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Modellbau => Tipps und Tricks => Thema gestartet von: Turbo-Georg am 29 Januar 2012, 20:46:01

Titel: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 29 Januar 2012, 20:46:01
Liebe Freunde der Modell-Dampfturbine,
ich bin sehr überrascht, welches Interesse weiterhin meine alten Beiträge finden. Wie könnte es sonst sein, dass mich nach wie vor Anfragen hierzu erreichen.
Ich akzeptiere die Gründe, warum solche Fragen nicht im Forum gestellt werden. Ich habe mir aber zur Gewohnheit gemacht, die Antworten zu den interessantesten Fragen mit Zustimmung der Fragesteller ins Forum zu stellen.

Hier die Antwort zu der, etwas komplexeren Frage: ,,Wie ermittelt man die Dampfgeschwindigkeiten an den Schaufeln eines Turbinenrades, wie zeichnet man einen Geschwindigkeitsplan und welche Informationen kann man ihm entnehmen?"
Wir begeben uns damit bereits recht weit auf das Gebiet der Dampfturbinen-Berechnung und der für sie geltenden Gesetze der Wärme- sowie der Strömungslehre. Es würde mich also nicht wundern, wenn dieses Thema nur einen sehr kleinen Kreis von Lesern findet. Ich werde mich jedoch bemühen, die Antwort so allgemeinverständlich, wie möglich zu formulieren.

Ich möchte zu Beginn auf die Erläuterungen in Antwort #1 dieses Beitrages vom 19.08.2010 mit dem zugehörigen Bild ,,Geschwindigkeiten und Winkel am Schaufeleintritt", sowie auf die Antwort #16 vom 25.08.2010 hinweisen.

Ausgangspunkt ist hiernach immer der Dampf und sein verfügbares Wärmegefälle, sprich seine Arbeitsfähigkeit.
Das Wärmegefälle des Dampfes wird in kcal/kg oder kJ/kg angegeben und besagt, wie viel nutzbare Wärmeenergie ein Kilogramm dieses Dampfes beinhaltet. Wir bleiben der Einfachheit halber weiter bei der alten Bezeichnung kcal (Kilokalorie).
Wir wissen, dass eine Energieform in eine andere übergehen oder umgewandelt werden kann.
Bei der Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit gilt:  1kcal = 427 kgm.
Man spricht hier auch vom mechanischen Wärmäquivalent.
Damit wollen wir es mit der Theorie aber auch wieder auf sich beruhen lassen und zur praktischen Anwendung kommen

In der Dampfturbine nutzen wir bekanntlich im Gegensatz zur Dampfmaschine nicht den Druck (ruhende Energie), sondern die Geschwindigkeit des Dampfes (Bewegungsenergie). Hierzu entspannen wir den Dampf in einer Düse. Die dabei frei werdende Energie beschleunigt den Dampf auf eine bestimmte Geschwindigkeit.
Nun müssen wir noch wissen, wie man den Wärmeinhalt i des Dampfes, bzw. das für die Berechnungen wichtige Wärmegefälle h ermittelt und in welcher Beziehung es zur Dampfgeschwindigkeit c0 steht.
Das Wärmegefälle h entnimmt man Einfachsten dem Mollier- oder h-s-Diagramm. Seht hierzu ebenfalls  Antwort #16 vom 25.08.2010.
Hier findest ihr auch die entsprechende Zahlenwertgleichung:   c0 (m/s) = 91,5 ∙ √ h (kcal/kg).

Ich darf noch einmal daran erinnern, dass es sich bei den Druckangaben im h-s-Diagramm um absoluten Druck (ata) handelt; sie beziehen sich nicht  auf den Umgebungsdruck, sondern auf das absolute Vakuum. Der Umgebungsdruck beträgt demnach etwa 1 ata ≈ 1 bara.
Bei der Ermittlung des Wärmegefälles gehen wir Einfacherweise von Sattdampf, also vom absoluten Dampfdruck (Druck am Kesselmanometer plus 1 at) an der Sättigungslinie aus (...stark gezeichnet!)  und zeichnen bei Auspuffbetrieb eine Senkrechte zum Umgebungsdruck (1ata-Linie).
Mit einem Zirkel greifen wir die Länge dieser Senkrechten ab und entnehmen den Wert des  Wärmegefälles dem abgedruckten Maßstab im h-s-Diagramm. Meistens kann man die Dampfgeschwindigkeit c0 in m/s ebenfalls direkt dem Maßstab entnehmen (Bild 3 unten) oder aber man errechnet sie mit obiger Gleichung.

Übrigens: Lesern, die sich dafür interessieren, wie sich der Zahlenwert 91,5 zusammensetzt, sei gesagt, dass ähnlich einem Wasserfall, die ,,Fall" - Geschwindigkeit von der Höhe h und der doppelten Erdbeschleunigung g (9,81 m/s2) abhängt. Allerdings wird das Wärmegefälle nicht in m, sondern in kcal/kg angegeben. Wir müssen zur Umrechnung also das mechanische Wärmeäquivalent (427 kgm/kcal) einsetzen.
Danach ergibt sich:  91,5 = √ (2 • 9,81 • 427).

Nun wissen wir, dass die Umwandlung von Energie nie ohne Verluste geschieht. Das gilt auch in einer Düse bei der Umwandlung von ruhender Energie in Form von Druck in Bewegungsenergie in Form von Geschwindigkeit. An den Wänden des Düsenkanals, aber auch im Dampf selbst, entstehen Verluste durch Reibung und Verwirbelung der Dampfteilchen.
Im Modellbau kann man von etwa 10%, bei besonders hochwertiger Ausführung (Polieren) ggf. von 8% Düsenverlust ausgehen.
Das heißt: Die theoretische Dampfgeschwindigkeit c0 mindert sich um die Düsenverluste zur tatsächlichen Dampfgeschwindigkeit c1 am Düsenausgang.
Damit haben wir einen wichtigen Ausgangswert zur Erstellung eines Geschwindigkeitsplanes ermittelt.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Umfangsgeschwindigkeit u des Turbinen-Laufrades.
Wir wissen aus den verschiedenen Beiträgen zu Dampfturbinen, dass das Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeit u zur Dampfgeschwindigkeit c1 großen Einfluss auf den Wirkungsgrad η (Eta) und somit auf die Leistung der Turbine und ihren Dampfverbrauch hat.
Bei einer einstufigen Gleichdruckturbine wird der höchste Wirkungsgrad bei einem Verhältnis u/c1 = 0,5 erreicht.
Das ist vielleicht am einfachsten so zu erklären:
Ist die Umfangsgeschwindigkeit u gleich der Dampfgeschwindigkeit c1, also u/c1 = 1, kann der Dampf keine Kraft auf das Rad ausüben, der Wirkungsgrad ist 0. Das gilt auch bei stehendem Rad mit u = 0, entsprechend u/c1 = 0. Die Kurve des Wirkungsgrades ηu in Abhängigkeit vom Verhältnis u/c1 hat zwischen 1 und 0 die Form einer Parabel, deren Scheitelpunkt bei u/c1 = 0,5 liegt. Ein Verhältnis u/c1 > 1 ist unrealistisch; die Umfangsgeschwindigkeit u kann nicht größer werden, als die Dampfgeschwindigkeit c1.

Die, physikalisch bedingt, noch immer recht hohen Dampfgeschwindigkeiten im Modellbau und die vergleichsweise geringen Abmessungen einer Modell-Dampfturbine erfordern allerdings Abstriche und Kompromisse hinsichtlich des erzielbaren Wirkungsgrades.

Auch der Düsenwinkel α1 (Alpha) hat einen gewissen Einfluss auf den Wirkungsgrad; er hat in der Praxis Werte zwischen etwa  140 und 300.
Bei den einstufigen Turbinen wählt man eher kleinere und bei den mehrstufigen etwas größere Düsenwinkel.

Wie man die Umfangsgeschwindigkeit u des Rades ermittelt, werde ich kurz in Erinnerung rufen.
Wir errechnen zu erst den Umfang U (m,...in Metern!) aus dem Raddurchmesser d (m):     U (m) = d (m) • π (Pi).
Die Drehzahl n in Umdrehungen pro Minute (1/min) teilen wir durch 60 und erhalten die Drehzahl in Umdrehungen pro Sekunde (1/s). Wir multiplizieren die Drehzahl (1/s) mit dem Umfang (m) und erhalten die Umfangsgeschwindigkeit u (m/s).
Hier noch mal als Gleichung: u (m/s) = (n (1/min) : 60) • U (m).

Die Dampfgeschwindigkeit c1 und die Umfangsgeschwindigkeit u wirken an der Schaufelkante in verschiedene Richtungen und ergeben zusammen die relative Dampfgeschwindigkeit w1 (...im Bild 1, orange). Der Dampf bekommt eine neue Richtung, den Dampf- bzw. Schaufel-Eintrittswinkel β1 (Beta). Aber auch der, aus der Schaufel austretende Dampf bekommt durch das Zusammenwirken mit der Umfangsgeschwindigkeit u eine neue Richtung, den Dampf-Austrittswinkel α2 mit der Austrittgeschwindigkeit c2. Ich habe zum besseren Verständnis das bekannte Bild ,,Geschwindigkeiten und Winkel..." um die Austrittsseite ergänzt (Bild 1).

Zur Ermittlung der Dampfgeschwindigkeiten und deren Winkel, benutzen wir die Parallelogramme der Geschwindigkeiten (Bild 2, oben). Einige von Euch werden sich dabei an die Kräfte-Parallelogramme aus dem Physikunterricht erinnern.
Aus Gründen der Vereinfachung und der Übersichtlichkeit zeichnet man aber nicht vollständige Parallelogramme mit Schaufeln, sondern nur die Geschwindigkeitsdreiecke mit ihren Werten. Es ist auch nicht mehr üblich die Geschwindigkeitsdreiecke der Eintritts- und der Austrittsseite übereinander zu zeichnen, sondern man zeichnet sie nebeneinander (Bild 3).
Man benutzt zur Darstellung der Geschwindigkeiten einen geeigneten Maßstab. Wegen der Ablesegenauigkeit sollte er im Modellbau nicht kleiner als 0,25 mm für 1 m/s sein (100 mm entsprechen demnach 400 m/s).
Am Schnittpunkt einer Waagerechten als Rad-Ebene und einer Senkrechten als Achs-Ebene, trägt man in entsprechenden Längen und Winkeln die Geschwindigkeiten für den Schaufeleintritt und den Schaufelaustritt an. Bei mehrstufigen Turbinen wird für jede Stufe eine Rad-Ebene gezeichnet (Bild 3, oben).

Wir wählen also einen Düsenwinkel α1 und ziehen unter diesem Winkel eine Linie von rechts oben nach links unten durch den Schnittpunkt von Rad- und Achs-Ebene. Im gewählten Maßstab tragen wir auf dieser Linie den Wert für die Düsenaustritt-Geschwindigkeit c1 vom Schnittpunkt nach links ab. Am Ende der Strecke von c1 zeichnen wir parallel zur Radebene den Wert für die Umfangsgeschwindigkeit u nach rechts. Wir verbinden das freie Ende der Strecke u mit dem Schnittpunkt und erhalten die relative Dampfgeschwindigkeit w1 und den Schaufel-Eintrittswinkel β1. Wir messen den Winkel  β1 und ermitteln den Wert von w1 durch Messen und Umrechnen der Strecke.

Wir wählen den Schaufel-Austrittswinkel β2 (...bei symmetrischen Schaufeln β2 = β1) und zeichnen unter diesem Winkel eine Linie durch den Schnittpunkt nach rechts.

Beim Durchströmen der Schaufeln entstehen ebenfalls Energieverluste durch Reibung und Verwirbelung der Dampfteilchen; sie sind im hohen Maße von den Schaufelwinkeln abhängig und sind umso größer, je stärker die Umlenkung ist, also die Schaufel gekrümmt ist. Auch die Qualität des Schaufelkanals spielt eine Rolle. Diese so genannten Schaufelverluste werden durch den Verlustbeiwert ψ (Psi) dargestellt.
Der Schaufel-Verlustbeiwert ψ beträgt etwa 0,8 bei einem Schaufelwinkel-Mittelwert von 200 und etwa 0,9 bei 400 (Zwischenwerte interpolieren!). Bei besonders hochwertiger Ausführung der Schaufelkanäle ist er ggf. auch um 0,05 besser. 
Der Schaufelwinkel-Mittelwert ergibt sich aus:  (β1 + β2) : 2 

Den Wert der relativen Austritts-Geschwindigkeit w2 erhalten wir demnach durch Multiplikation der relativen Dampfgeschwindigkeit w1 mit dem Verlustbeiwert ψ.  Wiederum als Gleichung: w2 = w1 • ψ.
Wir tragen die Strecke w2 vom Schnittpunkt auf der Linie nach rechts ab. Am Ende der Strecke  w2 wird die Strecke u parallel zur Rad-Ebene nach links angelegt. Wir verbinden wieder das freie Ende von u mit dem Schnittpunkt und erhalten die Dampf-Austrittsgeschwindigkeit c2 und den Dampf-Austrittswinkel α2.

Bei einstufigen Modell-Dampfturbinen ist in der Regel die Austrittsgeschwindigkeit c2 noch recht hoch. Man wird also ggf. versuchen, diese Bewegungsenergie des Dampfes in einer weiteren Stufe auszunutzen. Hierzu wird dieser Dampf in feststehenden Leitschaufeln umgelenkt und einem weiteren Lauf-Schaufelkranz oder bei Verwendung einer Leitkammer dem ersten Schaufelkranz wiederholt zugeführt (in Bild 2 unten, als Umlenkung bezeichnet). Für die Leitschaufeln und Leitkammern wird wiederum der Schaufel-Verlustbeiwert ψ ermittelt. Wir multiplizieren die Austrittsgeschwindigkeit c2 der ersten Stufe mit diesem Verlustbeiwert ψ und erhalten die Dampf-Eintrittsgeschwindigkeit c'1 der zweiten Stufe.

Der Eintrittswinkel der Leitschaufeln oder der Leitkammer entspricht dem Dampf-Austrittswinkel α2 der ersten Stufe, deren Austrittswinkel dem Eintrittswinkel α'1 der zweiten Stufe. Wegen der einfacheren Herstellung sollte man versuchen die Leitschaufel ebenfalls symmetrisch zu gestalten. Wir verfahren nun weiter wie bei der ersten Stufe.

Wir können nun dem fertigen Geschwindigkeitsplan die Ein- und Austrittswinkel der Lauf- und ggf. der Leitschaufel zur Konstruktion der Schaufelprofile und die Dampfgeschwindigkeiten zur Ermittlung der Durchström-Querschnitte entnehmen.

Aus den Umfangskomponenten w1u  und w2u und ggf. bei Zweistufigkeit w'1u und w'2u (Bild 2) können wir das innere Wärmegefälle hi ermitteln.
Das innere Wärmegefälle besagt, wie viel des zur Verfügung stehenden Wärmegefälles h, auch als theoretisches Wärmegefälle ht bezeichnet, in mechanische Arbeit umgesetzt wird
Das Verhältnis hi : ht  benennt uns den inneren Wirkungsgrad ηi der Dampfturbine.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 29 Januar 2012, 20:48:12
Hier die Bilder zum obigen Beitrag.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 27 Februar 2012, 15:37:15
Liebe Modellbaufreunde,
neben dem bis heute währenden Einsatz in Großkraftwerken, fand die Dampfturbine als Antrieb von Seeschiffen ein weiteres großes Anwendungsgebiet.
Obwohl sie zwischenzeitlich durch die wirtschaftlicheren Groß-Dieselmaschinen abgelöst wurde, ist sie ein wesentlicher Teil der technischen Seefahrtgeschichte.
Die Schiffsdampfturbine verdrängte seit dem Ende der ersten Dekade des vorigen Jahrhunderts mehr und mehr die Kolbendampfmaschine; zuerst als Antrieb von kleinen, schnellen Kriegsschiffen, später fand sie als Getriebeturbine, aufgeteilt auf mehrere Gehäuse, auch Einzug auf den großen Schiffseinheiten der Seestreitkräfte und schließlich der kommerziellen Schifffahrt. Dieser geschichtlichen Entwicklung sollten wir eigentlich auch im Schiffsmodellbau Rechnung tragen.

Die stiefmütterliche Behandlung der Dampfturbine als vorbildtreuer Antrieb eines Schiffsmodells, wird ihrer historischen Bedeutung nicht gerecht.
Die Gründe hierfür wurden bereits mehrfach erörtert. Neben der Komplexität der physikalischen Zusammenhänge, sind es vor Allem die oft fehlenden, technologischen Vorrausetzungen, die vor einer Realisierung zurückschrecken lassen.
Der zunehmende Einzug von CNC-Maschinen in die Hobbywerkstätten, bzw. die CNC-Fertigung als angebotene Dienstleistung, eröffnen neue Möglichkeiten bei der zweifellos handwerklich schwer realisierbaren Anfertigung der Schaufelräder einer optimierten Modelldampfturbine.

Wir haben im Beitrag ,,Die Dampfturbine im Modellbau"  http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.0.html
die wichtigsten Kenngrößen einer Modelldampfturbine und ihrer Beziehungen zu einander kennen gelernt. Wir wissen auch, dass sich diese Kenngrößen gegenseitig beeinflussen bzw. von einander abhängen. Die Veränderung oder Abweichung einer Größe hat mitunter erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis. Das gilt vom Grundsatz sowohl für Turbinen des Großbetriebes, als auch für das Modell.
Es ist daher bei der Entwicklung und Konstruktion von Dampfturbinen wichtig, die Einfluss-Größen zu harmonisieren und für den optimalen Wirkungsgrad eines bestimmten Betriebszustandes aufeinander abzustimmen. In der Regel legt man diese optimierten Bedingungen für die Nennleistung und die Nenndrehzahl einer Dampfturbine fest.

Die zu Grunde liegenden Gesetze der Wärme- bzw. Strömungslehre gelten dabei sowohl für die Großturbine als auch das Modell. Allerdings nimmt die einschlägige Fachliteratur keinerlei Rücksicht auf die Belange des Modellbaues. In Ermangelung geeigneter Modell-Fachliteratur habe ich vor einigen Jahren versucht, die Berechnungs-Regeln des Großbetriebes zu vereinfachen, von unnötigem Ballast zu befreien und in einer verständlichen Form für den Modellbau zugänglich zu machen.

Trotz der weitgehenden Anwendung grafischer Berechnungs- und Konstruktionshilfen kommt man aber um einige Berechnungen nicht herum. Zur Lösung einiger notwendiger Gleichungen genügt aber ein gewöhnlicher Schul-Taschenrechner. Durch die Anwendung von so genannten Zahlenwert-Gleichungen wird die Berechnung sehr vereinfacht, da lediglich die von Anwendung zu Anwendung verschiedenen variablen Größen einzufügen sind.

Neben dem bekannten Mollier- oder h-s-Diagramm bildet der so genannte Geschwindigkeitsplan eines der wichtigsten grafischen Hilfsmittel zur Berechnung einer Modelldampfturbine.
Bei der Anleitung zur Erstellung eines Geschwindigkeitsplanes lernen wir auch die erste Zahlenwert-Gleichung kennen.

Ich bitte daher die FL um Verschiebung der Antwort  # 35 vom 29.01.2012 in
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.msg184094.html#new
nach hier.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: t-geronimo am 27 Februar 2012, 15:47:36
Bitte erfüllt.  :MG:

Und schön, dass Du weiter schreibst, auch wenn ich persönlich nur ein achtel verstehen werde.  :O/Y
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Captain Hans am 27 Februar 2012, 21:27:58
na Georg wieder ein top Beitrag -ich lerne ununterbrochen top top top

liebe Grüße

Hans
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 28 Februar 2012, 11:17:38
Hallo Freunde,
vorab nochmals meinen Dank an Thorsten. 
Wir sollten uns durch die neue Reihenfolge beim Verschieben des oberen Beitrages nicht beirren lassen und unverzüglich mit der gemeinsamen Aufarbeitung dieses neuen Themas beginnen.
Ich möchte aber doch darauf hinweisen, dass es letztendlich eine Anfrage aus dem immer größer werdenden Kreis der Dampfturbinen-Freunde war, die hierzu den Anstoß gab.
Ich freue mich, dass es eben dieses Forum ist, wo ein solch anspruchsvolles Thema behandelt werden kann und damit einer noch kleinen Minderheit Plattform und Heimstatt bietet.

Wie bereits bei der Beschreibung des Geschwindigkeitsplanes angedeutet, werden wir den Weg erarbeiten, wie aus den hieraus entnommenen Werten der innere Wirkungsgrad, das innere Wärmegefälle sowie der spezifischen Dampfverbrauch ermittelt werden kann.
Wir werden für eine vorgegebene Turbinenleistung den Düsenquerschnitt, den effektiven Dampfverbrauch, sowie die erforderliche Verdampfungsleistung des Kessels berechnen.
An Hand von Beispielen werden die unterschiedlichen Dampfqualitäten und die Veränderungen des Dampfzustandes innerhalb des Prozesses, sowie deren Einfluss auf die Turbinenleistung dargelegt. Schließlich werden wir die Dampfdurchtritts-Querschnitte der Schaufeln und Leitvorrichtungen sowie deren Konstruktion behandeln. Wir werden dabei immer wieder auf die Erläuterungen im Beitrag ,,Die Dampfturbine im Modellbau" zurückgreifen.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 29 Februar 2012, 13:29:25
Ermittlung des inneren Wärmegefälles hi und des inneren Wirkungsgrades ηi
Diese beiden am Ende des o.a. Beitrages zum Geschwindigkeitsplan genannten Begriffe sind uns bereits aus der Behandlung der Verluste aus Antwort #16 vom 25.08.2010,  http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html  bekannt.
Ich möchte trotzdem noch einmal darauf eingehen.
Wir wissen, dass die Umwandlung von einer Energieform in eine andere nie ohne Verluste von Statten geht. Die Verlustquellen in einer Dampfturbine sind nicht nur recht vielfältig, sonder auch von unterschiedlicher Natur. Die Verluste, die im Dampf selbst durch Reibung und Verwirbelung der Dampfteilchen auftreten, werden innere Verluste genannt und stellen sich bekanntlich im h-s-Diagramm als Minderung des verfügbaren theoretischen Wärmegefälles ht dar; sie erhöhen durch die entstehende Verlustwärme die Temperatur des Dampfes. Die Physiker sprechen von Entropie-Zunahme.

Der Teil des verfügbaren Wärmegefälles ht, der nach Abzug aller inneren Verluste letztendlich am Turbinenrad in mechanische Arbeit umgewandelt wird, nennt sich inneres Wärmegefälle hi. Je größer das innere Wärmegefälle im Verhältnis zum theoretischen Wärmegefälle ist, umso mehr der verfügbaren Wärmeenergie wird in mechanische Arbeit umgewandelt. Dieses Verhältnis wird innerer Wirkungsgrad ηi genannt und ist ein Maß für die Güte der Turbine.
Es gibt grob gesagt, zwei Wege den Wert des inneren Wärmegefälles zu ermitteln.
Wir berechnen einzeln alle auftretenden Verluste und ziehen ihre Summe vom verfügbaren Wärmegefälle ab oder wir berechnen das innere Gefälle direkt aus den so genannten Umfangskomponenten der relativen Dampfgeschwindigkeiten. Diese Umfangskomponenten sind dem Geschwindigkeitsplan zu entnehmen.

Wir erinnern uns, dass früher im Geschwindigkeitsplan die Dampfgeschwindigkeiten am Eingang und am Ausgang der Schaufeln übereinander gezeichnet wurden. Das machte zwar die Darstellung etwas unübersichtlich, entsprach aber weitgehend den realen Gegebenheiten.
Wir betrachten noch einmal den Geschwindigkeitsplan einer einstufigen Turbine in Bild 2 oben.
Hier sind Schaufeleintritt und Schaufelaustritt nebeneinander gezeichnet und wir sehen jeweils darunter die Darstellung der Umfangskomponenten w1u und w2u.
Was es mit diesen Umfangskomponenten für eine Bewandtnis hat, lässt sich am einfachste durch die Darstellungen in Bild 4 verdeutlichen.
Die Austrittsseite (grau) denken wir uns von rechts um 1800 um die Achsebene nach links geklappt. Damit kommt sie über der Eintrittsseite (schwarz) zu liegen (Bild 4 oben).
Von der umgeklappten Austrittsseite wurden zur besseren Übersicht bis auf die Komponente w2u alle Benennungen entfernt. So können wir erkennen, dass alle Dampfgeschwindigkeiten in Drehrichtung wirken
Wir entfernen weiterhin Alles, bis auf die relativen Dampfgeschwindigkeiten w1 und w2.
Nun können wir diese, unter ihren jeweiligen Winkeln verlaufenden Geschwindigkeiten wiederum durch Parallelogramme in ihre in Achsrichtung bzw. in Drehrichtung (Umfang) verlaufenden Komponenten zerlegen (Bild 4 unten). 
Die Achskomponenten w1a und w2a haben im Modell-Turbinenbau eine untergeordnete Bedeutung.
Die Umfangskomponenten w1u und w2u hingegen sind von äußerster Wichtigkeit, denn addiert besagen sie, welche Bewegungsenergie des Dampfes am Radumfang wirksam ist.
Die Länge der Umfangskomponenten wird gemessen und dem Maßstab entsprechend in Dampf-Geschwindigkeit (m/s) umgerechnet (siehe Bild 3 oben).
Diese Bewegungsenergie (m/s) des Dampfes lässt sich in die adäquate Wärmeenergie (kcal/kg) umrechnen; wir sprechen dann vom inneren Wärmegefälle hi.
Hierfür gilt die Gleichung:

                                        u
                hi (kcal/kg) =  ———— • (w1u + w2u + ...)     (u und w in m/s)
                                      4189

u = Umfangsgeschwindigkeit am Schaufelkranz.
Der Zahlenwert ergibt sich aus Erdbeschleunigung g mal Wärmeäquivalent:
9,81 • 427 = 4189.

Das Verhältnis inneres Wärmegefälle zum theoretischen Wärmegefälle stellt den inneren Wirkungsgrad dar; man spricht auch vom Wirkungsgrad am Radumfang.
Als Gleichung: ηi = hi : ht.

Um den Einfluss der verschiedenen Größen auf den inneren Wirkungsgrad zu verdeutlichen, empfehle ich zur Übung einige Geschwindigkeitspläne mit veränderten Werten zu zeichnen.
In den vorwiegend einfachen Düsen der Modell-Dampfturbinen lassen sich Wärmegefälle von 22 bis 25 kcal/kg verarbeiten, ohne den kritischen Druck zu überschreiten.

Informationen über Dampf-Düsen findet ihr im Beitrag ,,Schiffs-Dampfturbinen" unter Antwort #5 vom 17.10.2010.
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html

Diese Wärmegefälle entsprechen nach Abzug der Düsenverluste einer Dampfgeschwindigkeit c1 von etwa 400 m/s (Bild 3 oben). Bei den Übungen legen wir diese Dampf-Geschwindigkeit zu Grunde.
Für die Umfangsgeschwindigkeit setzen wir u = 80 m/s ein. Das entspricht einem mittleren Schaufelkranz-Durchmesser von etwa 80 mm bei einer Drehzahl von 20.000 1/min.

Wir verändern den Düsenwinkel α1 und stellen fest, dass bei kleinerem Düsenwinkel auch die übrigen Winkel kleiner werden und sich die Umfangskomponenten w1u und w2u vergrößern. Das bedeutet größeres inneres Wärmegefälle und höherer Wirkungsgrad, obwohl auch der Umlenkwinkel der Schaufeln und damit der Schaufel-Verlust größer wird. 

Bei unseren weiteren Übungen verändern wir bei gleich bleibender Dampfgeschwindigkeit c1 und gleichem Düsenwinkel α1, die Umfangsgeschwindigkeit u, also Raddurchmesser oder Drehzahl. Wir stellen fest, dass der Wirkungsgrad bei einem Verhältnis u/c1 = 0,5 sein Maximum erreicht (Bild 5, Düsenwinkel α1 ≈ 170).

Auf diese Einflüsse von Düsenwinkel α1 und Geschwindigkeits-Verhältnis u/c1 auf den Wirkungsgrad ηi wurde bereits hingewiesen.


Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 01 März 2012, 18:16:39
Der innere spezifische Dampf-Verbrauch di
Bei unseren Übungen legten wir in etwa Modellbau gerecht, eine Düsen-Austritts-Geschwindigkeit c1 = 400 m/s und eine Umfangsgeschwindigkeit
u = 80 m/s zu Grunde.
Das ergibt ein Geschwindigkeits-Verhältnis u/c1 = 0,2.
Entsprechend der Kurve in Bild 5 wäre der Wirkungsgrad am Radumfang ηu bzw. der innere Wirkungsgrad ηi ≈ 0,5.
Dieser Wert wird durch die Ergebnisse unserer Übungen nahezu bestätigt. 
Das heißt: Mit den Gegebenheiten des Modellbaues sind bei einstufigen Dampfturbinen unter günstigsten, also optimierten Bedingungen innere Wirkungsgrade von ≈ 0,5 erreichbar; leicht nach oben bzw. unten abweichend.

Das bedeutet, dass lediglich ≈ 50 % der verfügbaren Wärmeenergie des Dampfes in mechanische Arbeit umgewandelt werden. Die Gründe hierfür liegen weitgehend in der recht hohen Austritts-Geschwindigkeit c2.
Wenn wir die Geschwindigkeitspläne der Bilder 2 und 3 betrachten, stellen wir fest, dass etwa die Hälfte der Bewegungsenergie (m/s) von c1 über die Austrittsgeschwindigkeit c2 verloren geht.
Eine Verbesserung des Wirkungsgrades wäre demnach nur durch Änderung des Verhältnisses u/c1 in Richtung 0,5 möglich.
Wie die zweite Hälfte unserer Übungen zeigte, bedeutet das aber große, für den Modellbau kaum praktikable Raddurchmesser oder Umfangs-Geschwindigkeiten, mit denen durch die auftretenden Fliehkräfte schnell die Grenzen der Material-Beanspruchung erreicht werden.

Auch bei einem Schiffsmodell mit Dampfturbinen-Antrieb erwarten wir eine für Schaufahrten ausreichend lange Fahrzeit. Die Betriebzeiten der modernen Hochleistungs-Akkus bei Modellen mit Elektro-Antrieb können hierfür allerdings kein Maßstab sein.
Aber selbst bei einigen Zugeständnissen muss letztendlich das zu verdampfende Wasser in ausreichender Menge mitgeführt werden. Wird das Volumen des Kessel für eine solche Wassermenge ausgelegt oder das verdampfte Wasser wird durch Nachspeisung des Kessels aus einem Zusatztank oder ggf. einem Kondensat-Sammler ausgeglichen, bedeutet das in jedem Fall Bedarf an Raum und das Tragen von Gewicht.

Das oberste Gebot bei der Konstruktion einer Modell-Dampfturbine ist demnach die Erzielung eines hohen Wirkungsgrades und damit eines möglichst niedrigen Dampfverbrauchs. Hierfür bieten sich verschiedene konstruktive Lösungen und Maßnahmen.
Um deren Effizienz untereinander vergleichen zu können, betrachten wir jeweils ihren spezifischen Dampfverbrauch d.
Er besagt, wie viel Kilogramm Dampf von der jeweiligen Turbine pro Kilowatt benötigt werden.
Wir errechnen ihn aus dem inneren Wärmegefälle hi. Bekanntlich ist 1kWh = 860 kcal.
Als  Gleichung:

                  Spezifischer Dampfverbrauch di (kg/kWh) = 860 : hi (kcal/kg)
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 02 März 2012, 18:19:54
Der effektive spezifische Dampf-Verbrauch de und die Dampfverbrauchs-Menge G
Wenn wir das innere Gefälle hi zur Berechnung des spezifischen Dampfverbrauchs aus den Umfangskomponenten des Geschwindigkeitsplans ermitteln, werden nicht alle inneren Verluste erfasst.
Wir nennen ihn daher zur Unterscheidung den inneren spezifischen  Dampfverbrauch di.
Im Geschwindigkeitsplan werden die Radreibungs- und Ventilationsverluste nicht dargestellt und natürlich ebenso wenig die so genannten äußeren Verluste.
Die Verluste wurden in ,,Die Dampfturbine im M...." unter Antwort # 16 vom 25.08.2010 beschrieben.   
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html

Die Spaltverluste und die Verluste durch Radreibung sind bei den Drücken und Abmessungen des Modellbaus vernachlässigbar.
Die Ventilationsverluste können durch geeignete Maßnahmen (Ventilationsschutz-Ringe) in Grenzen gehalten werden.

Die etwas schwierige Berechnung dieser Verluste ersparen wir uns und setzen u.U. einen Schätzwert ein.
Die Höhe dieser Verluste kann 5% bis 10% vom theoretischen Wärmegefälle ht betragen und muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Sie hängt von der Bauart der Turbine, sowie der Qualität von Konstruktion und Ausführung ab. 
Um bei den weiteren Berechnungen diese Verluste nicht völlig unberücksichtigt zu lassen, empfehle ich gerne den ,,goldenen Mittelweg".
Wir mindern also ggf. das innere Gefälle hi um 7,5 % des theoretischen Wärmegefälles ht  und setzen bei unseren weiteren Berechnungen den geminderten Wert ein.
Den hieraus ermittelten spezifischen Dampfverbrauch nennen wir den effektiven spezifischen Dampfverbrauch de.

Wenn wir eine von uns gewünschte Turbinen-Leistung N zu Grunde legen, können wir mit Hilfe des effektiven spezifischen Dampfverbrauchs de die zu erwartende Dampf-Verbrauchsmenge in Gramm pro Sekunde Gsek ermitteln.
Hier die Gleichung:

                                                              de (kg/kWh) • N (W)
                                             Gsek (g/s) = ——————————
                                                                       3600

Diese Gleichung wurde zur Vereinfachung auf die Leistungen des Modellbaus in Watt (W) umgestellt.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 05 März 2012, 16:56:32
Die Kontinuitätsgleichung von Bernoulli
Mit der Dampfmenge Gsek haben wir eine wichtige Größe zur Berechung einer Modell-Dampfturbine, aber auch zur Dimensionierung des Kessels ermittelt.
Bei der Dampfturbine benötigen wir diesen Wert zur Berechnung der Durchström-Querschnitte des Dampfes.
Das sind bei einer einstufigen Modell-Dampfturbine, der Düsenquerschnitt, u.U. der Querschnitt der Schaufelkanäle und der Querschnitt des Dampf-Austritts. Bei z.B. einer Turbine mit zwei Geschwindigkeits-Stufen durch Wiederbeaufschlagung des Laufrades, würden wir darüber hinaus mit ihrer Hilfe den Ein- bzw. Austrittsquerschnitt der Umlenkkammer (Leitkammer) ermitteln.
Wir bedienen uns hierzu der so genannten Kontinuitäts- bzw. Stetigkeitsgleichung von Bernoulli.
Ich habe schon früher versucht, diese Gleichung möglichst leicht verständlich zu erklären, so unter Antwort # 24 vom 25.08.2011.
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html

Die Kontinuitätsgleichung besagt demnach, dass in einem System mit unterschiedlichen Querschnitten die, in einem Zeitintervall durch jeden Querschnitt F fließende Menge G gleich ist.
Bei inkompressiblen Flüssigkeiten mit ihrer konstanten Dichte bedeutet das, dass die jeweiligen Produkte aus Querschnittsfläche F und Strömungsgeschwindigkeit c gleich sind:

                                      G = F1 • c1 = F2 • c2 = F3 •  c3 = .... = konst.

Bei kompressiblen Gasen kann sich beim Durchströmen eines Systems das Volumen ändern. So auch bei unserem Wasserdampf.
Das bedeutet:
Beim Durchströmen der Turbine verringern sich durch Expansion (Prozess) oder Temperaturverlust der Druck p und die Dampfdichte γ (Gamma).
Wir rechnen mit dem Kehrwert (1/x) der Dichte γ, dem spezifischen Volumen v.
Somit gilt folgende Gleichung: 

                                         G ∙ v = F ∙ c

Wobei G die Menge, v das spezifische Volumen, F die Querschnittsfläche und c die Strömungsgeschwindigkeit ist.

Durch die geleistete Arbeit und die Strömungsverluste in der Turbine ändert sich aber neben dem Dampfzustand (v) auch die Dampfgeschwindigkeiten c (m/s). Diesen verringerten Geschwindigkeiten und dem höherem spezifischen Volumen muss durch Vergrößerung der Durchtritts-Querschnitte ausreichend Raum geschaffen werden.
Die von uns gesuchten Abmessungen der jeweilig durchströmten Querschnittsflächen F (mm2) der Düsen und Kanälen einer Modell-Dampfturbine, ergeben sich nach Umstellung der Gleichung aus:

                                                             Gsek (g/s) ∙ v (m3/kg) ∙ 1000
                                         F (mm2)  =  _____________________________                                   
                                                                          c (m/s)

Für die Geschwindigkeit c und das spezifische Dampfvolumen v setzen wir jeweils die Werte am Austritt einer Düse oder eines Kanals ein.
Die entsprechenden Geschwindigkeiten c werden errechnet oder dem Geschwindigkeitsplan entnommen. Das spezifische Volumen v entnehmen wir direkt einem h-s-Diagramm mit Volumenlinien oder nach Ermittlung des jeweiligen Stufen-Druckes p, dem etwas genaueren p-v-Diagramm.
Die Gleichung ist besonders wichtig für die Berechnung des Düsenquerschnitts Fmin der im Modellbau vorwiegenden einfachen Düsen.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 07 März 2012, 17:15:11
Ermittlung des spezifischen Dampfvolumens v aus dem h-s-Diagramm
Wir wissen, dass das spezifische Dampfvolumen v vom Druck, aber auch von anderen Zustandsgrößen des Dampfes, wie dem Wärmeinhalt i, dem Dampfgehalt x und der Überhitzungs-Temperatur tü abhängt. Das heißt, er verändert sich innerhalb des Prozesses.

Wasserdampf-Tafeln geben lediglich über das feste, spezifische Volumen v'' des Sattdampfes Auskunft und sind damit für unsere Berechnungen nur bedingt geeignet.
Ein so genanntes p-v-Diagramm wäre zwar genauer, steht aber in der Regel für die niedrigen Drücke des Modellbaues nicht mit ausreichender Auflösung zur Verfügung.
In einem h-s-Diagramm mit Volumenlinien können wir die Abhängigkeit des spezifischen Dampfvolumens v vom Dampfdruck p und dem Dampfzustand  erkennen.
Benutzen wir ein h-s-Diagramm mit Volumenlinien, können wir recht einfach und mit ausreichender Genauigkeit das jeweilige spezifische Dampfvolumen eines Punktes der Expansionslinie ermitteln. Werte zwischen den Volumenlinien erhalten wir ggf. durch Interpolieren.

In einem h-s-Diagramm kann bekanntlich der Prozessverlauf (Expansionslinie) in einer Dampfturbine dargestellt werden.
Siehe Antwort # 16 vom 25.08.2010   http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html

Bild 6 zeigt den bereits aus obigen Link bekannten Ausschnitt aus dem h-s-Diagramm mit dem Expansions-Verlauf in einer Modell-Dampfturbine.
Die Linien und Werte des spezifischen Dampfvolumens (m3/kg) wurden hier zur Verdeutlichung in rot angelegt.
Gleichzeitig wurde der Punkt A (Betriebsdruck p1 = 1,7 ata) von der Sattdampflinie in den Überhitzungs-Bereich (tü = 1250 C)  verschoben.
Es handelt sich hier um eine Dampfturbine für Auspuff-Betrieb (Enddruck p0 = 1 ata, also atmosphärischer Umgebungsdruck).
Wie wir erkennen können, wird durch die Überhitzung des Betriebsdampfes sicher gestellt, dass der Abdampf (Punkt A4) noch oberhalb der Sattdampflinie liegt und damit frei ist, von Leistung minderten Kondensat (x = 1).

Am Wichtigsten ist für uns aber zu diesem Zeitpunkt, dass wir für jeden Punkt der Expansionslinie das jeweilige Dampfvolumen ablesen können.
So sehen wir Beispielweise, dass sich das spezifische Volumen des Betriebsdampfes p1 von etwa 1,1 m3/kg am Punkt A (Düseneingang) im Laufe der Expansion auf etwa 1,7 m3/kg am Punkt A1 (Düsenausgang) erhöht.
Damit verfügen wir über die letzte, noch fehlende Größe zur Bestimmung der Querschnitts-Flächen.



Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 11 März 2012, 15:00:53
Der Düsenverlust hd  und die Ermittlung des Dampfzustandes am Punkt A1
Im Modell-Dampfturbinenbau kommen in der Regel nur so genannte einfache Düsen zum Einsatz. Dafür gibt es folgende Gründe:
Bei den vergleichsweise kleinen Turbinenleistungen des Modellbaus sind die hierfür benötigten Dampfmengen so gering, dass sich zwangsläufig entsprechend kleine Düsenquerschnitte ergeben. Man gerät sehr schnell an die Grenzen der Herstellbarkeit.
Noch schwieriger würde sich demnach die Herstellung von erweiterten Düsen gestalten.
Erweiterte Düsen (Laval-Düsen) kommen erst bei größeren Wärmegefällen (> 25 kcal/kg) zum Einsatz. Größere Wärmegefälle bedeuten aber auch höhere Dampfgeschwindigkeiten.

Nun wissen wir aber aus Antwort #5 vom 17.10.2010, Bild 3,  http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html 
dass sich die Dampfteilchen in einfachen Düsen nur bis zu einem bestimmten Druckverhältnis p1/p0 beschleunigen lassen. An der Mündung einer Düse, bzw. an ihrem kleinsten Querschnitt Fmin, stellt sich immer nur ein bestimmter Minimal-Druck ein, Laval- oder kritischer Druck pk genannt. 
Damit der Dampf in einem verwirbelungsfreien Strahl (laminar) aus einer einfachen Düse austreten kann, muss der kritische Druck pk gleich, oder kleiner als der Gegendruck p0  sein,.
Für Sattdampf oder leicht überhitzten Dampf gilt:   Kritische Druck pk = p1 ∙ 0,58.

Wir emitteln den kritischen Druck pk für Auspuff-Betrieb, also Gegendruck p0 = 1 ata (atmosphär. Umgebungsdruck):

         pk = p1 ∙ 0,58   →   pk =  p0   →   p1 = p0 : 0,58   →   p1 = 1 ata : 0,58 = 1,72 ata

Das hierbei theoretisch verfügbare Wärmegefälles ht von ca. 22 kcal/kg zeigt Bild 6.

Auf die Strömungsverluste im Düsenkanal sind wir bereits kurz eingegangen. Sie vermindern bekanntlich die theoretische Dampfgeschwindigkeit c0 auf die Düsen-Austrittsgeschwindigkeit c1.
Im Großbetrieb werden diese Düsenverluste durch den Düsenkoeffizient φ (Phi) dargestellt,
der hat im Großbetrieb die Werte:

                                              φ = 0,93 ... 0,95  (gegossene Düsen, 7 bis 5 %)
                                              φ = 0,95 ... 0,97  (gefräste Düsen, 5 bis 3 %).

Wegen der kleinen Düsenquerschnitte und dem ungünstigen Verhältnis zwischen Querschnitt und Wandflächen dürfte der Wert im Modellbau trotz sorgfältigster Ausführung eher bei etwa 10 bis 8 % liegen, also:

                                              φ = 0,90 ... 0,92.

Dieser Verlust an Dampfgeschwindigkeit (c1 = c0 ∙ φ) lässt sich wiederum in den adäquaten Wärmeenergieverlust hd (kcal/kg) umrechnen.
Hierfür gilt die Gleichung:

                                              hd = (1 – φ2) ∙ ht  (kcal/kg).

Ziehen wir den Düsenverlust hd vom theoretischen Wärmegefälle ht unten ab, erhalten wir den Punkt A1 der Expansionslinie im h-s-Diagramm
(Bild 6).
Der, dem Düsenverlust hd entsprechende Teil des theoretisch verfügbaren Wärmegefälles ht  wurde in Schallenergie und Reibungswärme verwandelt und geht für die Umwandlung in mechanische Arbeit verloren. Die Reibungswärme hat jedoch den Zustand des Dampfes verändert. Die Verlustwärme hat den Wärmeinhalt i des entspannten Dampfes etwas erhöht; der Dampf ist trockener geworden (x = 0,985).
Ähnlich verhält es sich mit den anderen Verlusten (Punkte A2  bis A4). Welche Bedeutung sie für uns haben und wie man sie ermittelt, werden wir noch behandeln.
Das spezifische Dampfvolumen v hat am Punkt A1 gegenüber Punkt A0 marginal abgenommen. Seine weiteren geringfügigen Veränderungen bis zum Dampfaustritt bei A4, sind bei einer einstufigen Modell-Dampfturbine vernachlässigbar.
Wir setzen daher bei unseren Querschnitts-Berechnungen in jedem Fall den Wert am Düsenausgang A1 ein (v = 1,7 m3/kg). 

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 20 März 2012, 14:19:27
Die weiteren Schaufelungsverluste
Mit dem Oberbegriff Schaufelungsverluste bezeichnet man die Summe der Düsen-, Schaufel und Austrittsverluste.

Den Düsenverlust haben wir oben behandelt. Auf die Ermittlung der weiteren Verluste und damit der Punkte A2 bis A4  gehen wir in diesem Abschnitt nur der Vollständigkeit wegen ein. Ihre Berechnung ist bei einstufigen Modell-Dampfturbinen u.U. entbehrlich, da wir hier in der Regel das innere Wärmegefälle hi (Punkt A4) nicht durch Addition der Einzelverluste ermitteln, sondern mit Hilfe der Umfangskomponenten w.u des Geschwindigkeitsplanes. Darüber hinaus benutzen wir ggf. lediglich den Wert des spezifischen Dampfvolumens v am Punkt A1 zur Ermittlung von Durchtrittsquerschnitten.

Wir wissen bereits, dass beim Durchströmen der Schaufeln ebenfalls Energieverluste entstehen und sie durch den Verlustbeiwert ψ (Psi) dargestellt werden.
Sie bewirken ähnlich der Düsenverluste eine Minderung der verfügbaren Strömungsenergie und eine Änderung des Dampfzustandes.
Dieser Verlust an Dampfgeschwindigkeit lässt sich ebenfalls in den adäquaten Wärmeenergieverlust hs (kcal/kg) umrechnen.
Wir verwenden hierzu die jeweilige Eintrittsgeschwindigkeit; bei einer einstufigen Turbine demnach die Geschwindigkeit w1 des Geschwindigkeitsplanes.
Es gilt die Gleichung:
                                         
                                                hs = (w12 : 8378) • (1 - ψ2)  (kcal/kg).

Geschwindigkeit w1  in m/s.
Zahlenwert: 8378 = 2 • 9,81 • 427.

Der Wert des Düsenverlustes hs wird ebenfalls unten vom noch verfügbaren Wärmegefälle bei Punkt A1 abgezogen und wir erhalten den Punkt A2.

Bei mehrstufigen Turbinen ermittelt man die Verluste in den Lauf- und Leitschaufel einzeln, und zwar in der Reihenfolge der Durchströmung.
Das gilt sinngemäß auch für Turbinen mit wiederholter Beaufschlagung über Umlenk- bzw. Leitkammern, aber hierauf werden wir ggf. noch eingehen.

Mit Hilfe des so genannten Austrittverlustes ha finden wir den Punkt A3.

Der Dampf muss mit einer ausreichenden Restgeschwindigkeit die Turbine verlassen können.
Die ideale Austrittsgeschwindigkeit sollte bei mehrstufigen Modell-Dampfturbinen etwa 10 % des verfügbaren Wärmegefälles ht nicht überschreiten und möglichst axial aus den Schaufeln austreten (siehe Bild 3, oben, Stufe 2 und 4).
Zwangsläufig muss man hier bei einer einstufigen Turbine deutliche Zugeständnisse machen.
Wir verwenden die Gleichung

                                                 ha = c22 : 8378 (kcal/kg)

und verfahren mit dem ermittelten Wert in bekannter Weise.

Den letzten Teil der Verluste bilden die oben bereits behandelten Spalt-, Radreibungs- und Ventilationsverluste.
Wir verzichten auf eine Berechnung und setzen hierfür ggf. einen Schätzwert ein, um den Punkt A4 fest zulegen.

Im nächsten Beitrag werden wir als Beispiel eine einstufige Modell-Dampfturbine berechnen und neben der Düse auch die Form des Schaufelprofils konstruieren.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 27 März 2012, 19:08:37
Berechnungsbeispiel
Für ein mittleres Modellschiff wählen wir eine einstufige, axiale Modell-Dampfturbine mit einfacher Düse für Auspuff-Betrieb und einer Leistung von etwa 20 Watt.
Wir lehnen uns dabei weitgehend an die bekannten Werte aus den obigen Übungen an. Die Expansionslinie, sowie deren Positionierung im h-s-Diagramm werden demnach in etwa mit Bild 6 übereinstimmen.

Wir legen also fest:

Einstufige Gleichdruck-Modell-Dampfturbine mit einfacher Düse.
Betriebsdruck p1 = 1,7 ata (überhitzt, tü = 125 0C).
Gegendruck p0 = 1 ata (Auspuffbetrieb).
Theoretisches Wärmegefälle ht = 22 kcal/kg
Laufrad-Durchmesser am Schaufelfuß DF ≈ 75 mm*.
Drehzahl n = 20.000 1/min.
Leistung N = 20 W.

*) ...der genaue Rad-Durchmesser ergibt sich durch Schaufelteilung und Schaufellänge!

Wir ermitteln als erstes die Umfangsgeschwindigkeit u; gemeint ist damit die mittlere Umfangsgeschwindigkeit des Schaufelkranzes. Das heißt auf halber Schaufellänge.
Im Modellbau sollte aus strömungstechnischen Gründen (Verhältnis Kanalquerschnitt zu Wandflächen) die Schaufellänge l = 2,5 mm nicht unterschritten werden.
Wir addieren zum Schaufelfuß-Durchmesser DF eine Schaufellänge l und erhalten den mittleren Schaufelkranz-Durchmesser DM.

                      DM = DF + l  = 75 mm + 2,5 mm = 77,5 mm.

Der mittlere Schaufelkranz-Umfang UM ist demnach:

                     UM  =  Dm • π  = 77,5 • 3,14 = 243 mm ≈ 0,24 m.

Umfangsgeschwindigkeit u beträgt:

                  u (m/s) = (n (1/min) : 60) • UM (m)  = (20.000 : 60) • 0,24 = 80 m/s.

Wir berechnen die Dampfgeschwindigkeit c1 bei einem Düsen-Verlustbeiwert φ = 0,93:

          c1 = (91,5 • √ ht (kcal/kg)) • φ = (91,5 • √ 22) • 0,93 = (91,5 • 4,6) • 0,93 ≈ 400 m/s.

Wir wählen den Düsenwinkel α1 = 170 und zeichnen den Geschwindigkeitsplan (Bild 7).

Wir messen einen Schaufel-Eintrittswinkel β1 = 200 und eine relative Dampfgeschwindigkeit w1 = 324 m/s.
Wir entscheiden uns für symmetrische Schaufeln; damit ist auch der Winkel β2 = 200.
Hieraus ergeben sich:

Schaufelwinkel-Mittelwert: β' =  (β1 + β2) : 2  = 200, Schaufel-Verlustbeiwert: ψ = 0,8.

und errechnen:

               Relative Dampfgeschwindigkeit w2 = w1 • ψ  = 324 • 0,8 = 259 m/s.

Dampf-Austrittsgeschwindigkeit c2 = 188 m/s, Dampf- Austrittswinkel α2 = 300.

Aus den beiden Umfangskomponenten errechnen wir das innere Wärmegefälle hi.

       hi  = (u : 4189) • (w1u + w2u ) = (80 : 4189) • (304 + 244) = 0,019 • 548 = 10,46 kcal/kg.

Wir runden wegen der Radreibungs- und Ventilationsverluste auf hi = 10 kcal/kg und ermitteln:

                            Wirkungsgrad ηi = hi : ht  = 10 : 22 = 0,45.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 29 März 2012, 18:34:08
Der Vollständigkeit halber, aber auch zur Übung berechnen wir die einzelnen Schaufelungsverluste und übertragen ihre Werte in das h-s-Diagramm in Bild 8.

Wir rechnen:
Düsenverlust:
hd = (1 – φ2) ∙ ht  = (1 - 0,932) • 22 = (1 - 0,865) = 0,135 • 22 = 2,97 ≈ 3 kcal/kg.

Wir verfahren in bekannter Weise und finden Punkt A1.

Schaufelverlust:
hs = (w12 : 8378) • (1 - ψ2)  = (3242 : 8378) • (1 - 0,82) = 12,53 • 0,36 = 4,5 kcal/kg.

Wir finden Punkt A2.

Austrittverlust:                             
ha = c22 : 8378 = 1882 : 8378 = 35344 : 8378 = 4,2 kcal/kg.

Entsprechend Punkt A3.

Wir sehen, dass die Addition der Verluste im h-s-Diagramm, mit dem geschätzten Wert für Radreibung und Ventilation letztendlich zum gleichen Ergebnis (Punkt A4) führt, wie die vereinfachte Methode, den Wert des inneren Gefälles aus dem Geschwindigkeitsplan zu ermitteln.
Zum besseren Verständnis wurden die einzelnen Werte an den Maßstab des Wärmegefälles angetragen.

Die nächsten Schritte wären die Ermittlung des effektiven, spezifischen Dampfverbrauchs de und der Dampfverbrauchsmenge Gsek.

de = 860 : hi (kcal/kg) = 860 : 10 = 86 kg/kWh.

Gsek = (de • NWatt) : 3600 = (86 • 20) : 3600 = 1720 : 3600 = 0,48 g/s.

Mit der umgestellten Bernoulli-Gleichung berechnen wir erst den Düsen-Querschnitt, um danach den Schaufelkanalquerschnitt festzulegen.

Düsen-Querschnitt:                                               
Fmin = (Gsek ∙ v ∙ 1000) : c1 = (0,48 • 1,7 •1000) : 400 = 816 : 400 = 2,04 ≈ 2 mm2.

Zur Vermeidung von Kantenstößen sollte die Düsenkanalhöhe a etwa 0,5 mm kleiner sein als die Schaufellänge l. Bei einer Mindest-Schaufellänge
l = 2,5 mm ist demnach a = 2 mm und bei einem Querschnitt Fmin = 2 mm2 die Düsenkanalbreite b = 1 mm (Bild 9).

Wie uns Bild 9 weiterhin zeigt, sollten aus gleichem Grund auch die Öffnungen des Dampfaustritts oder der Dampfeintritt einer Leitkammer angeschrägt werden.

Wir haben nunmehr die Abmessungen des Düsenkanals festgelegt. Bevor wir jedoch zur Bemessung und Konstruktion der Schaufeln kommen, sollten wir an Hand von Bild 10 noch einige neue Begriffe bestimmen.

Neben den bereits bekannten Winkeln α und β und der oben genannten Düsenhöhe a sowie der Düsenbreite b sind das vorrangig:

Schaufelkanalbreite e,
Krümmungsradius r,
Rückenradius r',
Schaufelteilung TS.

Die Schaufelbreite ergibt sich bei der Konstruktion des Schaufelprofils.
Die Querspalte hängen von der Wärmeausdehnung ab, sollten jedoch so klein wie möglich gehalten werden; in der Praxis sind das etwa 0,3 bis 0,5 mm, je nach technologischen Möglichkeiten.
Werden die Schaufeln nicht per CNC gefertigt, sondern konventionell, so ist eine geeignete Schaufelbefestigung nötig, die erfordert in der Regel eine größere Schaufeldicke.

Bild 10 zeigt weiterhin, dass bei der Verwendung eines Ventilationsschutzes der Dampfaustritt dem Winkel α2 entsprechen sollte, um Ausströmhindernisse zu Vermeidung.

Demnächst konstruieren wir das Schaufel-Profil.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Shanghai am 30 März 2012, 08:38:16
Hallo Georg,

Ich werde zwar in aller Wahrscheinlichkeit nie eine Modelldampfturbine bauen, aber ich lese hier gerne mit, weil mich das an meine vergangenen (wirklich guten) Stroemungsmaschinen-Vorlesungen erinnert. Nur bei den Nicht-SI einheiten muss ich immer umdenken  :-).
Von deinen Ausfuehrungen koennte sich mancher Lehrkoerper eine Scheibe abschneiden.  :MG:

Schoene Gruesse aus Shanghai
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 30 März 2012, 09:10:18
Hallo Shanghai,

dass mit den ,,Nicht-SI-Einheiten" ist kein Zufall.
Ich befasse mich schon viele Jahre mit dem historischen Maschinenbau. An den alten Maschinen und in den alten Fachbüchern findet man nur die alten Bezeichnungen, auch sind die meisten Modellbauer mit ihnen groß geworden.
Eine Vermischung von alten Bezeichnungen und SI-Einheiten erschwert das Verständnis der teilweise recht komplexen Zusammenhänge.
Ich habe mich daher entschlossen, die alten Bezeichnungen zu verwenden.

Ich danke Dir für Dein Interesse.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 01 April 2012, 10:02:32
Bei einer Düsenkanalbreite b = 1 mm ist der Grad mit dem der Schaufelkranz mit Dampf beaufschlagt wird äußerst gering. Der 1 mm breite Dampfstrahl sollte aber mindestens einen Schaufelkanal optimal füllen. Das würde bedeuten, dass der Schaufelkanal e in etwa der Düsenkanalbreite b zu entsprechen hat. 
Durch die geleistete Arbeit und die Verluste im Schaufelnkanal sinkt bekanntlich die Dampfgeschwindigkeit auf den Wert w2.

Nach der Kontinuitätsgleichung ergibt eine geringere Geschwindigkeit bei gleicher Dampfmenge Gsek und unverändertem spezifischen Volumen v eine größere Querschnittsfläche F. Im Großbetrieb vergrößert man die Schaufellänge l in Richtung des Austrittes auf die Schaufellänge l1. Im Modellbau ist das nicht praktikabel. Stattdessen wählen wir eine etwas vergrößerte Schaufelkanalbreite e.
Wir berechnen hierzu die Querschnittsfläche FS am Schaufelausgang.

FS = (Gsek • v • 1000) : w2 = (0,48 • 1,7 • 1000) : 259 = 816 : 259 = 3,15 mm2.

Bei Schaufellänge l = 2,5 mm:  Kanalbreite e = 3,15 : 2,5 = 1,26 mm.

Wir wählen mit e = 1,15 einen Mittelwert.

Der Schaufel-Krümmungsradius r sollte der doppelten Kanalbreite e entsprechen.

Krümmungsradius r = 2 • e = 2 • 1,15 = 2,3 mm.

Die günstigste Schaufelteilung ermitteln wir mit:

Schaufelteilung TS = r : (2 sin β') = 2,3 : (2 • 0,34) = 2,3 : 0,68 = 3,38 ≈ 3,4 mm.

Wir haben damit alle Werte für die Konstruktion des Schaufelprofils ermittelt.
Wir bedienen uns hierzu einer einfachen Konstruktionshilfe (Bild 11).

Wir wählen einen ausreichend großen Zeichenmaßstab (mindestens 10 : 1).
Als spätere Schaufelmitte ziehen wir eine senkrechte Linie und schneiden sie an einer geeigneten Stelle durch eine Waagerechte.
Am Schnittpunkt erhalten wir den Mittelpunkt m der Schaufelkrümmung r und schlagen einen Halbkreis mit dem Radius r = 2,3 mm.
Damit die Schaufelkanten nicht zu scharf werden und bereits bei der Herstellung ausbrechen oder sich verformen, legen wir die Flanken F1 und F2 des Rückenprofils nicht als Tangenten am Krümmungsradius r an sondern an einen weiteren Halbkreis mit dem Radius r+.
Den Radius r+ wählen wir etwa 0,2 mm größer als den Krümmungsradius r. Die Schärfung der Kanten erfolgt später durch leichtes Überdrehen.

Vom Mittelpunkt m zeichnen wir im rechten Winkel zu den Schaufelwinkeln β1 = 200 und β2 = 200  nach beiden Seiten eine Linie. An ihren Schnittpunkten zur Schaufelkrümmung r erhalten wir die Punkte k der Schaufelkanten und an den Schnittpunkten zum Halbkreis r+ die Anlegepunkte k' der Profilflanken F1 und F2 unter den Winkeln β1 und β2.

Der Schaufelkanal e wird durch den Rückenradius r' und der Schaufelkrümmung r der jeweils nächsten Schaufel gebildet. 
Auf der Mittellinie der Konstruktionshilfe zeichnen wir im Abstand der Schaufelteilung TS = 3,4 mm vom Mittelpunkt m nach oben eine weitere Waagerechte und erhalten den Mittelpunkt mn der nächsten Schaufel. Wir schlagen wieder einen Halbkreis mit dem Radius r = 2,3 mm und finden die Schaufelkrümmung der nächsten Schaufel.

Nun markieren wir vom Mittelpunkt mn mit dem Maß  r – e = 2, 3 - 1,15 = 1, 15 mm auf der Mittellinie den vorläufigen Punkt des Schaufelrückens der vorherigen Schaufel.
Mit einer Radienlehre ermitteln wir den günstigsten Rückenradius r'.
Im Abstand des Rückenradius r', in unserem Fall r' = 1,15 mm, zeichnen wir parallel zu den Tangenten innen zwei Hilfslinien. An deren Schnittpunkt zur Mittellinie ergibt sich der Mittelpunkt m' vom Rückenradius r'. Vom Punkt m' zeichnen wir wiederum im rechten Winkel zu den Tangenten zwei Linien und finden an den Schnittpunkten der Tangenten die Ansatzpunkte für den Rückenradius r'. Den bemaßten Entwurf zeigt Abb. 12.

Den Schaufelschnitt unsere Modellturbine mit der Anordnung des Düsenkanals und des Dampfaustrittes sehen wir in Bild 13.

Die Querschnittfläche des Dampfaustritts berechnen wir wie folgt:

FA= (Gsek • v • 1000) : c2 = (0,48 • 1,7 • 1000) : 188 = 816 : 188 = 4,34 ≈ 4,4 mm2.
Bei einer Kanalhöhe von ebenfall 2 mm (siehe Bild 9) ist die Austrittsbreite bA = 2,2 mm.

Die Schaufelkranzbreite beträgt nach dem Anschärfen ≈ 4,5 mm.
Das Roh-Maß der Schaufelkranzbreite ermitteln wir bei symmetrischen Schaufeln mit:

BK = 2 • (r+ • cos β') = 2 • (2,5 • cos 200) = 2 • 2,5 • 0,94 = 4,7 mm.

Wir ermitteln die Schaufelanzahl zS:

zS = (DF • π ) : TS = (75 • 3,14) : 3,4 = 253,6 : 3,4 = 69,2.

Die Schaufelanzahl zS muss logischerweise ganzzahlig sein, also 69 Schaufeln.
Wir korrigieren deshalb den Schaufelfuß-Durchmesser DF = (69 • 3,4) : 3,14 = 74,7 mm.

Wir haben nunmehr alle erforderlichen Maße und Größen bestimmt und können unsere Modell-Dampfturbine konstruieren.
Einige Tipps hierzu findet Ihr unter Antwort # 22 vom 4.4.2011,

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.15.html

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 04 April 2012, 13:38:00
Hallo Modellbaufreunde,
der Beitrag ,,Berechnung von Modelldampfturbinen" steht als PDF-Datei (11,5 MB) zur Verfügung.
Bei Interesse kurze PN mit einer Email-Adresse.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Captain Hans am 04 April 2012, 15:28:02
Hallo Georg

ich kann mich Shanghai nur anchließen - an dir ist ein klasse Lehrer verloren gegangen top top top

liebe Grüße

Hans
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 30 April 2012, 09:18:05
Mehrstufige Modell-Dampfturbinen
Die Zeit seit meinem letzten Beitrag wurde vermutlich [[Ironie an]] von allen ambitionierten Modellbauern genutzt, um ausgiebig einstufige Modell-Dampfturbinen der unterschiedlichsten Abmessungen durchzurechnen. Ich spüre förmlich deren starkes Verlangen endlich auch etwas über die Berechnung von mehrstufigen Modell-Dampfturbinen zu erfahren [[Ironie aus]].

Wir erinnern uns, dass der Wirkungsgrad von einstufigen Modell-Dampfturbinen durch die hohen Austrittsverluste geprägt ist. Bei den eingeschränkten Abmessungen und Drehzahlen des Modellbaues ist das für einen höheren Wirkungsgrad erforderliche Verhältnis zwischen der Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades und der Dampfgeschwindigkeit am Düsenausgang (u/c1) kaum erreichbar.

Es liegt also nahe die Bewegungsenergie der noch recht hohen Dampf-Austrittsgeschwindigkeit in einem weiteren Schaufelrad in mechanische Arbeit umzuwandeln.
Es werden also ein Teil der Düsenaustritts-Geschwindigkeit im ersten Rad (Stufe 1) und ein weiterer Teil im zweiten Rad (Stufe 2) verarbeitet.
Obwohl auch hier der Dampf die Turbine noch mit einer gewissen Mindestgeschwindigkeit verlassen muss, sprechen wir von zweifacher Geschwindigkeitsstufung (Curtis-Turbine).

Siehe hierzu Antwort # 5 vom 17.10.2010.
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html

Bekanntlich tritt der Dampf gegen die Drehrichtung wieder aus den Laufschaufeln aus. Bevor er also weiteren Laufschaufeln zugeführt werden kann, ist er durch geeignete Vorrichtungen in Drehrichtung umzulenken. Das geschieht in der Regel durch feststehende, so genannte Leitschaufeln.
Im Großbetrieb sind diese Leitschaufeln auf festen Schaufelkränzen über den gesamten Umfang verteilt.

Wir erinnern uns an die geringe Dampf-Beaufschlagung der Turbinen-Räder unserer Berechnungsbeispiele. Soll heißen, dass selbst bei Modell-Dampfturbinen etwas höherer Leistung nur eine Düse zum Einsatz kommt. Es werden demnach nur jeweils ein bis zwei Laufschaufelkanäle vom Dampf durchströmt und es liegt nahe, dass der aus ihnen austretende Dampf auch nur wenige Leitschaufeln beaufschlagt.
Warum sollte also ein vollständiger Leitschaufelkranz zwischen die Stufen geschaltet werden?

Selbst wenn man zur Umlenkung nur einige Leitschaufeln in der Nähe der Düsen vorsehen würde, wäre der Aufwand durch ein zweites Laufrad mit der erzielbaren Leistungszunahme nicht zu rechtfertigen. Der Anteil einer zweiten Geschwindigkeitsstufe an der Gesamtleistung beträgt wegen der Umlenkverluste in den Leitschaufeln nur etwa 25 %.
Geschwindigkeitsstufung bewirkt zwar eine wirkungsvolle Herabsetzung des optimalen Verhältnisses u/c1, es liegt bei zwei Stufen bei 0,25 und bei drei Stufen bei 0,16, aber mit zunehmender Stufenzahl steigen die Umlenkverluste, hierdurch sinkt der Wirkungsgrad am Radumfang ηu deutlich ab (Bild 14).

Dem Modell-Dampfturbinenbau bietet sich eine günstigere und weniger aufwändige Lösung der Geschwindigkeitsstufung durch das wiederholte Beaufschlagen eines Laufrades über Leit- bzw. Umlenkkammern (Bild 15).
Diese Bauweise wurde bereits seit Beginn des vorigen Jahrhunderts im Großbetrieb für den Antrieb von kleineren Hilfsmaschinen angewendet und zeichnet sich durch besondere Einfachheit aus. Hierbei entfallen nicht nur die aufwändigen Leitschaufeln, sonder auch das zweite Laufrad bzw. der zweite Laufschaufelkranz  (,,Elektraturbine" von Kühnle, Kopp & Kausch in Frankenthal).

In den Leit- bzw. Umlenkkammern wird der Dampf umgelenkt, nachdem er die Laufschaufeln durchströmt hat. Der Dampf wird von der anderen Seite, aber an einer anderen Stelle dem Schaufelkranz wieder zugeführt. Deshalb werden die Laufradschaufeln symmetrisch gestaltet, das heißt die Schaufelwinkel sind auf beiden Seiten gleich.
Diese Bauweise erbringt eine wünschenswerte Herabsetzung des optimalen Verhältnisses u/c1
Der Wirkungsgrad am Radumfang ηu liegt trotz größerer Strahlumlenkung in den Kammern, nur unwesentlich niedriger als in Bild 14 dargestellt.

In den nächsten Beiträgen werden wir die Berechnung einer solchen Modell-Dampfturbine behandeln, sowie die Bemessung und Konstruktion ihrer Leitkammer.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 04 Mai 2012, 12:47:13
Berechnungsbeispiel
Wir legen für unsere Beispiel-Turbine folgende Daten fest:

Zweistufige Gleichdruck-Modell-Dampfturbine mit einfacher Düse.
Geschwindigkeitsstufung durch wiederholte Beaufschlagung.
Betriebsdruck p1 = 1,7 ata (überhitzt, tü = 125 0C).
Gegendruck p0 = 1 ata (Auspuffbetrieb).
Theoretisches Wärmegefälle ht = 22 kcal/kg
Laufrad-Durchmesser am Schaufelfuß DF ≈ 75 mm*.
Drehzahl n = 20.000 1/min.

*) ...der genaue Rad-Durchmesser ergibt sich durch Schaufelteilung und Schaufellänge.

Zur besseren Vergleichbarkeit gehen wir damit weitgehend von den Ausgangswerten aus, die wir auch bei unseren Übungen bzw. der Berechnung der einstufigen Modell-Dampfturbine zu Grunde legten.

Dampfgeschwindigkeit c1 = 400 m/s.
Umfangsgeschwindigkeit u = 80 m/s.

Es ergibt sich also wiederum ein Verhältnis u/c1 = 0,2.
Nach Bild 14 lässt dieser Wert bei Zweistufigkeit einen höheren Wirkungsgrad ηu = 0,57 und somit ggf. eine erhöhte Turbinenleistung erwarten. Wir werden aber auch die Minderung des Dampfverbrauchs bei gleich bleibender Leistung untersuchen.

Bevor wir den Geschwindigkeitsplan zeichnen, erinnern wir uns an die Aussage, dass bei  mehrstufigen Modell-Dampfturbinen vorzugsweise ein etwas größerer Düsenwinkel α1 gewählt wird. Bei größerem Düsenwinkel werden auch die anderen Winkel größer. Damit verringern sich die Umlenkwinkel γ und die Umlenkverluste. Bei wiederholter Beaufschlagung ist ein möglichst kleiner Leitkammer-Umlenkwinkels anzustreben.

Wir wählen Düsenwinkel α1 = 220 und zeichnen den Geschwindigkeitsplan (Bild 16).

Wir zeichnen auf bekannte Weise unter dem Düsenwinkel α1 = 220 eine Linie durch den Schnittpunkt von Rad- und Achsebene nach links, tragen die Strecke für c1 = 400 m/s an und erhalten am freien Ende von u = 80 m/s den Wert w1 = 328 m/s und den Winkel β1 = 270.

Bei wiederholter Beaufschlagung sind symmetrische Schaufeln zwingend. Damit ist der auch der Austritts-Winkel β2 = 270 und der Winkelmittelwert β' = 270.
Wir entnehmen einer entsprechenden Kurve für β' = 270 einen Schaufel-Verlustbeiwert ψS = 0,85 oder wir interpolieren die o. a. Erfahrungswerte.
Die relative Austritts-Geschwindigkeit w2 = 279 m/s erhalten wir durch die Multiplikation w2 = w1 •  ψS und wiederum nach Anlegen von u = 80 m/s die Austrittsgeschwindigkeit c2 = 210 m/s unter dem Austritt-Winkel α2 = 370.

Das Zeichnen der zweiten Stufe unterscheidet sich bei wiederholter Beaufschlagung geringfügig von der bisher bekannten Vorgehensweise, denn der Schaufel-Eintrittswinkel der zweiten Stufe β'1 = 270 steht bereits fest. Stattdessen, muss der zugehörige Austrittswinkel α'1 der Leitkammer ermittelt werden. Die Umlenkung durch die Leitkammer ist gestrichelt gezeichnet.
Wir zeichnen also die Radebene der zweiten Stufe und ziehen eine Linie unter dem bekannten Schaufelwinkel β'1 = 270 durch den Schnittpunkt nach links und eine zweite Linie parallel hierzu im Abstand der Umfangsgeschwindigkeit u. Hierzu markieren wir vorher auf der Radebene in Drehrichtung (links) u = 80 m/s.

Wir ermitteln nun durch Versuche den entsprechenden Leitkammer-Austrittswinkel α'1.
Der Leitkammer-Austrittswinkel α'1 hängt von der Austritts-Geschwindigkeit c'1 ab und diese wiederum vom Umlenkwinkel γ der Leitkammer bzw. von deren Verlustbeiwert ψL.

Wir wählen für den Winkel α'1 probeweise einen Wert zwischen 120 und 180.
In unserem Fall ergab sich α'1 = 130.

Der Leitkammer-Umlenkwinkel γ errechnet sich aus:

γ = 1800 - (α2 -  α'1) = 1800 - (370 - 130) = 1800 - 240 = 1560.

Die Verlustbeiwert-Kurve*) nennt uns für γ = 1560 einen Verlustbeiwert ψL = 0,74.
Wir rechnen:

Leitkammer-Austrittsgeschwindigkeit c'1 = c2 ∙ ψL  = 210 ∙ 0,74 = 155 m/s.

Wir nehmen die entsprechende Strecke für c'1 in den Zirkel und schlagen um den Schnittpunkt der zweiten Stufe einen kurzen Bogen zur parallelen Hilfslinie des Winkels β1.
Am gefundenen Schnittpunkt legen wir u = 80 m/s an und finden den Wert der relativen Eintrittgeschwindigkeit w'1 = 80 m/s.
Wir messen Winkel α'1 und prüfen auf Übereinstimmung mit dem gewählten Winkel α'1.
Wir starten ggf. einen weiteren Versuch mit einem anderen Winkelwert.

Der Schaufel-Verlustbeiwert ψS = 0,85 ist uns bereit aus den Berechnungen der ersten Stufe bekannt und ermitteln in bekannter Weise die

Dampfgeschwindigkeiten w'2 = 68 m/s und  c'2 = 36 m/s.

Die Austrittsgeschwindigkeit c'2 hat einen erwünscht niedrigen Restwert und eine fast axiale Austrittsrichtung (≈ 1150).

*) ...steht eine entsprechende Kurve nicht zur Verfügung, können wir mit ausreichender Genauigkeit folgend Erfahrungswerte zu Grunde legen bzw. ihre Zwischenwerte interpolieren.

γ = 1700 → ψL ≈ 0,6
γ = 1600 → ψL ≈ 0,7
γ = 1500 → ψL ≈ 0,75
γ = 1400 → ψL ≈ 0,8

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Captain Hans am 04 Mai 2012, 17:11:32
Hallo Georg

es ist unglaublich wieviel Arbeit du in deine erstklassigen Beiträge reinsteckst. top top top :O-_ :O-_

liebe Grüße

Hans
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 04 Mai 2012, 18:15:26
Hallo Hans,
das Zeitintensivste ist das anschließende Editieren der Hoch- bzw. Tiefstellungen des einkopierten Word-Textes. Beim Editieren verspingt mir im Eingabefeld ständig der Curser und fange wieder von vorne an.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: halina am 04 Mai 2012, 21:57:57
hallo Turbo -Georg , als Techniker lese ich gerne Deine überaus kompetenten Fachthemen über Dampfmaschinen und
Turbinen die auf wissenschaftlichem Niveau ausgearbeitet wurden . Schade dass von der Forumsleitung nicht der
Titel Dr.h.c. Ing. Dir verliehen werden kann .
                                                                                     es grüsst Halina
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 05 Mai 2012, 20:30:54
Hallo Halina,
was Du schreibst finde ich sehr nett, vielen Dank. Es müssten dann aber einige Autoren dieses Forums einen Ehrentitel erhalten.

Übrigens: Ich wurde gerade zum Fähnrich befördert. Ist das nichts?
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: halina am 06 Mai 2012, 14:07:33
moin Georg , herzlichen Glückwunsch zu Deiner Beförderung . Eigentlich müssten Deine Referate mindestens mit der
zweifachen Punktzahl bewertet werden . Ja es gibt im Forum auch einige Fachleute ,deren Beiträge mir sehr gut gefallen
und sachlich mit sehr grosser Kompetenz eingestellt werden .
                                                                                             viel Erfolg weiterhin wünscht Halina
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 07 Mai 2012, 09:38:05
Zurück an die Arbeit.

Wir entnehmen dem Geschwindigkeitsplan in Bild 16 die vier Umfangskomponenten wu und berechnen das innere Wärmegefälle hi unserer zweistufigen Modell-Dampfturbine mit der Gleichung: hi = u : 4189 • (w1u + w2u + w'1u + w'2u).

hi = 80 : 4189 • (292 + 248 + 72 + 64) = 0,019 • 676 =  12,84 kcal/kg.

Damit wäre der innere Wirkungsgrad ηi = hi : ht  = 12,84 : 22 = 0,584
etwas günstiger als der Bild 14 entnommene Wirkungsgrad ηu = 0,57.

Wir runden wegen der Radreibungs- und Ventilationsverluste* auf hi = 12,5 kcal/kg und rechnen weiter mit

                            Wirkungsgrad ηi = hi : ht  = 12,5 : 22 = 0,568 ≈ 0,57.

*) Die Ventilationsverluste setzen wir wegen des höherer Beaufschlagungsgrades bei wiederholter
     Beaufschlagung etwas niedriger an, als bei unserer einstufigen Modell-Dampfturbine.

Wir ermitteln den effektiven, spezifischen Dampfverbrauch 

de = 860 : hi (kcal/kg) = 860 : 12,5 = 68,8 ≈ 69 kg/kWh.

Wir stellen die Gleichung der Dampfverbrauchsmenge Gsek um und errechnen die sich ergebende Leistung bei unveränderter Verbrauchsmenge Gsek.

NWatt = (Gsek • 3600) : de = (0,48 • 3600) : 69 = 1728 : 69 = 25,0 Watt.

Gegenüber unserer einstufigen Turbine ergibt sich eine Leistungs-Steigerung von 25%.
Bei gleich bleibender Leistung errechnen wir eine geringere Verbrauchsmenge Gsek.

Gsek = (de • NWatt) : 3600 = (69 • 20) : 3600 = 1380 : 3600 = 0,38 g/s.

Diese geringere Dampfverbrauchsmenge benötigt einen kleineren Düsen-Querschnitt Fmin.                                               

Fmin = (Gsek ∙ v ∙ 1000) : c1 = (0,38 • 1,7 • 1000) : 400 = 646 : 400 = 1,61 ≈ 1,6 mm2.

Wir geraden also schnell an die Grenze der Herstellbarkeit von Düse und Schaufeln.

Bei unserem weiteren Vorgehen bleiben wir bei der erhöhten Leistung von N = 25 Watt und einer Düsen-Querschnittsfläche  Fmin = 2 mm2
                                           
Im kommenden Beitrag konstruieren wir das neue Schaufelprofil und behandeln wieder den Verlauf der Expansionskurve im h-s-Diagramm.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 10 Mai 2012, 11:42:30
Bekanntlich haben wir beim Berechnungsbeispiel einer zweistufigen Modell-Dampfturbine zur besseren Vergleichbarkeit die Dampfwerte der einstufigen Beispielturbine übernommen.
Damit ist auch die Darstellung und die Positionierung des theoretischen Wärmegefälles ht sowie die Expansionslinie zum Punkt A1 (Düsenverlust
hd = 3 kcal/kg)  im h-s- Diagramm identisch.

Wir können nun das innere Wärmegefälle hi = 12,5 kcal/kg  von oben abtragen und finden den Punkt A4 des Abdampfes.
Wegen des höheren Wirkungsgrades ηi und damit der geringeren Verlust-Wärme im Dampf, liegt der Punkt A4 nunmehr zwar leicht unterhalb der Sättigungslinie x = 1, aber noch innerhalb einer Toleranz von 1 % (Bild 17).
Wir erinnern uns, dass im Großbetrieb bei entsprechenden Maßnahmen zur Entwässerung, am Ausgang der Nd-Stufen Dampfnässen bis 12 % 
(x = 0,88) zulässig waren.

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html  Antwort #13 vom 2.11.2010

Der Abstand zum Punkt A3 ist durch den geschätzten Verlust-Anteil für Radreibung und Ventilation hrv = 0,34 kcal/kg gerade noch darstellbar.
Ähnlich verhält es sich beim Abstand zum Punkt A2.

Wir berechnen hierzu den Austrittsverlust ha = c22 : 8378 = 362 : 8378 ≈ 0,15 kcal/kg.

Der Austrittsverlust ha ist also ebenfalls auf einen kaum noch darstellbaren Wert gefallen.
Die Verlustwerte wurden zum besseren Verständnis wiederum an die Skale des Wärmegefälles angetragen.

Wie sich die übrigen 6 kcal/kg des Schaufelverlustes hs am Punkt A2 zusammensetzen, werden wir wieder Übungsweise untersuchen.
Wir berechnen die einzelnen Verluste in der Strömungsrichtung des Dampfes und beginnen mit dem Schaufelverlust der ersten Stufe:

hs1 = (w12 : 8378) • (1 - ψS2) = (3282 : 8378) • (1- 0,852) = 12,84 • 0,27 ≈ 3,5 kcal/kg,

dann dem Schaufelverlust der Leitkammer:

hsL = (c22 : 8378) • (1 - ψL2) = (2102  : 8378) • (1 - 0,742) = 5,26 • 0,45  ≈ 2,3 kcal/kg,

und zuletzt dem Schaufelverlust der zweiten Stufe:

hs2 = (w'12 : 8378) • (1 - ψS2) = (802 : 8378) • (1 - 0,852) = 0,76 • 0,27 ≈ 0,2 kcal/kg.

Vergleichen wir beide h-s-Diagramm-Darstellungen, stellen wir fest, dass sich die Verluste der zweistufigen Modell-Dampfturbine auf die mehr oder weniger physikalisch bedingten Verluste in Düse, Laufschaufeln und Leitkammer beschränken. Einer weiteren Optimierung dieser Bauform sind damit recht enge Grenzen gesetzt.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 16 Mai 2012, 09:32:25
 Wir haben die Dampfwerte für dieses Berechnungsbeispiel von der einstufigen Modell-Dampfturbine übernommen. Bei einer Dampfmenge
Gsek = 0,48 g/s bleiben demnach nicht nur der Düsenquerschnitt Fmin = 2 mm2, sondern auch die Schaufelkanalbreite e = 1,15 mm unverändert.
Wir ermitteln somit für die Schaufeln unserer zweistufigen Modell-Dampfturbine ebenfalls einen  Krümmungsradius r = 2 • e = 2 • 1,15 = 2,3 mm.
Durch die veränderten Winkel β1 = 270 und β2 = 270 ergibt sich allerdings eine andere Schaufelteilung TS.

TS = r : (2 sin β') = 2,3 : (2 sin 270) = 2,3 :  (2 • 0,45) = 2,3 : 0,9 = 2,55 ≈ 2,6 mm.

Wir ermitteln die Schaufelanzahl zS:

zS = (DF • π ) : TS = (75 • 3,14) : 2,6 = 235,5 : 2,6 = 90,5.

Wir wählen zS = 90 Schaufeln und korrigieren wieder den Schaufelfuß-Durchmesser

DF = (90 • 2,6) : 3,14 = 74,5 mm.

Wir unternehmen einen Konstruktions-Versuch des Schaufelprofils (Bild 18).
Sind die Schaufeln zu schmal, um ggf. Bohrungen zur Befestigung der Schaufeln oder eines Deckbandes einzubringen, starten wir einen weiteren Entwurf mit etwas vergrößerter Schaufelteilung TS. Dann ändern sich allerdings auch Schaufelzahl zS und der Durchmesser am Schaufelfuß DF.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 21 Mai 2012, 18:04:31
Für die Konstruktion der Leitkammer benötigen wir deren Durchtrittsquerschnitte.
Bei den Berechnungen der Querschnitts-Flächen legen wir das etwas höheres spezifisches Volumen v = 1,72 m3/kg am Punkt A2 zu Grunde.
Wir berechnen den Eintritts-Querschnitt der Leitkammer mit:

FLE = (Gsek • v • 1000) : c2 = (0,48 • 1,72 • 1000) : 210 = 825,6 : 210 = 3,93 ≈ 4 mm2,

den Austrittsquerschnitt:

FLA  = (Gsek • v • 1000) : c'1 = (0,48 • 1,72 • 1000) : 155 = 825,6 : 155 = 5,32  ≈ 5,4 mm2

und die Querschnittsfläche des Dampfaustritts:

FA = (Gsek • v • 1000) : c'2 = (0,48 • 1,72 • 1000) : 36 = 825,6 : 36 = 22,9 ≈ 24 mm2.

Bei einer unveränderten Kanalhöhe a = 2 mm (Bild 19) ergeben sich folgende Kanalbreiten:

bLE  = 4 : 2 = 2 mm,

bLA = 5,4 : 2 = 2,7 mm,

bA = 24 : 2 = 12 mm.

Bild 20 zeigt den bemaßten Schaufelschnitt der zweistufigen Modell-Dampfturbine mit Düse und Leitkammer.
Wie eine Leitkammer konstruiert wird, behandeln wir im nächsten Beitrag.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 23 Mai 2012, 10:15:02
Konstruktion der Leitkammer
Wir zeichnen die Leitkammer ebenfalls mit einer Konstruktionshilfe (Bild 21).
Die Darstellung der Schaufeln verdeutlicht den Dampfweg; in der Praxis können wir darauf verzichten.
Wir zeichnen von der hinteren Düsenkante die Hilfslinie a und finden den Eintrittspunkt p0. Durch den Punkt p0 ziehen wir die Linie b im rechten Winkel zum Eintrittswinkel α2.
Mit dem Zirkel schlagen wir einen kurzen Bogen vom Punkt p0 zur Linie b mit dem Radius

                                                              r2 = bLE + r1

und finden den Mittelpunkt m der Kammer-Krümmung. Um die Reibungswege kurz zu halten wählen wir einen möglichst kleinen Radius r1 (ca.1 bis 1,5 mm).
Durch den Mittelpunkt m zeichnen wir senkrecht zum Leitkammer-Austrittswinkel α'1 die Linie c.
Vom Mittelpunkt m schlagen wir Kreisbögen von der Linie b zur Linie c mit den Radien r1 und r2.
Wir schlagen weiterhin den Bogen der Kammer-Mittellinie von Linie b nach Linie c und verlängern die Mittellinie jeweils unter den Winkel α2 und α'1 bis zum Querspalt.
Parallel zur Mittellinie zeichnen wir im Abstand der halben Austrittsbreite bLA  die beiden Hilfslinien d1 und d2 und finden den Punkt p1. Vom Punkt p1 ziehen wir senkrecht zur Mittellinie (Winkel α'1) die Linie e und finden am Schnittpunkt mit der Linie d2 den Punkt p2.
Wir verbinden die Punkte p1 und p2 mit den Bögen der Krümmung an der Linie c und verlängern vom Punkt p2 die Linie der Kammerwand parallel zur Mittellinie bis zum Querspalt.

Zum verlustfreien Dampfübertritt in die Kammer bei Teilanschnitt der Schaufeln, wird die hintere Eintrittskante der Leitkammer etwas in Laufrichtung verschoben. Hierzu verkleinern wir den Winkel der Kammerwand (gestrichelte Linie) um etwa 100. Wir zeichnen also die Linie der Kammerwand von Bogen r1 an der Linie b unter dem Winkel α2 - 100 zum Querspalt.
Vom Punkt p1 zeichnen wir senkrecht zur Laufrichtung die Linie f und erhalten an der Gegenseite die hintere Kante des Dampfaustritts mit der Breite bA
Zur Vermeidung von Kantenstößen muss sowohl bei der Leitkammer als auch beim Dampfaustritt die jeweilige Eintrittseite durch Abschrägen erweitert werden (siehe Bild 19).
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Baunummer 509 am 23 Mai 2012, 10:22:01
Wunderbare Herangehensweise und extrem Informativ.  top top
Ich verstehe zwar nicht alles, aber doch immerhin etwas  :-)
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 08 Juli 2012, 12:36:25
Mehrstufige Modell-Dampfturbinen mit Druckstufung
Mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung setzen wir unsere Betrachtungen fort.
Wir wissen aus den verschiedenen Beiträgen, dass bei Dampfturbinen neben der Geschwindigkeitsstufung auch die Druckstufung eine Möglichkeit bietet, das für einen hohen Wirkungsgrad verantwortliche Geschwindigkeitsverhältnis u/c1 durch Herabsetzung der Dampfgeschwindigkeit c1 zu optimieren.

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.0.html    #2 vom 20.08.2010
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html    #6 vom 18.10.2010

Wir wissen aber auch, dass für die gleiche Minderung der Dampfgeschwindigkeit c1  mehr Druckstufen als Geschwindigkeitsstufen benötigt werden. Wegen des damit verbundenen hohen Bauaufwandes ist die Anwendung von reiner Druckstufung für den Modellbau ungeeignet.
Während des Stufenweisen Abbaues eines hohen Dampfdruckes oder besser eines hohen Wärmegefälles, nimmt das spezifische Volumen des Dampfes ständig zu. Dem muss durch kontinuierliche Vergrößerung der Durchtrittsquerschnitte Rechnung getragen werden.
Nicht nur die unterschiedlichen Beschaufelungen und Abmessungen der Laufräder in den einzelnen Druckstufen dürften kaum lösbare Probleme bereiten, sondern auch die Konstruktion und Herstellung der Druckkammern, deren druckdichte Zwischenböden mit integrierten Düsen, sowie den Stopfbuchsen zur druckdichten Durchführung der Turbinenwelle stellen für den Modellbau einen nicht zu rechtfertigten Aufwand dar.

Kombinieren wir jedoch die Bauformen und beschränken uns dabei auf zwei Druckstufen mit jeweils zwei Geschwindigkeitsstufen mit wiederholter Beaufschlagung, können wir den günstigeren Wirkungsgrad von Druckstufen mit der hohen Absenkung der Dampfgeschwindigkeit c1 in Geschwindigkeitsstufen verbinden.
(siehe Bild, ,,Vierstufige Modell-Dampfturbine" in #3 des ersten Links).
Durch die Aufteilung eines höheren Wärmegefälles auf zwei Druckstufen, werden die Dampfgeschwindigkeiten in verarbeitbaren Grenzen gehalten, ohne auf den Vorteil einer größeren Wärmemenge verzichten zu müssen. Die im Dampf verbleibende Verlustwärme der ersten Druckstufe wird in der zweiten Druckstufe verarbeitet; erst hier geht Wärme über den Abdampf verloren (Bild 3 unten).
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 10 Juli 2012, 20:51:12
Dampfturbinen mit Druckstufung durch Zwischenböden stellen bekanntlich nichts anderes dar, als hintereinander geschaltete Einzelturbinen. Das wird in der Antwort #2 des ersten Links und rechts in dem zugehörigen Bild ,,Gleichdruck-Turbinen" verdeutlicht.
Wir könnten demnach zwei zweistufige Modell-Dampfturbinen, wie oben ab #21 beschrieben bauen, sie Dampfseitig hintereinander schalten und ihre Wellen in geeigneter Weise verbinden.
Das hintereinander Schalten bedeutet, dass der Ausgang der ersten Turbine (HD) mit dem Eingang der zweiten Turbine (ND) verbunden wird. Das verfügbare Wärmegefälle des Dampfes wird auf beide Turbinen verteilt.
Wenn also unsere Beispiel-Turbine für ein theoretisches Wärmegefälle ht = 22 kcal/kg ausgelegt ist, wird für zwei ,,baugleiche", hintereinander geschaltete Turbinen ein Gesamt-Wärmegefälle Ht = 44 kcal/kg benötigt. Der Betriebsdampf hätte somit einen höheren Wärmeinhalt. Die unveränderte Verbrauchsmenge Gsek = 0,48 g/s des nunmehr Energiereicheren Dampfes durchströmt nacheinander beide Turbinen, jede erbringt eine Leistung von 25 W, also insgesamt 50 W.

,,Baugleich" bedeutet: Baugleich mit Einschränkung.
Wir wissen, dass der Dampf auf seinem Weg durch beide Turbinen sein spezifisches Volumen ändert; zumindest die Durchström-Querschnitte der beiden Turbinen wären also nicht ,,baugleich".
Neben der o.a. Möglichkeit die beiden Druckstufen in getrennten Gehäusen unterzubringen und ihre Turbinenwellen zu koppeln, bietet sich die zweifellos elegantere Lösung eines gemeinsamen Gehäuses unter Verwendung eines druckdichten Zwischenbodens. Wie im Bild ,,Vierstufige Modell-Dampfturbine" in #3 des ersten Links dargestellt.
Der gleichzeitige Wechsel vom traditionellen Längsstrom- zum Querstrom-Prinzip erbringt trotz Mehrstufigkeit eine relativ kurze Baulänge, ein günstigeres Leistungsgewicht, auch eine vereinfachte Herstellung der Düsen und Leitkammern und der Laufräder-Beschaufelung.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 13 Juli 2012, 19:18:56
Bei unserer weiteren Betrachtung gehen wir wiederum zum besseren Vergleich von unserem Berechnungsbeispiel einer zweistufigen Turbine aus.
Wir setzen jeweils eine der Beispiel-Turbinen als Hoch-Druckstufe (HD) und eine als Nieder-Druckstufe (ND) ein. Als Stufengefälle der Druckstufen, wir nennen sie ht1 und ht2, übernehmen wir das Gefälle ht = 22 kcal/kg unserer zweistufigen Turbine. Damit entsprechen auch die Dampfgeschwindigkeiten in den Druckstufen dem Geschwindigkeitsplan der zweistufigen Turbine (Bild 16).
Die einzelnen Verluste in den Druckstufen sind ebenfalls weitgehend mit denen der zweistufigen Modell-Dampfturbine identisch.
Wir können also einfacher Weise die Expansionslinie aus dem h-s-Diagramm (Bild 17) in das h-s-Diagramm unserer Modell-Dampfturbine mit zwei Druckstufen (Bild 22) übertragen.
Die Position der Expansionslinie unserer ND-Stufe ist dabei mit der, unserer zweistufigen Turbine identisch. Die Expansionslinie der HD-Stufe positionieren wir so, dass sich ihr Punkt A4 mit dem Punkt p1' = 1,7 ata (Stufendruck) der ND-Stufe deckt.
Korrekter Weise müsste der Punkt A4 der Expansionslinie der HD-Stufe auf gleicher Höhe etwas weiter links angesetzt werden, um auch die Druck- bzw. Temperaturverluste in der Überströmleitung zur ND-Stufe auszugleichen (etwa 0,1 bis 0,15 ata). Diese Verluste können aber ggf. auch über ein kleines Frischdampfventil am Überströmrohr ausgeglichen werden; es dient dann gleichzeitig der Vorwärmung der ND-Stufe nach längeren Betriebspausen. Zur Kontrolle des Stufendruckes (p1' = 1,7 ata) ist dann ein kleines Kontroll-Manometer vorzusehen.

Wir können nun dem h-s-Diagramm (Bild 22) folgende Werte entnehmen:

theor. Gesamt-Wärmegefälle Ht = 44 kcal/kg,
theor. Stufengefälle ht = 22 kcal/kg,
Turbinen-Betriebsdruck p1 = 2,8 ata, (überhitzt, tü = 1550 C),
Stufendruck p1' = 1,7 ata, (überhitzt, tü = 1250 C),
Gegendruck p0 = 1 ata (Auspuffbetrieb).
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 15 Juli 2012, 08:12:07
Das spezifische Dampfvolumen am Düsenausgang (A1) unserer HD-Stufe ist mit  v = 1,15 m3/kg  geringer als bei unserer zweistufigen Turbine. Unter Beibehaltung der Dampf-Verbrauchsmenge Gsek = 0,48 g/s wäre die Düsen-Querschnittsfläche der HD-Stufe

Fmin1 = (Gsek ∙ v ∙ 1000) : c1 = (0,48 • 1,15 •1000) : 400 = 552 : 400 = 1,38 ≈ 1,4 mm2.

Sie liegt damit an der Grenze der Herstellbarkeit. Wir bestimmen die Düsen-Querschnittsfläche der HD-Stufe Fmin1 = 2 mm2 und errechnen mit der umgestellten Gleichung die sich ergebende Dampf-Verbrauchsmenge.

Gsek = (Fmin • c1) : (v • 1000) = (2 • 400) : (1,15 • 1000) = 800 : 1150 = 0,695 ≈ 0,7 g/s
                                                                       
Die höhere Dampfmenge Gsek erfordert auch eine Korrektur der Querschnittsfläche der Düse der ND-Stufe;

Fmin2 = (Gsek ∙ v ∙ 1000) : c1 = (0,7 ∙ 1,72 ∙ 1000) : 380 = 1204 : 400 = 3,01 ≈ 3,0 mm2.

Bei unserer Kanalhöhe a = 2 mm ergeben sich folgende Düsenkanalbreiten:

HD-Düsenkanalbreite b1 = 2,0 : 2 = 1,0 mm,
ND-Düsenkanalbreite b2 = 3,0 : 2 = 1,5 mm.

Im Realisierungsfall müssten wegen der erhöhten Dampfmenge Gsek, sowie des niedrigeren Dampfvolumens v in der HD-Stufe, auch die Strömungs-Querschnitte der Leitkammern und  Dampf-Austrittsöffnungen beider Druck-Stufen nachgerechnet werden. Die Beschaufelung der beiden Laufräder bleibt unverändert.

In den Druckstufen ist das jeweilige innere Stufen-Gefälle hi = 12,5 kcal/kg und das

innere Gesamt-Gefälle Hi  = 25 kcal/kg.

Der Gesamt-Wirkungsgrad ηi = Hi : Ht = 25 : 44  = 0,57.

Der spezifische Dampfverbrauch       

de = 860 : 25 = 34,4 kg/kWh.

Wir errechnen nach Umstellung der Gleichung eine

Leistung Ni = (0,7 ∙ 3600) : 34,4 = 2520 : 34,4 = 73,25 ≈ 73 Watt.

Wir sehen, dass sich durch diese Stufen-Anordnung der spezifische Dampfverbrauch de gegenüber unserer zweistufigen Turbine halbiert und sich die Leistung ohne die konstruktiv bedingte Erhöhung der Dampfmenge Gsek verdoppeln würde.
Der Gesamt-Wirkungsgrad ηi = 0,57 entspricht dem Wirkungsgrad unserer zweistufigen Turbine.
Worin besteht demnach die höhere Wirtschaftlichkeit der Druckstufung?
Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit müssen wir die Dampferzeugung in die Betrachtung einbeziehen.
Ich habe zum besseren Verständnis den Ausschnitt aus dem h-s-Diagramm in Bild 22 links mit den Werten des Dampf-Wärmeinhaltes i (Enthalpie des Dampfes) versehen.
Wir erkennen, dass der Wärmeinhalt i des Betriebsdampfes unserer zweistufigen Turbine, in Bild 22 mit p1' identisch, 650 kcal/kg beträgt. Der Wärmeinhalt i des Betriebsdampfes unserer Turbine mit Druckstufung im gleichen Bild mit p1 bezeichnet, beträgt 662 kcal/kg.

Das bedeutet: Der Verdoppelung des Wärmegefälles von 22 kcal/kg auf 44 kcal/kg, und somit auch einer Verdoppelung der Leistung, steht lediglich eine Erhöhung an Erzeugungswärme von 12 kcal/kg gegenüber.
Fazit: Bei unserer Modell-Dampfturbinenanlage würde durch die Verwertung der Verlustwärme der HD-Stufe in der ND-Stufe, der spezifische Gasverbrauch pro Watt sinken. 

Wir fassen das Ergebnis unserer Betrachtung zu folgenden Merkmalen zusammen:

-   vierstufige Gleichdruck-Turbine mit einfachen Düsen
-   zwei Druckstufen mit je zwei Geschwindigkeitsstufung durch wiederholtes Beaufschlagen
-   Kesseldruck p = 3 ata, (überhitzt, tü = 1550 C), 
-   Turbinen-Betriebsdruck p1 = 2,8 ata, (überhitzt, tü = 1550 C), 
-   Stufendruck   p1' = 1,7 ata, (überhitzt, tü = 1250 C),
-   Gegendruck   p0 = 1 ata, (Auspuffbetrieb),
-   Drehzahl n = 20.000 1/min,
-   Leistung Ni = 73 Watt
-   Wirkungsgrad ηi = 0,57
-   Dampf-Verbrauchsmenge Gsek = 0,7 g/s

Diese ,,vierstufige" Modell-Dampfturbine stellt trotz etwas höherem Bauaufwands einen sehr wirtschaftlichen und leistungsfähigen Antrieb für größere Modelle dar.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 18 Juli 2012, 11:47:06
Zum Abschluss dieses Beitrages berechnen wir noch zur Übung die Durchtrittsquerschnitte der Leitkammern und Dampfaustritte beider Druckstufen. Das spezifische Volumen am Punkt A2 der HD-Stufe setzen wir mit v = 1,17 m3/kg wiederum etwas höher an, als an deren Düsenausgang (Punkt A1). Die Dampfgeschwindigkeiten entnehmen wir dem Geschwindigkeitsplan unserer zweistufigen Modell-Dampfturbine (Bild 16).

HD-Stufe

Wir berechnen den Eintritts-Querschnitt der Leitkammer mit:

FLE1 = (Gsek • v • 1000) : c2 = (0,7 • 1,17 • 1000) : 210 = 819 : 210 = 3,9 mm2,

den Austrittsquerschnitt:

FLA1  = (Gsek • v • 1000) : c'1 = (0,7 • 1,17 • 1000) : 155 = 819 : 155 = 5,28  ≈ 5,3 mm2

und die Querschnittsfläche des Dampfaustritts:

FA1 = (Gsek • v • 1000) : c'2 = (0,7 • 1,17 • 1000) : 36 = 819 : 36 = 22,75 ≈ 23 mm2.


ND-Stufe

Wir berechnen den Eintritts-Querschnitt der Leitkammer mit:

FLE2 = (Gsek • v • 1000) : c2 = (0,7 • 1,72 • 1000) : 210 = 1204 : 210 = 5,7 mm2,

den Austrittsquerschnitt:

FLA2 = (Gsek • v • 1000) : c'1 = (0,7 • 1,72 • 1000) : 155 = 1204 : 155 = 7,76  ≈ 7,8 mm2

und die Querschnittsfläche des Dampfaustritts:

FA2 = (Gsek • v • 1000) : c'2 = (0,7 • 1,72 • 1000) : 36 = 1204 : 36 = 33,44 ≈ 34 mm2.


Ich danke Euch für das gezeigte Interesse.

Euer Turbo-Georg

Der Beitrag steht ohne Feedback als PDF-Datei  zur Verfügung
(40 Seiten DIN A4, 18,6 MB).
Bei Interesse kurze PN mit Email-Adresse.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 24 Oktober 2012, 16:43:28
Liebe Freunde der Modelldampfturbine,
es zeigt sich im Nachhinein doch als angebracht, auch die Düsen für überkritische Dampfgeschwindigkeiten, also Wärmegefälle über 22 bis 24 kcal/kg, sowie deren Berechnung zu behandeln.
Wann kommen im Dampfmodellbau  solche Düsen zum Einsatz?

Nun, es handelt sich um Grenzfälle, in denen nach Abwägung von Aufwand und Nutzen eine begrenzte Leistungserhöhung durch ein Wärmegefälle sinnvoll erscheint, bei dem in den Düsen die kritische Dampfgeschwindigkeit ck überschritten wird.

Bekanntlich arbeiten Modelldampfturbinen mehrheitlich im Auspuff-Betrieb, das heißt, der Dampfdruck am Ausgang der Turbine, auch Gegendruck p0 genannt, entspricht dem atmosphärischen Umgebungsdruck (1ata).
Erhöhen wir das theoretische Wärmegefälle ht, so bedeutetet das in der Regel eine Erhöhung des Dampfdrucks p1 bzw. eine Erhöhung der Überhitzungstemperatur tü.
In beiden Fällen heißt das aber auch, dass die Dichte des Dampfes steigt, also sein spezifisches Volumen v abnimmt.
Darüber hinaus bewirkt ein größeres Wärmegefälle ht eine höhere theoretische Dampfgeschwindigkeit c0.

Ein geringeres spezifisches Volumen v und eine höhere Dampfgeschwindigkeit c0 erfordern jedoch bei gleicher Dampfmenge G nach der Bernuolli-Gleichung einen kleineren Düsenquerschnitt Fmin.
Wir kommen damit in kleinen bis mittleren Leistungsbereichen sehr schnell an die praktisch sinnvolle Grenze der Düsenabmessungen bzw. deren Herstellbarkeit.

Uns ist aber auch bekannt, dass wegen des so genannten Laval-Drucks, auch als kritischer Druck pk bezeichnet, das zu verarbeitende Wärmegefälle und somit die Dampfgeschwindigkeit in einer einfachen Düse nicht beliebig gesteigert werden kann.
Die maximal erreichbare Dampfgeschwindigkeit am Düsenquerschnitt Fmin ist die Schallgeschwindigkeit des Dampfes, kritische Geschwindigkeit ck genannt.

Bei Sattdampf entspricht:
Kritischer Druck pk = p1 • 0,58,
kritische Geschwindigkeit ck ≈ 450 m/s,
also einem
theoretischen Wärmegefälle ht ≈ 24 kcal/kg.
Wir stellen hierzu die bekannte Gleichung um:
 
ht = (ck : 91,5)2 = (450 : 91,5)2  ≈ 4,92 ≈ 24 kcal/kg.

http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.0.html   Seite 1
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html  Antwort # 5

Hiernach können größere Wärmegefälle nur in so genannten Laval- oder erweiterten Düsen verarbeitet werden.

Untersuchungen zeigten, dass der Schrägabschnitt einer einfachen Düse unter Umständen die Wirkung einer Düsenerweiterung haben kann. Das heißt, im Schrägabschnitt einfacher Düsen findet bei Überschreitung des kritischen Drucks pk und der kritischen Geschwindigkeit ck eine weitere Expansion statt.
Einfache Düsen können demnach bis zu einem gewissen Maß im überkritischen Druck- und Geschwindigkeitsbereich betrieben werden.
Damit bietet sich bei leicht überkritischen Wärmegefällen eine interessante Alternative zur erweiterten Düse.

Bei Modell-Turbinen sollte die Überschreitung des kritischen Drucks pk nicht mehr als 25% betragen. In besonderen Fällen könnte man aber auf diese Weise in einfachen Düsen noch Wärmegefälle von bis zu ht = 40 kcal/kg verarbeiten.

Lassen wir also im Schrägabschnitt unserer einfachen Düse den Dampf weiter expandieren, könnten wir den kritischen Druck pk um max. 25% überschreiten.
Hierdurch würde sich der maximale Dampfdruck auf p1 = 2,15 ata  erhöhen.
Als Gleichung:

p1 = (p0 • 1,25) : 0,58  = 1,25 : 0,58 = 2,15 ata

Das theoretisch verfügbare Wärmegefälle ht wäre damit 31 kcal/kg und die Dampfgeschwindigkeit c0 = 509 m/s (Bild 23).

Wegen dieser für Modellturbinen schon recht hohen Dampfgeschwindigkeiten könnten wir uns eigentlich die Behandlung erweiterter Düsen zur Verarbeitung noch größerer Wärmegefälle ersparen, wir werden aber dennoch darauf zurückkommen.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 25 Oktober 2012, 11:19:43
Bei der weiteren Expansion im Schrägabschnitt einer einfachen Düse wird der Dampfstrahl abgelenkt. Hierdurch vergrößert sich der Düsenwinkel α1 auf α1' (Bild 24)

Beim Zeichnen eines entsprechenden Geschwindigkeitsplanes ist dann der vergrößerte Düsenwinkel α1' zu berücksichtigen.
Den vergrößerten Düsenwinkel α1' ermitteln wir mit der Gleichung:

sin α1' = [(v1 ∙ ck) : (vk ∙ c1)] ∙ sin α1
                                             
v1 (m3/ kg) = spez. Volumen am Düsenaustritt (Punkt A1),
vk (m3/kg) = spez. Volumen bei kritischem Druck pk,
c1 (m/s) = Dampf-Geschwindigkeit am Düsenaustritt,
ck (m/s) = kritische Dampf-Geschwindigkeit.

Die Geschwindigkeit c1 errechnen wir aus dem theor. Wärmegefälle ht sowie dem Düsenkoeffizienten φ und die Geschwindigkeit ck aus dem kritisch. Wärmegefälle hk.
Die Volumen v1 und vk entnehmen wir dem h–s – Diagramm an den entsprechenden Punkten (siehe Bild 23).
Steht kein Taschenrechner mit Winkel-Funktionen zur Verfügung entnehmen wir die Werte von sin α  einem Tabellenbuch.
http://www.europa-lehrmittel.de/leseprobe/331/1060X-44.pdf  Seite 11

Berechnungs-Beispiel:
Wir suchen den vergrößerten Winkel α1' einer einfachen Düse mit einem Düsenwinkel α1 = 160 bei
pk – Überschreitung um 25%.
Bei Auspuffbetrieb (p0 = 1 ata) ist damit der kritische Druck pk  = 1,25 ata und der
Betriebsdruck p1 = 2,15 ata.

Wir entnehmen dem h-s – Diagramm (Bild 23) folgende Werte:
Verfügbares Wärmegefälle ht = 31 kcal/kg und kritisches Gefälle hk = 22 kcal/kg,
Volumen bei Endruck v1 = 1,7 m3/kg und Volumen bei kritischem Druck vk = 1,4 m3/kg.
Wir errechnen die
kritische Geschwindigkeit* ck = 91,5 ∙ √22 = 91,5 ∙ 4,41 = 429 m/s
und die
Geschwindigkeit c1 = (91,5 ∙ √ 31) ∙ 0,93 = (91,5 ∙ 5,57) ∙ 0,93 = 509 ∙ 0,93 = 474 m/s.

Somit ist:

sin α1' = [(1,7 ∙ 429) :  (1,4 ∙ 474)]  ∙ sin 160  = (729,3 : 663,6) ∙ 0,275 = 1,1 ∙ 0,275 = 0,3025
               
sin -1 0,3025 = 17,600    α1' ≈ 17,60.

*) Bei der Berechnung der kritischen Geschwindigkeit ck gehen wir der Einfachheit halber von der Annahme aus, dass bei Überschreitungen > 25 % die Schallgeschwindigkeit des Dampfes erst im Schrägabschnitt erreicht wird. 

Wenn wir vermeiden wollen, dass der Düsenwinkel α1' zu groß wird oder wenn wir von bereits feststehenden Schaufelwinkeln ausgehen müssen, können wir durch Umstellung der Gleichung zu einem bestimmten, vergrößerten Winkel α1' den jeweils zugehörigen Düsenwinkel α1 ermitteln.

sin α1 = sin α1' ∙  [(vk  ∙ c1) :  (v1  ∙ ck)].                                               
                           

Im folgenden Beitrag werden wir erweiterte Düsen (Laval-Düsen) behandeln.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 29 Oktober 2012, 12:16:37
Erweiterte Düsen (Laval-Düsen)
Sollen bei Modelldampfturbinen Wärmegefälle verarbeitet werden, bei denen der kritische Druck pk und die kritische Dampf-Geschwindigkeit ck um mehr als 25 % überschritten werden, kommen nur erweiterte Düsen in Frage.
Ich habe bereits oben die Gründe benannt, weshalb im Modellbau die Voraussetzungen für den Einsatz einfacher Düsen mit pk- Überschreitung schon recht selten gegeben sind. Modelldampfturbinen bei denen sich die Verwendung von erweiterten Düsen als notwendig erweist, würden demnach einer Größenordnung  angehören, die über die üblichen Dimensionen des Modellbaus hinausgeht.

Bevor wir uns näher mit den erweiterten Düsen beschäftigen, betrachten wir nochmals die Zeichnung aus dem Beitrag ,,Schiffs-Dampfturbinen", mit ihrer Darstellung der Kurvenverläufe von Druck p und Geschwindigkeit c, in Abhängigkeit vom Anfangsdruck p1 und der Düsenform (Bild 25).
Wir erinnern uns, dass vom Eingang einer Düse bis zu ihrem kleinsten Querschnitt Fmin  der Anfangsdruck p1 nur maximal bis zum kritischen Druck pk in Bewegungsenergie umgewandelt werden kann. Auch die Dampfgeschwindigkeit c erreicht hier mit der Schallgeschwindigkeit des Dampfes ihren Maximalwert; die kritische Geschwindigkeit ck.
Nur wenn in einer einfachen Düse der kritische Druck pk gleich oder kleiner als der End- bzw. Gegendruck p0 ist, kann der Dampf in einem wirbelfreien Strahl austreten (Bild 25a); ansonsten expandiert der Dampf hinter dem Düsenausgang schlagartig (Bild 25b).

In der, nach ihren Erfinder benannten Laval-Düse (Bild 25c) können hingegen hohe und höchste Wärmegefälle bzw. Dampfdrücke verarbeitet werden. Bekannter Maßen kann der Dampf in ihrer Erweiterung auf den Enddruck po expandieren und mit der entsprechend hohen Geschwindigkeit c1 in einem wirbelfreien Strahl austreten. Voraussetzung ist allerdings die richtige Dimensionierung der Erweiterung. 
Ist die Erweiterung zu kurz, kann in ihr der Dampf nur bis auf den, ihrem Endquerschnitt entsprechenden Druck pa expandieren und tritt mit Überdruck aus (pa > p0).
Ist die Erweiterung zu lang, also die Düsenmündung zu groß, wird der Dampf an irgendeinem Querschnitt bis auf den entsprechenden Druck expandieren, sich der Dampfstrahl von der Wand ablösen, um sich anschließend in einer Einschnürung wieder auf den Gegendruck p0 zu verdichten. Dieser Druckanstieg geschieht unter heftiger Wirbelbildung und starken Schwingungen mit Umwandlung in Schallenergie.
Strahlablösung erfolgt auch bei zu großem Erweiterungswinkel γ (Gamma), er sollte 100 nicht überschreiten.
Die Länge der Erweiterung lE ergibt sich aus den Querschnitten Fmin und F1 sowie dem Erweiterungswinkel γ. 
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: RonnyM am 29 Oktober 2012, 12:37:36
...da staunt der Laie... :angel:

Georg, du bist unschlagbar. top :MG:

Grüße Ronny
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 30 Oktober 2012, 13:34:57
Ronny,
ich freue mich über Deinen Kommentar.
Ich versuche auch weniger leichte Kost für ,,Laien" genießbar zu servieren.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 01 November 2012, 14:19:57
Auch in einer erweiterten Düse fließt in der gleichen Zeit durch jeden Querschnitt die gleiche Dampfmenge Gsek.

Als Gleichung:  Gsek =  (Fmin • ck ) : vk  =  (F1 • c1) : v1

Wir können also zur Ermittlung der gesuchten Düsenquerschnitte Fmin und F1 wiederum die umgestellte Bernoulli- Gleichung anwenden.
Vorher müssen wir die anderen Größen bestimmen. Wir entnehmen die spezifischen Volumen v in gewohnter Weise einem h-s - Diagramm und errechnen die Dampfgeschwindigkeiten c aus dem jeweiligen Wärmegefälle h.

cx = 91,5 • √ hx.

Zuerst zeichnen wir im h-s- Diagramm zwischen dem Anfangsdruck p1 und dem Enddruck p0 die senkrechte Linie des theoretischen Wärmegefälles ht.
Anschließend bestimmen wir den Punkt des kritischen Drucks pk und entnehmen die Höhe des kritischen Gefälles hk.
Wir setzen dabei, ggf. auch bei den vergleichsweise niedrigen Überhitzungs-Temperaturen des Modellbaus, den Multiplikator für Sattdampf (0,58) ein (siehe u.a. in Bild 23).

Also:  pk = p1 • 0,58.

Wir können nun mit der obigen Gleichung die Geschwindigkeiten errechnen.

c1 = 91,5 • √ ht      und     ck = 91,5 • √ hk

Wir errechnen den Düsenverlust.
Für den Düsenkoeffizienten setzen wir den bewährten Erfahrungswert φ = 0,93 aus unseren Übungen ein.

hd = (1 - φ2) • ht

und finden den Punkt A1 der Expansionslinie.
An der Expansionslinie finden wir auf den Drucklinien pk und p0 (A1) die entsprechenden Werte der spezifischen Volumen vk und v1.
Wir haben nunmehr alle Werte zur Berechnung der gesuchten Querschnittsflächen Fmin und F1 bestimmt.
Wir stellen hierzu die Bernoulli- Gleichung nach F (mm2) um.

Fx = (Gsek • vx • 1000) : cx  (mm2)
                                                                             
Demnach:

Fmin = (Gsek • vk • 1000) : c  (mm2)     und      F1 = (Gsek • v1 • 1000) : c1 (mm2)         
                                                                                                                                                               
Dabei sind wie oben:

v1 (m3/ kg) = spez. Volumen am Düsenaustritt (Punkt A1),
vk (m3/kg) = spez. Volumen bei kritischem Druck pk,
c1 (m/s) = Dampf-Geschwindigkeit am Düsenaustritt,
ck (m/s) = kritische Dampf-Geschwindigkeit.

Bei Düsen mit rundem Querschnitt ermitteln wir zuerst die Durchmesser Dmin und D1 aus den beiden Querschnittsflächen Fmin und F1 mit der Gleichung:

Dx = √ [(Fx • 4) : π]
                                                                           
Die Länge der Düsen-Erweiterung lE  ergibt sich dann aus:

lE = (D1 - Dmin) : (2 • tan γ / 2)

und bei einem allgemein üblichen Erweiterungswinkel γ = 100

lE = (D1 - Dmin) : (2 • tan 50)  =  (D1 - Dmin) :  0,175.

Wir geben jedoch rechteckigen Düsenkanälen den Vorzug, denn bei den doch recht kleinen Querschnitten passt sich ihr Dampfstrahl optimaler an die ebenfalls rechteckigen Schaufelkanäle an und füllt sie besser aus.
In der Regel wird hierbei bereits vorher die Düsenkanalhöhe a entsprechend der Schaufelkanalhöhe (Schaufellänge l) festgelegt. Bei unseren o.a. Beispielen ist die kleinstmögliche Schaufellänge l = 2,5 mm und somit die Düsenkanalhöhe a = 2 mm.

Die entsprechende Düsenkanalbreite  an der engsten Stelle ist dann,

bmin = Fmin : a

und an der weitesten Stelle,

b1 = F1 : a.

Die Länge der Erweiterung lE berechnet sich damit aus:

lE = (b1 - bmin) : (2 • tan 50)  =  (b1 - bmin) :  0,175.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Captain Hans am 01 November 2012, 14:31:57
Hallo Georg

möchte mich hier sehr herzlich für die vielen erste Klasse Beiträge bedanken. top top top top top top top
Die langen ja für eine Diplomarbeit :O-_
Ich hoffe dir geht es gut?

liebe Grüße aus Costa Rica

Hans
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 02 November 2012, 09:03:40
Gerne, Hans.

Mir geht es soweit gut und ich werde versuchen weiter interessante Fachbeiträge einzubringen.
Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 04 November 2012, 13:43:48
Berechnungsbeispiel
Wir bestimmen die Abmessungen der erforderlichen erweiterten Düse zum Betrieb unserer einstufigen Modelldampfturbine (... erstes Berechnungsbeispiel) bei vollem Kesseldruck von ca. 2,5 bar (3,5 ata), in der Hoffnung auf eine deutliche Leistungserhöhung. 

Wir legen fest:
Einstufige Gleichdruck-Modell-Dampfturbine mit erweiterter Düse.
Betriebsdruck p1 = 3,5 ata (Sattdampf, x =1),
Gegendruck p0 = 1 ata (Auspuffbetrieb).
Drehzahl n = 20.000 1/min,
Laufrad-Durchmesser 80 mm,
Wir übernehmen zum besseren Vergleich auch wieder die sekündliche Dampfmenge der einstufigen Modelldampfturbine:

Gsek = 0,48 g/s.

Wir gehen in der oben beschriebenen Reihenfolge vor, zeichnen zuerst im h-s- Diagramm (Bild 26) die Senkrechte des theoretischen Wärmegefälles ht zwischen dem Anfangsdruck p1 und dem Enddruck p0 und ermitteln:

ht = 51 kcal/kg.

Wir berechnen den kritischen Druck

pk = p1 • 0,58 = 3,5 • 0,58 = 2,03 ata

und finden das kritische Wärmegefälle

hk = 23 kcal/kg.

Wir errechnen bei einem Düsenkoeffizienten φ = 0,93 einen Düsenverlust von:

hd = (1 - φ2) • ht = (1- 0,865) • 51 = 0,135 • 51 ≈ 6,9 kcal/kg

und finden den Punkt A1 der Expansionslinie.

Wir ermitteln die kritische Geschwindigkeit

ck = 91,5 • √ hk = 91,5 • 4,79  ≈ 439 m/s.

Bei der Ermittlung der Düsen-Austrittsgeschwindigkeit c1 können wir allerdings nicht wie oben vereinfacht dargestellt, von verlustfreier Strömung ausgehen sondern setzen in die Gleichung den Düsenkoeffizienten φ = 0,93 ein. Also:

c1 = (91,5 • √ ht) • φ = (91,5 • √ 51) • 0,93 = (91,5 • 7,14) • 0,93 = 653 • 0.93 = 608 m/s

Wir entnehmen dem h-s- Diagramm an den Drucklinien pk und p0 (A1) die entsprechenden Werte der spezifischen Volumen*.

vk = 0,88 m3/kg

v1 = 1,63 m3/kg

*) Ich benutze hierfür ein etwas genaueres p-v-Diagramm.
(...auf Wunsch als Kopie erhältlich!)

Die gesuchten Querschnittsflächen Fmin und F1 sind somit:

Fmin = (Gsek • vk • 1000) : ck = (0,48 • 0,88 • 1000)  : 439 =  422,4 : 439 = 0,96 mm2   

und     

F1 = (Gsek • v1 • 1000) : c1 = (0,48 • 1,63 • 1000) : 608 = 782 : 608 = 1,29 mm2         
                                                                                                                                                               
Bei einer vorgegebenen Düsenkanalhöhe a = 2 mm sind die entsprechenden Düsenkanalbreiten:
An der engsten Stelle

bmin = Fmin : a =  0,96 : 2 = 0,48 ≈ 0,5 mm

und an der weitesten Stelle,

b1 = F1 : a = 1,29 : 2 = 0,645 ≈ 0,65 mm.

Die Länge der Erweiterung lE ist damit:

lE = (b1 - bmin) : (2 • tan 50)  =  (0,65 - 0,5) : 0,175 = 0,15 : 0,175 = 0,857 ≈ 0,86 mm.

Titel: Re: Berechnung von Modelldampfturbinen
Beitrag von: Turbo-Georg am 06 November 2012, 12:42:42
Ich habe beim letzten Berechnungsbeispiel bewusst auf eine Kommentierung verzichtet, damit Leser, die sich intensiver mit dem Thema befassen, ein eigenes Urteil über die Ergebnisse bilden.
Eigentlich wollte ich nur rechnerisch die obige Feststellung untermauern, dass schnell die Grenze des Machbaren erreicht wird.
Wenn wir davon ausgehen, dass die Breite des Dampfstrahls mindestens einen Schaufelkanal füllen soll, so bezieht sich diese Aussage nicht nur auf Düsen mit den o.a. Abmessungen, sondern auch auf die entsprechende Beschaufelung des Laufrades.

Beim obigen Beispiel ergibt sich für das Laufrad von 80 mm Durchmesser bei 20.000 1/min eine Umfangsgeschwindigkeit von u = 80 m/s.
Damit ist das Verhältnis u/c1 = 80 : 608 = 0,13.

Betrachten wir die Kurven in Bild 14, so erkennen wir, dass dieses Verhältnis für eine einstufige Modelldampfturbine mit erweiterter Düse einen Wirkungsgrad η ≈ 0,3 erwarten lässt.
Unter den gegebenen Umständen ist der günstigste Wirkungsgrad mit η ≈ 0,42 nur mit zwei Geschwindigkeitsstufen erreichbar.
Bei drei Stufen ist keine weitere Verbesserung des Wirkungsgrades zu erkennen.
Diese Aussagen sind nur überschlägig, wer es genauer wünscht, sollte einen Geschwindigkeitsplan zeichnen.
Für eine überschlägige Berechnung der zu erwartenden Leistungen reicht die Genauigkeit aber aus.
Wir errechnen hierzu die inneren Wärmegefälle mit der Gleichung hi = ht • η.

Einstufig: hi  = 51 • 0,3 = 15,3 kcal/kg.

Zweistufig: hi  = 51 • 0,42 = 21,4 kcal/kg.i

Der spezifische Dampfverbrauch de ist demnach:

Einstufig: de = 860 : 15,3 ≈ 56 kg/kW.

Zweistufig: de = 860 : 21,4 ≈ 40 kg/kW.

Die in etwa zu erwartenden Leistungen sind:

Einstufig: Ni = (Gsek • 3600) : de = (0,48 ∙ 3600) : 56 = 1728 : 56 = 30,8  ≈ 30 Watt.

Zweistufig: Ni = (Gsek • 3600) : de = (0,48 ∙ 3600) : 40 = 1728 : 40 = 43,2  ≈ 43 Watt.

Nach unseren zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnissen sind aber Leistungen dieser Größenordnung bei zweistufigen Modelldampfturbinen auch mit einfachen Düsen und
pk - Überschreitung mit deutlich besserem Wirkungsgrad zu erzielen.

Trotzdem zum Abschluss noch ein Hinweis zur Gestaltung von Dampfdüsen.

Durch den Düsenwinkel α1 entsteht an den Düsenkanälen von Dampfturbinen unabhängig von der Bauform immer ein Schrägabschnitt.
Bild 27 zeigt sowohl den Schrägabschnitt einer einfachen Düse, als auch den einer erweiterten Düse (Laval- Düse).
Im Sinne einer besseren Strahlführung ist es angebracht den jeweiligen Ausgangsquerschnitt nicht unmittelbar an den Zwischenspalt zu legen. Das betrifft bei einfachen Düsen, besonders bei denen mit pk-Überschreitung, den Querschnitt Fmin und bei erweiterten Düsen den Querschnitt F1.
In beiden Fällen wird der jeweilige Endquerschnitt durch den Schrägabschnitt vervollständigt und die Austrittskanten verlaufen parallel zum Düsenwinkel α1.
Ist bei einfachen Düsen der kritische Druck pk gleich oder kleiner als der Endruck p0 bzw.  entspricht bei erweiterten Düsen der Endquerschnitt F1 dem Enddruck p0, tritt der Dampfstrahl in Richtung der Düsenachse aus, ohne durch den Schrägabschnitt in irgendeiner Form beeinflusst zu werden.