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Seekrieg allgemein => Zweiter Weltkrieg => Thema gestartet von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21

Titel: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21
moin,

das
Zitat von: Urs Heßling am 08 April 2017, 18:45:38
Zitat von: Mario am 08 April 2017, 17:33:18
.. statt an Kreuzer, an die Battleships denken .. Ich glaube, da würdest Du (fast) dasselbe schreiben.
Ja, die Idee hatte ich auch, als ich meinen Beitrag vor dem Einsetzen noch einmal durchlas.
läßt mir doch keine Ruhe :MZ:

Also kommt hier die Provokation Nr. 2, bevor ich mich heute abend in den Urlaub verabschiede :wink:

Schlachtschiffe waren im 2. Weltkrieg eigentlich überflüssig, sie hatten keine Aufgabe, die nicht auch Kreuzer - so sie auf beiden Seiten existierten - hätten wahrnehmen können.

Alliierte Schlachtschiffe brachten den Großteil bzw. größten Teil ihrer Fahrzeit damit zu, Flugzeugträgern Luftschutz zu geben (besonders im Pazifik), Konvois im Nordmeer, Mittelmeer und Atlantik gegen vermutete/erwartete Angriffe durch gegnerische Schlachtschiffe zu decken, die nur äußerst selten (2 x SH/GU, 1 x SH) eintraten oder Küstenbeschießungen zu führen.

Die Kämpfe von Schlachtschiffen gegen ihresgleichen sind - fast - an einer Hand abzuzählen :
7/1940 - Warspite gegen Giulio Cesare und Conte di Cavour (Punta Stilo)
9/1940 - Richelieu (im Hafen !) gegen Barham und Resolution (Dakar)
5/1941 - Bismarck gegen Hood und Prince of Wales
5/1941 - Bismarck gegen King George V und Rodney
11/1942 - South Dakota und Washington gegen Kirishima (Guadalcanal)
12/1943 - Scharnhorst gegen Duke of York (Nordkap)
- und - kein wirkliches "Duell" ! -
10/1944 - West Virginia, California, Tennessee und Maryland gegen Fuso und Yamashiro (Surigaostraße)

Hab' ich eins übersehen ?

Im "Überwassergefecht" gingen 6 Schiffe (Hood, Bismarck, Kirishima, Scharnhorst, Fuso und Yamashiro) verloren
Durch U-Boote gingen 3 Schiffe verloren : (Royal Oak, Barham, Kongo)
Durch Luftangriffe im Hafen sanken oder wurden zu konstruktiven Verlusten 8 Schiffe : Cavour , Arizona, Oklahoma, Gneisenau , Tirpitz, Ise, Hyuga, Haruna
Durch Luftangriffe auf See gingen verloren Prince of Wales, Repulse, Hiei, Roma, Musashi, Yamato.

Nach Auslaufen der Verträge von Washington und London ging der Schlachtschiffbau 1935 nach 12-jähriger Ruhepause wieder los .. warum ?
- weil die entscheidenden Admirale noch an den Wert der Schlachtschiffe glaubten ?  :|
- weil auf die Kritiker des Schlachtschiffbaus nicht gehört wurde ?
- weil "die andere Seite" auch Schlachtschiffe baute ? :roll:

Kommentare - in meiner Abwesenheit :-) :-)   - willkommen und erbeten :laugh:

Gruß, Urs
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 10 April 2017, 22:39:44
Ein volles "einverstanden" mit Deiner These, lieber Urs :MG:

Der einzige Sinn war schließlich nur noch mMn der Küstenbeschuss vor einer amphibischen Landung, das große Kaliber hatte mehr Wirkung im  Ziel ("Stahl auf die Heide" in der Heeressprache). Dieser Beschuss konnte auch Nachts durchgehalten werden, wenn die Flugzeuge nicht flogen und war unterm Strich wohl auch preiswerter, als ständig Flieger in der Luft zu halten... (ohne die Kosten für den Bau selbst einzubeziehen).

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: t-geronimo am 11 April 2017, 00:12:16
Ich provoziere mal weiter:

Mit diesem Ansatz - mit dem Wissen und Denken von heute das Planen und Bauen von damals zu analysieren und zu bewerten - werden sich künftige Generationen durchaus fragen, warum die Deutsche Marine der heutigen Generation sich noch die großen Pötte leistet (ob sie nun als Korvetten, Fregatten oder sonstwas klassifiziert werden).
Bricht man mit diesem Ansatz deren Kosten-Nutzen-Wert herunter, kann man eigentlich nur noch den Smiley verwenden, der sich an der Wand den Kopf aufhaut.

Die Analyse "Früher-Heute" ist ja richtig, aber der Transfer auf "Heute-Morgen", sprich die Zukunftsorientiertheit, ist immer nur in begrenztem Maß möglich. Und je schneller die Zeit voran schreitet, um so kleiner ist dieses Maß. Und wenn dann auch noch ein Krieg dazwischen kommt, der Anschubser für technologische Weiterentwicklung schlechthin, dann kann man fast nur noch alt aussehen - oder Glück haben, auf die Planer gesetzt zu haben, die auf den einen von vielen Zukunftssträngen gesetzt haben, der dann auch wirklich eingetreten ist.

Um den Kreis zur Ausgangsthese zu schließen: Bei der Iowa-Klasse und Vanguard kann man tatsächlich vielleicht sagen: Warum noch? Mit Abstrichen vielleicht noch bei der South Dakota-Klasse und den letzten KGVs.
Aber alle anderen Schiffe wurden zu einer Zeit geplant und gebaut, als die rasante Entwicklung der Waffe Flugzeug kaum in dem Maß absehbar war, als es dann tatsächlich passiert ist.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: delcyros am 11 April 2017, 09:08:43
Zitat von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21
moin,


Die Kämpfe von Schlachtschiffen gegen ihresgleichen sind - fast - an einer Hand abzuzählen :
7/1940 - Warspite gegen Giulio Cesare und Conte di Cavour (Punta Stilo)
9/1940 - Richelieu (im Hafen !) gegen Barham und Resolution (Dakar)
5/1941 - Bismarck gegen Hood und Prince of Wales
5/1941 - Bismarck gegen King George V und Rodney
11/1942 - South Dakota und Washington gegen Kirishima (Guadalcanal)
12/1943 - Scharnhorst gegen Duke of York (Nordkap)
- und - kein wirkliches "Duell" ! -
10/1944 - West Virginia, California, Tennessee und Maryland gegen Fuso und Yamashiro (Surigaostraße)

Hab' ich eins übersehen ?




Ja,

04/1940 RENOWN vs SCHARNHORST & GNEISEINAU

06/1940 HOOD, VALIANT, RESOLUTION & NELSON gegen (zunächst im Hafen) BRETAGNE, PROVENCE, DUNKERQUE, STRASSBOURGH

05/1941 PRINCE OF WALES vs BISMARCK (Kurzzeitig auf große Entfernung)

Mit dem Argument der Häufigkeit gehe ich nicht ganz mit. Eine besonders hohe Häufigkeit von Gefechten gegeneinander war noch nie das historisch charakteristische Merkmal von Dickschiffen und kann es m.A.n. auch nicht sein.

lg,

p.s. ich frage mich, ob Kreuzer tatsächlich so gut wie Schlachtschiffe Bedrohungsszenarien aufrechterhalten konnten (Frankreich, Norwegen). 
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 11 April 2017, 10:34:11
Zudem sollte man noch weitere Handlungen abseits der Küstenbeschießung und des Kampfes BB vs BB mit einbeziehen. Ich denke da gerade an Leyte und den Angriff auf Taffy 3 (?) und co, Unterstützung von Landungsoperationen (Torch, Guadalcanal..). Das lässt sich dann zwar auch tw. mit Küstenbeschießungen in Verbindung bringen, einer Küstenbeschießung folgt jedoch nicht zwangsläufig eine Landungsoperation bzw. die Deckung einer Invasionsstreitmacht gegen potenzielle Feinde bedingt nicht zwangsläufig einer Küstenbeschießung.

Abgesehen davon, finde ich die Aufgabe "Küstenbeschießung" bzw. der Einsatz von diesen schlagkräftigen Schiffen als "Mobile Artillerie" durchaus valide und empfinde dies als Teil des Anforderungsprofils an ein Schlachtschiff im WKII - zumindest für einige Länder.

Zitat von: t-geronimo am 11 April 2017, 00:12:16
Um den Kreis zur Ausgangsthese zu schließen: Bei der Iowa-Klasse und Vanguard kann man tatsächlich vielleicht sagen: Warum noch? Mit Abstrichen vielleicht noch bei der South Dakota-Klasse und den letzten KGVs.
Aber alle anderen Schiffe wurden zu einer Zeit geplant und gebaut, als die rasante Entwicklung der Waffe Flugzeug kaum in dem Maß absehbar war, als es dann tatsächlich passiert ist.


Die IOWAs wurden alle 1940 / Anfang 41 auf Kiel gelegt. Die Essex-Träger zB wurden im Mai 1940 genehmigt (zunächst 3Stck, ab Sommer dann +8). D.h. zumindest die USA scheinen entweder die Relevanz der Flugzeugträger mE schon vor Tarent 11/1940, Bismarck 05/41 und Pearl Harbor 12/41 erfasst zu haben, oder arbeiteten an ein homogenes Einsatzkonzept ala "Schnelles Schlachtschiff als Teil einer Flugzeugträgerkampfgruppe". Das finde ich ganz interessant, da die Japaner ihre "Kido Butai" auch erst 1941 gebildet haben, und dementsprechend bei Erteilung obiger Bauaufträge das Potenzial der Luftwaffe (im maritimen Kontext) noch nicht zum Tragen gekommen war.

Deswegen, Thorsten, ich finde dein "vielleicht" ganz interessant, denn eine ähnliche Frage stelle ich mir aktuell beim Lesen von Shattered Sword: Was ist das Einsatzprofil der IOWAs (und der neuen CVs) im Kontext der Flugzeugträgerbauaktivitäten in den USA vor dem Hintergrund, das all dies *vor* den einschlägigen Marine/Luftkampfereignissen stattfand. Vielleicht kann da hier jmd weiteres Hintergrundwissen vermitteln?  :MG:
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 11 April 2017, 10:41:13
ZitatWas ist das Einsatzprofil der IOWAs im Kontext der Flugzeugträgerbauaktivitäten in den USA vor dem Hintergrund, das all dies *vor* den einschlägigen Marine/Luftkampfereignissen stattfand. Vielleicht kann da hier jmd weiteres Hintergrundwissen vermitteln?  :MG:

Ich denke, die Konzepte liefen parallel, denn es gab bis Pearl Harbour noch einen heftigen "Kampf" zwischen dem "big gun Club" und den "Fly Boys".
Ernest King hat zwar schon 1937 bewiesen, dass Träger als selbständige Einheiten offensiv wirken können, jedoch waren die Admirale der "old School" davon nicht so recht überzeugt.
Die IOWA et al. wurden noch vor Pearl auf Kiel gelegt, nach dem Desaster jedoch hat man sich ja sehr schnell auf den Trägerbau konzentriert und "nur" die Verträge für die 4 IOWAs abgearbeitet.
Japan hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, nicht jeder Admiral war so fortschrittlich im Denken, dass das Potential schlagkräftiger Trägergruppen à la Pearl in seiner ganzen Tragweite erkannt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Man plant den nächsten Krieg mit den Erfahrungen des letzten! (keine Ahnung wo ich das mal gelesen habe...)

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 11 April 2017, 10:53:58
Zitat von: Big A am 11 April 2017, 10:41:13
Ich denke, die Konzepte liefen parallel, denn es gab bis Pearl Harbour noch einen heftigen "Kampf" zwischen dem "big gun Club" und den "Fly Boys".
Ernest King hat zwar schon 1937 bewiesen, dass Träger als selbständige Einheiten offensiv wirken können, jedoch waren die Admirale der "old School" davon nicht so recht überzeugt.
Die IOWA et al. wurden noch vor Pearl auf Kiel gelegt, nach dem Desaster jedoch hat man sich ja sehr schnell auf den Trägerbau konzentriert und "nur" die Verträge für die 4 IOWAs abgearbeitet.
Japan hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, nicht jeder Admiral war so fortschrittlich im Denken, dass das Potential schlagkräftiger Trägergruppen à la Pearl in seiner ganzen Tragweite erkannt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Man plant den nächsten Krieg mit den Erfahrungen des letzten! (keine Ahnung wo ich das mal gelesen habe...)

Vor Pearl Harbor waren bereits 11 Essex-Träger im Bau. Der Wandel hat, gemessen an den Flottenträgern, eher begonnen und war "nach" Abarbeitung der IOWAs eher abgeschlossen als das er gestartet wurde - würde ich so sagen.

Gibt es Literatur zu den Einsatzdoktrinen der SDKs und IOWAs in Kontext mit den Flugzeugträgern vor 12/1941?
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: mhorgran am 11 April 2017, 11:07:19
Seltsam das man sich hier wieder auf die US-Navy "einschießt" als Taktgeber in der Entwicklung der Trägerstrategie. Anscheinend, wie bei Urs, das unterbewußte von "heute" auf damals schließen.

Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 11 April 2017, 11:18:53
Zitat von: mhorgran am 11 April 2017, 11:07:19
Seltsam das man sich hier wieder auf die US-Navy "einschießt" als Taktgeber in der Entwicklung der Trägerstrategie. Anscheinend, wie bei Urs, das unterbewußte von "heute" auf damals schließen.

Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.

Missverstehe mich bitte nicht  :MG: Ich beschäftige mich gerade laienhaft mit der japanischen Marine und ihren Trägerstrategien - dabei kam die Frage auf, wie das Trägerprogramm der USA vor diesem Hintergrund zu bewerten ist. Es scheint mir hier zwei parallel stattfindende Entwicklungen zu geben, die ich für mich etwas einordnen möchte. Zudem hake ich ja explizit nach, was *vor* dem Quantensprung (getrieben und bewiesen durch die Japaner) in Bezug auf "Trägerstrategie" und co getrieben wurde. Der Bau von 11 Flottenträgern auf seiten der USA erscheint mir da doch arg überdimensioniert für konventionelles Denken vor Bildung und Einsatz der Kido Butai.

Ich bin ehrlich gesagt nicht abgeneigt, eine Diskussion über die internationale Entwicklung von Flugzeugträgern und deren Einsatzprofil zwischen den Weltkriegen zu starten.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 11 April 2017, 11:35:07
Zitat
Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.

Ein klares "Jain", denn außer bei Pearl (und eventuell bei Midway) wurden die Träger eben nicht als eigenständige Waffe eingesetzt. Die IJN hatte große Erfahrungen im Betrieb von Trägern (z.B. vor der chinesischen Küste bereits Mitte / Ende der 30er Jahre), häufig wurden bei der Expansion in den südostasiatischen Raum aber die Träger zur Unterstützung der Landungsoperationen eingesetzt, also an Konvois gebunden (siehe z.B. die Fernsicherungsaufgabe im Korallenmeer). Man setzte sehr viel auf landgestützte Marineflieger-Kräfte.
"leider" dominierte in der IJN analog zu vielen anderen Marinen auch der "Big-Gun-Club".

Zitat
Gibt es Literatur zu den Einsatzdoktrinen der SDKs und IOWAs in Kontext mit den Flugzeugträgern vor 12/1941?

Hier würde ich in die verschiedenen "Rainbow-Kriegspläne" schauen, der Plan "Orange" sah vor, dass die Pazifik-Flotte mit den Schlachtschiffen offensiv in Richtung Philippinen ausläuft und die IJN stellt. Die Träger waren da eher als Aufklärungs- und Sicherungskräfte (gegen U-Boote) gedacht, weniger als eigenständiges offensives Kampfmittel. Das Umdenken begann mit dem Verlust der Dickschiffe in Pearl und man sich mit dem begnügen musste, was man noch hatte. Zwar lagen der USN die Berichte von/über Tarent vor, der Bericht ist aber in der Bürokratie des Verteidigungsapparates untergegangen und hatte keinen Einfluss auf die konzeptionelle Ausrichtung der Flotte.

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Was die US Navy betrifft: Zum einen spielten schon vor Dezember 1941 die Träger eine wichtige Rolle. Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen. Und die Iowas (eigentlich keine richtigen Schlachtschiffe) wurden immerhin vor den Montanas (den "wahren BB") gebaut. Zum anderen hat Pearl Harbour mehr unfreiwillig zu einer Träger-orientierten Strategie geführt.

Man darf den Wert des Schiffsbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht unterschätzen. Alle großen Seemächte hatten eine Anzahl älterer Schlachtschiffe im Bestand. Es ist nicht falsch, diesen Bestand durch Neubauten zu ergänzen. Zumal die Überlegenheit der Träger bis etwa 1942 alles andere als so offensichtlich war, wie es sich heute darstellt. Alle Seiten bauten Träger auch als Begleitschutz für die eigenen Schlachtschiffe, also als durchaus sinnvolle Ergänzung der Schlachtflotten; was die Schlachtflotten eben nicht obsolet machte. Ein vollständiger Verzicht auf BB-Neubauten war deshalb aus meiner Sicht zu der Zeit weder naheliegend noch wirklich sinnvoll.

Die Royal Navy hat ihre Schlachtschiffe nur deshalb meist zweckentfremdet eingesetzt, weil ihr ein Gegner mit einer ernstzunehmenden Schlachtflotte fehlte.

Der Todesstoß für die Schlachtschiffe kam meiner Meinung nach erst 1944 mit "Fritz", als man erkennen musste, dass keine denkbare Panzerung ein Schlachtschiff vor (treffsicheren) Bomben schützen konnte.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 11 April 2017, 13:21:55
Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Was die US Navy betrifft: Zum einen spielten schon vor Dezember 1941 die Träger eine wichtige Rolle.

Ja, nach welcher Rolle frage ich ja.

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17

Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen.

Das widerspricht doch dem  :?

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Zumal die Überlegenheit der Träger bis etwa 1942 alles andere als so offensichtlich war, wie es sich heute darstellt. Alle Seiten bauten Träger auch als Begleitschutz für die eigenen Schlachtschiffe, also als durchaus sinnvolle Ergänzung der Schlachtflotten; was die Schlachtflotten eben nicht obsolet machte. Ein vollständiger Verzicht auf BB-Neubauten war deshalb aus meiner Sicht zu der Zeit weder naheliegend noch wirklich sinnvoll.

Also BBs für CV Support oder CV für BB Support ?


Die erste wirkliche Zusammenfassung mehrerer CV als Angriffsverband war ja eben erst die Kido Butai. In den ersten Kriegsjahren etwa haben die US-Träger jeweils allein mit entsprechender Kreuzer / Zerstörerdeckung operiert. Selbst bei Midway '42 waren die US CVs noch in verschiedene TFs organisiert, die außer Sicht von einander relativ unabhängig operierten. CVs in GB hatten (anfangs) ja auch mE mehr die Rolle des Aufklärers und Flugzeugtransporters inne, sowie deren Verwendung als Mittel zur U-Bootabwehr (siehe der Verlust der Courageous während einer solchen Operation).
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 11 April 2017, 14:02:35
Uff, da muss ich jetzt ein wenig spekulieren, da ich nicht mit Quellen dienen kann.

Man muss dazu sagen, dass die Amerikaner von Anfang an sehr große und sehr schnelle Träger hatten, da sie für ihre Träger die Lexington-Rümpfe recycelt haben. Man hat wohl sehr schnell den unheimlichen Wert dieser beiden Parameter erkannt und die Träger deshalb in von den langsamen BB unabhängigen Gruppen organisiert.

Zitat von: Benjamin am 11 April 2017, 13:21:55
Ja, nach welcher Rolle frage ich ja.
Träger sollten die gegnerischen Träger angreifen und die eigenen Schiffe vor den Angriffen der gegnerischen Träger schützen.

Zitat
Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen.
Das widerspricht doch dem  :?
Es drehte sich wohl immer darum: Wie weit kann eine gegnerische Flotte während der Dunkelheit an den eigenen Träger heranfahren? Man wollte wohl einerseits nicht die Beschränkungen aus diesem "Sicherheitsabstand" - der nicht so weit von der Einsatzreichweite der Flugzeuge entfernt war - hinnehmen, sich andererseits aber auch nicht "auf dem falschen Fuß" erwischen lassen.

Zitat
Also BBs für CV Support oder CV für BB Support ?
Beides, aber in erster Linie CV als Support für die BB.

Zitat
Die erste wirkliche Zusammenfassung mehrerer CV als Angriffsverband war ja eben erst die Kido Butai. In den ersten Kriegsjahren etwa haben die US-Träger jeweils allein mit entsprechender Kreuzer / Zerstörerdeckung operiert. Selbst bei Midway '42 waren die US CVs noch in verschiedene TFs organisiert, die außer Sicht von einander relativunabhängig operierten. CVs in GB hatten (anfangs) ja auch mE mehr die Rolle des Aufklärers und Flugzeugtransporters inne, sowie deren Verwendung als Mittel zur U-Bootabwehr (siehe der Verlust der Courageous während einer solchen Operation).
"Fleet Tactics" erklärt den Wandel im Laufe des 2. WK sehr gut: Anfangs waren Träger eine sehr gute Angriffswaffe aber sehr schlechte Verteidiger. Es war also bei Midway sinnvoll, die Träger in separaten Gruppen aufzustellen, weil ein erfolgreicher Angriff unweigerlich die Versenkung des Ziels bedeutete, und bei mehreren Gruppen eben nur ein Träger auf einmal gefunden wird. 1944 war das Defensivpotential der Träger dank Radar und CAP so stark, dass eine Konzentration in einer Gruppe sinnvoll war. Die Amis haben es also in diesem Fall richtig herum gemacht, die Japaner nicht. Dazu kommt der oben erwähnte Unterschied in der Größe der Träger: Ein amerikanischer Träger konnte im Alleingang einen ganzen Flottenverband versenken; ein kleiner britischer Träger hatte dafür überhaupt nicht die Flugzeuge und war deshalb zu völlig autonomen Operationen gar nicht in der Lage.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 11 April 2017, 14:33:00
Zitatdie außer Sicht von einander relativ unabhängig operierten

Nur zum Teil, Yorktown musste nach dem Korallenmeer erst noch "zusammengeflickt" hinterherdampfen. Fletcher überlies dann Spruance weitgehende Handlungsfreiheit mit seiner Gruppe.

Außerdem hatten die Amerikaner ja auch nichts mehr, was sie noch mitschicken konnten :/DK:

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 11 April 2017, 14:48:05
Zuerst einmal danke für die Antworten und für die spannende Diskussion  :MG:

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 14:02:35
"Fleet Tactics" erklärt den Wandel im Laufe des 2. WK sehr gut: Anfangs waren Träger eine sehr gute Angriffswaffe aber sehr schlechte Verteidiger. Es war also bei Midway sinnvoll, die Träger in separaten Gruppen aufzustellen, weil ein erfolgreicher Angriff unweigerlich die Versenkung des Ziels bedeutete, und bei mehreren Gruppen eben nur ein Träger auf einmal gefunden wird.

Sehe ich anders. Mit dem heutigen Wissen mag das stimmen. Damals gabs aber eben mehrere Ansätze. Die USN *hat* entsprechend deiner Aussage die Aufteilung in verschiedene TFs bei Midway u.a. zum Schutz der Träger vorgenommen. Dies lag aber auch darin begründet, das die versch. Airgroups (noch) nicht so effektiv zusammenarbeiten konnten, wie die Japaner. Entsprechend war der Vorteil einer Zusammenfassung der Angriffsverbände als eine Einheit nicht so groß wie umgekehrt bei den Japanern. Die Japaner haben ihre "Air Groups" zusammenarbeiten lassen und gemäß ihrer Doktrin klappte das ziemlich gut. Zudem, im Gegensatz zu den Amerikanern, griffen die Japaner idR nur mit halber Stärke an. Die andere Hälfte der Flugzeuge wurde für einen weiteren Luftschlag zurückgehalten. D.h. eine Konzentration der japanischen Träger war in sofern sinnvoll, als das a) die Flugzeuge der versch. Träger als *ein* Verband agieren konnten und b) durch die Zurückhaltung je der Hälfte der Flugzeuge pro Träger im Zweifel auch ein größeres Verteidigungspotential zur Verfügung stand. Die USN hat im Gegensatz dazu zumindest bis Juni 42 immer die kompletete Air Group losgeschickt (Da wurde der kommandierende Offizier im Korallenmeer kurz vor Midway wohl laut Shattered Sword auch zur Schnecke gemacht, das er die Träger schutzlos zurückließ um in voller Stärke die Zuiho(?) anzugreifen)

Lange Rede kurzer Sinn: Mit dem Wissen des Ausgangs von Midway war es klüger, die Träger zu splitten. Auf Basis der bis dahin gemachten Erfahrungen war es klüger (mindestens auf japanischer Sicht), die Träger zusammen agieren zu lassen um mindestens das Offensivpotential zu stärken.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: ede144 am 11 April 2017, 15:41:02
Zitat von: Big A am 11 April 2017, 10:41:13
ZitatWas ist das Einsatzprofil der IOWAs im Kontext der Flugzeugträgerbauaktivitäten in den USA vor dem Hintergrund, das all dies *vor* den einschlägigen Marine/Luftkampfereignissen stattfand. Vielleicht kann da hier jmd weiteres Hintergrundwissen vermitteln?  :MG:

Ich denke, die Konzepte liefen parallel, denn es gab bis Pearl Harbour noch einen heftigen "Kampf" zwischen dem "big gun Club" und den "Fly Boys".
Ernest King hat zwar schon 1937 bewiesen, dass Träger als selbständige Einheiten offensiv wirken können, jedoch waren die Admirale der "old School" davon nicht so recht überzeugt.
Die IOWA et al. wurden noch vor Pearl auf Kiel gelegt, nach dem Desaster jedoch hat man sich ja sehr schnell auf den Trägerbau konzentriert und "nur" die Verträge für die 4 IOWAs abgearbeitet.
Japan hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, nicht jeder Admiral war so fortschrittlich im Denken, dass das Potential schlagkräftiger Trägergruppen à la Pearl in seiner ganzen Tragweite erkannt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Man plant den nächsten Krieg mit den Erfahrungen des letzten! (keine Ahnung wo ich das mal gelesen habe...)

Axel

Ja, die USN hat mit ihren Fleet Problems da einiges simuliert und daraus Erfahrungen gewonnen und Konzepte erarbeitet.

Aber ich will mal einen amerikanischen Autor zitieren, der mal geschrieben hat, der Siegeszug für den flugzeugträger wurde mit dem Washingtoner Flottenvertrag eingeleitet. Danach waren eigentlich keine großen Flotten mehr verfügbar, die Flugzeugangriffe hätten abwehren können.
Stellt euch mal die Grand Fleet mit all ihren Kreuzern und Zerstörern in der Technik von 1940 vor, die man mit Flugzeugträgern angreifen will
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: mhorgran am 11 April 2017, 15:52:58
ZitatEin klares "Jain", denn außer bei Pearl (und eventuell bei Midway) wurden die Träger eben nicht als eigenständige Waffe eingesetzt. Die IJN hatte große Erfahrungen im Betrieb von Trägern (z.B. vor der chinesischen Küste bereits Mitte / Ende der 30er Jahre), häufig wurden bei der Expansion in den südostasiatischen Raum aber die Träger zur Unterstützung der Landungsoperationen eingesetzt, also an Konvois gebunden (siehe z.B. die Fernsicherungsaufgabe im Korallenmeer). Man setzte sehr viel auf landgestützte Marineflieger-Kräfte.
Pearl-Habour / Midway:
Was dann wohl bedeutet das die ersten Großoperationen durch die jap.Marine durchgeführt wurden. Ich würde auch die Trägeroperationen im indischen Ozean dazuzählen.

Zitat"Fleet Tactics" erklärt den Wandel im Laufe des 2. WK sehr gut: ...
Das kann man so sehen muß man aber nicht. Benjamin hat es absolut richtig beschrieben. Man sollte auch nicht technologische Vorteile der US-Navy (zb. mit Funk ausgestattete Jäger) mit Taktik vermischen.

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 11 April 2017, 17:13:18
ZitatWas dann wohl bedeutet das die ersten Großoperationen durch die jap.Marine durchgeführt wurden. Ich würde auch die Trägeroperationen im indischen Ozean dazuzählen.

Ja, völlig richtig. Nur hat die IJN nicht konsequent so weiter gemacht bzw. machen können, denn nach dem Siegeszug durch SO-Asien waren die Trägerverbände zumindest soweit heruntergefahren, dass sie eine vernünftige Zwischeninstandsetzung gebraucht hätten. Die bekannte "Victory disease" hat das verhndert, es gab dafür keine Pläne bzw. geplante Rotationen; vom Nachwuchs an ausgebideten Trägerpiloten (nur die machen ja Träger sinnvoll) ganz zu schweigen!

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: mhorgran am 11 April 2017, 18:18:30
Gabs dazu nicht eine ausgiebige Diskussion innerhalb der jap. Marineführung, zwischen "Big-Gun-Club" und Trägerenthusiasten. Wollten die Trägerbefürworter nicht auf die Yamatoklasse verzichten dafür mehr Träger bauen und erheblich mehr Piloten inkl. Bodenunterstützung ausbilden?
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 11 April 2017, 20:25:56
So ist es, der dritte Yamato-Rumpf wurde als Träger Shinano (der größte Träger vor den Nuklearträgern der Amerikaner) in Dienst gestellt und bei der Verlegungsfahrt nach Hiroshima / Hashirajima nach 10 Tagen versenkt.
In der sehr streng hierachischen und auf Seniorität bedachten japanischen Marine waren die "Big Guns" eben die tonangebenden Herrschaften, während die jüngeren Admirale durchaus die Trägerpotentiale erkannten, sich aber nur schwer durchsetzen konnten.
Das Regenerationsprogramm für Marineflieger kam erst nach Guadalcanal, etwa um die Zeit von Bougainville Mitte bis Ende 43 in Gang, eben zu spät und zu wenige....

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 14 April 2017, 11:26:01
Zur Schlacht bei Midway: Hughes' theoretisches Modell deckt sich recht gut mit den realen Ergebnissen. Deshalb wundere ich mich ein wenig über die Kritik an dieser Theorie.

Zur Iowa-Klasse: Ich habe nochmal das entsprechende Kapitel in "Friedman: US Battleships" nachgelesen. Die japanische Strategie sah ja keine direkte Konfrontation mit der überlegenen amerikanischen Schlachtflotte vor, sondern einen Kampf um diese herum, zum Beispiel um ihren Nachschub zu unterbinden. Hierfür sollten die japanischen Träger- und Kreuzergruppen eingesetzten werden, unterstützt durch die Schlachtkreuzer der Kongo-Klasse. Die schnellen amerikanischen Trägergruppen sollten dagegen eingesetzt werden, mit den Iowas als Begleitschutz und Kreuzer-/Kongo-Killer. Die Iowas sind demnach eigentlich Schlachtkreuzer, nur nicht in ihrer klassischen Rolle als Vorhut der Schlachtflotte, sondern viel unabhängiger eingesetzt. Ihr vorrangiger Bau zeigt, wie wichtig der US-Admiralität diese Komponente der Strategie war, wohl weil man (nicht unberechtigt) fürchtete, die schnelle japanische Flotte gar nicht stellen zu können.

An der amerikanischen Strategie sieht man ganz gut, dass die Träger als weitere unterstützende Komponente zur Schlachtflotte angesehen wurden, wie Kreuzer und Zerstörer zuvor. Das macht meiner Meinung nach zu der Zeit (bis mindestens 1942) auch Sinn; selbst bei einem Angriff der gesammelten japanischen Trägerstreitmacht auf die amerikanische Schlachtflotte auf See, inklusive der Begleiteinheiten und der Träger zur Luftsicherung, wäre meiner Meinung nach nicht mit Sicherheit erfolgreich gewesen. Man hätte sie schwächen können, aber der entscheidende Schlag wäre noch immer den Schlachtschiffen vorbehalten gewesen. Zumindest hat man wohl so gedacht.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sven L. am 14 April 2017, 12:15:18
Zitat von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21
...
Nach Auslaufen der Verträge von Washington und London ging der Schlachtschiffbau 1935 nach 12-jähriger Ruhepause wieder los .. warum ?
- weil die entscheidenden Admirale noch an den Wert der Schlachtschiffe glaubten ?  :|
- weil auf die Kritiker des Schlachtschiffbaus nicht gehört wurde ?
- weil "die andere Seite" auch Schlachtschiffe baute ? :roll:
...

Hallo Urs,

die drei Fragen lassen sich aus deutscher Sicht verhältnismäßig einfach mit der Denkschrift "Braucht Deutschland große Kriegsschiffe" beantworten.
Ich hatte es bereits einmal in diesem Thread (http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,25032.406.html) zitiert. Der Vollständigkeit halber hier nochmal der gesamte Text:
ZitatAus Werner Rahn, Reichsmarine und Landesverteidigung 1929~1928, Seite 281ff

>>Braucht Deutschland große Kriegsschiffe?<<

Die Denkschrift etstand im Mai 1929 in der Flottenabteilung (A II) der Marineleitung. Raeder zeichnete den Entwurf am 28.5. ab und ließ seine Reinschrift in 5 Exemplaren anfertigen, die wie folgt verteilt wurde: Reichswehrminister Groener, Generalmajor v. Schleicher, Chef der Marineleitung, Flottenabteilung (Prüf-Nr. 4); Prüf-Nr. 5 wurde vernichtet.
Quelle: BA-MA OKM Box 3 PG. 34061 (Fr. 42084).

A II G.Kds. Nr. 565/29
      Prüf. No. 4

Geheime Kommandosache!
Braucht Deutschland große Kriegsschiffe?

I. Die folgenden Ausführungen sind veranlaßt durch eine Prüfung der Frage, wie Deutschland den Aufbau seiner Seeverteidigung im Frieden am zweckmaßigsten gestalten soll. Solange der Versailler Vertrag gilt, sind ihrer Ausgestaltung bestimmte Grenzen gesetzt, deren Ausnutzung schon jetzt durch die Frage beeinflußt wird, wie Deutschland sich auf maritimen Gebiet zu verhalten hat, wenn sie später einmal frtfallen.
    Die Beurteilung der dann bestehenden bzw. eintretenden politischen Lage, aus der sich vermutlich veränderte militärische Notwendigkeiten ergeben, ist schwierig. Die finanzielle Lage, die eine maßgebliche Rolle spielen wird, entzieht sich vorläufig jeder Beurteilung: sie soll deshalb vorläufig außer Betracht gelassen werden. Auch der Einfluß der Luftwaffe auf die Kriegführung der Zukunft ist schwer abzuschätzen, weil diese Waffe und ihre Gegemittel sich noch in ständiger Entwicklung und Veränderung befinden.
    Bei gründlicher Betrachtung aller erwägbaren Umstände und bei Fortlassung aller ins Unbestimmbare abgleitenden Spekulationen ergibt sich jedoch ein aus unserer militär- und wirtschaftsgeographischen Lage gebildeter fester Rahmen, aus dem sich Schlüsse auf das Verhalten unserer mutmaßlichen Gegner ziehen lassen. Nach Klärung dieser Voraussetzungen wird es möglich sein, zu der aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen. -

II. Die militärische Gesamteinstellung der Marine darf nicht von dem Wunschgedanken der Wiederaufrichtung einer überragenden Flottenmacht bestimmt werden; sie ist einzig und allein den Notwendigkeiten für das Leben und der Zukunft der Nation anzupassen. Aus ihnen zieht sie selbst die Berechtigung ihres Daseins.
    Im Vordergrund der Aufgaben der Wehrmacht steht heute die Notwendigkeit, unsere Neutralität und unsere Grenzen gegenüber fremden Mächten zu wahren. Sie wird auch nach Fortfall des Versailler Vertrages fortbestehen.
    Die fremden Mächte entwickeln auf See heutzutage eine scharfe Anpassung an das eigentliche Wesen des Seekrieges, dem Wirtschaftskrieg gegen die lebensnotwendigen Seeverbindungen des Gegners, eine Art Rückkehr zu den schon zur Zeit Cäsars und Oktavians geübten Kampfmethoden. Daher die Streitigkeiten über Zahl, Größe und Bewaffnung von Kreuzern und Hilfskreuzern, den Hauptträgern dieses Wirtschaftskrieges. Das Ziel, ihre Tätigkeit zu ermöglichen und ihnen den erforderlichen Rückhalt zu bieten, gibt die Richtlinie für die Typenentwicklung der übrigen Schiffsklassen. Neben dem Flugzeugträger, der die Handelszerstörer durch Aufklärungstätigkeit unterstützt, wird das große kampffähige Schiff als pièce de résistance erhalten und entwickelt. Trotz mancher Gegenströmungen ist es bisher noch nirgends in Fortfall gekommen. Über die gegenwärtige Stellungnahme der einzelnen Seemächte zur Großschiffsfrage enthält die Anlage 1 Näheres1. Ausschlaggebend ist für seine Befürworter, daß kein Land solche Schiffe entbehren könne, solange andere Nationen daran festhalten. (»Similia similibus«). Den Anfang zur Abschaffung des großen Schiffes hat bisher niemand zu machen gewagt, der auf die Sicherheit seiner Seeverbindungen angewiesen ist. Man hat also auf absehbare Zeit hinaus mit dem Vorhandensein von schweren Seestreitkräften zu rechnen.

III. Welche Folgerungen hieraus für die Ausgestaltung der deutschen Seeverteidigung zu ziehen sind, erhellt aus einer Gegenüberstellung der militärischen Aufgaben der Reichsmarine und der vom Feinde zu erwartenden Gegenmaßnahmen.
a) Ein Abschließung unserer Zufuhr über See muß unter allen Umständen verhindert werden, da ohne sie jeder Kampf auf dem Lande, nach welcher Front es sei, von vorneherein nutzlos ist.
b) Die Verbindung mit Ostpreußen ist sicherzustellen, um diese Provinz nicht von vorneherein preiszugeben.
c) Die Seeflanke des kämpfenden Heeres muß gegen Seiten- und Rückenbedrohung geschützt werden.
Zur Erläuterung der Aufgabe zu a) diene das Folgende:
Der deutsche Markt ist nicht annähernd imstande, die kriegswirtschaftlich unentbehrlichen Güter:   
              Lebens- und Futtermittel,
              Rohstoffe und Halbfabrikate,
              Fertigwaren
als die materielle Voraussetzungen der Kriegführung in ausreichender Menge zu liefern. Der Fehlbedarf muß daher eingeführt werden. Von der deutschen Einfuhr gehen im Frieden etwa 2/3 = 40 Millionen t über die See; etwa 1/3 = rund 20 Millionen t über die Landgrenze. In Konfliktsfällen ist der Landweg noch unsicherer als die Seezufuhr, weil die in Frage kommenden Liefer-Länder voraussichtlich wegen politischen Drucks unserer Gegner nichts liefern oder mögliche Lieferungen uns wegen Abriegelung unserer Landgrenzen nicht erreichen können. Unter Umständen fällt ein Teil der Friedenslandeinfuhr ebenfalls der See-Zufuhr zu. Erstere kann immerhin als zum Teil weiter bestehend angenommen werden. Einige Angaben über den geschätzten Mindest-Einfuhrbedarf Innerdeutschlands2 enthält Anlage 2, die Ergebnisse von Untersuchungen über die Lebensnotwendigkeit dieser Zufuhr enthält Anlage 3.3
    Es ist zu folgern, daß e i n  e    a u s g e d e h n t e   S e e z u f u h r   d i e   V o r a u s -
    s e t z u n g   f ü r   j e g l i c h e   K r i e g f ü h r u n g   a u f   d e m   L a n d e darstellt.
    Diese Tatsache hat sich erst seit der Jahrhundertwende infolge der Entwicklung Deutschlands zum übervölkerten Industriestaat ergeben. Die bedingungslose Abhängigkeit unserer Widerstandskraft auf dem Lande von der Seeblockade hat der Weltkrieg bewiesen.
    Die Abschnürung von der Seezufuhr ist das einfachste, unblutigste und sicherste Mittel, uns niederzuzwingen. Das wissen auch unsere Gegner.
    Gegen England, das über die stärkste Flotte der Welt und über eine seestrategische für uns verhängnisvolle geographische Lage verfügt, ist die Aufgabe zu a) nicht zu lösen. Ess muß daher jeder Waffengang vermieden werden, bei dem England zu unseren Gegnern gehört. Er wäre von vorneherein zur Aussichtslosigkeit verurteilt.

IV. Es kommt also, auch wenn wir von Versailles frei sind, nur der Widerstand gegen eine Flotte aus der Gruppe der Seemächte zweiten Ranges - z.B. Frankreich oder Polen/Frankreich - in Frage.
    Die Gefahrenpunkte unserer maritimen Lage, gegen die sich ein Angriff unserer Gegner richten wird, sind: Unsere lebenswichtige Seezufuhr in Nord- und Ostsee, die Verbindung mit Ostpreußen.
    Unsere schwach verteidigte, teilweise für Landungen gut zugängliche und ausgedehnte Seegrenze teils als Einfuhrziel des Seehandels, teils als Flanke des Heeres.
    Aufgabe der Marine ist es, diese Objekte zu schützen, Angriffe des Gegners abzuwehren und die gleichgerichteten Maßnahmen des Heeres zu unterstützen.

V. Welche Möglichkeit besteht, die Seezufuhr wenigstens in geminderter Form aufrechtzuerhalten?
    Die Erfahrung lehrt, daß der Anreiz hoher Prämien, die ein blockiertes Land für das Durchbringen von Zufuhren zahlt, die abschreckende Wirkung der Gefahren, denen sich der Blockadebrecher aussetzt, ausgleicht. Mit einem gewissen Zustrom wird daher gerechnet werden können, wenn es gelingt, durch militärische Schutzmaßnahmen eine völlige Abriegelung zu verhindern.
    Über die weiten Räume des Weltmeeres können unter den heutigen Verhältnissen nicht einmal die größten Flottenmächte, England und Amerika, ihren Handel völlig sicherstellen. In diesen weiten Räumen lassen sich jedoch die Zufahrtsstraßen ohnedies nicht ganz abriegeln.
    Anders liegen die Dinge beim eintritt des Handelsverkehrs aus dem Weltmeer in die große Schleuse des deutschen Außenhandels, die Nordsee. Hier bietet sich dem Feinde die Möglichkeit eines aussichtsreichen Zugriffs. Die Zufuhrwege passieren hier bestimmte Schlüsselstellungen, bei denen sich den gegnerischen Handelszerstörern günstige Aussichten bieten. Die Zugänge sind die Passage zwischen Schottland und Norwegen und der Ärmelkanal.
    Es wurde in letzter Zeit angeregt, den Ausbau der Wehrmacht zur See auf dem bisher verfolgten Wege einzustellen und statt dessen die Küstenverteidigung mit allen technischen Mitteln der Neuzeit wie Minen, U-Booten, Flugzeugen, Fernlenkbooten, hochwertigen Küstenbatterien usw. auszubauen. Könnte die Wehrmacht auf diese Weise den Aufgaben, die ihr zur See zufallen, gerecht werden oder ist ein gewisser Bestand an größeren, seekampffähigen Schiffen unerläßlich?
    Die Gegnermaßnahmen auf den Schlüsselstellungen der Nordsee werden wahrscheinlich in einer häufigen Kontrolle dieser Stellungen durch von Wetter- und Sichtigkeitsverhältnissen ziemlich unabhängige schnelle Überwasserstreitkräfte bestehen, denen stärkere Streitkräfte als Rückhalt gegen Aufrollung durch den Blockierten beigegeben sein werden.
    Es ist anzunehmen, daß der Gegner seine Blockademaßnahmen durch Einsatz von Unterwasserwaffen, U-Booten und Minen, unterstützen wird. Vielleicht wird er zur Abschreckung der neutralen Zufuhr eine Art Sperrgebietserklärung erlassen und diese hauptsächlich durch starke Minenverwendung auch weiter draußen in freier See wirksam zu machen suchen.
    Für die Ostsee werden die Verhältnisse ähnlich liegen. Gegen die dortigen äußerst wichtigen Seeverbindungen und gegen die Verbindungen mit Ostpreußen darf mit dem Einsatz von Unterwasserwaffen, aber auch mit Angriffen durch kampfkräftige Überwasserschiffe gerechnet werden.
    Die in Anlage 4 auszugsweise beigefügte Denkschrift des französischen Admiralstabes zeigt4, daß daneben mit Sicherheit an Unterstützung der Landoperationen durch Truppenlandungen unter dem Schutz der französischen Flotte gedacht wird, für die günstige geographische und militärische Voraussetzungen vorliegen. Ferner ist es wahrscheinlich, daß der Gegner bei Fehlen einer wirksamen Gegenwehr versuchen wird, sich an geeigneten Punkten der Nord- und Ostseeküste festzusetzen und sie als Stützpunkte für den Handelskrieg oder zur Unterstützung der Landoperationen auszunutzen. Ebenso wahrscheinlich ist daß er Gelegenheiten zum unmittelbaren Eingriff in die Landoperationen durch Beschießungen von See aus, nach den Erfahrungen des Weltkrieges benutzen wird.
    Die Verteidigungsmaßnahmen der Marine haben also zu bestehen aus:
    Kampf gegen die Handelszerstörer und ihre Deckungsstreitkräfte.
    Offenhalten minenfreier Wege durch die Nord- und Ostsee bis in die Einfuhrhäfen.
    Abwehr von Landungen und Beschießungen.

VI. In welcher Weise im einzelnen am zweckmäßigsten gegen Blockadestreitkräfte zu operieren sein wird, soll unerörtert bleiben. Sicher ist, daß ein erfolgreicher Kampf gegen sie nur geführt werden kann, wenn uns mindestens gleichwertige Typen, d.h. schnelle kampfkräftige Einheiten mit guter Sinksicherheit und hohem Aktionsradius (der langes Inseebleiben gestattet) zur Verfügung stehen, die durch einzelne stärkere Schiffe, die es mit dem stärksten Gegnertypen aufzunehmen haben, und taktisch mit unseren leichteren Streitkräften zusammen operieren können, zu decken wären.
    Für das Offenhalten der Wege bedürfen wir leistungsfähiger Minenräumverbände, die bei ihrer Arbeit auch weit draußen in See durch kampfkräftige Deckungsstreitkräfte gesichert werden müssen.
    Unternehmungen des Gegners zur Landung von Truppen und Festsetzung an der deutschen Küste werden wegen der Wichtigkeit ihres Gelingen und der Höhe des Einsatzes voraussichtlich unter dem Schutz seiner stärksten Kampfmittel erfolgen. Ihre Abwehr setzt also - »similia similibus« - ebenfalls gleichwertige, wenn möglich überlegene Schiffe auf deutscher Seite voraus. Sie werden zu ergänzen sein durch Minen und U-Boote. Beide sind aber in ihrer Wirksamkeit an begrenzten Raum gebunden. Die Erfolgsaussichten des U-Bootes, dessen Entwicklung besonders hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit den Überwasserschiffen in der Nachkriegszeit nicht Schritt gehalten hat, werden bei Verwendung gegen Kriegsschiffe im allgemeinen, besonders auch in Frankreich, nur gering eingeschätzt.

VII. Nach den vorstehenden Ausführungen wird die Reichsmarine mit ihrem heutigen Schiffsbestand nicht in der Lage sein, die ihr bei einem Krieg gegen eine Seemacht zweiten Ranges zufallenden Aufgaben zu erfüllen, da man mit kleinen Kreuzern und Torpedobooten allein keinen solchen Krieg führen kann. Unsere Lage wird sich ganz wesentlich bessern und uns zu entscheidenden Erfolgsaussichten - vorwiegend auf dem Ostseekriegsschauplatz - die erforderliche Vorbedingung geben, wenn der Ersatz unserer für den modernen Seekrieg nicht mehr brauchbaren Linienschiffe durch die wertvollen Neubauten vom »Ersatz Preußen«-Typ durchgeführt sein wird, zumal dann, wenn der Gegner durch anderweitige politische Rücksichten gebunden, nicht in der Lage ist, seine gesamten Streitkräfte gegen uns zu konzentrieren. Unsere Marine besäße dann als stärksten Typ eine Reihe von Schiffen, die dem bisherigen stärksten Handelszerstörer überlegen sind, die ferner in der Ostsee die Seeverbindungen im wesentlichen von feindlicher Einwirkung freizuhalten imstande wären. Zur restlosen Erfüllung ihrer Aufgaben vor allem in der Nordsee gegenüber einer Seemacht zweiten Ranges ist sie aber auch dann noch nicht n der Lage. Sie wird erst dazu in den Stand gesetzt, wenn sie neben der Ausstattung it Fliegern und U-Booten durch einen schweren Schiffstyp ergänzt wird.
   Welchen Typ die schweren Schiffe zu verkörpern haben, ist im Augenblick schwer zu übersehen. Es ist bekannt, daß die neuartige Konstruktion der Ersatz-Preußen-Typs im Ausland das größte Aufsehen erregt hat. Sein Wert ist dort in der öffentlichen Kritik sehr viel schneller erkannt worden als bei uns. Man hat das deutsche Bauvorhaben als einen ganz neuen Typ dargestellt der vielleicht zu einer Umwälzung der gegenwärtigen Schiffbaupolitik führen wird, und es fehlt nicht an Stimmen, die einen ähnlichen oder aus ihm entwickelten Typ als Standard-Typ für das Schlachtschiff der Zukunft bezeichnen. Solche Auslassungen sind durchaus ernst zu nehmen, denn die allgemeine Linie der Zukunftsentwicklung geht im Sinne der Seeabrüstung in der Richtung einer Deplacementsverringerung der Schlachtschiffe. Das Hauptargument, das immer dagegen angeführt wird, der zu geringe Aktionsradius kleinerer Schiffe, ist durch die Konstruktions von »Ersatz Preußen« mit seinem überragend großen Aktionsradius hinfällig geworden. Man wird sich also nicht zu weit gehen, wenn man sagt, daß Deutschland durch diesen Schritt den großen Seemächten zum ersten Mal praktische Wege zur Seeabrüstung gewiesen hat. Ob und inwieweit sie sich auswirken, wird auch für unsere spätere Einstellung dem »schweren Kampfschiff« gegeüber maßgebend sein.
_________________________________________

1 Hier fortgelassen
2 Unter Innerdeutschland verstand die Reichswehrführung das Reichsgebiet ohne die wertvollen Produktionsgebiete im Westen und Osten (Ruhrgebiet, Oberschlesien), mit deren schnellem Verlust in einem bewaffneten Konflikt gerechnet wurde.
3 Beide Anlagen sind hier fortgelassen- In der Anlage 2 ging die Marineleitung von der Annahme aus, daß der durch den Ausfall von Verarbeitungsgebieten hervorgerufene Minderbedarf an Rohstoffen und Halbfabrikaten durch einen Mehrbedarf an kriegswirtschaftlich notwendigen Fertigfabrikaten aufgewogen wird.
4 Hier fortgelassen
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 14 April 2017, 18:57:32
ZitatAn der amerikanischen Strategie sieht man ganz gut, dass die Träger als weitere unterstützende Komponente zur Schlachtflotte angesehen wurden, wie Kreuzer und Zerstörer zuvor. Das macht meiner Meinung nach zu der Zeit (bis mindestens 1942) auch Sinn;

Es gilt auch zu bedenken, dass bis 1882 an der Naval Academy die Seeoffiziere (line officers) eher "klassisch" ausgebildet wurden, insbesondere mit Navigation, Artilllerie etc. während es speariert davon technische Klassen gab, die sich dem Studium neuer Techniken widmeten (Dampfantrieb usw).
Die "klassichen" Absolventen dieser Jahrgänge waren in den entscheidenden Jahren der Umstrukturierung in den entscheidenden Positionen, also "Kanonengeprägt". Nur wenige konnten wohl "über den Zaun" schauen und das "Neue" sehen.

ZitatDie japanische Strategie sah ja keine direkte Konfrontation mit der überlegenen amerikanischen Schlachtflotte vor, sondern einen Kampf um diese herum, zum Beispiel um ihren Nachschub zu unterbinden.
Jain, die IJN plante einerseits die Abnutzung der USN auf dem Anmarsch gem. Warplan Orange und dann die Mahansche Entscheidungsschlacht. Eine direkte Konfrontation "auf Rohrwaffen- und Torpedoebene" wurde ja immer wieder gesucht (Philippinensee, Leyte Gulf etc,) in Verkennung der Bedeutung der Trägergruppen für die USN. Dabei hat die IJN ja selbst mehrfach bewiesen, dass Seekrieg ohne Luftschutz ein no-go ist (HMS Repulse z.B.)

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Rheinmetall am 17 April 2017, 20:59:33
Guten Abend zusammen !

Sehr interessant, was Ihr da so schreibt.
Vielen Dank hierfür.  :-D top

Diesbezüglich kann ich mich sinngemäß gut an ein Zitat von Erich Raeder erinnern, welcher sagte:

"Deutschlands Stärke zur See liegt unterhalb der Wasseroberfläche".

Die Kriegsmarine hatte ja damals nicht umsonst die größte U-Boot Waffe der Welt und der absolute Löwenanteil der feindlichen Versenkungen ging auf ihr Konto (2424 Schifffe, wenn ich mich recht erinnere).

Viele Grüße,

Matze
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 18 April 2017, 11:11:24
Zitat von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21
Die Kämpfe von Schlachtschiffen gegen ihresgleichen sind - fast - an einer Hand abzuzählen :

Das stimmt - waren aber doch mehr als im Ersten Weltkrieg. Man könnte noch das Gefecht der unfertigen, im Hafen liegenden Jean Bart vs. USS Massachusetts in Cassablanca aufzählen.

Der offensichtlichste Punkt ist meiner Meinung nach der: Schlachtschiffe wurden gebaut, um als gemeinsam mit anderen Schiffen ihres Typs gegnerische Schlachtflotten zu besiegen. Aber welche Marine konnte im Zweiten Weltkrieg je eine klassische Schlachtflotte zum Einsatz bringen? Etwas, was auch nur sehr entfernt an Skagerrak erinnert? Verbände aus drei bis fünf Schlachtschiffen waren schon groß, größere Konzentrationen gab es fast nur beim Landzielbeschuss im Rahmen von Landungsoperationen.

Schlachtschiffe bildeten einfach nicht mehr den Kern der Flotte, sondern waren zu zweitrangigen (aber sehr teuren!) Geleitschiffen (Flugabwehrschiffen) für Träger und für Landzielbeschuss verwendet - letzteres wohl auch primär deshalb, weil es so viele gab, die man für sonst nicht viel gebrauchen konnte. Im Ersten Weltkrieg hat man die Schlachtschiffe dafür noch für zu wertvoll gehalten und entweder alte Pre-Dreadnought-Schiffe genutzt (praktisch verheizt) oder Monitore.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: J.I.M am 19 April 2017, 22:49:59
Hallo Urs,

Kernthese, dass die Aufgaben der Schlachtschiffe auch Kreuzer erledigen konnten halte ich(zumindest im Atlantik) für falsch. Deine Aufzählung der tatsächlichen Gefechte ist natürlich wie so oft nicht zu beanstanden. Aber!!

Schlachtschiffe waren die einzigen Schiffe die duellfähig gegen Schlachtschiffe waren.

Hier dazu meine These:
1. Hätte Beispielsweise GB auf Schlachtschiffe verzichtet, hätte man von dt. Seite seine Schlachtschiffe, insbesondere bei guten Sichtverhältnissen, gut einsetzen können. Ich weiß nicht, wie viele Kreuzer man hätte haben müssen, um gegen eine Bismarck bei Tage erfolgreich zu sein. (Das Schiff ist mit ihrem Panzerungskonzept(Oberdeck/Zitadelpanzerung) in weiten Entfernungsbereichen auf einem Großteil der Trefferfläche imun gegen Kreuzergeschütze.)

2. Die Schlachtschiffe wurden von den Flugzeugträgern verdrängt. Diese funktionieren aber nur, wenn die Wetterlage auch den Einsatz der Flugzeuge erlaubt! Wenn man sich die Einsätze der dt. Dickschiffe am Beispiel von Op. Berlin ansieht, kann man sehen, dass der Einsatz von Flugzeugen oft nicht möglich ist. Das kann für eine Marine, die auf Schlachtschiffe gänzlich verzichtet böse enden.

3. Ohne Zweifel sind die Schlachtschiffe nach dem 2.WK fast sofort von der Bildfläche verschwinden. Warum? Weil es auch keinen Gegner mehr für Schlachtschiffe gab. Die einzigen Nationen, die noch neue Schlachtschiffe besessen haben, waren die Westalliierten. Für Russland war es von Anfang an sinnlos gegen diese Seemächte anzurüsten.
-->Hätte es noch einen Gegner mit konkurrenzfähigen Schlachtschiffen gegeben, hätten auch im Westen die Schlachtschiffe noch einige wenige Jahre eine Rolle gespielt. Von der Sonderverwendung der US-Schlachtschiffe hier mal abgesehen.

Gruß JIM
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 20 April 2017, 08:35:22
Zitat von: J.I.M am 19 April 2017, 22:49:59
Schlachtschiffe waren die einzigen Schiffe die duellfähig gegen Schlachtschiffe waren.

Diese Aussage gilt, seitdem es Schlachtschiffe gibt. Niemand hat gerne diese teuren Schiffe gebaut, aber wenn der Gegner welche hat, braucht man selbst auch welche. Und weil sie so teuer waren, hat man sie entsprechend vorsichtig eingesetzt. Deshalb ist die vermeintlich beste Waffe im Arsenal oft nicht die effektivste Waffe.

Die oben zitierte Aussage gilt übrigens auch für Flugzeugträger, weshalb diese neue Schiffsklasse sehr wohl parallel zu den Schlachtschiffen existieren konnte, ohne sie gleich obsolet zu machen.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 10:27:50
Duelle sind etwas, die in der Seegeschichte eher selten sind. Meistens operierten Verbände gegeneinander. Und im Zweiten Weltkrieg waren Verbände, die überwiegend aus mehreren Schlachtschiffen bestanden, eine krasse Ausnahmeerscheinung. Es gab keine Schlachtflotten mehr, da es keiner Flotte gelang, so viele Schlachtschiffe zu konzentrieren - bzw. es sowieso keine gegnerische Schlachtflotte gab, so dass eine solche Konzentration überflüssig war.

Wenn man anschaut, durch welche Waffensysteme Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg, so schwer getroffen wurden, dass sie zumindest Einsätze abbrechen mussten, waren das in der überwiegenden Zahl von Fällen NICHT Granaten von anderen Schlachtschiffen, sondern Torpedos (meist von U-Booten oder Flugzeugen eingesetzt) oder Bomben.

Es gibt Ausnahmen, darunter auch ein 20,3 cm-Treffer des Schweren Kreuzers HMS Norfolk, der dem Vormarsfeuerleitstand der Scharnhorst zerstörte - allerdings auch eben keine Granate eines Schlachtschiffs (übrigens mit Feuerleitradar geleitetes Feuer der Norfolk). Eventuell sind die Treffer von Prince of Wales auf Bismarck eine solche Ausnahme, da sie sicher den Abbruch des Unternehmens erzwangen - aber die Kampffähigkeit wurde entscheidend durch den Torpedotreffer beeinträchtigt.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Hägar am 20 April 2017, 10:31:24
Ist die Diskussion nicht oft ein bisschen off historical reality?

Es gab zum Beispiel einen Flottenvertrag. Hätte GB auf Schlachtschiffe verzichtet, hätte auch das DR keine Schlachtschiffe gehabt.
Auch die Aussage der Duellfähigkeit scheint mir irgendwie nicht tragfähig. Bei Gefechten / Schlachten geht es doch nicht um Auseinandersetzungen unter einem fairen Duell-Reglement mit gleichen Waffen, sondern schlicht und einfach um einen Sieg, egal, mit welchen Mitteln der erreicht werden kann.
Oder auch der Bezug der Op. Berlin zu Flugzeugträgern. Kann man wirklich katapultgestützte Maschinen, die auf das bewegte Wasser runter müssen, mit Flugzeugträger-Maschinen vergleichen?

Gruß - Hägar
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: J.I.M am 20 April 2017, 13:14:09
Ups, hätte ich ein Wort zu sagen sollen. Duellfähigkeit ist ein Begriff aus der Wehrtechnik. Es geht dabei nicht um ein Treffen von "Edelmännern" bei Sonnenaufgang. :wink:

Duellfähigkeit beschreibt die Fähigkeit sich unter gleichwertigen Rahmenbedingungen gegen einen Gegner durchsetzen zu können. Alle Torpedoträger sind in der Lage ein Schlachtschiff zu versenken. Bei dicksten Nebel in der Nordsee ist ein Schnellboot einem Schlachtschiff auf seine Art sogar überlegen.

In diesem Kontext ist die BS verglichen mit KGV duellfähig. Was jedoch keine Aussage darüber ist wer gewinnt.
Die SH ist gegen KGV aufgrund der zu geringen Durchschlagskraft der SA nicht duellfähig. Ein Kreuzer ist gegen ein Schlachtschiff nicht duellfähig.  Ein Gefecht sollte man vermeiden. Was nicht bedeutet, dass man sich keine Situation zurechtlegen kann, wo eine SH auch eine KGV versenken könnte.

@Hägar: In diesem Thread wurde die These aufgestellt, dass man das Aussterben der Schlachtschiffe voraussieht und aus eigenen Stücken, weil es ja keine effektive Waffe mehr ist, auf sie verzichtet. So hab ich es zumindest verstanden.

JIM
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 13:28:54
Das Schlachtschiff war nun mal im Zweiten Weltkrieg nur noch eingeschränkt eine effektive Waffe.

a) es fehlte seine Daseinsgrundlage, eine Schlachtflotte, praktisch bei jeder Marine und entsprechende fehlte auch der Gegner, eine gegnerische Schlachtflotte.

b) sie war technologisch überholt, Schlachtschiffe waren nicht mehr die schlagkräftigsten Schiffe einer Flotte, sondern Flugzeugträger. Dazu waren Schlachtschiffe, wie alle Schiffe, durch Luftangriffe stark verwundbar (diese Verwundbarkeit wurde schon 1940 in Norwegen und danach immer wieder demonstriert).

c) entsprechend dienten Schlachtschiffe die meiste Zeit im Krieg als Geleitschiffe, Flugabwehrschiffe und dem Küstenbeschuss - Aufgaben, für die sie davor als viel zu wertvoll angesehen wurden. Deshalb waren Schlachtschiffe ironischerweise im Zweiten Weltkrieg sehr viel aktiver als im Ersten Weltkrieg.

Die Kriegsführung war drei-dimensional geworden (siehe auch die Ursachen für Beschädigungen und Versenkungen von Schlachtschiffen) und hier waren  Schlachtschiffe, die nur dazu entworfen waren andere Schlachtschiffe zu versenken, einfach aus der Zeit gefallen.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 20 April 2017, 14:05:58
Zitatsie war technologisch überholt, Schlachtschiffe waren nicht mehr die schlagkräftigsten Schiffe einer Flotte, sondern Flugzeugträger

Sorry, das ist eine ex-post Analyse. Zu Beginn des WWII und dem Bau der Schlachtschiffe war das bei weitem eben nicht klar sondern diese Erkenntnis hat sich erst mit dem Verlauf des Krieges herausgeschält; nach den Einsätzen der Träger als selbstständiger  Offensivwaffe.

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 15:59:58
Mir ist schon klar, dass der Vorwurf der "ex-post Analyse" hier in diesem Forum extrem beliebt ist, dass man fast meinen könnte, es gäbe dafür eine automatische Einfügfunktion.

Aber warum steht diese Feststellung hier schon wieder? Was soll sie uns sagen? Ging es um die Frage, was man damals wissen konnte oder was heute? Ich hatte mich auf den HEUTIGEN Wissensstand berufen und mit keinem Wort damalige Entscheidungsträger auch nur erwähnt! Entsprechend finde ich es zumindest mal extrem befremdlich, mir vorzuwerfen, ich würde mit heutigem Wissensstand argumentieren. Das erwartete ich in diesem Kontext eigentlich von jedem!

Ob dies damalige Entscheidungsträger hätten wissen können, ist eine eine interessante Frage. Am ehesten kann man diese Erkenntnis in den Staaten erwarten, die a) eine starke, erfahrene Flugzeugträgerflotte hatten oder wenigstens sehr gute Kenntnisse über deren Einsatzmöglichkeiten hatten; b) (alternativ) Flugzeuge, die zur Schiffsbekämpfung trainiert und ausgerüstet waren und c) eine gute Kooperation zwischen Flugzeugen (Marineluftwaffe und/oder Luftwaffe) mit der Marine trainierten.  D.h. im damaligen Deutschland war eine solche Erkenntnis sehr unwahrscheinlich (fehlte alles drei), während sie sich in Japan entwickelt haben könnte. Es gab gut trainierte Trägerverbände, die im Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieg schon im Einsatz waren und unmittelbar bei Kriegsbeginn ihren spektakulärsten Erfolg erzielten (Pear Harbor). Es gab sehr gut trainierte landgestützte Bomber zur Anti-Schiffsbekämpfung, die kurz nach Kriegsanfang das Schlachtschiff HMS Prince of Wales und den Schlachtkreuzer HMS Repulse auf offener See versenkten. D.h. die japanische Marine schalteten in den ersten Kriegstagen sieben Großkampfschiffe mit Flugzeugen aus. D.h. praktisch hatten sie verstanden, dass das Schlachtschiff gegen Luftangriffe empfindlich waren, da sie selbst effektive Methoden entwickelten hatten, um Großkampfschiffe aus der Luft zu versenken. Ob sie diese Schlussfolgerung vollständig und konsequent angewendet haben? Nein, was einerseits an fehlender Erfahrung liegt (es hatte z.B. noch keine Trägerschlacht gegeben) und andererseits gab es immer noch die, die an die große entscheidende Schlacht zwischen den Schlachtflotten glaubten (aber was hätte sie bei der materiellen Unterlegenheit auch sonst auch machen sollen außer das offensichtlichste: den Krieg nicht zu beginnen?). Aber die japanische Marine war eine der ersten, die den Bau von Schlachtschiffen zugunsten des Baus von Flugzeugträgern einstellte (nach Midway), während danach die US Navy und Royal Navy weiter munter Schlachtschiffe bauten.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 20 April 2017, 16:24:00
@maxim: Natürlich geht es hier darum, was man unter der damaligen Wissenlage entscheiden konnte! "Ex post" ist immer ein Zirkelschluss: "Schlachtschiffe waren überflüssig, weil die Geschichte gezeigt hat, dass sie überflüssig waren." So kann man kaum eine sinnvolle Diskussion führen.

Was konnte man damals wissen? Wie Du es selbst geschrieben hast, hatten bestenfalls die Japaner die Voraussetzungen, um Flugzeugträger als die schlagkräftigere Waffe zu erkennen. Den Amerikanern fehlte dazu die Erfahrung, und die übrigen Länder hatten nicht einmal das Gerät, um so einen Gedanken überhaupt aufzustellen.

Was wusste man damals noch? Man wusste, dass ein modernes Schlachtschiff auf See eigentlich von einer von einem Flugzeug mitgeführten Waffe überhaupt nicht versenkt werden kann, zumindest nicht von Waffen mit einer relevanten Trefferquote. Alle tatsächlichen Fälle von Versenkungen sind auf "Glückstreffer" oder Konstruktionsfehler zurückzuführen. Das änderte sich erst Ende 1943 mit "Fritz".
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 16:49:51
Nein, darum ging es in meinem Beitrag SICHER nicht und in vielen anderen Beiträgen in diesem Thema ging es auch nicht um die damalige Wissenslage! Es ging um eine Diskussion der damaligen Rolle der Schlachtschiffe - und es macht keinerlei Sicht dabei die heutige Wissenslage zu ignorieren!

Das gilt übrigens auch für Dein Fritz X-Argument.

Damalige Schlachtschiffe wurden VOR Fritz X durch Flugzeuge versenkt. Ich hatte gerade sieben alliierte Großkampfschiffe aufgezählt gehabt, die davor von Flugzeugen versenkt worden waren. Dazu kamen z.B. noch die in Taranto versenkten Schiffe. Durch mehrfache Torpedotreffer - eine Waffe mit einer relativ hohen Trefferwahrscheinlichkeit! - konnte jedes Schlachtschiff versenkt werden. Und durch eine Kombination von Torpedo- und Bombentreffer noch besser. Wie die Japaner eben gleich mit einigen ihrer ersten Angriffe demonstrierten - oder die US Navy später dann mit Musashi und Yamato. Das waren keineswegs alles Glückstreffer wie die Zerstörung der einen Welle der Prince of Wales. Im Gegenteil hatten die meisten Schlachtschiffe Glück, dass es nie jemanden schaffte gegen sie einen derartigen Angriff wie auf USS West Virginia zu fliegen, die durch sieben Torpedos versenkt wurde. Oder den Angriff, der HMS Repulse mit vier bis fünf Torpedotreffern versenkte. Solche Angriffe hätte auch kein einziges anderes Schiff überlebt, die meisten hätten auch die Hälfte davon nicht überstanden.


Und noch eine Anmerkung für ein Beispiel einer typischen Unverschämtheit, die man in ähnlicher Form hier im Forum leider auch sehr oft findet:
Zitat von: Sarkas am 20 April 2017, 16:24:00
"Ex post" ist immer ein Zirkelschluss: "Schlachtschiffe waren überflüssig, weil die Geschichte gezeigt hat, dass sie überflüssig waren." So kann man kaum eine sinnvolle Diskussion führen.
Kein Mensch hat so argumentiert, aber Sarkas unterstellt es einfach...
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 20 April 2017, 16:59:46
Zitatwährend danach die US Navy und Royal Navy weiter munter Schlachtschiffe bauten.

Für die RN weiß ich es nicht genau (da habe ich zugegebenermaßen große Lücken) aber die IOWAs waren schon auf Kiel gelegt, als der Krieg im Pazifik losging. Es wäre sicher zu teuer und angesichts der dringenden Eile der nötigen Aufrüstung gegen Japan zu aufwändig gewesen, diese abzuwracken und / oder umzubauen (z.B. zu Trägern à la SHINANO).
Und selbstverständlich muss man bei der Analyse immer auf den zur Zeit der Entscheidungsfindung vorherrschenden Sachstand eingehen.

und nein, ich habe keine automatische Einfügefunktion :-P

und ja, Japan hätte es nach den Erfolgen besser wissen können, wobei der japanisch-chinesische Krieg ein eher fragwürdiges Argument ist, denn hier wurden die Träger zur Unterstützung der Landkämpfe und zum "realistischen Training" der Piloten der IJN vor der chinesischen Küste eingesetzt oder haben sogar als landgestützte Staffeln "geübt".

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 17:22:08
Es stimmt, dass die ersten vier Schiffe der Iowa-Klasse schon angefangen waren, als Pearl Harbor angegriffen wurde. Zwei weitere Schiffe wurden dann noch nach Midway, im Dezember 1942, auf Kiel gelegt, kein Schiff war vor Midway vom Stapel gelaufen. Die Energie, die in die Schiffe danach noch investiert wurde, hätte man sicher nützlicher verwenden können - aber bei den gewaltigen industriellen Kapazitäten waren relativ überflüssige Luxusbauten wie die Iowa- oder die "Großen Kreuzer" der Alaska-Klasse relativ egal. Es konnte ja trotzdem eine gigantische Übermacht aufgebaut werden. Die US Navy konnte sich diese Inkonsequenz locker leisten.

Der Bau der Vanguard wurde sogar erst am 2. Oktober 1941 begonnen, sie lief erst am 30. November 1944 vom Stapel und erst im August 1946 fertig. Also haufenweise Gelegenheit, den Bau zu Überdenken. Und leisten konnte sich die Royal Navy diese Verschwendung eigentlich nicht und der Bau von deutlich nützlicheren Schiffen war gestoppt worden, z.B. Träger der Eagle-, Majestic- und Centaur-Klasse (verständlich, damals gab es genügend).

Die Erfahrungen im Chinesisch-Japanischen Krieg waren sicher für die japanische Marine wertvoll, da Trägerkampfgruppen im Einsatz (übrigens sehr wohl auch gegen die kleine chinesische Marine) erprobt werden konnten. Und wenn es in Europa 1940-42 derartige trainierte, landgestützte Bomber gegen Schiffe, wie die von der japanischen Marine gegeben hätte, wären die Verluste an Schiffen sicher noch viel dramatischer ausgefallen. Dramatisch waren sie sowieso, z.B. in Norwegen oder vor Kreta.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 20 April 2017, 17:57:07
@maxim: Du hattest geschrieben:

Zitat von: maxim am 20 April 2017, 13:28:54
Das Schlachtschiff war nun mal im Zweiten Weltkrieg nur noch eingeschränkt eine effektive Waffe.

a) es fehlte seine Daseinsgrundlage, eine Schlachtflotte, praktisch bei jeder Marine und entsprechende fehlte auch der Gegner, eine gegnerische Schlachtflotte.

b) sie war technologisch überholt, Schlachtschiffe waren nicht mehr die schlagkräftigsten Schiffe einer Flotte, sondern Flugzeugträger. Dazu waren Schlachtschiffe, wie alle Schiffe, durch Luftangriffe stark verwundbar (diese Verwundbarkeit wurde schon 1940 in Norwegen und danach immer wieder demonstriert).

(...)

Das sind keine Argumente, das ist die These, über die hier diskutiert wird. Das ist der von mir erwähnte Zirkelschluss. Wenn das kein Zirkelschluss sein soll, dann musst Du die These mit anderen Argumenten begründen.

Und ich hatte bewusst "ein modernes Schlachtschiff auf See" geschrieben. Da fallen mir nur Yamato, Musashi, Roma - alle erst 1944/45 - und PoW ein.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 18:36:25
Wo ist da bitte der Zirkelschluss?

1.) bezieht sich auf das taktische Konzept und zwar nicht darauf, dass dies nicht mehr effektiv war, sondern, dass es nicht mehr existierte. Die Gründe für ein Fehlen einer Schlachtflotte sind divers, z.B. die Reduktion der Zahl der Schlachtschiffe durch die Flottenverträge, die herben Verluste bei Kriegsausbruch bei der US Navy, fehlende Gegner (im Falle der Royal Navy im Atlantik und Nordsee)... Aber ohne Schlachtflotte fehlte dem Schlachtschiff automatisch die Daseinsberechtigung, da diese nur dafür entworfen waren, gegnerische Schlachtflotten zu zerstören.

2.) bezieht sich auf die technische Ausstattung. Die Zerstörungskraft von Bomben und Torpedos war größer als die von schweren Granaten, d.h. Schlachtschiffen waren mit weniger effektiven Waffen ausgerüstet und entsprechend weniger effektiv, als eine Trägerkampfgruppe. Ausgerechnet gegen diese Waffen waren Schlachtschiffe besonders empfindlich, da ihr Panzerschutz nicht gegen sie ausgelegt war.


Moderne Schlachtschiffe waren in der frühen Phase des Kriegs selten und nur wenige wurden von Flugzeugen angegriffen und noch weniger von größeren Verbänden. Ich wüsste aber nicht, warum Prince of Wales z.B. vier bis fünf Torpedotreffer auf einer Seite hätte überleben sollen - selbst wenn es nicht den Glückstreffer auf der Welle gegeben hätte.

War die Versenkungen  - also die späteren - von Yamato und Musashi Glück? Was spricht dagegen, dass ähnliche Versenkungen nicht schon 1940-42 möglich gewesen wären? Deutsche Maschinen setzten gegen Illustrious relativ schwere Bomben ein - es fehlte aber die koordinierten Angriffe mit Torpedobombern, um sie auch zu versenken. Etwas ähnliches wäre auch mit Schlachtschiffen möglich gewesen. Die Schäden bei der Littorio-Klasse wirst du wahrscheinlich als Konstruktionsfehler werten, aber das waren im Vergleich auch schwache Angriffe mit nur wenigen Maschinen und Torpedos. Die Nelson, die im September 1941 von einem italienischen Torpedobomber ausgeschaltet wurde und nur mit etwas Mühe nach Gibraltar eingebracht wurde, ist wohl wieder nicht modern genug. Aber gibt es Beispiele dafür, dass moderne Schlachtschiffe gut koordinierte Luftangriffe überlebt haben?

Klar, gab es abgesehen von Prince of Wales kein Beispiel für einen frühen Totalverlust durch einen Luftangriff - nur halt noch Bismarck, die durch einen Luftangriff auf hoher See praktisch gefechtsunfähig wurde, die beiden Fälle von Torpedotreffern auf Vittorio Veneto, die beides Mal das Schiff kampfunfähig machten (einer von einer Swordfish, einer aber von einem U-Boot) und die drei im Hafen auf Littorio (auf hoher See wäre sie verloren gewesen; dafür überlebte sie dann ausgerechnet einen Fritz X). Aber die Menge an Treffern, die auf alten Schlachtschiffen erzielt wurden, z.B. auf der Repulse oder West Virginia, hätten auch jedes moderne Schlachtschiff zerstört.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 20 April 2017, 18:54:35
Zitat von: maxim am 20 April 2017, 18:36:25
1.) bezieht sich auf das taktische Konzept und zwar nicht darauf, dass dies nicht mehr effektiv war, sondern, dass es nicht mehr existierte. Die Gründe für ein Fehlen einer Schlachtflotte sind divers, z.B. die Reduktion der Zahl der Schlachtschiffe durch die Flottenverträge, die herben Verluste bei Kriegsausbruch bei der US Navy, fehlende Gegner (im Falle der Royal Navy im Atlantik und Nordsee)... Aber ohne Schlachtflotte fehlte dem Schlachtschiff automatisch die Daseinsberechtigung, da diese nur dafür entworfen waren, gegnerische Schlachtflotten zu zerstören.


Das ist halt eine sehr allgemeine Aussage für eine große Zeitspanne von ca Ende der 1920er bis 1945. In diesem Zeitraum hat sich eine Menge verändert, neue Technologien, neue Doktrinen und Einsatzprofile etc und das sollte nicht so einfach abgetan werden bzw. pauschalisiert werden. Die IOWAs sind garantiert nicht gebaut um ein zweites Skagerrak zu bestreiten, haben aber mE aus damaliger Sicht eine Daseinsberechtigung gehabt und, im Nachhinein betrachtet sogar noch mehr (siehe die zahlreichen Refits und Einsätze in der "Neuzeit").


Zitat von: maxim am 20 April 2017, 18:36:25
2.) bezieht sich auf die technische Ausstattung. Die Zerstörungskraft von Bomben und Torpedos war größer als die von schweren Granaten, d.h. Schlachtschiffen waren mit weniger effektiven Waffen ausgerüstet und entsprechend weniger effektiv, als eine Trägerkampfgruppe. Ausgerechnet gegen diese Waffen waren Schlachtschiffe besonders empfindlich, da ihr Panzerschutz nicht gegen sie ausgelegt war.

Auch hier: Konnte man damals nicht wissen. Dieses Wissen haben die seefahrenden und kriegführenden Nationen erst nach und nach erlangt (und auch nicht zeitgleich sondern in parallen Prozessen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten). Im Vorfeld mag sich zwar das Einsatzprofil der Schlachtschiffe geändert haben, aber das geschah nicht 1:1 mit der Entwicklung der Trägerwaffe. Effektiv gab es von '41-42 nur eine Trägerkampfgruppe -> Kido Butai. Vorher keine, bzw Kampfgruppen, die *auch* Flugzeugträger enthalten konnten.

Zitat von: maxim am 20 April 2017, 18:36:25
Moderne Schlachtschiffe waren in der frühen Phase des Kriegs selten und nur wenige wurden von Flugzeugen angegriffen und noch weniger von größeren Verbänden. Ich wüsste aber nicht, warum Prince of Wales z.B. vier bis fünf Torpedotreffer auf einer Seite hätte überleben sollen - selbst wenn es nicht den Glückstreffer auf der Welle gegeben hätte.

War die Versenkungen  - also die späteren - von Yamato und Musashi Glück? Was spricht dagegen, dass ähnliche Versenkungen nicht schon 1940-42 möglich gewesen wären?

Du gibst dir die Antwort schon selbst :)

Zitat von: maxim am 20 April 2017, 18:36:25
Deutsche Maschinen setzten gegen Illustrious relativ schwere Bomben ein - es fehlte aber die koordinierten Angriffe mit Torpedobombern, um sie auch zu versenken. Etwas ähnliches wäre auch mit Schlachtschiffen möglich gewesen.

Das Wissen, die Doktrinen dafür, waren schlichtweg noch nicht existent. Wiederum haben die Japaner mE die massiven koordinierten Angriffe einer hohen Anzahl von Flugzeugen von mehreren Trägern auf mobile Ziele erst "salonfähig" gemacht, um nicht zu sagen "erfunden".
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: t-geronimo am 20 April 2017, 18:55:28
@ maxim:

Vergleicht man die Anzahl der erzielten/benötigten Treffer auf Yamato und Musashi mit der Anzahl der eingesetzten Kampfflugzeuge, so wären sie 1940-42 vermutlich(!!) wohl auch arg humpelnd wieder in einen Hafen gekommen wie VV, vorausgesetzt es hätte keine Folgeangriffe gegeben.
Aber auch nur, weil man da eher nicht die Masse an Flugzeugen zusammen bekam. Einzelne Träger konnten das nicht leisten, Verbände waren selten oder die Ziele zu vielfältig (wenig Ziele = Konzentration von mehr Fliegern auf ein Ziel). Von Land aus ging das schon eher mal, siehe PoW.

Zählt für Dich z.B. der Angriff von Victorious' Albacores auf Tirpitz als "gut koordinierte Luftangriff auf ein modernes Schlachtschiff"? Einigermaßen gut in sich koordiniert war er m.W., letztlich aber zu klein. Daher mußte TP mit einer ordentlichen Portion Glück und auch ebenso einer Portion Können nicht zeigen, wie viel sie hätte einstecken können.

Bei einem Vergleich 1940-42 mit 1944-45 kommt doch letztendlich wieder das gleiche Argument zum Tragen, das auch das Schlachtschiff an sich obsolet gemacht hat: die rasante technische Entwicklung, sowohl was Masse angeht als auch Klasse.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 20 April 2017, 19:17:15
@ Benjamin: meine Liste bezog sich auf das heutige Wissen, warum Schlachtschiffe überholt waren - nicht das damalige! Das hatte ich schon mehrfach geschrieben.

Die Iowa-Klasse wurde entworfen, um schnelle Trägerkampfgruppen gegen Angriffe durch schnelle Schlachtschiffe (wie die Kongo-Klasse) zu schützen, also Überwasserangriffe abwehren zu können. Die Iowa-Klasse war als Schlachtschiff nicht optimal, da die Panzerung eigentlich zu schwach und zu wenig umfangreich war, um die hohe Geschwindigkeit zu ermöglichen. Die Montana-Klasse wären richtige Schlachtschiffe geworden.

Die richtigen Schlachtschiffen waren immer entworfen, um gegnerische Schlachtschiffe zu bekämpfen - aber dafür braucht es nun mal Schlachtflotten, die sich bekämpfen. Und keine Marine konnte im Zweiten Weltkrieg einen solchen Verband aufstellen.

Die japanische Marine hatte 1941 ausgebildeten Verbände, sowohl träger- als auch landgestützte Verbände. Diese wurden für koordinierte Bomben- und Torpedoangriffe trainiert. Es gab solche Verbände, im Falle von Prince of Wales und Repulse wurden 34 Torpedobomber, 54 Bomber und drei Aufklärer eingesetzt. Insbesondere in Europa reichten landgestützte Verbände meist aus, da die meisten Gewässer von Land aus erreichbar waren (!). Die italienische Luftwaffe hatte solche, aber schlecht trainiert und mit der Marine koordiniert. Die Luftwaffe hatte nur wenige solche Staffeln, die gut trainiert waren, aber die waren auch schlecht mit der Marine (sowohl mit der Kriegsmarine als auch der Regia Marina) koordiniert. Die Briten hatten mit dem Coastal Command im zunehmenden Umfang sehr gute Schiffsbekämpfungsstaffeln.

@ t-geronimo: wie oben geschrieben, die japanische Marine hatte solche Verbände und setzte sie auch ein, sowohl träger- als auch landgestützt.

Den Angriff der Albacore auf Tirpitz würde nicht als guten, koordinierten Angriff werten - viel zu wenige, schlechte Flugzeuge. Aber es stimmt natürlich, dass auch die Tirpitz von Flugzeugen ausgeschaltet wurden. Aber da wäre der Angriff während Operation Tungsten ein besseres Beispiel - aber natürlich auch ein Beispiel von 1944.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 20 April 2017, 21:23:07
Zitatda Trägerkampfgruppen im Einsatz (übrigens sehr wohl auch gegen die kleine chinesische Marine) erprobt werden konnten.

Wenn Trägerkampfgruppen sich auf die eingesetzten Bordstaffeln bezieht, einverstanden, wenn aber der koordinierte Einsatz mehrerer Träger gemeint ist, dann war das wohl eher nicht der Fall.
Und die "chinesische Marine" war ja nun wirklich kein ernsthafter Gegner, das glich schon eher dem Versenken von Frachtern oder Küstenmotorschiffen und Sampans aus der Luft. Die Nagelprobe kam erst nach Pearl Harbour.

Nochmal, mit damaligem Wissen und denken hatten die Schlachtschiffe ihre begründete Daseinsberechtigung; und sei es nur als latente Bedrohung als Fleet in being (wieviele Ressourcen hat beispielsweise Tirpitz gebunden??

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 21 April 2017, 08:59:14
Ich finde die Richtung, in welche die Diskussion sich bewegt, wenig ergiebig. Fakt ist, dass es in den 1930er Jahren in genügend Marinen einsatzbereite Schlachtflotten gab: GB, USA, Japan, Frankreich, Italien. Es handelte sich um eine erprobte Waffe mit eingespielten Taktiken und Abläufen, und die Schiffe stellten ein nicht unerhebliches Investment (in heutiger Währung im zweistelligen Milliardenbereich) dar. Das Argument, dass man BB braucht, weil der potentielle Gegner (dazu gehörten z. B. für GB auch die USA!) welche hat, ist also zutreffend. In diese Zeit fällt das Aufkommen des Flugzeuges als ernstzunehmende Waffe, und damit auch der Flugzeugträger. Das Potential dieser neuen Waffe haben wohl viele gesehen, es wurden ja auch entsprechende Geldmittel in die Entwicklung und den Bau von Trägergruppen gesteckt (wozu wohl auch die Flottenverträge beigetragen haben). Auch bei neuen Schlachtschiffen wurde nicht unerhebliche Anteile der Kosten in die Verteidigung gegen diese neue Waffe gesteckt. Es gab also eine neue Waffe (Flugzeug) und die dazu passende Abwehr (Panzerung, Torpedoschutz, Flak, eigenes Jagdflugzeug). Bei der Erfindung des Torpedos war es das gleiche, diese neue Waffe machte die Schlachtschiffe auch nicht obsolet, auch wenn sie eine erhebliche Bedrohung für diese darstellte, sondern führte nur zu neuen Taktiken und Begleitschiffen. Letztendlich wurden mehr Schlachtschiffe durch Torpedos versenkt als durch Artilleriebeschuss, aber waren sie deshalb obsolet? Nein, weil nur ein Schlachtschiff ein Seegebiet beherrschen konnte - bis zum Auftreten großer, gut geführter Trägergruppen.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 21 April 2017, 09:33:38
Sicher hatten die Schlachtschiffen mit dem Wissen der 1930er eine Daseinsberechtigung. Aber im Zweiten Weltkrieg sah es dann real ganz anders aus. Keine der genannten Marine schaffte es je eine Schlachtflotte auf See an den Feind zu bringen, die meisten schafften es nicht einmal eine Schlachtflotte zu bilden. Verbände aus 3-5 Schlachtschiffen - im Ersten Weltkrieg winzige Kleinverbände - waren im Zweiten Weltkrieg schon maximale Konzentrationen, die sehr, sehr selten waren.

Schlachtschiffe konnten im Zweiten Weltkrieg auch schon vor dem Auftreten gut geführter Trägergruppen Seegebiete nicht beherrschen - es reichte, wenn diese Gebiete in Reichweite landgestützter Bomber waren (siehe z.B. Norwegen, das Zentralmittelmeer oder Kreta). In der Regel gab es in diesen Gebieten dann keine Schlachtschiffe und insgesamt tagsüber nur mit maximaler Fahrt fliehende Schiffe.

Das ist auch der große Unterschied zur Entwicklung des Torpedos: damals konnte man durch Einführung entsprechender Geleitschiffe und Torpedobootabwehrbatterien trotzdem noch operieren. Das Torpedoboot und später der Zerstörer erwiesen sich als relativ ineffektive Waffe gegen Schlachtschiffe (was die Zeitgenossen ganz anders erwarteten!). Der Torpedobomber und Sturzkampfbomber war etwas anderes, nicht wegen der Waffe, sondern wegen der Geschwindigkeit. Die meisten Marinen waren dann nach Kriegsbeginn überrascht, wie wenig effektiv die eigene Flak war und wie verwundbar die eigenen Schiffe waren.

/edit: die Beherrschung von Seegebieten durch Schlachtschiffe waren schon immer schwer zu realisieren, weil es dafür meist an Schlachtschiffen mangelte - selbst als es noch größere Schlachtflotten gab. Dafür gab es Kreuzer und die machten nur Platz, wenn mal tatsächlich eine Schlachtflotte eingesetzt wurde.


@ Axel: klar waren die winzigen, alten Kreuzer und Kanonenboote der chinesischen Marine kein ernsthafter Maßstab. Aber offensichtlich gelang es der japanischen Marine ihre Flieger so gut zu trainieren, dass sie unmittelbar bei Kriegsbeginn ohne andere Erfahrung als aus dem Chinesisch-Japanischen Krieg gleich mal sieben Großkampfschiffe auszuschalten. Diese Marine scheint mir die einzige gewesen zu sein, die das Potential von land- und trägergestützten Flugzeugen halbwegs erkannte und auch im großen Umfang entsprechende Maschinen entwickelte plus entsprechend trainierte. Bei den anderen Marinen fehlte meist eine Komponente, z.B. bei der Royal Navy und auch der französischen Marine fehlte es an modernen Flugzeugen, bei der deutschen und italienischen Luftwaffe am entsprechenden Training und Koordination. Am ehesten war auch die US Navy relativ weit.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 21 April 2017, 09:49:29
Zitatdass sie unmittelbar bei Kriegsbeginn ohne andere Erfahrung als aus dem Chinesisch-Japanischen Krieg gleich mal sieben Großkampfschiffe auszuschalten
Nein, die schalteten sie aus, weil sie in nahezu genialer Weise die Lufttorpedos für Flachwasser adaptiert hatten.
Was die versenkten RN- Schlachtschiffe betrifft, nun, da reichte durchaus die Erfahrung des Luftkriegs von See aus in China resp. den Erfahrungen im Kampfeinsatz. M.W. wurde die chinesische "Marine" "mal so nebenbei" ausgeschaltet, das waren keine echten Aktionen, die die Bezeichnung Fliegerangriffe auf "Schiffe" verdienen. Das hat aber nichts mit der neuen Waffe Flugzeug per se zu tun als vielmehr mit dem extrem harten Trainingsregime der IJN-Fliegerkräfte. Diese stellten eine echte Elite dar. Dazu kommt, dass bis zur Versenkung der RN / ABDA - Flotte niemand die japanischen Fliegerkräfte gegen fahrende Einheiten im Einsatz erlebt hat. Abwehrtaktiken waren daher ziemlich unbekannt, eher noch bei der RN als bei den ABDA-Kräften vorhanden.

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: ede144 am 21 April 2017, 09:55:51
Zitat von: maxim am 20 April 2017, 19:17:15

Den Angriff der Albacore auf Tirpitz würde nicht als guten, koordinierten Angriff werten - viel zu wenige, schlechte Flugzeuge. Aber es stimmt natürlich, dass auch die Tirpitz von Flugzeugen ausgeschaltet wurden. Aber da wäre der Angriff während Operation Tungsten ein besseres Beispiel - aber natürlich auch ein Beispiel von 1944.

Nun die Flugzeuge die die Tirpitz dann versenkt haben, konnte befanden sich bei ihrer Kiellegung gerade mal auf dem Reisbrett. Und die dazu nötigen Bomben noch in den Träumen einiger Fantasten. Der Angriff mit den Albacores war weder schlecht koordiniert noch waren es schlechte Flugzeuge. Im Gegenteil es waren wahrscheinlich mit die Besten die es überhaupt für diese Art Einsatz gab.
du vergißt außerdem noch einen weiteren entscheidenden Nachteil der Flugzeugträger: Ihre Durchhaltefähigkeit. Im Prinzip waren die Staffeln nach jedem Einsatz so ausgeblutet, das die Flugzeugträger praktisch wehrlos waren. Das konnte die USN erst mit ihren riesigen Fleet trains und versorgenden CVE lösen.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16
Warum sollen ausgerechnet die Angriffe der japanische Marine auf Prince of Wales und Repulse keine echten "Fliegerangriffe auf Schiffe"sein!?

Natürlich hat dies sehr viel mit dem Training dieser Maschinen zu tun - wie ich geschrieben. Natürlich auch mit mangelnder Erfahrung der Royal Navy mit den Taktiken der japanischen Marine zu tun. Allerdings forderte sie Jagdschutz an, der aber nicht rechtzeitig kam. Jemand, der Jagdschutz anfordert, hat zumindest eine gute Idee, in Bezug auf die Möglichkeiten des Flugzeugs. Das ist aber auch offensichtlich, woher die Royal Navy diese Ideen hatte: sie hatte 1940/41 schon massive Verluste durch Luftangriffe der Luftwaffe und Regia Aeronautica erlitten. D.h. die Royal Navy war am besten auf Luftangriffe eingestellt...


@ede144:
die Royal Navy hatte im Vergleich zu den anderen Marine schon besonders schlechte Flugzeuge. Man vergleiche Swordfish und Albacore mit den parallel auch schon im Einsatz befindlichen Nakajima B5N,  Douglas TBD Devastator  und Grumman TBF Avenger. Oder den deutlich schnelleren (als Swordfish und Albacore), damals verfügbaren landgestützten Torpedobombern (He 111, Ju 88, G3M, G4M, SM.79 etc.). Die Royal Navy konnte früh im Krieg deshalb keine größeren, guten Luftangriffe fliegen, weil sie einfach nicht die Flugzeuge hatte.

Ich argumentiere hier gar nicht für Flugzeugträger. Flugzeugträger waren Eierschalen bewaffnet mit Hämmern. Die meisten Flugzeugträger wurden durch einen guten Angriff gegen sie ausgeschaltet und sie erlitten 1942 so schwere Verluste, dass im Pazifik 1943 Trägereinsätze relativ selten wurden. Aber ohne Zweifel löste sie schon früh im Zweiten Weltkrieg die Schlachtschiffe als Kern der Flotte ab - und zwar vollkommen unabhängig davon, was die Zeitgenossen davor erwarteten. Das ist, was passiert ist. Selbst die schweren Verluste der Trägerverbände 1942 im Pazifik bewirkte keine Renaissance der Schlachtschiffe, sondern eine Verschiebung zu Kreuzern und Zerstörern als Kern der Flotten - bis dann wieder genügend Träger vorhanden waren.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 21 April 2017, 10:30:33
Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16
Warum sollen ausgerechnet die Angriffe der japanische Marine auf Prince of Wales und Repulse keine echten "Fliegerangriffe auf Schiffe"sein!?

Damit meinte der Vorredner den Kampf mit der chinesischen Marine, nicht den Kampf mit der RN, wenn ich das richtig interpretiere.

Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16
Das ist aber auch offensichtlich, woher die Royal Navy diese Ideen hatte: sie hatte 1940/41 schon massive Verluste durch Luftangriffe der Luftwaffe und Regia Aeronautica erlitten. D.h. die Royal Navy war am besten auf Luftangriffe eingestellt...

Weil die RN bereits gezeigt hatte, das sie schlecht auf Luftangriffe eingestellt war, war sie dadurch am besten auf Luftangriffe eingestellt?

Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16

Ich argumentiere hier gar nicht für Flugzeugträger. Flugzeugträger waren Eierschalen bewaffnet mit Hämmern. Die meisten Flugzeugträger wurden durch einen guten Angriff gegen sie ausgeschaltet und sie erlitten 1942 so schwere Verluste, dass im Pazifik 1943 Trägereinsätze relativ selten wurden.


Das war doch mE genau umgekehrt ^^ Mit fortschreitender Dauer des Krieges wurden Trägereinsätze immer häufiger.

Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16
Aber ohne Zweifel löste sie schon früh im Zweiten Weltkrieg die Schlachtschiffe als Kern der Flotte ab - und zwar vollkommen unabhängig davon, was die Zeitgenossen davor erwarteten. Das ist, was passiert ist.

Das sahen die Japaner nicht ganz so pauschal. In der Tat führte ja zB der Mangel an Trägern (und gut ausgebildeten Flugzeugen / Piloten) vor Leyte '44 dazu, das der Kern der japanischen Flotte, die Schlachtflotte, rücksichtslos eingesetzt wurde, um in einer Entscheidungsschlacht die USN zu besiegen.

Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:12:16
Selbst die schweren Verluste der Trägerverbände 1942 im Pazifik bewirkte keine Renaissance der Schlachtschiffe, sondern eine Verschiebung zu Kreuzern und Zerstörern als Kern der Flotten - bis dann wieder genügend Träger vorhanden waren.

Die USN hat ihre Verbände bis 42 idR ohne Schlachtschiffe im Pazifikkrieg eingesetzt, weil die alten vorhandenen BBs einfach gar nicht in der Lage waren, die benötigte Geschwindigkeit zu halten, die notwendig war um in diesen dynamischen, agilen Inselkrieg zu agieren. Ich behaupte, das die USN ihre BBs ab Ende 41 zusammen mit ihren Trägern und Kreuzern etc eingesetzt hätten, wären diese in der Lage gewesen, die erforderliche Geschwindigkeit aufzubringen. Genauso wie es die USN mit ihren BBs getan hat, als eben die neuen Einheiten für den Pazifikkrieg verfügbar waren.

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 21 April 2017, 10:42:40
ZitatDie USN hat ihre Verbände bis 42 idR ohne Schlachtschiffe im Pazifikkrieg eingesetzt, weil die alten vorhandenen BBs einfach gar nicht in der Lage waren, die benötigte Geschwindigkeit zu halten, die notwendig war um in diesen dynamischen, agilen Inselkrieg zu agieren. Ich behaupte, das die USN ihre BBs ab Ende 41 zusammen mit ihren Trägern und Kreuzern etc eingesetzt hätten, wären diese in der Lage gewesen, die erforderliche Geschwindigkeit aufzubringen. Genauso wie es die USN mit ihren BBs getan hat, als eben die neuen Einheiten für den Pazifikkrieg verfügbar waren.

Genau so ist es!

ZitatSelbst die schweren Verluste der Trägerverbände 1942 im Pazifik bewirkte keine Renaissance der Schlachtschiffe, sondern eine Verschiebung zu Kreuzern und Zerstörern als Kern der Flotten - bis dann wieder genügend Träger vorhanden waren.

Die BBs waren im Zulauf, selbst die USA konnten nicht so schnell moderne Schlachtschiffe bauen, die dann übrigens sehr wohl als Kern der Flotte agierten (was war denn Halseys Flaggschiff?). DD und CA/CL waren eben vglw. einfach und schnell zu bauen und in entsprechender Stückzahl zu fertigen.

Zitaterlitten 1942 so schwere Verluste, dass im Pazifik 1943 Trägereinsätze relativ selten wurden.

Der Raid auf Rabaul? Operation Galvanic? Für die offensiven Operationen fehlten meist nicht einsetzbare /~klare Schiffe sondern genügend Transportraum und ausgebildete Soldaten / Marines, um diese durchzuführen. Hat mit Trägern erst mal herzlich wenig zu tun!

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 21 April 2017, 10:45:57
Die Royal Navy wusste am meisten über die Wirkung von Luftangriffen und hatte ihre Schiffe tatsächlich am besten nachgerüstet - aber das war immer noch komplett ungenügend. Man muss aber nur mal die Flak anderer Marinen anschauen, die überwiegend aus technisch furchtbaren Geschützen bestand.

1942 war ein Jahr voller Trägerschlachten mit massiven Verlusten an Trägern, 1943 war ein Jahr mit relativ geringerer Trägeraktivität im Pazifik (die US Navy musste sogar Victorious ausleihen, um zwei aktive Träger zu haben!), 1944 gab es den großen Aufschwung, als dann im großen Stil neue Träger verfügbar waren. Die Lücke 1943 wurde aber nicht durch Schlachtschiffe gefühlt, trotz der vorhandenen sechs schnellen Schlachtschiffe (plus zwei im Einfahren). 1944 waren offensichtlich die Träger der Kern der Flotte. Halsey fuhr auf einem Schlachtschiff, aber seine Hauptwaffe waren eindeutig Träger. Schlachtschiffe waren einfach nur schnelle Flakbatterien für seine Träger mit größtenteils ungenutzten 40,6 cm-Türmen.

Die Japaner haben dann tatsächlich, nach dem ihre Trägerpiloten in der Seeschlacht in der Phlippinensee und im Vorfeld der Leyte-Schlacht (z.B. bei Kämpfen bei Formosa) stark dezimiert waren, ihre Schlachtschiffe als das letzte Mittel eingesetzt. Aber offensichtlich nicht deshalb, weil man von ihrem Wert so überzeugt war, sondern weil nichts mehr anderes da war. Und wenig zufällig erlitten diese Schiffe massive Verluste, die noch größer gewesen wären, wenn Halsey bei Leyte etwas rationaler gehandelt hätte.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Benjamin am 21 April 2017, 11:15:11
Zitat von: maxim am 21 April 2017, 10:45:57
Die Lücke 1943 wurde aber nicht durch Schlachtschiffe gefühlt, trotz der vorhandenen sechs schnellen Schlachtschiffe (plus zwei im Einfahren).

Ich nehme an, du beziehst dich hier auf die USN. Falls dem so ist, werfe ich mal kühn das Stichwort "Guadalcanal" in Verbindung mit den Jahreszahlen 1942 + 1943 in den Raum. Zudem: Alabama, Washington, South Dakota, Massachusetts, Indiana, North Carolina wurden alle 1942 / 1943 im Pazifikkrieg eingesetzt. Wenn ich das richtig überblicke, waren lediglich Alabama und MAssachusetts zeitweise 1942 + 1943 im Atlantik eingesetzt (zB bei "Torch").

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 21 April 2017, 11:37:34
Klar, bezog sich das auf die schnellen Schlachtschiffe der US Navy - du und Alex hatten ja behauptet, dass nur die alten Schlachtschiffe vorhanden waren. Aber es waren ja gerade die alten, die überwiegend in Pearl Harbor ausgeschaltet worden waren. Natürlich wurden diese Schlachtschiffe auch eingesetzt - aber nur in einer einzigen Schlacht bildeten sie den Kern der Flotte: der Zweiten Schlacht von Guadalcanal. Und das war offensichtlich die Ausnahme bedingt durch die schwere Verluste an kleineren Einheiten in den Tagen davor, da sie danach wieder nicht in erster Linie eingesetzt wurden, sondern nur als Geleitschiffe.

Das Argument mit den benötigten Geschwindigkeiten ist übrigens sowieso interessant. Die Schlachtflotte der US Navy war nie auf eine hohe Geschwindigkeit ausgelegt gewesen. Auf hohe Geschwindigkeit waren die Trägerverbände ausgelegt. Die schnellen Schlachtschiffe waren nur deshalb schnell, um die Träger geleiten zu können - also eine Sekundäraufgabe wahrnehmen zu können. Die primäre Waffen in diesem Konzept waren bereits die Träger - auch wenn vor Pearl Harbor der US Navy wohl nicht klar war, dass die alte Schlachtflotte so schnell ausgeschaltet werden und danach nie die gedachte Rolle spielen würde. Aber vermisst hat man sie offensichtlich auch nicht, sonst hätte man aus den vorhandenen alten und schnellen Schlachtschiffen eine neue Schlachtflotte gebildet. Das unterblieb aber. Stattdessen konzentrierte man sich auf Trägerverbände und dessen Geleit. Und als die Träger ausfielen, konzentrierte man sich auf Kreuzer- und Zerstörerverbände - und den Wiederaufbau der Trägerstreitmacht.

Im Atlantik fuhren schnelle Schlachtschiffe der US Navy natürlich in der Fernsicherung der Konvoigeleite - bis dann alle in den Pazifik verlegt wurden, da für die wenigen großen Einheiten der Kriegsmarine mehr als genug britische Einheiten als Gegengewicht verfügbar waren.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Huszar am 22 April 2017, 08:35:47
Oh, mann...

Natürlich muss man zeitgenössische Entscheidungen und Entwicklungen aus der damaligen Sicht prüfen. Auch kann nur aus damaliger Sicht für oder wider eine Entwicklung oder Entscheidung argumentiert werden. Unserer heutige Brille verzerrt zu sehr.

Zur Zeit der Schlachtschiff-Bauten (also 1936-1939) existierten nirgends auf der Welt Flugzeuge, die gegen ein frei manövrierendes, sich wehrendes Schlachtschiff auf hoher See wirklich gefährlich werden konnten.
- Horizontalbomber sind gegen bewegliche Ziele praktisch wertlos (ok, wenn du genügend Bomben abwirfst, wird früher oder später eines treffen)
- wirklich brauchbare schiffgestützte T-Bomber gabs kaum (erste ansatzweise brauchbare Generation: Swordfish ab Ende 1936, B5N und Devastator ab 1937 bei den Staffeln, die wirklich brauchbaren Muster kamen erst viel später: Jungfernflug Barracuda Dez 1940, B6N Marz 1941, TBF Aug 1941, bei den Staffeln ab Jan 43, Aug 43 bzw Juni 42)
- ebenfalls gab es keine wirklich brauchbaren schiffgestützten Sturzbomber (Vindicator, Skua und D1A hatten einfach nicht die Zuladung, D3A und SBD (jeweils erst ab 1940!) waren zwar etwas besser, aber immernoch nicht die Killer, wie SB2C ab Ende 1942 waren). Wenn wir landgestützte Sturzbomber mitnehmen, kamen die Ju 87B auch erst ab 1937 zu den Staffeln.

Somit sehe ich keinen wirklichen Grund, weshalb man vor 1941-1942 aus damaliger Sicht auf Schlachtschiffe hätte verzichten sollen.

btw: im ganzen Krieg wurden ganze 5 frei manövrierende, sich wehrende Schlachtschiffe ausschliesslich durch Flieger versenkt. Obwohl es nicht an Anstrengungen gefehlt hat. Mindestens eines dieser Schiffe (Roma) kassierte einen Glückstreffer...
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 13:46:09
Das die Lage in den 1930ern anders war, als sie sich dann im Zweiten Weltkrieg selbst herausgestellte, hatten wir nur wirklich jetzt schon mehrfach. GÄHN! Es ging aber nicht um die 1930er, sondern um die Rolle der Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg selbst (siehe Titel des Themas!). Und wer dabei das heutige Wissen für eine Beurteilung nicht berücksichtigt, stellt sich absichtlich doof und verfehlt dazu das Thema (Rolle im Zweiten Weltkrieg, nicht in den 1930ern!).

Schlachtschiffe wurden von 1936-39 gebaut? Das ist ja was ganz neues. Genauso wie es neu ist, dass es damals keine Sturzkampfbomber und Torpedobomber gab - klar, wenn man die landgestützten Maschinen und die erste Generation der trägergestützten Maschinen (das waren nicht die D3A, B5N, Devastator und Dauntless!) einfach ignoriert. Und manche Leute werden sich auch über die Einschätzung der Dauntless im Vergleich zur Helldiver wundern...

Also mal nur nach dem Ende des Baustopps durch die Flottenverträge:
US Navy:
North Carolina-Klasse, gebaut 1937-41
South Dakota-Klasse, 1939-42
Iowa-Klasse, 1940-44

Royal Navy:
King George V-Klasse, 1937-42
Vanguard, 1941-46

Kaiserlich Japanische Marine:
Yamato-Klasse, 1937-42 (ohne Shinano)

Kriegsmarine:
Scharnhorst-Klasse, 1935-39
Bismarck-Klasse, 1936-41

Marine nationale:
Dunkerque-Klasse, 1932-38
Richelieu-Klasse, 1935-49

Regia Marina:
Littorio-Klasse, 1934-42

D.h. von den 29 von 1932-49 fertig gebauten Schiffen, wurden 14 erst 1942 oder später fertig, nach dem die ersten davor schon wieder nach auf Grund lagen - mit Hilfe von Flugzeugen oder ausschließlich durch Flugzeuge. Natürlich konnte man da vielfach noch nie absehen, wie veraltetet diese Schiffe sein würden. Aber sie stellten sich dann sehr schnell, als sehr teure Schiffe heraus, die fast ausschließlich für Sekundäraufgaben genutzt wurden (Flugabwehr, Landzielbeschuss), für die sie gar nicht gedacht waren. Und das stellte sich früh während der Bauzeit der letzten vier Schlachtschiffe heraus...

Aber das Thema war gar nicht, ob das absehbar war und warum die Entscheidung für den Bau dieser Schiffe getroffen wurde, sondern welche Rolle sie im Zweiten Weltkrieg hatten. Und dafür ist die Argumentation, was jemand während der 1930er dachte, nur für sekundärer Bedeutung.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Matrose71 am 22 April 2017, 14:04:31
Salve maxim,

man sollte schon in der Lage sein abstrahieren zu können!

Das Schlachtschiff hatte während des WWII für die KM, RM und RN eine andere Bedeutung und wude auch anders eingesetzt als bei der USN und IJN, es gibt da keine pauschale militärische Analyse.

Dei Hinweise an Alex im Bereich technische Entwicklungen sind m.M. nach grund falsch, 1936/37 hatten die stärksten Flugzeugmotoren die im Serienbau waren 600-700PS und keinem Mensch war klar, dass man 1940 schon bei weit über 1000PS im Serienbau sein könnte und erst mit diesen Motoren entstanden Flugzeuge, die Schlachtschiffen richtig gefährlich weden konnten.

Zitatund die erste Generation der trägergestützten Maschinen (das waren nicht die D3A, B5N, Devastator und Dauntless!) einfach ignoriert.

Keines davon war vor 1939 in Dienst, die meisten erst 1940, an eine Massenproduktion war auch vor 1939 überhaupt nicht zu denken!
Alle Schlachtschiffe die Mitte der dreißiger Jahre auf Kiel gelegt wurden, wurden Anfang der dreißiger Jahre geplant plus budgetiert und da flogen Doppeldecker mit 300-400PS durch die Gegend!
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: See am 22 April 2017, 15:06:13
Zitat von: Big A am 21 April 2017, 10:42:40
Genau so ist es!

Nö: http://cnrs-scrn.org/northern_mariner/vol19/tnm_19_291-317.pdf (http://cnrs-scrn.org/northern_mariner/vol19/tnm_19_291-317.pdf)


@maxim

Welche Literatur hast du denn zum Thema schon gelesen? 
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 16:14:03
Zitat von: Matrose71 am 22 April 2017, 14:04:31
Das Schlachtschiff hatte während des WWII für die KM, RM und RN eine andere Bedeutung und wude auch anders eingesetzt als bei der USN und IJN, es gibt da keine pauschale militärische Analyse.
Wie schon mehrfach geschrieben, die britischen Schlachtschiffe wurde überwiegend als Geleitschiffe für Konvois im Atlantik und Mittelmeer eingesetzt, als Fernsicherung gegen größere deutsche und italienische Einheiten - bis sie dann in der letzten Phase genau wie die Schlachtschiffe US Navy als Sicherung für die Trägerkampfgruppen und zum Landzielbeschuss eingesetzt wurden.

Entsprechend hatten die britischen Schiffe mehr Gefechte gegen Überwasserschiffe als die der US Navy, die nur deutlich kürzer im Atlantik als Konvoisicherung fuhren und dabei keinerlei Feindkontakt hatten (und eben auch im Pazifik fast nie eine andere Rolle die Sicherung von Trägerkampfgruppen und Landzielbeschuss hatte). Aber auch die Zahl der britischen Schlachtschiffe, die gegen Überwasserschiffe im Einsatz waren, ist gering: Warspite in der Ersten Schlacht von Narvik, Renown gegen Scharnhorst/Gneisenau, Hood/Prince of Wales gegen Bismarck, Rodney/King George V gegen Bismarck, Duke of York gegen Scharnhorst, mehrere britische Schlachtschiffe im Mittelmeer gegen die italienische Flotte, am erfolgreichen noch gegen die Schweren Kreuzer bei Metapan. In der klassischen Rolle als Schlachtschiff fuhren auch die britischen Schiffe nie. Die Royal Navy stellte nie eine Schlachtflotte auf.

Die Kriegsmarine setzte ihre Schlachtschiffe überwiegend als Handelsstörer ein - wofür sie alle nicht wirklich geeignet waren, da der Fahrbereich zu gering war. Eine Schlachtflotte konnte sie nie bilden, da zwei gleichzeitig einsatzfähige Schiffe schon die Maximalzahl war.

Zitat von: Matrose71 am 22 April 2017, 14:04:31
Dei Hinweise an Alex im Bereich technische Entwicklungen sind m.M. nach grund falsch
Welche Hinweise an welchen Alex? Oder meinst du  Huszar? Falls ja, lies mal genauer. Du scheinst mir z.B. auch verschiedene Generationen von Trägerkampfflugzeugen zu verwechseln. Die erste Generation z.B. von Torpedobombern war in den 1930ern schon lange nicht mehr im Einsatz - und nicht erst im Zweiten Weltkrieg.

Zitat von: Matrose71 am 22 April 2017, 14:04:31
1936/37 hatten die stärksten Flugzeugmotoren die im Serienbau waren 600-700PS
Ja, in den 1930ern. Aber um die ging es hier nicht. Es ging um die Rolle der Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg. Und nicht um die Frage, ob die Torpedobomber und Sturzkampfbomber, die in den 1930ern existierten, Schlachtschiffen theoretisch gefährlich werden konnten (wenn man sich deren Flugabwehr zu der Zeit anschaut, wäre ich mir nicht sicher, aber es ist sowieso spekulativ, da es keine entsprechende Beispiele gibt).



Wir können ja auf die Verlustzahlen von modernen Schlachtschiffen zurück kommen:

Nehmen wir mal die neun modernen  Schlachtschiffe der Achsenmächte plus die zwei unfertigen der Richelieu-Klasse, die zeitweise von den Briten zu den Achsenmächten gezählt wurden. Davon wurden fünf von Flugzeugen versenkt (eines davon von deutschen Flugzeugen), bei einem trugen Flugzeuge entscheidend zur Versenkung bei (der Torpedotreffer, der Bismarck praktisch manövrierunfähig machte), von den restlichen drei (plus die unfertigen Richelieu und Jean Bart) wurden drei von Flugzeugen schwer beschädigt. Es bleibt eines, was nicht von Flugzeugen schwer beschädigt wurde (Scharnhorst).

Die Alliierten hatten 15 moderne Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg (plus die Richelieu, nach deren Seitenwechsel und Fertigstellung), von denen eines, Prince of Wales, durch Flugzeuge versenkt wurde. Das dürfte aber auch gleichzeitig das einzige sein, was mal je einem schweren Luftangriff ausgesetzt war, alle anderen fuhren wohl meist unter schweren Jagdschutz innerhalb von Trägerverbänden oder weit außerhalb der Reichweite von gegnerischen Flugzeugen. Oder kennt noch jemand ein Beispiel für ein Luftangriff auf ein modernes, alliiertes Schlachtschiff? Es gab sicher noch ein paar auf welche, die innerhalb der Trägerverbände fuhren, aber da waren sie nicht das primäre Ziel, sondern die Träger.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Huszar am 22 April 2017, 17:04:36
lesen können hilft bei einer Diskussion ungemein!

Wie aus:
erste ansatzweise brauchbare Generation
das wird:
erste Generation der trägergestützten Maschinen
entschliesst sich mir nicht, wahrscheinlich bin ich aber zu doooof, um die hochtrabenden logischen Sprünge mitzumachen.

Meine Antwort zielte auf den Stuss, "BBs waren de facto veraltet, man hätte besser getan, sie nicht gebaut zu haben, und stattdessen nur Träger gebaut". Fakt ist, dass als wieder BBs gebaut wurden - bzw diese geplant wurden - keine einzige Maschine in Dienst oder Entwicklung war, die einem Schlachtschiff hätte gefährlich werden können. Keines. Nirgends.
Die vorhandenen Maschinen waren bestenfalls gegen Kreuzer gut, oder für die Aufklärung. Das 6-8 Jahre später Einmot-Eindecker mit 2000++PS durch die Gegend flogen, war damals nicht absehbar. Hätte es keinen Krieg gegeben, wären diese Flieger auch erst Ende der 40er/Anfang der 50er zu den Staffel gekommen (1 Jahr Krieg=2-5 Jahre Frieden in der Entwicklung!)

Was Schlachtschiffe gegen einen Geleit anrichten können, haben SH+GN bewiesen, teilweise auch Scheer.

Die Zeiten eines Grand Fleet mit einer homogenen Linie waren längst vorbei (bessere Aufklärungsmöglichkeiten), überraschender weise haben die Deppen von den verschiedenen Admiralitäten etwas aus dem 1wk gelernt! Es gab mE nur ein einziges Gefecht, das wie Skagerrak gamcht wurde, nämlich Surigao Strait.
Das nicht-Vorhandensein solcher Gefechte als Argument gegen Schlachtschiffe vorzubringen zeugt von mangelndem Wissen. Wiederholung verbessert das Argument nicht.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 17:26:10
Die erste brauchbare Generation von Torpedobombern flog am Ende des Ersten Weltkriegs. Es gab Ende der 1930er auch eine Reihe von brauchbaren, landgestützten Torpedobombern. Sturzkampfbomber gab es 1937, z.B. die Aichi D1A und SBC Helldiver, bald darauf gefolgt von der Skua. Alles von den Geschwindigkeiten natürlich sehr viel lahmer als dann 1941/42 - aber auch die Flak war 1942 deutlich weiter als die praktisch nicht existente Flak der Mitte der 1930er.

Das Argument war nicht das Fehlen von Schlachten à la Skagerrak, sondern das Fehlen einer Schlachtflotte. Keine Marine  stellte je eine Schlachtflotte auf, alle verwendeten Schlachtschiffe für Aufgaben, für die sie nicht entworfen waren. Und das ist das Zeichen dafür, dass die Schlachtschiffe konzeptionell nicht mehr in die Zeit passen! Wenn man Schiffe nur noch für andere Aufgaben verwenden kann als die vorgesehen, dann ist die ursprüngliche Aufgabe nicht mehr existent und damit der Typ überflüssig - auch wenn das Planer in den 1930ern anders gesehen haben. Die Entwicklung war eben sehr viel weiter gegangen, nur gab es u.a. diese Flugzeuge...

Einsätze von Scharnhorst und Gneisenau gegen Geleitzüge waren seltsame Verwendung von dafür eigentlich nicht geeigneten Schiffen. Im Vergleich zur Deutschland-Klasse war die Scharnhorst-Klasse - wenn man sie als Handelstörer betrachten würde - ein deutlicher Rückschritt, insbesondere in Bezug auf den Fahrbereich, aber auch in Bezug auf die Dimensionen (notwendigen Investitionen).
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Matrose71 am 22 April 2017, 17:31:53
Salve,

ZitatWir können ja auf die Verlustzahlen von modernen Schlachtschiffen zurück kommen:

Nehmen wir mal die neun modernen  Schlachtschiffe der Achsenmächte plus die zwei unfertigen der Richelieu-Klasse, die zeitweise von den Briten zu den Achsenmächten gezählt wurden. Davon wurden fünf von Flugzeugen versenkt (eines davon von deutschen Flugzeugen), bei einem trugen Flugzeuge entscheidend zur Versenkung bei (der Torpedotreffer, der Bismarck praktisch manövrierunfähig machte), von den restlichen drei (plus die unfertigen Richelieu und Jean Bart) wurden drei von Flugzeugen schwer beschädigt. Es bleibt eines, was nicht von Flugzeugen schwer beschädigt wurde (Scharnhorst).

Die Alliierten hatten 15 moderne Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg (plus die Richelieu, nach deren Seitenwechsel und Fertigstellung), von denen eines, Prince of Wales, durch Flugzeuge versenkt wurde. Das dürfte aber auch gleichzeitig das einzige sein, was mal je einem schweren Luftangriff ausgesetzt war, alle anderen fuhren wohl meist unter schweren Jagdschutz innerhalb von Trägerverbänden oder weit außerhalb der Reichweite von gegnerischen Flugzeugen. Oder kennt noch jemand ein Beispiel für ein Luftangriff auf ein modernes, alliiertes Schlachtschiff? Es gab sicher noch ein paar auf welche, die innerhalb der Trägerverbände fuhren, aber da waren sie nicht das primäre Ziel, sondern die Träger.

Das ist doch ein total unsinniger Vergleich, vor allen dingen die Franzosen hier anzuführen, die nach ihrer Nierderlage gar keine Luftwaffe mehr hatten, um sich zu verteidigen, außerdem was soll diese Unterscheidung in ältere und neuere Schlachtschiffe, Flak kann ich überall drauf bauen, was ja in der Realität geschehen ist.

Dazu kommt das die KM gar keine älteren Schlachtschiffe hatte, die man zählen könnte, die der Franzsen waren schon keine Up to Date Schlachtschiffe sondern eher totaler Fail, als sie 1913/14 in Dienst gestellt wurden. Daraus kann man doch keine Analysen ableiten!
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 17:54:22
Die Franzosen waren nur deshalb erwähnt, da die Royal Navy 1941 sicher mehr Energie gegen Vichy-Frankreich als gegen die Kriegsmarine aufbrachte ;) Es ändert sich ja auch nicht viel: 3 von 4 deutschen Schiffen wurden Flugzeugen schwer getroffen, zwei davon alleine von Flugzeugen zerstört, 3 von 3 italienischen Schiffen von Flugzeugen schwer getroffen, eines davon versenkt. 2 von 2 japanischen Schiffen wurden von Flugzeugen versenkt. Bei den alliierten Schlachtschiffen bleibt es bei dem einen, modernen versenkten Schlachtschiff.

Das mit den modernen Schlachtschiffen bezog sich auf das Argument von Sarkas. Ältere Schlachtschiffe waren von der Panzerung nicht einmal der Flugzeuggeneration von 1937 gewachsen, der neuen Generation von Fllugzeugen und deren Bomben von 1943/44 war dann kein Schiff mehr gewachsen (und es sollte auch nie eine entsprechend gepanzerte Generation geben; die Panzerung wurde bei den nächsten Generation von Schiffen komplett aufgegeben).

Wenn man die älteren Schlachtschiffe mit dazu nimmt, wird die Quote an schwer getroffenen Schiffen nicht besser, sondern schlechter, insbesondere, da dann noch einige Schiffe der US Navy sowie der italienischen und japanischen Marine dazu kommen, die schwer beschädigt bzw. versenkt wurden.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Matrose71 am 22 April 2017, 18:11:56
Salve,

meiner Meinung nach ist das völliger Schwachsinn, da der Verlust von Gneisenau und Tirpitz, eher den Luftkrieg und das Versagen der LW analysiert, aber nichts mit Seekrieg und nur im sehr sehr erweiterten Sinne etwas mit Schlachtschiffen zu tun hat, es hätte auch eine beliebige wichtige Fabrik sein können!

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 18:21:23
Du hast eine wirklich nette, höfliche Weise, Sätze zu beginnen...

Das Trennen von Luft- und Seekrieg im Falle des Zweiten Weltkriegs ist nicht möglich. Der Einfluss, auch von landgestützten Flugzeugen, auf den Seekrieg, war einfach zu massiv. Und das Schlachtschiffe im Hafen vernichtet werden, ist normal. Das ist schließlich traditionell der wahrscheinlichste Ort, an dem ein Schlachtschiff (im Gegensatz zu kleineren, aktiveren Schiffstypen), zu finden ist. Verbunden mit ihrem Prestige (als Ziel) überrascht deshalb die hohe Quote an im Hafen zerstörten Schiffen nicht.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Hallo, Carsten

Lass es sein - bei einer solch ausgeprägten Beratungsresistenz ist es schade um die Bandbreite...

Man kapiert nicht, dass die "Schlachtflotte" á la 1wk auch durch Ermangelung an Zahl längst überholt war, und statt dessen praktisch in jeder Marine auf die Kampfgruppen gebaut wurden. Eine "Schlachtflotte" braucht man für die rangierte Schlacht, die nach Skagerrak und vor allem Washington kaum mehr möglich war.

Man kapiert es nicht, dass es auch andere Aufgaben für ein Schlachtschiff gibt, ausser rangierte Schlacht.

Man kapiert es nicht, dass mit 114 oder 227kg-Bomben - und mit denen waren die Flieger in den 30ern ausgerüstet! - rein garnix gegen Schlachtschiffe ausrichten kann. Absolutes Minimum sind 454/500kg, aber eher 908/1000kg. Ohne solchen schweren Bomben aber mit lahmen Doppeldeckern würde jeder Admiral in die Klapsmühle eingewiesen, der in den End-30ern einen kompletten Verzicht auf BBs und verstärkten CV-Bau fordern würde...

usw, usw, usw.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: maxim am 22 April 2017, 18:43:31
Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert nicht, dass die "Schlachtflotte" á la 1wk auch durch Ermangelung an Zahl längst überholt war, und statt dessen praktisch in jeder Marine auf die Kampfgruppen gebaut wurden.
Seltsamerweise exakt mein Argument - nur ergänzt darum, dass im Pazifik, teilweise im Gegensatz zum Atlantik, Schlachtschiffe nie der Kern dieser Kampfgruppen waren, sondern deren Geleit. Im Atlantik und Mittelmeer waren sie teilweise deren Kern - falls sie überhaupt berücksichtigt wurden.

Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert es nicht, dass es auch andere Aufgaben für ein Schlachtschiff gibt, ausser rangierte Schlacht.
Das stimmt so nicht. Es gibt Mehrzweckschiffstypen, z.B. Kreuzer, während es Schiffstypen gibt, die für einen einzigen Zweck entworfen wurden. Und zu letzteren gehören Schlachtschiffe.

Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert es nicht, dass mit 114 oder 227kg-Bomben - und mit denen waren die Flieger in den 30ern ausgerüstet! - rein garnix gegen Schlachtschiffe ausrichten kann.
Gegen Schlachtschiffe der 1930er mit ihren minimalen Deckspanzerungen schon. Abgesehen davon gab es noch Torpedobomber und in den 1930ern war der Torpedoschutz noch deutlich schlechter.

Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Ohne solchen schweren Bomben aber mit lahmen Doppeldeckern würde jeder Admiral in die Klapsmühle eingewiesen, der in den End-30ern einen kompletten Verzicht auf BBs und verstärkten CV-Bau fordern würde...
Wer hat hier in den 1930ern einen Verzicht auf den Schlachtschiffbau gefordert? Meiner Meinung nach geht es um deren Rolle im Zweiten Weltkrieg - und nicht um deren spekulative Rolle in den 1930ern.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Huszar am 22 April 2017, 18:51:19
 :/DK: :ND//) :SO/( :](*,)
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Matrose71 am 22 April 2017, 18:53:45
Salve,

ZitatGegen Schlachtschiffe der 1930er mit ihren minimalen Deckspanzerungen schon. Abgesehen davon gab es noch Torpedobomber und in den 1930ern war der Torpedoschutz noch deutlich schlechter.

Welche Schlachtschiffe mit minimaler Deckspanzerung und ohne Torpedoschott?
Up to Date Schlachtschiffe aus dem WWI von USN, RN und HSF hatten annährend die gleichen Eigenschaften wie die der 30er Jahre, sie waren etwas langsamer (Ausnahme Schlachtkreuzer) und ihre Granaten waren wesenlich schlechter, aber weder erschreckst du z.B. eine Bayern oder Derfflinger mit 227kg Bomben, noch mit Doppeldeckern und deren Lufttorpedos von 1935, die beiden Beispiele, stehen stellvertretend für die Standards der USN und den modernen Schiffen der RN aus WWI.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 22 April 2017, 19:38:00
Zitat
Zitat von: Big A am 21 April 2017, 10:42:40

Genau so ist es!




Nö: http://cnrs-scrn.org/northern_mariner/vol19/tnm_19_291-317.pdf

Das ist eine Meinung eines nicht unumstrittenen Autors, aber zur Kenntnis genommen :MG:

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Huszar am 22 April 2017, 19:49:54
Bliss-Leavitt 18" (45 cm) Mark 7 Mods A, 2A and 5A (Aircraft)
145kg Sprengkopf, 35Kn, bis 1938 herum aktuell


18" (45 cm) Mark VIII
145kg Sprengkopf, 35Kn, bis 1937 herum aktuell


Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: See am 22 April 2017, 20:20:20
Zitat von: Big A am 22 April 2017, 19:38:00
Das ist eine Meinung eines nicht unumstrittenen Autors, aber zur Kenntnis genommen :MG:

Zimm ist umstritten? Möchtest du das erläutern?

:MG:
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: mhorgran am 23 April 2017, 06:28:59
Zitat von: maxim am 22 April 2017, 18:43:31
Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert nicht, dass die "Schlachtflotte" á la 1wk auch durch Ermangelung an Zahl längst überholt war, und statt dessen praktisch in jeder Marine auf die Kampfgruppen gebaut wurden.
Seltsamerweise exakt mein Argument - nur ergänzt darum, dass im Pazifik, teilweise im Gegensatz zum Atlantik, Schlachtschiffe nie der Kern dieser Kampfgruppen waren, sondern deren Geleit. Im Atlantik und Mittelmeer waren sie teilweise deren Kern - falls sie überhaupt berücksichtigt wurden.
Lustig. Einerseits "exakt" sein Argument andererseits nicht wissen was der Kern JEDER Kampfgruppendoktrin war und ist.



Zitat
Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert es nicht, dass es auch andere Aufgaben für ein Schlachtschiff gibt, ausser rangierte Schlacht.
Das stimmt so nicht. Es gibt Mehrzweckschiffstypen, z.B. Kreuzer, während es Schiffstypen gibt, die für einen einzigen Zweck entworfen wurden. Und zu letzteren gehören Schlachtschiffe.
Eine Gegenbehauptung widerlegt nix.


Zitat
Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 18:29:41
Man kapiert es nicht, dass mit 114 oder 227kg-Bomben - und mit denen waren die Flieger in den 30ern ausgerüstet! - rein garnix gegen Schlachtschiffe ausrichten kann.
Gegen Schlachtschiffe der 1930er mit ihren minimalen Deckspanzerungen schon. Abgesehen davon gab es noch Torpedobomber und in den 1930ern war der Torpedoschutz noch deutlich schlechter.
:sonstige_154:

es gibt ja noch mehr in diesem Stil
ZitatDer Einfluss, auch von landgestützten Flugzeugen, auf den Seekrieg, war einfach zu massiv. Und das Schlachtschiffe im Hafen vernichtet werden, ist normal. Das ist schließlich traditionell der wahrscheinlichste Ort, an dem ein Schlachtschiff (im Gegensatz zu kleineren, aktiveren Schiffstypen), zu finden ist. Verbunden mit ihrem Prestige (als Ziel) überrascht deshalb die hohe Quote an im Hafen zerstörten Schiffen nicht.
Der Hafen als natürliches Habitat des "Schlachtschiffs". Maxim sollte mal nachweisen wieviel Seetage die verschiedensten "Schlachtschiffe" hatten und welche Ursache Aufenthalte in Häfen hatten.

Die Franzosen waren nur deshalb erwähnt, da die Royal Navy 1941 sicher mehr Energie gegen Vichy-Frankreich als gegen die Kriegsmarine aufbrachte ;) Es ändert sich ja auch nicht viel: 3 von 4 deutschen Schiffen wurden Flugzeugen schwer getroffen, zwei davon alleine von Flugzeugen zerstört, 3 von 3 italienischen Schiffen von Flugzeugen schwer getroffen, eines davon versenkt. 2 von 2 japanischen Schiffen wurden von Flugzeugen versenkt. Bei den alliierten Schlachtschiffen bleibt es bei dem einen, modernen versenkten Schlachtschiff.

Zitat
Die Franzosen waren nur deshalb erwähnt, da die Royal Navy 1941 sicher mehr Energie gegen Vichy-Frankreich als gegen die Kriegsmarine aufbrachte.
Echt jetzt? "sicher mehr" ist allerdings kein Nachweis.

ZitatDas mit den modernen Schlachtschiffen bezog sich auf das Argument von Sarkas. Ältere Schlachtschiffe waren von der Panzerung nicht einmal der Flugzeuggeneration von 1937 gewachsen, der neuen Generation von Fllugzeugen und deren Bomben von 1943/44 war dann kein Schiff mehr gewachsen (und es sollte auch nie eine entsprechend gepanzerte Generation geben; die Panzerung wurde bei den nächsten Generation von Schiffen komplett aufgegeben).
Quatsch mit Soße.





Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: kgvm am 23 April 2017, 10:36:16
"Die Franzosen waren nur deshalb erwähnt, da die Royal Navy 1941 sicher mehr Energie gegen Vichy-Frankreich als gegen die Kriegsmarine aufbrachte."
Unsinn, gerade 1941 war das ruhigste Jahr, abgesehen von aufgebrachten Handelsschiffen und der Syrien-Kampagne, die allerdings hauptsächlich ein Land- und Luftkrieg war (die RN war da nur mit einigen leichten Kreuzern und Zerstöerern involviert).
Dagegen stand 1940 Mers-el-Kébir und Dakar und 1942 zunächst Madagaskar und dann im November die Landungen in Nordafrika, alles Aktionen, bei denen auch Schlachtschiffe zum Einsatz kamen!
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 23 April 2017, 18:12:38
ZitatZimm ist umstritten? Möchtest du das erläutern?

Ja, z.B. hier:  http://www.historyofwar.org/bookpage/zimm_attack_pearl_harbor.html

Seine Thesen sind nicht allgemein akzeptiert. Ist aber gut so, nur das bringt eine Diskussion voran...

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 23 April 2017, 18:28:29
Zitat1942 war ein Jahr voller Trägerschlachten mit massiven Verlusten an Trägern, 1943 war ein Jahr mit relativ geringerer Trägeraktivität im Pazifik (die US Navy musste sogar Victorious ausleihen, um zwei aktive Träger zu haben!), 1944 gab es den großen Aufschwung, als dann im großen Stil neue Träger verfügbar waren.

Voller Trägerschlachten? Im Pazifik gab es derer nur 5, vier davon 1942 (rate mal, welche...), 1942/43 ff hatten die Träger u.a. auch die Aufgabe der Niederhaltung japanischer Stützpunkte, Nachschub - Nah- und Fernsicherung und ganz simple Transportaufgaben, nämlich die Truppe mit den relativ kurzatmigen kleinen Flugzeugen zu versorgen, die nicht auf eigenem Propeller in den Einsatz fliegen konnten.

Zitataber nur in einer einzigen Schlacht bildeten sie den Kern der Flotte: der Zweiten Schlacht von Guadalcanal. Und das war offensichtlich die Ausnahme bedingt durch die schwere Verluste an kleineren Einheiten in den Tagen davor,

Zwei Mal daneben gegriffen (Stichworte: Surigao-Straße; adäquate Gegenwehr gegen IJN-Schlachtschiffe, hat nix mit "Verlusten an kleineren usw.." zu tun

History 101

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Urs Heßling am 23 April 2017, 20:10:19
moin,

eine interessanter und auch heftiger Gedankenaustausch in meiner Abwesenheit top :O/Y

Ich bedanke mich bei Sven für den Hinweis auf die RM-Denkschrift mit den interessanten Sätzen

    Die Beurteilung der dann bestehenden bzw. eintretenden politischen Lage, aus der sich vermutlich veränderte militärische Notwendigkeiten ergeben, ist schwierig. .. Auch der Einfluß der Luftwaffe auf die Kriegführung der Zukunft ist schwer abzuschätzen, weil diese Waffe und ihre Gegemittel sich noch in ständiger Entwicklung und Veränderung befinden.

.. wird das große kampffähige Schiff als pièce de résistance erhalten und entwickelt. Trotz mancher Gegenströmungen ist es bisher noch nirgends in Fortfall gekommen. ...Ausschlaggebend ist für seine Befürworter, daß kein Land solche Schiffe entbehren könne, solange andere Nationen daran festhalten. (»Similia similibus«). Den Anfang zur Abschaffung des großen Schiffes hat bisher niemand zu machen gewagt, der auf die Sicherheit seiner Seeverbindungen angewiesen ist. Man hat also auf absehbare Zeit hinaus mit dem Vorhandensein von schweren Seestreitkräften zu rechnen.

Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !

Gruß, Urs
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: See am 23 April 2017, 20:42:56
Zitat von: Big A am 23 April 2017, 18:12:38
Ja, z.B. hier:  http://www.historyofwar.org/bookpage/zimm_attack_pearl_harbor.html

Danke für den Link. Wenn das dort vorgebrachte für dich den Schluss "umstritten" zulässt, dann haben wir wohl völlig unterschiedliche definitorische Vorstellungen von diesem Begriff. Gerade sein PH-Buch ist durch die Bank überaus wohlwollend rezensiert worden - insbesondere im angelsächsischen Raum. Da bildet dein Link keine Ausnahme.

Seine Argumentationsführung besticht meiner Meinung nach durch ihre Quellendichte und analytische Struktur (dies gilt auch für den von mir eingebrachten Beitrag) und steht damit in einem sichtbaren Gegensatz zur hier üblichen Vorgehensweise (ohne Wertung!). 
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Urs Heßling am 23 April 2017, 22:35:34
moin,

Zitat von: See am 23 April 2017, 20:42:56
Seine Argumentationsführung besticht meiner Meinung nach durch ihre Quellendichte und analytische Struktur (dies gilt auch für den von mir eingebrachten Beitrag)
Meinst Du da einen eigenen bestechenden Beitrag oder (nur) einen angeführten Link ?

Zitat von: See am 23 April 2017, 20:42:56
und steht damit in einem sichtbaren Gegensatz zur hier üblichen Vorgehensweise (ohne Wertung!).
Wenn das keine Wertung ist, weiß ich nicht, was sonst eine Wertung sein sollte.

Gruß, Urs
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Herr Nilsson am 24 April 2017, 08:54:29
Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 20:10:19
moin,

eine interessanter und auch heftiger Gedankenaustausch in meiner Abwesenheit top :O/Y

Ich bedanke mich bei Sven für den Hinweis auf die RM-Denkschrift mit den interessanten Sätzen

    Die Beurteilung der dann bestehenden bzw. eintretenden politischen Lage, aus der sich vermutlich veränderte militärische Notwendigkeiten ergeben, ist schwierig. .. Auch der Einfluß der Luftwaffe auf die Kriegführung der Zukunft ist schwer abzuschätzen, weil diese Waffe und ihre Gegemittel sich noch in ständiger Entwicklung und Veränderung befinden.

.. wird das große kampffähige Schiff als pièce de résistance erhalten und entwickelt. Trotz mancher Gegenströmungen ist es bisher noch nirgends in Fortfall gekommen. ...Ausschlaggebend ist für seine Befürworter, daß kein Land solche Schiffe entbehren könne, solange andere Nationen daran festhalten. (»Similia similibus«). Den Anfang zur Abschaffung des großen Schiffes hat bisher niemand zu machen gewagt, der auf die Sicherheit seiner Seeverbindungen angewiesen ist. Man hat also auf absehbare Zeit hinaus mit dem Vorhandensein von schweren Seestreitkräften zu rechnen.

Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !

Gruß, Urs

Da fallen mir noch ein paar Seiten ein, die ich vor Urzeiten mal aus einem Ordner für Taktikunterricht für Admiralsstabsoffiziere herausgescannt hatte:

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sarkas am 24 April 2017, 11:01:25
Ich finde, dass man der "big gun"-Fraktion teilweise unrecht tut. Der Übergang vom Schlachtschiff zum Träger - bzw. der Ergänzung der Schlachtschiffe durch Träger - war in der Planung schon lange im Gange, bevor er in der Praxis des 2. WK dann sehr unvermittelt kam. Was 1930-35 so an Flugzeugen herumflog, war nicht sehr beeindruckend, und trotzdem hat man sich auf allen Seiten sehr intensiv mit dieser neuen Waffe beschäftigt, weil man den Fortschritt in der Luftfahrttechnik und die daraus entstehenden Möglichkeiten sah.

Man muss meiner Meinung nach auch nach Ländern unterscheiden: GB und die USA hatten dominante Schlachtflotten, deren Erhalt Sinn machte. Deutschland konnte bestenfalls mit Frankreich gleichziehen, und hat das versucht. Italien - wie Deutschland. Japan konnte eigentlich nicht mit den Amerikanern gleichziehen, weshalb es auf wenige überlegene Schiffe setzte (Yamato-Klasse), was ein durchaus diskussionswürdiger Ansatz ist. Die Japaner hätten wohl am ehesten den Schritt wagen sollen und vorrangig auf die neue Waffe, bei der sie den USA mindestens ebenbürtig waren, setzen können.

Was die tatsächlichen Versenkungen moderner Schlachtschiffe betrifft: Yamato und Musashi wurden durch eine drückende Übermacht versenkt. Bei der PoW fehlte die Luftsicherung durch eigene Flugzeuge, ein schwerer taktischer Fehler (was hätte man gedacht, wenn PoW ohne Zerstörereskorte unterwegs und durch ein U-Boot versenkt worden wäre?). Die Situation laut Lehrbuch, dass sich ein geschützter Schlachtverband mit Trägerunterstützung gegen einen Luftangriff wehren musste, hat es also nie gegeben. Was natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass man die Effektivität der Flak deutlich überschätzt hat - was man aber erst in der Praxis lernen musste.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: lafet944 am 24 April 2017, 11:37:54
Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 08:35:47
Oh, mann...

...
btw: im ganzen Krieg wurden ganze 5 frei manövrierende, sich wehrende Schlachtschiffe ausschliesslich durch Flieger versenkt. Obwohl es nicht an Anstrengungen gefehlt hat. Mindestens eines dieser Schiffe (Roma) kassierte einen Glückstreffer...

Der Treffer auf ROMA war beileibe kein Glückstreffer, allenfalls in seiner Wirkung sehr überzeugend. Kurz vorher wurde das Schiff bereits von einer Fritz X getroffen, die nicht detonierte, trotzdem mittlere Schäden anrichtete. Gleichzeitig wurde die ITALIA leicht getroffen, keine Ahnung, ob die Waffe detonierte.
Weitere Beispiele für die Wirksamkeit der Fritz X waren die Treffer auf SAVANNAH, UGANDA und WARSPITE.
Die Lenkwaffe der mittleren Gewichtsklasse war damit mindestens genau so effektiv wie ein TallBoy. Bei einer Weiterentwicklung dieses Konzepts wären auch Trägerflugzeuge in der Größenordnung der AVENGER oder SPEARFISH gegenüber Schlachtschiffen im Vorteil gewesen. Die Massen an (sowieso wenig wirksamen) 20mm- oder 25mm-Maschinenwaffen waren spätestens dann Schrott.

Viele Grüße
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Indy am 24 April 2017, 14:45:14
ZitatDie Massen an (sowieso wenig wirksamen) 20mm- oder 25mm-Maschinenwaffen waren spätestens dann Schrott.

In dem Bismarck.dk-Forum gibt es einen Strang über die Wirkamkeit der Fla bei IIRC den deutschen CA und den BB.
Was die Abschusszahlen bei den einzelnen Luftangriffen betrifft, geht die Masse an die 105er, einige wenige an die 37er und so gut wie keine an die 20er.
Liegt das nun daran, dass die 20er tatsächlich weitgehend wirkungslos sind oder daran, dass aufgrund der Leuchtspurdichte gerade der 20er die Masse der Flieger das Interesse verliert, sich dem Schiff weiter zu nähern und diese dann bereits vor der effektiven Reichweite der 20er abdrehen?

Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: See am 24 April 2017, 16:25:19
Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 22:35:34
Meinst Du da einen eigenen bestechenden Beitrag oder (nur) einen angeführten Link ?

Ich meinte den von mir verlinkten Inhalt.  :wink:

Zitat
Wenn das keine Wertung ist, weiß ich nicht, was sonst eine Wertung sein sollte.

Eine Wertung setzt für mich die Beurteilung des beobachteten Sachverhalts voraus.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Peter K. am 24 April 2017, 19:18:45
ZitatBei der PoW fehlte die Luftsicherung durch eigene Flugzeuge, ein schwerer taktischer Fehler.

... wobei durchaus vorgesehen war, der Force Z diese Luftsicherung in Form der INDOMITABLE auch zu geben. Dies wurde bekanntlich durch eine Grundberührung dieses neuen Trägers bei Jamaika und die anschließende Reparatur in Norfolk verhindert. Überlegungen, stattdessen HERMES in den Verband einzugliedern, verwarf man wegen der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit dieses kleinen Trägers.
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Richard Aigner am 24 April 2017, 19:29:12
Buch zum Thema?
"American Sea Power and the Obsolescence of Capital Ship Theory", by Robert B. Watts. Jefferson, NC: McFarland, 2016; 232 pages.
Nein, ich hab's nicht gelesen.
Gruß aus Österreich
Richard
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Big A am 24 April 2017, 20:59:08
ZitatHERMES in den Verband einzugliedern, verwarf man wegen der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit dieses kleinen Trägers.
die ja aber auch nicht mehr lange durchhielt...

Axel
Titel: Re: Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg
Beitrag von: Sven L. am 25 April 2017, 10:54:20
Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 20:10:19
...
Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !
...

Hallo Urs,

auf englischer Seite gab es auch unterschiedliche Strömungen ob nun Schlachtschiffe oder Flugzeugträger den Kern der Flotte bilden sollten.
Selbst im Herbst 1942 gab es differenzierte Ansichten bzw. Entscheidungen hierzu. Siehe -> D.K. Brown, Nelson to Vanguard, Seite 37

Informationen zu den französischen bzw. italienischen Ansichten (von Seiten der jeweiligen Marineführung) wären interessant.