Forum Marinearchiv

Flotten der Welt => Die Deutsche Kriegsmarine => Deutsche Kriegsmarine - U-Boote => Thema gestartet von: suhren564 am 14 Februar 2019, 01:36:04

Titel: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 14 Februar 2019, 01:36:04
Am 30.01.1940 starb der Kommandant Kapitänleutnant Heidel bei der Versenkung seines Bootes U 55.
Er war der einzige Verlust der Besatzung, die dann in englische Gefangenschaft kam.
War der Tod von Heidel ein Ergebnis der Beschießung durch die engl. Zerstörer oder ging er "freiwillig " mit dem Boot unter?
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Rast am 14 Februar 2019, 08:48:36
Nach Aussage des LI ist Heidel
aus freine Stücken an Bord des Bootes geblieben.
Er soll in den Bugraum gegangen sein und habe
das Schott hinter sich geschlossen.  :MG:

Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 14 Februar 2019, 18:59:10
Herzlichen Dank Rast  :MG:

Ein sinnloser Tod, der niemanden nützte. :BangHead:
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Rheinmetall am 15 Februar 2019, 19:00:58

Diese Geschichte habe ich noch nie gehört !  :-o
Ich finde es ebenfalls einen sehr sinnlosen Tod.
Es ist (in unserer Kultur) nichts verwerfliches, in Kriegsgefangenschaft zu gehen, wenn man zuvor ehrenhaft gekämpft hat.
Zumal er in einem britischen Kriegsgefangenenlager dem Feind durch pure Anwesenheit schon schadet, da man Ressourcen und vorallem Wachmannschaften "kostet", welche sonst an der Front eingesetzt werden können.
"Stichwort - Kräfte binden".
Desweiteren ist kein Gefangenenlager vollkommen Ausbruchssicher und das aller wichtigste ist - jeder Krieg endet einmal !

Nachdenkliche Grüße von,

Matze
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 16 Februar 2019, 12:10:41
Tja Matze,
dies war eben die sogenannte "Ehre" der Offiziere. Lieber "glorreich" vorsterben, als in Gefangenschaft zu gehen. Hat der "alte Willamowitz" von U 459 gemacht, einige andere bestimmt auch. Nur was hats gebracht? Trauernde Hinterbliebene sowie Glorifizierung durch Kameraden und apologetische Autoren.

Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Axel Niestle am 16 Februar 2019, 20:41:14
Ich glaube nicht, dass es jemandem aus diesem Forum zusteht, die Ehre und das Andenken an einen tadellosen Offizier durch unpassende und anstössige Kommentare in den Dreck zu ziehen, nur weil dieser Offizier aus freien Stücken eine Entscheidung für sich selbst getroffen hat, die vielleicht nicht mehr in die heutige Zeit passt.

Axel Niestlé
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Arche am 01 März 2019, 19:56:46
Hallo zusammen,
ich weiß gar nicht, ob es noch Sinn macht, hier noch einen Aspekt hineinzubringen. Die zwei Meinungen, die hier aufeinandertreffen, sind ja sehr auseinander.
Juristisch gesehen, hat auch die Militärgerichtsbarkeit den Selbstmord (in welcher Form auch immer) untersucht. Hier sind dann auch Begriffe wie "falscher Ehrbegriff" oder "hat die Nerven verloren" in Abschlußberichten aufgetaucht. Der Selbstmord wurde in der Wehrmacht als Schwächung der Wehrkraft gesehen und deshalb auch juristisch verfolgt.
Im Fall Heidel gab es ja keine juristische Aufarbeitung des Untergangs von U 55 (soweit ich weiß). Mir ist auch nicht bekannt, wie das Oberkommando den Untergang bewertet hat. Was Heidel nach Schließung des Schotts gemacht hat, wissen wir nicht. Vermutlich hat er sich erschossen. Aus Sicht der damaligen Militärgerichtsbarkeit (spekulativ) hat er sich falsch verhalten. Wäre er in Gefangenschaft gegangen, wäre ein späterer Austausch möglich gewesen (spekulativ). Er hat für sich anders entschieden. Aus Sicht der damaligen Marinerichter war sein Tod sicherlich sinnlos.

Heinz-Jürgen
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Urs Heßling am 02 März 2019, 20:17:48
moin,

Zitat von: Arche am 01 März 2019, 19:56:46
Der Selbstmord wurde in der Wehrmacht als Schwächung der Wehrkraft gesehen und deshalb auch juristisch verfolgt.
Wie wird eine Selbsttötung (kein Mord, da kein Mordmerkmal vorliegt) juristisch verfolgt ?

Meines Wissens hat H. von GFM Paulus in Stalingrad erwartet, daß er sich das Leben nimmt und sich vor anderen Generalen darüber negativ geäußert, daß er es nicht getan hat.

Gruß, Urs
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Karsten am 02 März 2019, 21:33:30
Zitat von: Urs Heßling am 02 März 2019, 20:17:48
moin,

Zitat von: Arche am 01 März 2019, 19:56:46
Der Selbstmord wurde in der Wehrmacht als Schwächung der Wehrkraft gesehen und deshalb auch juristisch verfolgt.
Wie wird eine Selbsttötung (kein Mord, da kein Mordmerkmal vorligt) juristisch verfolgt ?

(...)

Gruß, Urs
Der erfolgreiche Suizid kann natürlich strafrechtlich nicht verfolgt werden, der versuchte (d.h. der, der nicht erfolgreich war) dagegen schon, weil der ,,Täter" ja noch am Leben ist. Was allerdings damals konkret gemacht wurde, weiß ich nicht.

Wenn der erfolgreiche oder nur versuchte Suizid eine Straftat ist, kann im Übrigen auch der Teilnehmer bestraft werden. ,,Teilnahme" im strafrechtlichen Sinn bedeutet Beihilfe oder Anstiftung und setzt eine Haupttat (hier in diesem Fall den Suizid) voraus.

Googeln nach ,,Suizid als Straftat".

Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Violoncello am 03 März 2019, 11:53:29
Hallo zusammen,

nur zur Abrundung der im Kontext ohnehin nur theoretischen Betrachtung der Strafbarkeit versuchten Selbstmordes:

Heinz-Jürgens Hinweis auf die "Schwächung der Wehrkraft" trifft zu. Der versuchte Selbstmord fiel unter § 5 (Zersetzung der Wehrkraft) Absatz 1 Nummer 3 der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 17. August 1938 (RGBl. 1939 I S. 1455) in der Fassung der 4. Ergänzungsverordnung vom 31. März 1943(RGBl. 1943 I S. 261). Danach wurde "wegen Zersetzung der Wehrkraft mit dem Tode bestraft, wer es unternimmt, sich ... durch Selbstverstümmelung ... oder auf andere Weise der Erfüllung des Wehrdienstes ganz, teilweise oder zeitweise zu entziehen".

Im maßgeblichen Kommentar von Dörken/Scherer wird hierzu allerdings aus nachvollziehbaren Gründen relativierend ausgeführt:

"Die Bestrafung des ernsthaften Selbstmordversuchs ist nicht ausgeschlossen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter ihn gerade in der Absicht unternommen hat, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Lagen ersichtlich andere Gründe für ihn vor, so konnten sie ihn, wie die Erfahrungen zeigen, so ausschließlich beherrschen, daß in ihm überhaupt kein Raum mehr war für andere Erwägungen, daß er also nicht einmal eines bedingten Vorsatzes der Wehrdienstentziehung fähig war. Diese Erfahrungstatsache wird in vielen Fällen dem Nachweis des bedingten Vorsatzes und damit der Verurteilung nach § 5 (1) Nr. 3 entgegenstehen."
(Dörken/Scherer: Das Militär-Strafgesetzbuch und die Kriegssonderstrafrechtsverordnung mit Erläuterungen, 5. Auflage, Berlin 1944, S. 167)

Viele Grüße

Violoncello
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 03 März 2019, 12:14:29
Sehr interessant, was Heinz- Jürgen in seinem Beitrag erläutert und dadurch die Diskussion wieder voran gebracht hat.

Meine Auffassung ging ja mehr von der Fragestellung aus, ob der Suizid von Heidel einen evtl. nachvollziehbaren rationellen Grund hatte. Scheinbar nicht, denn er war weder schwer verletzt, kein Geheimnisträger, kein Kriegsverbrecher o.ä.
An eine Strafwürdigkeit des Suizids habe ich nicht gedacht.

Selbsttötungen von meist höheren Offizieren, Befehlshabern und Kommandanten haben mMn. oft nur Gründe, die die Ehre desjenigen oder seiner Einheit/Schiffes/Bootes reinwaschen oder erhalten sollen.
Aus diesem Grunde wünschte sich der "Gröfaz" auch den Suizid von Paulus, auch damit dieser dadurch die Schuld an dem Debakel Stalingrad auf sich nimmt.

Aber KL Heidel hatte keinen rationellen Grund und deshalb urteile ich heutzutage darüber, ob dieser Tod unnütz war. Auch wenn Heidel bis dahin tadellos gehandelt hat, seinen Suizid kann man tadeln.

Falls Georg von Wilamowitz-Möllendorf auch unter tadellose Offiziere fällt, bin ich dabei anderer Meinung:

http://home.foni.net/~adelsforschung/moellen.htm


#Edit#: Bei der Strafverfolgung von Suiziden werden bestimmt auch unterschiedliche Maßstäbe angelegt worden sein. wenn der  Selbstmord ins Konzept der übergeordneten Führung passte. Andererseits werden z.B. die Gründe von KA Ramien oder  des LI von U 331 Oltn.(Ing) Wintermann Anlass für genauere Untersuchungen gewesen sein.
Ob und inwieweit die U-Bootführung wusste, daß KL Heidel Suizid unternahm sei dahingestellt. Er war eben tot. Evtl. hätte es bei Suizid auch keine weiteren Zahlungen an die Familie gegeben, da war es besser nicht weiter nachzuhaken.
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Götz von Berlichingen am 03 März 2019, 13:33:26
Zitat von: suhren564 am 03 März 2019, 12:14:29Bei der Strafverfolgung von Suiziden werden bestimmt auch unterschiedliche Maßstäbe angelegt worden sein. wenn der  Selbstmord ins Konzept der übergeordneten Führung passte. [...]
Ob und inwieweit die U-Bootführung wusste, daß KL Heidel Suizid unternahm sei dahingestellt. Er war eben tot. Evtl. hätte es bei Suizid auch keine weiteren Zahlungen an die Familie gegeben, da war es besser nicht weiter nachzuhaken.

Was für ein Quatsch. Demnach hätte es für die Hinterbliebenen von VAdm Lütjens und alle anderen Kmdt und Befehlshaber in zwei Weltkriegen, die mit ihrem Schiff untergingen, keine Hinterbliebenenrenten gegeben?

In den im Beitrag von Violoncello genannten Fällen ging es um das Motiv des sich Entziehens vom Wehrdienst durch Selbstverstümmlung und in Sonderfällen auch durch einen Selbstmordversuch, wobei letzteres ja durch den von Violoncello zitierten Kommentar von 1944 (!) ausdrücklich deutlich eingeschränkt wurde.
Schon absurd, das mit einem Berufsoffizier der Crew 32 in Beziehung zu bringen.

Aber eine Frage zu den Versenkungen von U 55:

Zwei der offenbar ohne Warnung per Torpedoschuß versenkten Schiffe waren Neutrale, die auch keine Bannware befördert haben dürften:



TelnesNOR19.01.194060° 00' N, 4° 00' W Marinequadrat AN 13New York - Rotterdam - Antwerpenkeine Überlebenden
SegoviaNOR22.01.194058° 00' N, 8° 45' W Marinequadrat AM 37Lissabon - Porto - Bergen - Oslokeine Überlebenden

Angaben lt. uboat.net

Somit stellt sich die Frage, ob die warnungslose Versenkung der neutralen Schiffe gerechtfertigt war, weil sie ein Blockadegebiet befuhren?
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 03 März 2019, 13:54:51
Zitat von: Götz von Berlichingen am 03 März 2019, 13:33:26
Zitat von: suhren564 am 03 März 2019, 12:14:29Bei der Strafverfolgung von Suiziden werden bestimmt auch unterschiedliche Maßstäbe angelegt worden sein. wenn der  Selbstmord ins Konzept der übergeordneten Führung passte. [...]
Ob und inwieweit die U-Bootführung wusste, daß KL Heidel Suizid unternahm sei dahingestellt. Er war eben tot. Evtl. hätte es bei Suizid auch keine weiteren Zahlungen an die Familie gegeben, da war es besser nicht weiter nachzuhaken.

Was für ein Quatsch. Demnach hätte es für die Hinterbliebenen von VAdm Lütjens und alle anderen Kmdt und Befehlshaber in zwei Weltkriegen, die mit ihrem Schiff untergingen, keine Hinterbliebenenrenten gegeben?

In den im Beitrag von Violoncello genannten Fällen ging es um das Motiv des sich Entziehens vom Wehrdienst durch Selbstverstümmlung und in Sonderfällen auch durch einen Selbstmordversuch, wobei letzteres ja durch den von Violoncello zitierten Kommentar von 1944 (!) ausdrücklich deutlich eingeschränkt wurde.
Schon absurd, das mit einem Berufsoffizier der Crew 32 in Beziehung zu bringen.


Wer lesen kann ist klar im Vorteil!

a) Was haben Lütjens und weitere im Kampf Gefallene mit Heidel, Ramien und Wintermann zu tun?   :BangHead:
Was soll diese Konstruktion?


b) Was hat ein Auszug aus einem Militär - Strafgesetzbuch von 1944 damit zu tun, daß Heidel Crew 32 war?

Violoncellos Beitrag ging um Selbstverstümmelung und Suizide wegen Wehrdienstentziehung. Und nicht um Crew 32. :BangHead:
Diesen Zusammenhang hast du auch konstruiert.



Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Götz von Berlichingen am 03 März 2019, 14:00:05
Ach. Lütjens (und Lindemann) sind also "im Kampf (d.h. durch feindliche Waffeneinwirkung) gefallen"?
Ich meine mich zu erinnern, daß es da andere Zeugenaussagen gab.

Und zum Rest: Denk Dir Deine Emoticons hier dreimal abgebildet.
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: wirbelwind am 08 März 2019, 19:57:16
Hallo,

hier noch meinen ,,Senf" in diesem Thread. Es gibt Themen, da prallen die Meinungen ungefiltert aufeinander und das ist in meine Augen nichts schlechtes. Es hört für mich da aber auf, wenn der Ton ruppig wird bzw. sogar die Fäkalsprache Einzug hält. Der damalige Ehrbegriff im 3. Reich ist nicht der meine, aber auch deshalb, weil ich anders erzogen worden bin. Wir selbst mussten die Zeit nicht erleben und da bin ich froh darüber. Schließlich kann ich nicht ausschliessen, ebenfalls den Falschen hinter glaufen zu sein, wenn ich in dieser Zeit geboren worden wäre. Also können wir, die später Geborenen nur versuchen, uns ein ungefähres Bild dieser Zeit zu machen. Vor diesem Hintergrund bin ich vorsichtig mit Bewertungen. Mir ist nicht bekannt, was Heidel umtrieb, sich selbst zu versenken. Nach heutigem Verständnis nützte sein Tod niemandem. Selbst der damalige Ehrbegriff, so interpretiere ich es, erforderte dies nicht. Bei dem Freitod von Langsdorff sieht es insofern etwas anders aus, da er damit die Verantwortung für die Selbstversenkung der ,,Graf Spee" selbst übernahm und so seiner Besatzung das Leben rettete. Ob Lütjens bewußt war, dass er mit seinem langen Funkspruch an Hitler die Engländer wieder auf die Spur der ,,Bismarck" brachte, ist mir nicht bekannt. Nachdem klar war, dass die ,,Bismarck" aufgrund des verklemmten Ruders keine Chance  mehr hatte, in dem Seegefecht bestehen zu können und bereits ein Teil der Besatzung gefallen war, sah Lütjens unter Umständen keinen Sinn mehr und setzte seinem Leben ein Ende. Ähnliches kann ich mir bei Lindemann vorstellen, zumal er sich wohl mit seinen Vorstellungen der weiteren Kampfführung bei Lütjens nicht durchsetzen konnte. Gewisse Achtung genießt bei mir GFM Paulus. Er hat sich eben nicht mit den insgeheim geforderten Freitod (,,Noch nie ist ein deutscher Generalfeldmarschall lebend in Kriegsgefangenschaft gegangen) aus der Verantwortung gestohlen, obwol viele Angehörige der vor Stalingrad Gebliebenen verflucht haben, unter anderem meine Oma.
Eine Frage, wie kam von Willamowitz zu seinem Spitznamen. ,,Wilder Moritz".
MfG Wirbelwind
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Teddy Suhren am 08 März 2019, 21:26:03
Hai

Die Erklärung zum Spitznamen "Wilder Moritz" ist im Buch "Die Versorger" über mehrere Seiten im Gesamtlebenslauf von Wilamowitz zu finden. Seite 23 - 27.
U.a. Mitglied im Wehrwolf (1924), Teilnahme an Sprengstoffanschlägen auf Finanzämter (1930) und deswegen Verurteilung zu 5 Jahren Zuchthaus (1930).
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Arche am 09 März 2019, 11:12:55
Hier ist noch ein kleiner Überblick, wie die Untersuchungsakte aufgebaut war

Todesermittlungsverfahren
- tödlicher Unfall
- Selbstmord
- Selbstmordversuch

Es wurde ein Tatbericht erstellt und Zeugen vernommen. Beweissicherung (z.B. Abschiedsbrief)
Bei Selbstmord gab es einen speziellen Fragebogen. Derr Vorgesetzte musste diesen Fragebogen ausfüllen. Gefragt wurde nach Religion, Alkoholgenuss, Erkrankungen in der Familie, chronische Erkrankung.

Danach wurde der Abschlußbericht.

Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: am 09 März 2019, 12:22:01
Zitat von: wirbelwind am 08 März 2019, 19:57:16Gewisse Achtung genießt bei mir GFM Paulus. Er hat sich eben nicht mit den insgeheim geforderten Freitod (,,Noch nie ist ein deutscher Generalfeldmarschall lebend in Kriegsgefangenschaft gegangen"), aus der Verantwortung gestohlen, obwohl viele Angehörige der vor Stalingrad Gebliebenen verflucht haben, unter anderem meine Oma.

Der nun gerade nicht.
Man kann schwerlich die eigene - ich will es nicht "Feigheit" nennen, sagen wir den eigenen Selbsterhaltungstrieb - als "Heldentat" verkaufen, wenn man gleichzeitig viele Zehntausende der ihm unterstellten Soldaten zu einem grausamen Tode verurteilt hat, weil man den schweren Entschluß zum Ausbruch auch gegen obersten Befehl und mit äußerst ungewissen Erfolgsaussichten nicht fassen wollte (anders als z.B. der heute verachtete Hausser als Kommandierender General des SS-Panzerkorps, der im Februar 1943 Charkow gegen ausdrücklichen Führerbefehl räumte) und auch nicht kapitulieren wollte.

Mit der Beförderung zum Generalfeldmarschall war wohl bei Hitler die Erwartung verbunden, Paulus würde nicht in Gefangenschaft gehen (so wie Model, der sich im März 1945 im Ruhrkessel erschoß mit der Begründung: »Ein deutscher Feldmarschall geht nicht in Gefangenschaft. So etwas gibt es einfach nicht.«).
Allerdings widersprechen dieser als angebliches Widerstands-»Heldentum« verkauften Tat die unsäglichen Verhaltensweisen, die sich dieser Herr ansonsten nach der Beförderung zum Feldmarschall geleistet hat: Nicht nur beeilte er sich, diese Beförderung umgehend ins Soldbuch eintragen zu lassen und ließ sich, da die Feldmarschallsschulterstücke mit den gekreuzten Marschallsstäben natürlich in Stalingrad nicht vorhanden waren, einen vierten Stern auf seine Generalobersten-Schulterstücke anbringen und bestand darauf, von den ihn gefangennehmenden Sowjets als "Feldmarschall" angesprochen zu werden.
Im Hinblick auf die Tragödie der 6. Armee ein unglaubliches Verhalten.

Wäre es ihm um "Widerstand gegen unsinnige Führerbefehle" und um seine untergegangene Armee mitsamt der Hunderttausend Toten gegangen, hätte er auf diese Farce verzichtet und wäre aus Protest in seiner Generalobersten-Uniform in Gefangenschaft gegangen.

Aber zurück zum Thema Heidel:

Ich hatte ja die Frage gestellt, ob die warnungslose Versenkung der beiden Norweger nicht evtl. gegen Kriegsrecht verstoßen hatte (die beiden Schweden transportierten zwar Bannware, aber das konnte Heidel ja nicht wissen, da er sie ja nicht angehalten hatte).
Ich weiß momentan nicht, ab wann die Gewässer um GB als Sperrgebiet erklärt wurden, womit ein solches Vorgehen evtl. gerechtfertigt gewesen sein könnte.
Möglicherweise könnte in diesen Versenkungen ja ein Motiv dafür liegen, daß Heidel nicht in Gefangenschaft gehen wollte?
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 09 März 2019, 14:06:11
ZitatAber eine Frage zu den Versenkungen von U 55:

Zwei der offenbar ohne Warnung per Torpedoschuß versenkten Schiffe waren Neutrale, die auch keine Bannware befördert haben dürften:

Telnes   NOR   19.01.1940   60° 00' N, 4° 00' W Marinequadrat AN 13   New York - Rotterdam - Antwerpen   keine Überlebenden
Segovia   NOR   22.01.1940   58° 00' N, 8° 45' W Marinequadrat AM 37   Lissabon - Porto - Bergen - Oslo   keine Überlebenden

Chronik des Seekrieges
2.– 4.10.1939
allgemeine Lage / Deutschland
ZitatZunächst Freigabe des Waffeneinsatzes deutscher Kampfmittel gegen abgeblendete Schiffe in begrenzten Gebieten um England und in der Biskaya. Ab 4.10. Freigabe des vollen Waffeneinsatzes gegen bewaffnete alliierte Handelsschiffe.

ebenso Chronik
26.1.1940
Nordsee/Kanal/Nordatlantik
ZitatDeutsche Seekriegsleitung befiehlt verdeckte Angriffe ohne Warnung gegen Handelsschiffe (außer amerik., japan., ital., span., sowjet. Nationalität) östl. Schottland, im Ärmelkanal und im Bristolkanal. Der verdeckte Angriff soll bei Erfolgen den Anschein erwecken, es handele sich um Minentreffer.

Beide Befehle betreffen auch neutrale Schiffe, wobei Heidler seine Opfer schon versenkt hatte, als die 2. Weisung noch nicht gegeben war.
Natürlich wäre die unrechtmäßige Versenkung von 2 neutralen Schiffen ein Grund, sich der Verantwortung zu entziehen.
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: wirbelwind am 09 März 2019, 17:28:59
Hallo,
obwohl hier das Forum des Marinearchivs ist,noch doch kurz ein paar Worte zu Paulus. Das er ein Zauderer war und kein Truppenführer, wie bspw. Model, Manstein oder Hausser, ist allgemein bekannt. Als Generalstabsoffizier, der vorher nie ein Truppenkommando hatte, übernahm er als Stabschef gleich eine Armee. Dafür besass er keine Eignung. An der Stalingrader-Tragödie haben in meinen Augen viele Anteil. Selbst Manstein unterließ es, den Ausbruchsbefehl zu erteilen, obwohl ihm das Zaudern von Paulus bekannt war und er machte sich nicht gegenüber Hitler stark, als es um die notwendigen Verbände für die Entsatzoperation ,,Wintergewitter" ging. Der Stabschef der 6. Armee, Generalleutnant Schmidt, spielt bei den ganzen Vorgängen im Stalingrader Kessel eine ungute Rolle. Ob sein Selbsterhaltungstrieb Paulus letztendlich davon abhielt, Selbstmord zu begehen, kann ich mit letzter Sicherheit nicht widerlegen, weil die Literatur, die ich dazu gelesen habe, es nicht hergibt. Vielleicht rührt der Ingrimm über Paulus auch zum Teil daher, dass er nach Kriegsende und Kriegsgefangenschaft in Dresden an der ehemaligen Kriegsschule in der sowj. Besatzungszone lehrte, ehe er 1957 verstarb.
MfG Wirbelwind
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 09 März 2019, 18:08:29
Zitat von: wirbelwind am 09 März 2019, 17:28:59
.Vielleicht rührt der Ingrimm über Paulus auch zum Teil daher, dass er nach Kriegsende und Kriegsgefangenschaft in Dresden an der ehemaligen Kriegsschule in der sowj. Besatzungszone lehrte, ehe er 1957 verstarb.
MfG Wirbelwind

Lt. Wikipedia
ZitatEinflussreiche Positionen wurden ihm in der DDR nicht übertragen, seine offizielle Funktion war Leiter des Kriegsgeschichtlichen Forschungsrates an der Hochschule der Kasernierten Volkspolizei.
Sein ehemaliger Adjudant war da mehr involviert.
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Urs Heßling am 09 März 2019, 19:42:46
moin,

Heidel war nicht der einzige, der diese Entscheidung traf.

Bekannte Namen :
KAdm Yamaguchi, IJN, Befh. 2. Trägerdivision, auf Hiryu am 5.6.1942
Adm Tom Phillips, RN, Befh. Force Z, auf Prince of Wales, am 10.11.1941
Capt. John Leach, RN, Kommandant Prince of Wales, dito
Capt. (Handelsmarine) Rudolph Sharp, Kapitän der Laconia, am 12.9.1942

Gruß, Urs
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: suhren564 am 11 März 2019, 18:26:56
Hallo Urs,
Klar gab es eine Anzahl weiterer Offiziere / Admirale, die in den Freitod gingen. Für mich stellt sich aber die Frage der " Nützlichkeit " bzw.der Notwendigkeit.
Es gab mWn einen amerikanischen Stabsoffizier, der von Erfolgen der alliierten Code - Knacker Bescheid wußte. Er ging freiwillig mit einem U-Boot unter, weil er nicht sicher war, dieses Geheimnis unter Folter nicht zu verraten.
Titel: Re: KL Heidel U 55
Beitrag von: Urs Heßling am 11 März 2019, 20:41:54
moin,

Zitat von: suhren564 am 11 März 2019, 18:26:56
Es gab mWn einen amerikanischen Stabsoffizier, der von Erfolgen der alliierten Code - Knacker Bescheid wußte. Er ging freiwillig mit einem U-Boot unter, weil er nicht sicher war, dieses Geheimnis unter Folter nicht zu verraten.
Ja https://en.wikipedia.org/wiki/John_P._Cromwell (https://en.wikipedia.org/wiki/John_P._Cromwell)

Gruß, Urs