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Technik und Waffen => Antriebssysteme => Thema gestartet von: wer am 29 Mai 2006, 12:56:48

Titel: Getriebe
Beitrag von: wer am 29 Mai 2006, 12:56:48
Die Turbinen schon SChiffen jeglicher Art erreichen größere Umdrehungen als man auf die Antriebswelle überträgt.

z. B.:

Die Tirpitz besaß Marschturbinen, die jeweils etwa 4000 u/min leisteten. Warum wurden dann aber nur 270 Umdrehungen auf die Welle übertragen? Ging der Rest über das Getriebe "verloren" oder wurde das absichtlich so gemacht? und wenn ja, warum?

Gruß

Christian
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: schiffbauer am 29 Mai 2006, 13:03:36
Es macht keinen Sinn, Propeller mit einer Umdrehung von ca 4000 u/min anzutreiben. Die würden, um es mal einfach zu sagen, nur Schaum schlagen, aber keinen Vortrieb (Schub) machen.
Um einen vernünftigen Wirkungsgrad und ein wirksames Drehmoment zu erhalten, muß die Drehzahl stark abgesenkt werden. Und zwar soweit, dass im Normalbetrieb keine Kavitation auf den Propellerblättern entstehen kann.
Diese Drehzahlreduzierung kann u. a. durch Rädergetriebe stattfinden, was einen Leistungsverlust von ca 3 % (heutzutage) bedingt.
Gruß
Schiffbauer
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: rosenow am 29 Mai 2006, 15:44:17
Sehr gute Frage und eine sehr gute Antwort   :-)

Ich hätte dazu auch noch zwei Fragen: Warum hat man dann nicht mehr oder größere Schrauben montiert?
Hat das was mit dem Verhältnis zum Rumpf zu tun oder ist das eine Gewichtsfrage?
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: harold am 29 Mai 2006, 17:07:55
...da Schiffbauer heut offensichtlich schon weg ist, misch ich mich ein - hoffentlich verzeiht er mir dies  :MV:

Zum ersten Teil deiner Idee: mehrere Schrauben (allerdings kleineren Durchmessers) auf der selben Welle hintereinander montiert gab es in den Anfängen (im Augenblick find ich die Quelle nicht - könnte ich bei DK Brown gesehen haben?).

Sehr große Schrauben sind (bei gleicher Winkelgeschwindigkeit) an ihrem "Rand" (salopp gesagt) zu schnell unterwegs... Kavitation. Sollten also eher langsamer sein! Und irgendwo gibt´s auch eine Grenze der Gußtechnik für große Teile.

Soweit mal kurz,
hoffentlich gibt´s auch noch Ausführlicheres (Zeitnot!!)

Ciao,
Harold

Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Torpedo am 29 Mai 2006, 18:28:35
Kavitation ist ein ernsthaftes Problem. Durch starken Unterdruck entstehen Bläschen, die wiederum ganze Schraubenblätter abbrechen lassen können.

Ich als Surfer der ersten Generation hatte damit mit den (Surfbrett-)Finnen in den 80ern zu tun, wo man den sogenannten "Spin-out" bei Surfbrettern auch auf die Kavitation schob...
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: wer am 31 Mai 2006, 14:56:31
Zitat von: schiffbauer am 29 Mai 2006, 13:03:36
Es macht keinen Sinn, Propeller mit einer Umdrehung von ca 4000 u/min anzutreiben. Die würden, um es mal einfach zu sagen, nur Schaum schlagen, aber keinen Vortrieb (Schub) machen.
Um einen vernünftigen Wirkungsgrad und ein wirksames Drehmoment zu erhalten, muß die Drehzahl stark abgesenkt werden. Und zwar soweit, dass im Normalbetrieb keine Kavitation auf den Propellerblättern entstehen kann.
Diese Drehzahlreduzierung kann u. a. durch Rädergetriebe stattfinden, was einen Leistungsverlust von ca 3 % (heutzutage) bedingt.
Gruß
Schiffbauer

Also ähnlich eines Automobils, oder?

Da wird ja auch meines Wissens das größte Drehmoment etwa zwischen 1/3 und 2/3 der Nenndrehzahl erreicht. Im kleinsten Gang wird bei kleinster Geschwindigkeit halt die größte Zugkraft erreicht, im größten Gang ist es genau andersrum.

Gruß

Christian

Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: harold am 01 Juni 2006, 00:26:55
Also, n Schiffsgetriebe ist keine "Gangschaltung", damit das mal klar ist...
...ist ne reine Untersetzung in dén Drehzahlbereich, in dem das auch noch für die Schraube "gesund" ist (keine Kavitationen, kein lausiger Wirkungsgrad).

Allerdings haben findige Hirne den Verstellpropeller ins Werken gesetzt ... bei gleicher Drehzahl kann der "Anstellwinkel" des Propellerblattes (siehe meine Antwort auf "mittige Schraubensteigung" auf "wer"´s Anfrage) variiert werden. Optimiert ist so ein Schraubenblatt meist auf die Höchstgeschwindigkeit, dh. auf den "schärfsten" Anstellwinkel.

Tja... auf Dänholm, wie auch in Saßnitz haben ja einige von unsern Jungs dazu Fotos gemacht (ich : keine!),
könnte ja hier zur Illustration mal reinkommen, oder?

Ciao,
Harold
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: t-geronimo am 01 Juni 2006, 01:19:46
Hier mal zwei Beispiele.

Leo müßte noch mehr haben.
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Taucher am 01 Juni 2006, 06:34:25
ZitatHier mal zwei Beispiele.

Leo müßte noch mehr haben.

Muss ich Zuhause mal schauen, werde sie dann versuchen einzustellen (hoffentlich klappt das )  :-)
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: t-geronimo am 01 Juni 2006, 14:58:09
Sonst schick sie mir oder harold.
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Taucher am 01 Juni 2006, 15:44:49
@thorsten,

habe leider auch nur dieses eine Bild von dem Verstellpropeller, aber ich habe noch eines von dem Schild mit den technischen Daten.
Ich habe es zwar geschafft, dieses Bild in die Galerie einzustellen, aber um es auch in den Beitrag zu kriegen bin ich leider zu doof  :cry:

Kann mir das mal jemand ohne fachchinesisch erklären, so für die ganz dummen ?
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: t-geronimo am 01 Juni 2006, 16:00:12
Edit:

Klick mal auf Antworten (nicht die Schnellantwort).
Im nächsten Fenster dann auf "Erweiterte Optionen" klicken, und da kannst Du Bilder hochladen.
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Taucher am 01 Juni 2006, 17:14:00
ZitatKlick mal auf Antworten (nicht die Schnellantwort).
Im nächsten Fenster dann auf "Erweiterte Optionen" klicken, und da kannst Du Bilder hochladen.
Ui, das ging ja einfach, genau richtig für mich  :-D

Hier also die Techn. Daten des Verstellpropellers :

Kann man jetzt also doch Bilder direkt von seiner Festplatte hochladen ?

dachte, das ginge nicht mehr ?
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: harold am 01 Juni 2006, 22:00:56
Danke, Leo, für´s Einstellen!

So, und nun die Interessierteren mal n Rechenstift raus:

-1.5m Durchmesser x Pi gibt 4.71m Umfang, und den macht die äußerste Spitze bei 780 U/min 13 mal in der Sekunde.

-sind also am äußersten "Spitz" der Schraube 61.2 m/sec; am Flächenmittelpunkt der Schraubenblätter immer noch so um die 50 m/sec ... umgerechnet 220 bzw 180 km/h.

Unglaubwürdig, diese Daten?

Na, dann mal her mit Vergleichswerten ... sagn wa mal, ne Schraube von 4.5m Durchmesser, und 280 Umdrehungen/Minute ... Schlussrechnung wie oben, und wir können´s nachprüfen:

66 m/sec am äußersten Spitzl, und 56 m/sec am geschätzten Flächenmittelpunkt.

Und das ist dann auch "Ende der Fahnenstange" - so um die 60 m/sec noch ins Wasser zu kriegen ist ja schon ne Meisterleistung an sich.

Mehr Erfolg hat man da schon mit

a) mehreren Schraubenblättern (4, 5 oder gar 6),
b) n einzelnes Schraubenblatt mit maximaler Fläche um 180-270° rumgewendelt (geht gut bei langsamer Umdrehung, und bis an die Grenze; macht aber "an gwaltigen Wirbel" dh. Strömungsverluste,
c) sichelförmig ausgezogenen Schraubenblättern, die (boshafterweise) in genau den Raum, in dem normalerweise die Kavitation zuschlägt, ihre Masse einbringen (und dafür erodieren sie auch ganz gewaltig).

So - jetzt wart ich nur noch auf Schiffbauer, dass der mir auf die Pfoten klopft und mindestens noch Möglichkeiten von d) bis f) nennt  :MG:

Harold







Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: rosenow am 01 Juni 2006, 22:17:57
Danke erst mal  :-)    warten wir auf Schiffbauer
mmh, mehrere Schraubenblätter auf einer Welle oder mehere Wellen.
Wenn die auf einer Welle sind, Schaufeln die sich nicht gegenseitig bzw. nimmt da nicht eine Schraube der anderen das Wasser von den Blättern?
Oder ist das mit größeren Abstand egal?
Würde es was bringen, Schrauben Stockwerkweise anzubringen? Z.B.Zwei mal Drei übereinander?  :?
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Taucher am 02 Juni 2006, 06:56:26
@Harold

vielen Dank für Deine sehr gute und nachvollziebahre Erläuterung.

Bei high speed Propellern der Rennboote fällt mir auf, das es erstens 5 Blätter sind und Zweitens, laienhaft ausgedrückt die eine Seite der Propellerblätter gerade ist, während die Andere eine starke Krümmung aufweist.
Anscheinend erlaubt dieses Design höhere Umdrehungen, frag mich bitte aber nicht warum  :?

Guckt ihr hier
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: schiffbauer am 02 Juni 2006, 11:27:36
 Hallo Alle !
da bin ich mal wieder.
Harold hat mich ganz gut vertreten! (war ja auch nicht anders zu erwarten... :-D)
Also, im Verlaufe der letzten ca 170 Jahre (so lange gibt's Propeller ja nun schon) sind Aberdutzende von Propellertypen und andere "Vortriebselemente" erfunden worden, alle mit dem Bestreben, die Antriebsleistung möglichst mit geringen Verlusten in Geschwindigkeit umzusetzen (oder anders gesagt: Drehmoment in Schub zu verwandeln).
Dabei waren und sind gewisse Randbedingungen zu erfüllen:
- Kavitation zu vermeiden (d. h. die Fächenbelastung der Flügelflächen in gewissen Grenzen zu halten), d.h. Drehzahl und Flügelgeometrien sowie -steigung danach auszulegen
- Propellerabmessungen (besonders Durchmesser) den Gegebenheiten anzupassen (Hinterschiffsform, Freischlag und    dergl.)
- die Anströmung des Propellers zu optimieren (Hinterschiffsform!)
- etc,etc (bestimmt habe ich was vergessen, bin auch kein Fachmann auf diesem Gebiet :MZ:)

Herausgekommen ist eine Vielzahl von Vortriebsorganen, als da sind u. a.:

- Festpropeller in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen
- Verstellpropeller ( ")
- Voith-Schneider Propeller und deren Derivate
- Wasserstrahlantriebe (Waterjets)
- teilgetauchte Propeller
- Schaufelräder (jawoll !)
- etc etc

Fast alle dieser Vortriebselemente können jedoch nicht mit den von den Antriebsmaschinen angebotenen Drehzahlen arbeiten. Deshalb ist eine Untersetzung vonnöten . Was uns wieder zu der ursprünglichen Frage von wer zurückbringt.

Hier, Harold, muß ich Dich doch ein wenig verbessern.
Es gibt sehr wohl sogenannte Schaltgetriebe, in denen durch Zuschaltung von weiteren Getriebeteilen die Ausgangsdrehzahlen den Erfordernissen angepasst werden können (wo z. B.  die mögliche Einstellbreite eines Verstellpropellers, was die Steigung angeht, nicht ausreicht) So was haben wir gerade bei unseren südafrikanischen Fregatten eingebaut .

Gruß
Schiffbauer
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: harold am 02 Juni 2006, 13:58:47
"Es gibt sehr wohl sogenannte Schaltgetriebe, in denen durch Zuschaltung von weiteren Getriebeteilen die Ausgangsdrehzahlen den Erfordernissen angepasst werden können (wo z. B.  die mögliche Einstellbreite eines Verstellpropellers, was die Steigung angeht, nicht ausreicht) So was haben wir gerade bei unseren südafrikanischen Fregatten eingebaut ."

-ei, da lern ich gern dazú! (einer meiner spinnerten Freunde am Bodensee hatte mal n LKW-Motor samt Schaltung in sein Boot eingebaut -mit Wendegetriebe!- und stolz verkündet, er habe nun das einzig ihm bekannte Boot mit 16 Rückwärtsgängen)...  :MLL:

Wie sind denn die Drehzahlbereiche für eure Südafrikaner, und die Anstellbereiche? Dürften wir Normalsterblich-Werftferne auch mal n Blick drauf werfen?  :O/Y Putzneugierig wär ich ja!

Ciao,
Harold

Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: schiffbauer am 02 Juni 2006, 23:02:57
harold,
da muß ich erst mal nachschauen; das hab ich nicht so im Kopf.
Ich komm aber erst am nächsten Dienstag dazu.
Außerdem muß ich sehen, ob ich das euch überhaupt sagen kann, wg. Geheimhaltung und so :/DK:
Gruß
Schiffbauer
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: winni am 03 Juni 2006, 11:51:00
@schiffbauer :Ich gehe mal davon aus,dass bei solchen Schiffen,Strömungsgetriebe (Hydraulische Getriebe) zum Einsatz kommen.Oder?  :wink:
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: schiffbauer am 06 Juni 2006, 13:42:41
Nein, das sind keine hydraulischen Getriebe, sondern Getriebe mit sogenannten Reibkupplungen, die in bestimmten Drehzahlbereichen einen Übergang von einer Drehzahl zur nächsten erlauben (und auch wieder zurück),
Vereinfacht ausgedrückt, arbeitet ein solches Getriebe wie ein Automatikgetriebe im Auto.
Harold, sorry über nähere technische Details kann ich mich hier nicht auslassen (Confidentiality!)
Gruß
Schiffbauer
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Langensiepen am 06 Juni 2006, 13:53:44
 :-DAber Wolfgang! Ist doch alles kein Geheimnis und zudem eine Allerwelts-Technologie. Alles über Waterjet  ( SA Korvette ) und Motorengetriebe im Schiffbau find sich in der überall frei erhältlichen  Literatur und in den – ebenfalls frei erhältlichen - Fachzeitschriften.  So gar über die Sache mit den Kabeln bei den SA Dampfer hab ich was gelesen.  So, und nun muß ich wieder an die Arbeit. Du hast richtige gehört ( gelesen ) ich bin wieder aktiv.
Gruß
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: schiffbauer am 07 Juni 2006, 12:50:14
Bernd, was ich meine sind die technischen Details vom Getriebe (wann bei welchen Drehzahlen geschaltet wird und so); die kann ich so nicht ohne weiteres weitergeben.
Alles was Du erwähntest ist natürlich offen, aber darum ging es mir nicht.
BtW: Arbeit, bist Du immer noch bei den Tankers, oder machst Du jetzt was anderes?
Gruß
Schiffbauer
Titel: Re: Getriebe
Beitrag von: Redfive am 05 September 2006, 22:04:58
Hallo allesamt,

ich muß da auch noch was mit einbringen.
Die neuen Fregatten der 124ér Klasse der Bundesmarine, besitzen auch solche Schaltgetriebe. Und wegen des Getribe, hat man auf den Schiffen auch nicht mehr zwei Gasturbinen eingebaut sondern nur noch eine Leistungsgesteigerte. Und man erreicht in etwa damit die gleichen Geschwindigkeiten wie die 123ér Klasse.
Aber was sag ich immer: Es geht nichts über eine gute alte Dampfanlage. :-D