten, erweichen mein Herz, lassen die Tränen in meine Augen schießen. Diese armen Schweine waren diejenigen über die es ausging in diesem Wahnsinn, der sich Krieg nennt…

Gedenken sollten wir Ihnen. Jeder vielleicht so für sich. Ihre Beweggründe sollte man kennen, ohne mit Ihnen einig zu sein. Man sollte sich selbst fragen, was man selbst damals getan hätte, wenn man damals "gelebt, geliebt und gesoffen" hätte…
Mir fällt da dann immer dieser schöne Monolog vom Harras aus Zuckmeyers „Des Teufels General“ ein, der einem jungen Offizier, der Probleme mit seinem Ariernachweis hat… Herrlich! http://www.staff.uni-marburg.de/~naeser/harras.htm unter Nummer 2...

Gedenken sollten wir den Soldaten, ohne sie nur zu verurteilen. Gedenken sollten wir Ihnen aber auch mit dem Respekt, den man selbst hätte haben wollen, wenn „man für die Sache“ gefallen ist. Ist nicht einfach ohne dann gleich einen Stempel zu bekommen…

Aber ich denke, Ufo hat da wirklich Recht. Die Leute um dieses Mahnmal, was es nun mal ja auch ist, sollten sich Gedanken darüber machen, wie man die Geschichte lebendiger gestalten kann… Ist schwer, fast unmöglich… Ansonsten wird man eben weggeklickt…
Gruß
Ralf
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Gorch Fock

Leutnant Werner

Wo Kalli die TAMM-SAMMLUNG erwähnt: Die sollte doch schon seit letztem Jahr in ein großes neues Museum in der Hamburger Speicherstadt. Bis jetzt ist m.W. nix passiert. Weiß einer was genaues?

@ufo: Man mag es bedauerlich halten, aber das Sühne-Element, dass Dein Beitrag so zielsicher in der zeitgenössischen deutschen Geschichtsbetrachtung ortet, läßt sich nicht wegdiskutieren.

Gruß
Lt

ufo

Zitat von: Leutnant Werner am 05 November 2007, 16:05:17
Wo Kalli die TAMM-SAMMLUNG erwähnt: Die sollte doch schon seit letztem Jahr in ein großes neues Museum in der Hamburger Speicherstadt. Bis jetzt ist m.W. nix passiert. Weiß einer was genaues?

@ufo: Man mag es bedauerlich halten, aber das Sühne-Element, dass Dein Beitrag so zielsicher in der zeitgenössischen deutschen Geschichtsbetrachtung ortet, läßt sich nicht wegdiskutieren.

Gruß
Lt

Naechstes Jahr! Nicht so ungeduldig!  :-D
Und soweit ich weiss, ist das auch schon ernstgemeint mit Eroeffnung in 2008. Hier hat's die aktuelle Internetseite zur Sammlung Tamm:
http://www.international-maritime-museum.com/

'Sammlung Tamm' heist es natuerlich nicht. Der Name ist ja gewissermassen im Luftkrieg zwischen Links und Rechts ueber den Stammtischen und Cafehaustischchen der Hansemetropole verbrannt. 'Internationales Maritimes Museum Hamburg' hat schon was als Name fuer das Marinemuseum im Tor zur Welt.

Ja - freu mich drauf, wenn die mal richtig fertig sind. Da klingt schon ausgesprochen vielversprechend!

Ufo

Ralf

Gruß
Ralf
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ufo

@ Ralf - Du bis soweiso ein unverschaemter Glueckspilz da oben auf Deiner Juetlaendischen Sandbank! Umgeben von lauter feinen Marinememorabilia ... und LEGOland ... also echt!  :-D



Zurueck zum Thema und ob und wieweit Laboe mit der Geschichte gehen muss oder nicht. Muss ein Ehrenmal sich dem 'Geschmack der Zeit' anpassen?

Es wurde oben ja ein gewisser 'Bestandsschutz' fuer Ehrenmaeler angedacht. Ich denke das macht unbedingt Sinn!

Kennt jemand das U-Boot Ehrenmal Moeltenort? Das hat schon was – buchstaeblich – unverschaemt Martialisches. Und der Adler oben drauf guckt so, als ob er irgendwo seinen Kranz mit dem lustigen eckigen Kreuz drin verloren hat und den nur grad nicht wiederfinden kann. Der Vogel guckt noch nichtmal so als ob er irgend was mit seinen republikanischen Artegnossen von Heute anzufangen wuesste. Mir leuchtet schon ein, dass sich schon viele auch nur aus meiner Generation davor ein wenig seltsam fuehlen. Das macht aber nix. Das ist eben 'nur' ein Ehrenmal. Das soll erstmal den Toten gerecht werden. Und dann gerne noch den Hinterbliebenen, dann (schon mit Einschraenkungen) noch der Deutschen U-Bootwaffe und dann aber auch nichts weiter. Das Ehrenmal in Moeltenort hat keinen Bildungsauftrag, keinen politischen Zweck. Das ist der Grabstein der Maenner, die selbst nur die See ueber ihrem Grab haben. Wie das aussieht und ob das in die politische Landschaft Deutschlands 2007 passt ist irrelevant.
(By the way – ich finde es ist ein wunderbar passendes und bewegendes Mahnmal fuer die toten U-Bootfahrer.)

Laboe aber ist von vorn herein auch mit einer politischen Aussage im Sinn errichtet worden, hat mit seiner Ausstellung unten drin auch immer in seiner Geschichte einen Volksbildungsauftrag gehabt.

Daher wuerd ich Tyrsus da auch widersprechen, dass es ungerecht sei, dass die unpolitische Institution Laboe Haue bekommt. Das Marineehrenmal Laboe gedenkt nicht nur sondern praesentiert eben auch Deutsche Marinegeschichte. Damit muss aber ein aktuelles, den Menschen von Heute begreif- und vermittelbares Geschichtsbild praesentiert werden. Damit spielt Laboe in der selben Spielklasse wie Marinemuseen in Bremerhaven oder Hamburg und kann sich nicht auf den Standpunkt zurueckziehen nur eine Art ueberdimensionaler und per se geschichtsneutraler Grabstein zu sein.

Tja – meine Stimme nach wie vor fuer den Wandel.

Ufo

Ralf

@Ufo: Du sprichst auch von deiner Heimat, Abtrünniger!  :MLL: Wie sagen die bei RSH: "Wir wohnen da, wo andere ihren Urlaub machen!" Und was sagen die Schotten: "You dont like the weather? Wait a moment!"  :O/S in Anspielung auf das wechselhafte Wetter…

Auch zurück zum Thema:
Eben, Laboe muss den Jungen erklären was da war, es muss sich gleichzeitig mit den Gründen auseinandersetzen, es muss sich selbst sogar in Frage stellen, wenn es ernst genommen werden soll. Aber wie macht man das heute?
Die Japaner drehen einen Film über die "heldenhafte" Versenkung mit der IJN Yamato herselve in der Hauptrolle. Die Amis machen das ähnlich. Erst die Schnulze "Pearl Habour" und dann etwas besser gelungen gerade vor Kurzem die beiden Filme von Klint: "Flag of our father/Letter from Iwo Jima"... Ok, wir haben mit "das Boot" einen echten Starter dabei, aber hier ist noch nicht viel erreicht...

Wie kann ich einem jungen Mann oder einer jungen Frau klar machen, dass es halt so war, dass man 14-18 zumindest zu Beginn in den Krieg zog und 1939 auch so ein wenig durch den anfänglichen Erfolg befangen wurde. Das ist schwer. Sehr schwer... Heute steht das Individuum mehr denn je im Vordergrund. Singelleben führt zu Wohnungsknappheit und Kinderlosigkeit, Cabrio fahren wird wichtiger als sich eine Meinung über seine Geschichte zu bilden. Warum auch, es geht uns ja gut…

Wenn ich dann in dem Text lese, dass der Marinebund sich „bereichert“ haben soll, dann klappen sich bei mir die Fussnägel hoch. Wer sind die? Sind das alles ehemalige KMler, oder nur noch Bundesmarinekameraden, die sich da etwas zurecht verwalten? Oder soll ich nicht alles glauben, was da so steht? Haben die nicht eine Verpflichtung, ihren Generationen von Kameraden gegenüber?
Ich habe nicht genügend Einblick, um da Vorwürfe abzufeuern…

Wie sollte man das lebend darstellen, Ufo?
Gruß
Ralf
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