19/01/1942   Versenkung der Van Imhoff

Begonnen von Albatros, 25 April 2010, 18:09:53

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Albatros

Habe bei Wiki folgenden Artikel entdeckt,

http://de.wikipedia.org/wiki/Versenkung_der_Van_Imhoff

http://www.photoship.co.uk/JAlbum%20Ships/Old%20Ships%20V/slides/Van%20Imhoff-01.jpg

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d6/COLLECTIE_TROPENMUSEUM_Aanmerende_roeiboten_bij_de_S.S._Van_Imhoff_van_de_KPM_in_de_baai_van_Gorontalo_TMnr_60042488.jpg

Meiner Meinung nach handelt es sich hier wohl um ein Kriegsverbrechen bei dem 466 deutsche Zivilinternierte zu Tode kamen.

Meine Frage hierzu, handelte es sich bei den Zivilinternierten auch um Besatzungen der beschlagnahmten deutschen Handelschiffe oder ist überhaupt etwas zu den Opfern bekannt ?

Wohin sollten sie gebracht werden?

Gab es ( und wenn ja welche Reaktionen ) der damaligen deutschen Regierung ?

Gruß, :MG:

Manfred

MS


:W/(
Holländer lassen mit Absicht und ohne zwingenden Grund mehr als 400 deutsche Zivilinternierte im Indischen Ozean umkommen

Artikel von 1965

Mit dem Ziel Colombo auf Ceylon hatte die "van-Imhoff" am Abend des 18. Januar 1942 den Hafen Sibolga auf der heute indonesischen, damals zu Niederländisch-Indien gehörenden Insel Sumatra verlassen.

Kapitän Hoeksema sollte 478 deutsche Ingenieure, Pflanzer, Kaufleute und Missionare, die 1940 - als die Deutschen ins holländische Mutterland einmarschierten - in Internierungslager gesperrt worden waren, ins sichere Britisch -Indien evakuieren.

Bewacht von Soldaten der niederländischen Kolonialarmee hockten 367 der deutschen Zwangspassagiere in Gruppen zu je etwa 30 Mann im Zwischendeck des Frachters in knapp einen Meter hohen Stacheldrahtkäfigen. Für weitere 111 Internierte war auf dem Achterdeck ein Drahtverschlag zusammengezimmert worden.

Für insgesamt 588 Menschen - die 478 deutschen Zivilisten, 62 Kolonialsoldaten sowie 48 Besatzungsmitglieder - hatte der K.P.M.-Dampfer an Rettungsgeräten an Bord: sechs große Boote, darunter eines mit Motorantrieb (mit einem Fassungsvermögen von je maximal 50 Personen), ein sogenanntes Arbeitsboot (für höchstens 14 Mann), ein halbes Dutzend Rettungsflöße aus Bambusrohr und Schwimmwesten.

In den Booten hätten bei einem Schiffbruch bestenfalls wenig mehr als 50 Prozent der "van Imhoff"-Leute einen Platz gefunden. Die Bambusflöße waren weder fortzubewegen noch mit Proviant und Trinkwasservorräten ausgerüstet. Die Schwimmwesten, die als einziges Rettungsgerät in ausreichender Zahl vorhanden waren (650), boten Schiffbrüchigen lediglich eine auf wenige Stunden befristete Überlebenschance.

Ein Befehl niederländischer Kriegsmarine-Dienststellen auf Sumatra hatte Kapitän Hoeksema wie auch die Schiffsführer anderer überbelegter Evakuierungsdampfer jedoch der Sorge enthoben, Überlegungen über das Mißverhältnis zwischen Kopfzahl und Rettungsbootkapazität anstellen zu müssen. Deutsche Schiffbrüchige, so lautete die Anweisung, brauchten nicht gerettet zu werden.

Zweimal wurde diese Anweisung, die Kapitän a. D. Abraham Vromans vom holländischen Kriegsdokumentationsarchiv in Amsterdam heute mit "Haßgefühlen" der Kolonial-Holländer gegenüber den in ihr Mutterland eingefallenen Deutschen erklärt, im Januar 1942 buchstabengetreu befolgt:

Laut Logbuch lief die "van Imhoff" mit neun Knoten Zickzack-Kurs, als der Ausguck im Mastkorb am 19. Januar um 9.52 Uhr ein "Vliegtuig" meldete. Der Bomber mit dem japanischen roten Sonnenball an Rumpf und Tragflächen flog in etwa 600 Meter Höhe. Dann stieß er bis auf etwa 150 Meter auf den unbewaffneten Holländer herunter und belegte ihn mit Bomben und MG-Feuer.
Der Luftangriff dauerte eine halbe Stunde. Als der Japaner endgültig abdrehte, war der Holländer manövrierunfähig. Der vordere Laderaum I lief voll. Das Schott zum Laderaum II brach, und alsbald schwappte dort ebenfalls Seewasser. Dann floß auch in den Maschinenraum mehr Wasser hinein, als Lenzpumpen herausdrücken konnten.

Mittags befahl Kapitän Hoeksema, die Boote klarzumachen. Seine Leute brachten das Motorrettungsboot und vier Ruderrettungsboote - das fünfte verklemmte sich beim Wegfieren in den Davits - zu Wasser und bemannten jedes der für maximal 50 Schiffbrüchige ausgelegten Boote mit 22 Personen.

Kolonialsoldat a. D. van de Ende wundert sich noch heute: "Ich hatte immer geglaubt, der Kapitän eines sinkenden Schiffes habe als letzter von Bord zu gehen." Denn auf der "van Imhoff" vollzog sich dieser Vorgang in umgekehrter Reihenfolge: Zunächst kletterten Kapitän und Mannschaft in die Boote, dann folgten die Wachsoldaten. Als letzter ging ein Feldwebel der Kolonialarmee von Bord. Er hatte den eingesperrten Deutschen zuvor noch die Schlüssel ihrer Verschläge in die Drahtkäfige gereicht.

Auf Ostkurs Richtung Sumatra gehend, zog das Motorrettungsboot die vier Ruderrettungsboote vom "van Imhoff"-Wrack frei. Letzte Warnung der ablegenden Holländer an die Deutschen: Wer den Booten nachzuspringen versuche, werde erschossen.

Der Deutsche Stephan Walkowiak sprang dennoch. Er wurde durch einen Pistolenschuß am Handgelenk verletzt, aber schließlich doch von den Holländern in ein Boot gezogen. Mit ihnen erreichte er anderntags das Sumatra vorgelagerte Eiland Pulu Simu.

Die auf dem Wrack zurückgelassenen Deutschen machten nach zwei Stunden das in den Davits hängengebliebene sechste Rettungsboot flott. 53 von ihnen fanden darin Platz. 14 Deutsche hatten sich in das kleine Arbeitsboot gerettet und 134 auf sechs Bambusflöße, als die "van Imhoff" gegen 16.50 über den Bug wegsackte und mit 276 Deutschen im Indischen Ozean versank.

Die Überlebenden gingen ebenfalls auf Ostkurs. Voran fuhr das Rettungsboot, von seinen Insassen mit Händen und Brettern fortbewegt: Die Bootsriemen wie auch der übliche Notproviant waren aus dem Boot verschwunden, seit es die Holländer in den Davits hatten hängenlassen. Dem großen Boot folgte das kleine Arbeitsboot mit den sechs Flößen im Schlepp. Vier davon gingen in der folgenden Nacht verloren. Sie wurden nie wieder gesichtet.

Für den Rest des Konvois schien sich die durchruderte Nacht jedoch gelohnt zu haben: Am Vormittag des 20. Januar wurde er von einem "Catalina"-Flugboot der niederländischen Marine ausgemacht. Der Pilot machte die Schiffbrüchigen mit Handzeichen auf eine im Norden am Horizont stehende Rauchfahne aufmerksam.

Wenig später erreichte der dazugehörige Dampfer das große Rettungsboot auf Megaphon-Rufweite. Es war die "Boelongan", ein ebenfalls unter K.P.M. -Flagge fahrendes Schwesterschiff der "van Imhoff", geführt von Kapitän M. L. Berveling, heute Pensionär in Vlaardingen bei Rotterdam.

Berveling fragte durchs Megaphon, ob Holländer im Boot seien. Die Schiffbrüchigen: "Nein, wir sind Deutsche."

Berveling vernahm es, ließ abdrehen und nunmehr auf die in mehr als ein Kilometer Entfernung treibenden Bambusflöße und das Arbeitsboot zuhalten.

Der Klavierbaumeister Wilhelm Schweikert aus dem württembergischen Spaichingen schrieb seinen Angehörigen später über die Begegnung mit Kapitän Berveling: "Unsere Bitte um Essen und Wasser ließ diesen Ehrenmann vollkommen kalt ... Aber noch hofften wir, daß dieses Schiff uns auf dem Rückweg mitnehmen würde."

Die "Boelongan" kam nie zurück. Beim Arbeitsboot und den Flößen wiederholte sich der Dialog zwischen Kapitän und Schiffbrüchigen. Als Berveling auch hier keine Landsleute vorfand, ließ er die Jakobsleiter, die sein Dritter Steuermann Cornelis Tjebbes bereits an der Bordwand herabgelassen hatte, wieder einholen und dampfte mit der "Boelongan" endgültig davon. Tjebbes : "Berveling erklärte mir später, es habe ein Befehl des Kriegsmarine-Kommandanten in Sibolga vorgelegen, keine Deutschen zu retten."

Noch am selben Nachmittag löste sich der Konvoi der Überlebenden auf. Die 14 Mann im Arbeitsboot warfen die hinderlichen Bambusflöße los, um in Richtung Land zu pullen und Hilfe zu holen. Das schwerfälligere große Rettungsboot nahm ebenfalls allein Kurs auf Sumatra.

Die Floßbesatzungen blieben verschollen. Arbeits- und Rettungsboot dagegen erreichten nach drei Tagen und drei Nächten die Insel Nias vor Sumatra. Bei der Landung gab es noch einmal zwei Tote: Ein gehbehinderter Insasse des Rettungsbootes ertrank in der Brandung; ein 74jähriger erhängte sich am Strand an einem Baum.

Da die holländischen Beteiligten des "van Imhoff"-Abenteuers dienstlich zum Schweigen vergattert worden waren - Bewacher van de Ende heute: "Nachher bekamen wir den offiziellen Befehl, über die ganze Geschichte zu schweigen" - sind denn auch die amtlichen Dokumente über den "van Imhoff"-Untergang und das Schicksal der deutschen Internierten ebenso spärlich wie unvollständig:

- In einer Erklärung, die "van Imhoff" -Kapitän Hoeksema, sein Chefingenieur van der Ploeg und sein Vierter Steuermann bereits am 4. Februar 1942 vor dem Hafenmeister von Batavia abgaben, heißt es lediglich, "daß die ... Internierten versuchten, sich schwimmend nach den Rettungsbooten zu begeben, aber daß diese alle bereits voll waren".

- Die K.P.M. motivierte das Verhalten ihres Kapitäns Berveling am Morgen des 20. Januar 1942 in einer Schrift "De K.P.M. in Oorlogstijd" ("Die K.P.M. während des Krieges") so: "Dieses Schiff (die "Boelongan") wurde aber zweimal aus der Luft angegriffen, und obwohl es zu entkommen wußte, mußte es doch den Versuch, wenn möglich noch Ertrinkende aufzunehmen, einstellen." Tatsache ist jedoch, daß die "Boelongan" erst lange nach der Begegnung mit den Überlebenden der "van Imhoff" angegriffen wurde.

- Eine Untersuchung der niederländischen Justiz - nach Veröffentlichung eines Erlebnisberichts des heute in Bielefeld lebenden "van Imhoff" -Überlebenden Albert Vehring in Gang gebracht, - endete 1956 ergebnislos. Dazu das niederländische Justizministerium heute: "Es wurde kein Grund für einen Strafantrag gefunden."

"van Imhoff"-Kapitän Hoeksema, wie sein Kollege Berveling inzwischen pensioniert, kann sich "an nichts mehr erinnern". Hoeksema: "Ich habe die ganze Sache aus meinen Gedanken verbannt."


Gruss
:MG:

Albatros

Hallo MS, danke Dir für Deinen Beitrag.

Zitat von: MS am 25 April 2010, 18:48:28






"van Imhoff"-Kapitän Hoeksema, wie sein Kollege Berveling inzwischen pensioniert, kann sich "an nichts mehr erinnern".


Gruss
:MG:

Tja, plötzlich auftretendes Alzheimer gib`s wohl schon länger  :MS:

Gruß, :MG:

Manfred

STOLZENFELS

#3
Hallo Albatros, hallo MS,

ein sehr trauriges Kapitel deutsch - niederländische Beziehungen wurde aufgeschlagen. Kriegsverbrechen auf alliierter Seite wurden wohl nach 1945 nicht verfolgt. Ich habe die Aufzeichnungen eines Kapitän der DDG Hansa, Bremen, selbiger war 1939 in Sabang interniert worden und hat die Geschichte hautnah miterlebt, war aber glücklicherweise nicht auf der "Van Imhoff" sondern auf der "Ophir". Diesen Aufzeichnungen liegt ein Bericht des "Der Spiegel" vom 22.12.1965 bei. Diese Aufzeichnungen des Kapitän ich kann hier nicht wiedergeben, er umfaßt die gesamte Zeit bei der DDG Hansa bis 1975 und wurde in gereimter Form aufgezeichnet. Ich kann aber Kopien von den entsprechenden Seiten zur Verfügung stellt, wenn es Jemand wünscht.

Peter Kiehlmann
"stolzenfels"

Ferenc

An diesem Forum schätze sehr, dass an unbekannte und wohl von mancher Seite auch gern verschwiegene Ereignisse der Marinegeschichte erinnert wird.
Obwohl ich mich mit Marinegeschichte und Zeitgeschichte beschäftige ist das eine für mich vollkommen unbekannte Geschichte.
Guter Beitrag  top
Ferenc 


Albatros

Durch fitzceraldo in diesem http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,19499.msg217787.html#msg217787  Beitrag auf den Link zur GESCHICHTE DES DEUTSCHEN SOLDATENFRIEDHOFS  ARCA DOMAS IN INDONESIEN aufmerksam gemacht habe ich den interessanten Artikel  gelesen. http://www.bogor.indo.net.id/indonesien.deutschersoldatenfriedhof/#bestattungen
In ihm wird auch noch einmal ausführlich auf das Schicksal der Van Imhoff und den internierten Deutschen die sich an Bord befanden eingegangen.

Plane im Augenblick für nächstes Jahr einen Urlaub auf Sumatra, Java und Bali, vielleicht lässt es sich einrichten ( bin nicht alleine unterwegs....) und ich kann dem kleinen Soldatenfriedhofs einen Besuch abstatten.

:MG:

Manfred

fitzceraldo

Zitat von: Albatros am 05 Mai 2013, 18:25:21
Plane im Augenblick für nächstes Jahr einen Urlaub auf Sumatra, Java und Bali, vielleicht lässt es sich einrichten ( bin nicht alleine unterwegs....) und ich kann dem kleinen Soldatenfriedhofs einen Besuch abstatten.

:MG:

Manfred

Solltest du dort hinkommen, bring mir bitte Fotos vom Grab meines Großonkels mit und leg ihm Blumen von mir hin!!!

Albatros

Hallo fitzceraldo, ich habe Dir eine PM gesendet.

:MG:

Manfred

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