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Technik und Waffen => Antriebssysteme => Thema gestartet von: FAUN am 23 Dezember 2015, 13:09:15

Titel: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 23 Dezember 2015, 13:09:15
In den diversen Threads wird die Frage nach dem richtigen Dieselmotor gestellt. Hierbei spielen Baugrößen, Gewichte und Verbräuche eine wichtige Rolle, gelegentlich auch der Vergleich zu (Dampf-)Turbinenanlagen. Sicherlich ist fast alles dabei gefragt und auch beantwortet worden, teilweise gehen die Threads ja 10 Jahre zurück. Dennoch möchte ich versuchen, die Probleme bei der Auswahl einer Dieselantriebsanlage einmal zusammenzufassen. Also beginne ich die Eulen nach Athen zutragen.
1.   Arbeitsverfahren                  
Bei den Dieselmotoren stehen uns generell 2 Verfahren zur Verfügung, das 2- und das 4-Takt-Verfahren. Hierbei liegt der wesentliche Unterschied darin, daß das 2-Taktverfahren bei jeder Kurbelwellenumdrehung einen Arbeitstakt hat, der 4-Takter nur bei jeder 2. Für die Leistung der Motoren bedeutet dies, der 2-Takter erbringt die doppelte Leistung eines 4-Takters (Hubraum und Hub/Zylinderdurchmesser gleich). Soweit die Theorie. Allerdings gibt es technische und bauliche Einschränkungen, so hat der 4-Takter durch seine Ein- und Auslaßventile eine bessere Steuerung der einzelnen Hübe, insbesondere des Arbeitshubes. So können die Öffnungszeiten der Ventile besser angepaßt werden, der Frischluftverlust ist geringer und die Einspritzsteuerung erfolgt genauer. Dieses alle führt zu einem Verlust des 2-Takters, so daß wir von dem 1,6 – 1,8-fachen der Leistung ausgehen können.
Beim 2-Takter gibt es verschiedene Sonderformen, neben dem einfachwirkenden gibt es den doppeltwirkenden Motor, darüber hinaus baute man auch den Gegenkolbenmotor. Letzteren klammern wir einmal aus. Der doppeltwirkende Motor, hier wird die Kolbenunterseite mit einbezogen, hat 2 Arbeitstakte/Umdrehung. Diese würde dann theoretisch zu einer doppelten Leistung gegenüber dem einfachwirkenden 2-Takter führen, aber auch hier kämpfen wir mit Einschränkungen. Der untere Hubraum ist größenmäßig durch die Kolbenstange beeinträchtigt, auch wird hier mit einer verringerten Einspritzmenge gearbeitet, dadurch hält man die thermische Belastung der Kolbenstange (sie läuft ja mitten im Verbrennungsraum) geringer, dazu kommt noch der etwa schlechtere Luftaustausch in diesem Raum. Diese Einschränkungen führen durch Abstriche zum 1,6 – 1,8-fachen des einfachwirkenden Motors. Faßt man beides zusammen, so kommt man im Mittel auf die 3-fache Leistung (~1,7*~1,7) eines doppeltwirkenden 2-Takters zu einem vergleichbaren 4-Takter.
Es wurde auch mit doppeltwirkenden 4-Taktern experimentiert und sie wurden auch gebaut, letztendlich zeigte sich aber, daß die Ventilanordnung und Steuerung zu aufwendig und zu störanfällig war. Gleichfalls versuchte man die Motoren neben dem Diesel auch mit anderen Stoffen zu betreiben, sogar Kohlenstaub war Versuche wert, aber eigentlich haben sich die Diesel- und Gasmotoren durchgesetzt.
2.   Bauweisen
Hier unterscheiden wir Tauchkolben- und Kreuzkopfmotoren. Diese wurden in beiden Arbeitsverfahren verwirklicht. Allerdings zeigte sich recht bald, daß die 4-Takter als Tauchkolbenmotor ,,besser" arbeiten, die 2-Takter als Kreuzkopfmotoren. Ein Tauchkolbenmotor ist jedem bekannt, in fast allen Autos sind sie verbaut (Exoten wie den Wankelmotor u.ä. lassen wir einmal außen vor). Der Kolben ist über den Kolbenbolzen mit dem Pleuel und dieses mit der Kurbelwelle verbunden.
Der Kreuzkopfmotor ist etwas aufwendiger gebaut. Hier Ist der Kolben durch die Kolbenstange mit dem Kreuzkopf verbunden. Diese 3 Bauteile führen eine geradlinige Bewegung aus, der Kreuzkopf ist mit Schienen (Bahnen) geführt. Am Kreuzkopf greift das Pleuel an und stellt so die Verbindung zur Kurbelwelle her. Oberhalb des oberen Totpunktes des Kreuzkopfes ist der Triebwerksraum nach oben durch den Zwischenboden begrenzt, die Kolbenstange wird mit einer Stopfbuchse hier durchgeführt und abgedichtet. Beim einfachwirkenden 2-Takter dient der Raum über dem Zwischenboden bei einigen Motoren als Speicherraum für die Spülluft, die Kolbenunterseite erzeugt dabei eine Pump- und Verdichterwirkung. Die Stopfbuchse ist bei doppeltwirkende 2-Takter aufwendiger ausgeführt, hier wird auch der Zwischenboden durch den unteren Zylinderdeckel ersetzt.
Beide Motoren, Tauchkolben und Kreuzkopf, sind im Schiffsbetrieb (Hauptmaschine) als Trockensumpfmotoren ausgelegt. D.h., das Schmieröl wird über die Schmierölpumpe dem Motor zugeführt, läuft dann aber aus dem Triebwerksraum wieder ab zu einem Sammeltank. Man peilt also den Ölstand nicht im Motor sondern in dem Tank.
Der doppeltwirkende 2-Takter ist nur als Kreuzkopfmotor möglich. Durch die Verwendung der Kolbenunterseite als Arbeitskolben benötigt dieser Motor neben der Einspritzdüse im oberen Raum auch 2 im unteren. 2 Düsen deshalb, weil eine alleine keine saubere Zerstäubung erzielen konnte, die Kolbenstange ist im Wege. Diese wird, je nach Hersteller, verschiedenartig geschützt. Damit soll ein direkter Flammenschlag auf die Stange verhindert werden. Alle Hersteller (MAN (D), Sulzer (CH), FIAT (I), Werkspoor (NL)) bauten die einfach- bzw. doppeltwirkenden 2-Takter in einer schlitzgesteuerten Ausführung. Solche Regeln haben natürlich eine Ausnahme, hier ist es Burmeister&Wain (B&W) in Kopenhagen, sie setzten und setzen bis heute auf ein Auslaßventil. Diese Bauweise ist heute Standard, MAN-B&W sowie Wärtsilä-Sulzer bzw. deren weltweiten Lizenznehmer, bauen so.
3.   Spülverfahren und Spülluftwechsel
Schlitzgesteuert heißt in diesem Fall, daß in der Zylinderlaufbuchse Öffnungen (Schlitze) eingebracht sind, die durch das Überfahren durch den Kolben geöffnet bzw. geschlossen werden. Die Anordnung der Schlitze beschreibt auch das Spülverfahren, d.h. den Austausch der Verbrennungsgase durch Spülluft (Frischluft). Sind die Schlitze gegenüber angeordnet, so spricht man von der Querstromspülung, sind sie übereinander, so ist es die Umkehrspülung, im Falle des Auslaßventils haben wir die Längsstromspülung.
Im Gegensatz zum 4-Takter, der ja einen direkten Ansaugtakt hat, ist der 2-Takter nicht selbstansaugend. Die Spülluft muß ihm als zugeführt werden. Was passiert also während einer Kurbelwellenumdrehung? Der Kolben bewegt sich vom unteren Totpunkt nach oben, verschließt die Einlaßschlitze (ich gehe von der Umkehrspülung, also Auslaßschlitze über den Einlaßschlitzen auf der gleichen Seite (MAN-Bauweise) aus), drückt noch Restgase durch die Auslaßschlitze aus, verschließt auch diese Schlitze, komprimiert bei weiteren Hochfahren die Luft, kurz vor dem oberen Totpunkt erfolgt die Dieseleinspritzung (vor oT um die Zündverzögerung auszugleichen), die Verbrennung treibt den Kolben wieder nach unten, die Auslaßschlitze werden frei, die Abgase beginnen auszuströmen, die Einlaßschlitze werden frei, die Spülluft strömt in den Zylinder. Die Spülluft strömt gegen die gegenüberliegende Zylinderwand, steigt nach oben, wird durch den Zylinderdeckel umgelenkt fällt auf der Einströmseite nach unten, treibt die Restabgase vor sich her und tritt zum Teil durch die Auslaßschlitze aus.
Soweit der Ablauf. Dadurch daß die Auslaßschlitze sich als erstes geöffnet haben, ist ein Teil des Abgasdruckes abgebaut und in den Abgaskanal entwichen, dennoch braucht die Spülluft einen gewissen Druck um den Luftaustausch durchzuführen. Insbesondere braucht sie einen Druck um überhaupt in den Zylinder einströmen zu können.
Wie wir bei der Beschreibung des Arbeitstaktes gesehen haben, strömt auch bei der Frischluftzufuhr durch die Auslaßschlitze in den Abgaskanal. Um dieses zu verhindern, arbeiteten die Motorenhersteller mit Drehschiebern, die, abhängig von der Kolbenstellung, die Verbindung zum Abgaskanal verschlossen. Da hierdurch ein Frischluftverlust vermieden wurde, es gleichzeitig zu einer Rückströmung kam, wurden sie auch als Nachladeschieber bezeichnet. Sie haben aber nichts mit evtl. vermuteten Aufladungen zu tun. Trotzdem muß der Dieselmotor mit einem Luftüberschuß arbeiten, dieser kann sich auf das 1,6 -1,8fache der zur Verbrennung erforderliche Luft  belaufen. Selbst bei Vollast liegt ein λ-Verhältnis von ˃1,2 vor. λ (Lambda) ist das stöchiometrische Verhältnis der Verbrennungsluft zum Brennstoff, bei λ=1 ist genausoviel Luft vorhanden wie zur Verbrennung erforderlich ist.
Nur am Rande, durch diesen Luftüberschuß kommt es bei Dieselmotoren zu den erhöhten NOX-Werten.

(Fortsetzung soll folgen)

Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 23 Dezember 2015, 14:42:19
4.   Spülluftzuführung
Die Spülluftzufuhr muß also bei 2-Takter, ob einfach- oder doppelwirkend, von außen erfolgen. Hierzu dachte man sich angehängte, also von Motor direktangetriebene Pumpen oder Gebläse, bzw. externe Einrichtungen aus. Wird ein angehängtes Gebläse oder eine angehängte Pumpe verwendet, so geht ein Teil der Motorenleistung hierdurch weg. Der Verlust bewegt sich so um die 16 %. Zum Tragen kamen hier Gebläse (z.B. Rootsgebläse) oder Pumpen. Letztere konnten seitlich im Motorgestell integriert sein, dann erfolgte der Antrieb über ein Hebelgestänge vom Kreuzkopf aus, oder am Kopfende des Motors durch den Zugriff auf eine Kurbelwellenverlängerung. Die Pumpen sind doppeltwirkend, beim Betrieb ist auf die Temperatur zu achten, diese können im Gehäuse schon um die 80 °C betragen. Das Problem der angehängten Pumpen, insbesondere die seitlichen, ist die Trägheit bei höheren Drehzahlen. Im Gegensatz zur Handelsschiffahrt, hier wurden die Zylinderabmessungen immer größer und die Drehzahlen niedriger (~250 U/min), waren die Marinediesel Mittelschnelläufer zwischen 450-600 U/min. Separate Hilfsdiesel schafften hier Abhilfe. Diese konnten auch mit Turbogebläse ausgestattet werden, da sie nicht umgesteuert werden mußten. MAN setzte auch direktangetriebene Turbogebläse statt der Rootsgebläse ein, allerdings nahm man hierzu in Kauf, daß beim Umsteuern des Motors der Wirkungsgrad rapide absank (Umsteuern = Motordrehrichtungsänderung für die Rückwärtsfahrt)
Die Hilfsmotoren versorgten jeweils 2 Hauptmotoren mit Spülluft, dabei stellten die Verbindungsleitungen die Konstrukteure und später wohl das Maschinenpersonal vor nicht geringe Herausforderungen.

Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Peter K. am 26 Dezember 2015, 17:20:58
... seeehr vielversprechender Thread!  top
... hoffe auf Fortsetzung ...
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Smutje Peter am 27 Dezember 2015, 11:13:41
 top top top

dem kann ich mir nur anschließen

freue mich auf weitere Beiträge
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: olpe am 27 Dezember 2015, 21:15:41
Hallo,
ein sehr interessanter thread ... nicht nur für Techniker ... auch gesehen unter dem Blickwinkel, dass in heutiger Zeit bezogen auf den Marineschiffbau wieder eine gewisse Rückbesinnung auf den Dieselmotor bei den Hauptantrieben zu erkennen ist ... und eine Abkehr von reinen Hochleistungs-Gasturbinensystemen ... Stellvertretend für diesen Gedanken nenne ich hier die Korvetten Typ K-130 (dt.) (https://de.wikipedia.org/wiki/Korvette_K130), die STEREGUSHCHIY-Klasse (russ.) (https://de.wikipedia.org/wiki/Stereguschtschi-Klasse) sowie die Fregatten der IVER-HUITFELD-Klase (dän.) (https://de.wikipedia.org/wiki/Iver-Huitfeldt-Klasse). Ich freue mich auf die Fortsetzung(en) ...  :-)
Grüsse
OLPE
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 29 Dezember 2015, 17:50:41
hier die nächste Fortsetzung. Danke für die Ermunterungen.

5.   Unterschiede und Gemeinsamkeiten von einfach- und doppeltwirkenden Dieselmotoren
Einfachwirkende 2-Taktmotoren können auch als Tauchkolbenmotore ausgeführt werden. Diese wurden als Otto-(Benzin-)Motoren noch bis Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in der DDR für den Warburg und den Trabant gefertigt. Eine Parallelentwicklung des 3-zylindrigen Wartburg-Motors kam auch im Westen Deutschlands zum Einsatz. So baute DKW, die Firma war Bestandteil der Autounion und ging dann in Audi auf, in den 50er Jahren den 3=6. Diese Bezeichnung wies auf die 3 Zylinder hin, denen aber die Kraft eines 6-zylinders zugesprochen wurde. Bei diesen Motoren wurde der Kurbelraum als ,,Vorratsraum" für die angesaugte Luft benutzt, ein Drehschieber verhinderte hier das Zurückströmen der Luft wenn der Kolben während der Abwärtsbewegung die Luft in den Verbrennungsraum drückte. Da ein solcher Motor keine Ölschmierung wie ein Tauchkolbenmotor nach dem 4-Takt-Prinzip haben konnte, mußte ihm das nötige Schmieröl mit dem Benzin zugeführt werden. Daraus entstanden dann die unterschiedlichsten Mischungsverhältnisse. 1:50 und 1:33 waren z.B. zwei der gängigen Mischungen.
Tauchkolben 2-Takt-Dieselmotoren wurden und werden auch noch gebaut. Wer sich bei der Bundeswehr (noch) auskennt, erinnert sich evtl. an den MTW M113, dieser lief anfangs mit einem Otto-Motor und wurde bei der BW Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre auf einen 6-Zylinder-2-Takter von General Motors (die Abt. wurde dann ausgegliedert und hieß dann Detroit Diesel Corporation DDC) umgerüstet. Dieser Motorentyp hat ein Rootsgebläse, dessen Leistung so hoch angesetzt wurde, daß es quasi als Verdichter arbeitet. Dieses ist technisch nicht ganz richtig, da im Gebläse nur eine Transportfunktion ausgeübt wird, die Verdichterarbeit entsteht durch den Staudruck im Spülluftkanal. Soweit der kleine Ausflug in die Landhistorie.

Doppeltwirkende 2-Takt-Dieselmotoren sind dagegen immer Kreuzkopfmotoren. Großmotoren haben keinen gemeinsamen Zylinderblock, hier werden die einzelnen Zylinder untereinander verschraubt. Die Grundwanne, quasi als Fundament, wird über das Gestell mit dem Zylinderblock verbunden. Gleichzeitig trägt das Gestell die Leisten für die Gleitbahn des Kreuzkopfes.  Die drei Bauteile, Grundwanne, Gestelle und Zylinderblöcke, werden durch Zuganker verbunden. Hierbei sollte man bordseitig auf ein Lösen und Anziehen verzichten oder nur nach genauer Anweisung des Herstellers arbeiten.
Desweiteren haben wir als weitere Bauteile die Kurbelwelle mit ihren Lagern, die Pleuelstangen, die Kreuzköpfe, die Kolbenstangen, die Kolben selber und die Zylinderdeckel. Im weiteren werde ich versuchen die einzelnen Teile sowie den Betrieb der Anlage zu beschreiben, hierbei ist eine gewisse Sprunghaftigkeit nicht auszuschließen, sollte aber die Freude an diesem Thema nicht beeinträchtigen.
Generell ist der Aufbau für den oberen Teil des Motors und im Kurbelraum ähnlich dem einfachwirkenden. Durch den unteren Verbrennungsraum treten aber signifikante Abweichungen auf. So ist hier der Zwischenboden als eine Art Zylinderdeckel ausgeführt. In diesem Deckel befinden sich die beiden Einspritzdüsen und die Stopfbuchse für die Kolbenstange. Weiterhin ist ein Schutz für die Kolbenstange gegen die direkte Feuerfront eingebaut. Allerdings fehlt dem unteren Zylinderdeckel das Anlaßluftventil, es werden nur die oberen Zylinderräume zum Anlassen benutzt.
Bei der weiteren Betrachtung dieser Motoren und ihrer Bauteile sollten wir uns aber die unterschiedlichen Belastungsarten vor Augen halten. Der einfachwirkende Zweitakter hat die Verbrennungsdrücke im Verbrennungsraum, diese bewirken ein Abwärtsgleiten des Kolbens. Dieses zeigt sich als Druckspannung in der Kolbenstange, bei der Auslegung der Kolbenstange ist aber eine Kontrolle auf Knickung nach der Tetmajerschen Formel  vorzunehmen. Diese Kräfte nimmt dann der Kreuzkopf auf, wobei das Pleuel in seinem Kreuzkopflager nur eine geringe seitliche Auslenkung erfährt. Die Krafteinwirkung an der Kurbelwelle ist ebenfalls ,,nach unten", in den Lagern werden hauptsächlich die unteren Lagerschalen beansprucht. Selbst bei der Aufwärtsbewegung bleibt die Druckkraft durch die Verdichtungsarbeit teilweise erhalten. Beim doppeltwirkenden 2-Takter ist dies anders, hier zieht der Kolben im Arbeitstakt des unteren Zylinders an der Kolbenstange. Alle Bauteile, die bisher auf eine Druckbelastung ausgelegt waren, erfahren nun im Wechsel fast eine gleichgroße Zugbeanspruchung. Diese bleibt für die weitere Auslegung dieser Teile nicht ohne Folgen.
6.   Zylinderbuchsen
Die Zylinderbuchse der doppeltwirkenden Motoren war (bei MAN) 3-geteilt. Es gab jeweils einen Teil für den oberen und unteren Feuerraum sowie für den Bereich der Ein- und Auslaßschlitze. Die Fuge zwischen den Ringen war wellenförmig ausgeführt, hierdurch ist ein sicheres Übergleiten der Nut durch die Kolbenringe gesichert. Durch die Materialausdehnung bei der Erwärmung dichteten sie kraftschlüssig ab.
Einfachwirkende 2-Takter besitzen zum Teil ebenfalls (zwei-)geteilte Laufbuchsen, die Gründe hierfür liegen gleichfalls in der leichteren Montage. Wie schon beschrieben sind diese Laufbuchsen mit den Ein- und Auslaßschlitzen versehen. Wie viele Schlitze ausgeführt werden sowie ihre Abmessungen ist zum einen aus dem Luftbedarf zu ermitteln und zum anderen ein konstruktives Merkmal. Die Zylinderbuchse ist von außen wassergekühlt, das Zylinderkühlwasser ist das wichtigste Kühlwasser im Motor. Jetzt ist aber die thermische Belastung in den Stegen zwischen den Auslaßschlitzen am höchsten. Anfangs waren diese Stege nicht gekühlt, was zu Verformungen bzw. Ausbeulungen nach außen führte. Die Folge war ein Spalt zwischen den Stegen und den Kolbenringen. Diese mechanische Be- und Entlastung der Ringe brachte einen erhöhten Verschleiß. Letztendlich löste man das Problem durch Bohrungen in den Stegen für das Kühlwasser.

Fortsetzungen sollen folgen.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 30 Dezember 2015, 20:14:43
Fortsetzung

7.   Kolben
Die Kolben von Kreuzkopfmotoren werden mehrteilig ausgeführt. So haben wir die Kolbenkrone mit dem sich anschließenden Kolbenhemd. Bei den einfachwirkenden 2-Taktern übernimmt dieses ein Teil der Kolbenführung. Obwohl der Kreuzkopf die bei Tauchkolbenmotoren auftretenden Gleitbahndrücke gegenüber der Laufbuchse aufnimmt, kommt es auch beim 2-Takter zu einem Anlaufen der Kolben in der Zylinderlaufbuchse. Die Führung der Kolben sollte deshalb durch gut gleitende Werkstoffe erfolgen. Für eine ausreichende Schmierung muß gesorgt werden. Wie bereits vorstehend angesprochen, kann die Schmierung der Kolben problematisch werden.Da bei den Kreuzkopfmotoren eine Trennung durch den Zwischenboden oder dem unteren Zylinderdeckel erfolgt, kann nicht wie beim kleineren 4-Takt-Tauchkolbenmotor mit einer Plantschschmierung für die Kolben gearbeitet werden. Größere bis große 4-Takter haben deshalb Schmierölanstiche im Zylindermantel. Diese Lösung setzt man auch bei den Kreuzkopfmotoren ein. So weist der Zylindermantel auf seinem Umfang eine Reihe von Bohrungen auf, durch diese Anstiche wird über separate DruckschmierapparateZylinderöl eingedrückt.
Dieses Zylinderöl ist nicht mit dem Umlaufschmieröl zu verwechseln. Es wurden in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg immer höhere Anforderungen an diese Öle durch den vermehrten Einsatz von Schweröltreibstoffen gestellt. Schweröle haben einen erhöhten Aschegehalt, außerdem ist der Schwefelanteil auch heute noch bei einigen Sorten erheblich. Zwar läßt sich der Aschegehalt durch das Separieren senken, die mechanische und korrosive Beanspruchung bleibt. Während des Studiums prägte einer der Professoren für einen der abrasiven Stoffe den Begriff Vanadiumvanadylvanadat (Salze der Vanadium-Säure), dieses führt unter anderem zum vorzeitigen Verschleiß der Kolbenringe. Dem Schwefel und seiner korrosiven Wirkung wird durch alkalische Anteile begegnet, deshalb nannte man die Zylinderöle früher auch vereinfacht ,,Alkalische (Zylinder-)Schmieröle". Für 4-Takter wählt man gleich legierte HD-Öle, in denen werden die Verbrennungsrückstände durch Detergents in der Schwebe gehalten. Dieses Öl wirkt auch der Verkokung der Kolben entgegen.
Die richtige Dosierung der Zylinderölmenge ist sehr wichtig. Es gibt zur Berechnung Formeln, die die Menge in g/kWh zur Leistung und der Dichte in Bezug setzten. Die 2-Takter haben einen höheren Zylinderölverbrauch als ein vergleichbarer 4-Takter hätte, dieses ist in den Verlusten an den Ein- und Auslaßschlitzen begründet. Eine Folge davon ist das Eindringen von Schmieröl in den Spülluftkanal. Dieses kann bei Durchschlägen der Abgase während des Ladungswechsels durch die Einlaßschlitz zu Bränden in dem Kanal führen. Auch findet sich hier die Ursache für die Verkokung der Einlaßschlitze, mit dem dadurch bedingten Querschnittsverlust. Letzterer hat dann eine verminderte Spülluftzufuhr zur Folge. Diese Verkokung tritt auch an den Kolbenringen auf, sie sitzen dadurch fest beziehungsweise haben eine eingeschränkte Dichtwirkung.
Neben der Führungsfunktion übernimmt das Kolbenhemd auch die Steuerung, sprich: das Öffnen und Verschließen der Ein und Auslaßschlitze bei der Hubbewegung des Kolbens. Ansonsten würden diese Schlitze nach Überfahren durch die Kolbenkrone im unteren Teil komplett offen bleiben. Für die Einlaßschlitze ist zwar eine Öffnungszeit gewünscht, Frischluft soll aus dem Spülluftkanal in den Raum unter dem Kolben strömen, die Auslaßschlitze müssen jedoch dicht sein. Das Kolbenhemd ist zum besseren Gleiten mit einem oder mehreren Führungsringen versehen. Diese sind aus Grauguß mit, je nach Belastung, ein oder zwei eingelegten Bleibronzegleitringen ausgestattet. Gleiches ist an der Kolbenkrone anzutreffen. Diese ist erhöhten Belastungen ausgesetzt, neben der Gasdruckbelastung kommt die thermische Belastung hinzu. Bei größeren Kolbendurchmesser kann das Verhältnis bei 1:3 (Gasdruck zu thermisch) liegen. Die Belastung setzt sich bis in den Flansch der Kolbenstange fort und kann dort zum Reißen der Befestigungsschraubenführen. Sie sind als Dehnschrauben ausgeführt. Wenn aber bei ihnen der Dehnanteil zu kurz gewählt wurde, so kommt es zum Abriß durch die Formänderungsarbeit in der Kolbenkrone.
Die 2-Motoren sind generell als Langhuber ausgelegt, d.h., der Kolbenhub steht zum Kolbendurchmesser in einem Verhältnis von > 1:1. Motoren mit einem Verhältnis von <1:1 heißen Kurzhuber, stehen sie direkt im Verhältnis von 1:1 so sind sie quadratisch.
Um die thermische Belastung zu reduzieren sind die Kolben gekühlt. Bei einfachwirkenden 2-Taktern wurde hierzu Kühlwasser oder Öl benutzt, die doppeltewirkenden hatten überwirkend eine Ölkühlung. Früher war die Kolbenstange hohlgebohrt, über den Kreuzkopf bzw. am Kreuzkopf wurde das Öl über Gelenkrohre, Wasser über Posaunenrohre, die in Windkessel eintauchen, zu- und abgeführt. Die Ölkühlung hatte den Vorteil, daß bei Leckagen kein Wasser im Triebwerksraum austrat. Nachteilig ist jedoch die geringere Wärmekapazität des Öls zum Wasser (~50%) und der hierdurch bedingte höhere Kühlmittelumlauf. Als Vergleich hier die ungefähren Durchflußmengen im Kolben in l/PSeh für Wasser 9-12 und Öl 18-25. Das Kühlöl entstammt dem Umlaufölkreislauf, da diese Öle nicht so leicht verkoken.Bei den späteren einfachwirkenden Motoren erfolgt die Kühlwasserzuführung über separate Posaunenrohren. Hierbei fährt je ein Rohr für den Zu- bzw. Abfluß und am Kolbenbefestigt (zug-)posaunenartig in zwei stehende, am Zwischenboden festgeschraubte Rohre ein und aus. Die stehenden Rohre ragen dabei in den Triebwerksraum. Die Abdichtung zwischen den festen und den beweglichen Rohren übernehmen Posaunenrohrstopfbuchsen.
Die Kolbenkrone nimmt als Abdichtung des Verbrennungsraumes die Kolbenringe auf. Diese können aber auch in einem separaten Trägerkörper eingebracht werden. Die Anzahl beträgt zwischen 5 und 7, sie können ein- oder mehrteilig sein. Die Kolbenringe sind in Nute eingepaßt, hierbei haben sie Höhen- und Radialspiel (Höhenspiel 0,2-0,4 mm). Dieses Spiel bewirkt, daß der Gasdruck hinter den Ring gelangt und somit den Ring verstärkt an die Laufbuchse drückt. Dieser Druck ist beim 1. Ring am stärksten und schwächt sich zu den anderen Ringen hin ab. Gleichzeitig bewirkt der höhere Andruck, daß der Verschleiß beim obersten Ring am höchsten ist. Geringere Ringhöhen vermindern den Andruck und den Drosseleffekt zu den anderen Ringen, höhere Ringe verstärken beides. Hier ist also die Ringhöhenauswahl mitentscheidend für die Lebensdauer des obersten Ringes. An den Stößen sollte im kalten Zustand beim Einbau ein Stoßspiel vorhanden sein, je nach Durchmesser zwischen 2 und 5 mm. Früher war es üblich die oberen Ringe zu arretieren, dadurch wollte man ein Wandern der Stoßstelle in den Bereich der Ein- und Auslaßschlitze verhindern. Sollte dieses dennoch geschehen, kam es zu einem Aufspringen der Stöße und damit zum Brechen der Ringe.
Kolbenringe müssen an ihren Anlageflächen gebrochene Kantenhaben, scharfe Kanten führen zum Abstreifen des Schmierölfilmes, deshalb ist bei einem Kolbenringaustausch auch unbedingt die Vorgabe des Herstellers zum Einfahren der Maschine zu beachten. Die Ölabstreifringe sitzen gewöhnlich tiefer im Kolbenhemd.
Doppeltwirkende 2-Takter haben im Gegensatz zu den einfachwirkenden oben und unten jeweils eine Kolbenkrone, das Zwischenstück ist dementsprechend kurz ausgeführt. Auch hier soll das Kolbenhemd die Schlitzsteuerung übernehmen. Da die thermische Belastung hier noch höher ist, kommt der Kühlung eine wichtige Rolle zu. Das Kühlmittel wird hierbei durch die Kolbenstange zuerst in den oberen Kolbenteil geleitet, fließt von hier über ein Verbindungsrohr in den unter Kolbenteil und durchströmt diesen, anschließend steigt es wieder in die obere Krone auf, durchströmt ebenfalls diese und wird über die Kolbenstange nach unten abgeleitet. Neben Öl wurde auch hier Wasser als Kühlmittel eingesetzt. Zeitlich bewegen wir uns auch in einer Zeit, da Seewasser direkt zur Kühlung benutzt wurde. Bei Seewasserkühlung war zu beachten, daß das Wasser nicht über 45°C aufgewärmt wurde, da ansonsten bereits Salzablagerungen zu verzeichnen sind.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: t-geronimo am 30 Dezember 2015, 20:31:28
Wäre das, aufgepeppt vielleicht mit einigen Zeichnungen oder Fotos, nicht auch was für einen schönen Artikel im  --/>/> HMA (http://historisches-marinearchiv.de/sonstiges/sonstiges.php#Fachartikel)?  :O/Y
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Peter K. am 30 Dezember 2015, 22:25:45
... unbedingt!  top
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 31 Dezember 2015, 16:35:45
Fortsetzung:

8.   Zylinderdeckel
Bei der Konstruktion ist besonders Wert auf die Materialauswahl zu legen. Es tritt in den Deckeln eine Kombination von Wärme- und Druckspannungen auf, hier ähneln die Verhältnisse denen in den Kolbenkronen. Mit steigenden Zylinderdurchmessern wachsen die Druckbelastungen quadratisch und die Wärmebelastungen überproportional. So werden Lösungen mit zweiteiligen Deckeln gesucht, bei denen der untere Teil aus Stahlguß als Zylinderraumabschluß die thermische Belastung aufnimmt, der aufgeschraubte obere Teil die Druckbelastung. Lezterer kann deshalb aus Grauguß ausgeführt werden. MAN ging in diese Richtung. Die Kühlwasserüberleitungen vom Zylinder zum unteren Teil des Deckels werden hierbei durch seitlich angebrachte Rohrkrümmer erreicht. Der obere Teil blieb ungekühlt. FIAT ging einen anderen Weg und verbaute z.B. einteilige Stahlgußdeckel deren Kühlwasserzufuhr direkt vom Zylindermantel über Bohrungen erfolgte. Letzterer Deckel wird mit 24 Stiftschrauben (Stehbolzen) bei einem Zylinderdurchmesser von 750 mm gehalten. Das MAN-Beispiel hat bei 780 mm Durchmesser 12 Schrauben zur Verbindung mit dem Zylinder. Um diese Schrauben bzw. die Muttern zu lösen gab und gibt es verschiedene Methoden. Eine ist die der hydraulischen Längung. Hierbei wird auf das oben überstehende Stiftgewinde eine weitere Mutter aufgesetzt. Sie stützt sich über einen Hydraulikzylinder in Rohrform (dieser wird über die Befestigungsschraube gestülpt) auf dem Zylinderdeckelrand ab. Wird jetzt der Hydraulikzylinder aufgepumpt, drückt er die zweite Mutter nach oben und längt dabei den Stehbolzen. Diese Streckung reich aus, daß die Befestigungsmutter mit einem Dorn, die Mutter hat in jeder ihrer 6 Seitenfläche eine Bohrung, gelöst und dann von Hand abgeschraubt werden kann. Bei der Montage geht man genauso vor. Damit das richtige Anzugmoment erreicht wird, zieht man die Mutter handfest an und markiert die Stellung einer Schraubenseite mit Kreide auf dem Deckel, auf der Mutter wird eine zweite Markierung, um z.B. ¾ des Mutterumfangs zurück,aufgebracht. Wird der Stehbolzen jetzt hydraulisch gelängt, kann die Mutter so weit gedreht werden, daß beide Markierungen übereinanderstehen. Mit dem Lösen der Hydraulik sitzt die Mutter jetzt mit dem vorgegeben Drehmoment fest. Ähnlich verfährt man bei einem anderen Verfahren, jedoch längt man die Bolzen hier durch das Einschieben von Heizstäben in Bohrungen in den Bolzen direkt. Durch die Wärmedehnung sind die Muttern dann von Hand zu lösen. Die Montage wie oben beschrieben.
Wie bereits erwähnt, befinden sich in den Zylinderdeckeln die Einspritzdüsen, die Anlaßventile, die Sicherheitsventile und die Indikatorhähne, bei den doppeltwirkenden Motoren sind im unteren Deckel nur die Einspritzdüsen und die Sicherheitsventile. Die Sicherheitsventile sollen einen Überdruck im Zylinder verhindern, im engeren Sinne kann dieser Fall nur beim Anlassen auftreten. Hier kann es durch Fehlmanöver zu einer Ansammlung von Treibstoff führen, der dann explosionsartig verbrennt. Die Indikatorhähne sind zum Indizieren notwendig, durch Aufschrauben des Indikators können Leistungsbilder, sog. Bananen, gezogen werden. Um saubere ,,Bananen" zu erhalten, kann der Indikator an das Indiziergestänge angehängt werden, dadurch stimmt der zeitliche Ablauf mit der Kolbenbewegung überein
Hier vielleicht ein kleiner Ausflug in die Leistungskontrolle. Um die Motorenleistung und die einzelnen Zylinderleistungen zu ermitteln, steht als ,,Meßgerät" der Indikator zur Verfügung. Bei diesem wird ein Millimeterpapier auf eine Trommel gewickelt, ein Zeiger, der über eine federbelasteten Feder in senkrechter Richtung bewegt wird, zeichnet den Druckverlauf im Zylinder auf. Dreht sich die Trommel dabei im Sinne der Kolbenbewegung nach links bzw. rechts, so entsteht ein Bild, das an eine liegende Banane erinnert. Wird nun die Fläche in der Banane bestimmt, mathematisch integriert man die beiden Kurven und zieht die untere Fläche von der oberen ab. In der Praxis benutzt man dazu ein Planimeter. Berücksichtigt man nun die Diagrammlänge und die Federkonstante des Indikators, so kann man mit
Pi = mAi/l     pi als mittlerer innerer Druck, m Federkonstante, Ai indizierte Fläche, l Diagrammlänge
FG,m = piAK  mit FG,m als mittlere Gaskraft, und AK als Kolbenfläche
Wi = FG,ms  mit Wi als innere Arbeit, s als Kolbenweg
Pi = AK s pi n z / 102* 60  mit Pi als Innenleistung, n als Drehzahl und z als Zylinderzahl
die Innenleistung des Motors bestimmen.
Wichtig sind hierbei weniger die Gesamtwerte, sondern eher die Werte der einzelnen Zylinder untereinander. Daneben gibt es heute natürlich ständige Überwachungsanlagen, früher nahm man dazu die sog. Abgasmittelwertanlage, diese konnte bei  größerer Abweichung die Maschine automatisch reduzieren. Heute ist sie in den Hintergrund gedrängt.
9.   Einspritzdüse und Brennstoffversorgung
Zu den wichtigsten Bauteilen eines Dieselmotors gehören die Einspritzdüsen. Ihre Aufgabe besteht darin, den unter hohen Druck zugeführten Brennstoff in feinste, nebelartige Tröpfchen zu zerstäuben. Gleichzeitig soll dieser Nebel möglichst gleichmäßig auf den komprimierten Luftinhalt im Brennraum verteilt werden. Hierzu ist es notwendig, daß der Einspritzvorgang nicht schleichend, sondern schlagartig ein-und aussetzt.Jedes langsame Beenden oder gar Nachtropfen verschlechtert die Verbrennung entscheidend, bewirkt eine Verschlechterung des Schmierölfilms an den Zylinderwänden und trägt zu einer verstärkten Abnutzung bei. Unverbrannter Brennstoff ruft auch Verkokungen, insbesondere an den Kolbenringen hervor. Tropfende Düsen sind auch von außen sichtbar, der Schornstein sondert eine starke Rauchwolke ab.Deshalb ging man von den offenen Düsen, hier erfolgte die Einspritzung durch Druckluft, zu den federbelasten Nadelventilen über. Hierbei wird die Nadel durch den Brennstoff erst bei Überschreitung eines bestimmten Druckes geöffnet, sinkt der Brennstoffdruck unter diesen Mindestdruck, so schließt die Nadel wieder.Im Laufe der Zeit steigerten sich die Einspritzdrücke von unter 100 bar bis heute von über 1.000 bar. Bei größeren Dieselmotoren ist, um die Verkokung der Düsenbohrungen zu verhindern, eine Kühlung unumgänglich. Zur Düsenkühlung kann Wasser, Umlauföl oder Brennstoff genutzt werden. Wie schon oben beschrieben, hat Wasser die höchste Wärmekapazität, Umlauföle können durch Leckagen verschmutzen und somit schleichend unbrauchbar werden. Bei der Brennstoffkühlung ist eine separate Umlaufpumpe notwendig, allerdings wird diese Lösung mit dem Einsatz von Schweröl unmöglich. Die abzuführende Wärmemenge liegt bei 2 – 6 kcal/PSeh, aufgeladene Motoren führen prozentual weniger Wärme ab, hier kann der Wert auf 1 kcal/PSeh sinken.
Man konnte die Düsenlochquerschnitte zwar annähernd berechnen, aber die empirische Ermittlung stand damals im Vordergrund. So wurden und werden Düsen mit 6 -10 Bohrungen mit Durchmesser < 1mm gewählt. Der Nadelhub bewegt sich um 1 -1,4 mm. Heutige Großdiesel besitzen, da sie mit Auslaßventilen versehen sind, asymmetrischeDüsenköpfe. Unter den Einspritzsystemen hatte in den 20er/30er- Jahren  das 1918 zum Patent angemeldete Archaouloff-Verfahren (Krupp-Germaniawerft) eine gewisse Bedeutung. Hierbei wird in der Einspritzpumpe der Gasdruck aus dem Zylinder zur Brennstofförderung benutzt. Um bei niedrigen Drehzahlen, hier reichte der Zylinderdruck nicht zur Förderung aus, trotzdem den Brennstoff einspritzen zu können, hatten die Archaouloff-Düsen einen oberhalb angebrachten Entlastungszylinder. Dieser wurde vom Bedienungsstand beim Legen des Anlaßhebels zwangsläufig mitbetätigt. Da dieser Hebel unabhängig von der Füllungssteuerung war, konnte z.B. durch eine Betätigung bei schlechten Brennstoffen der Einspritzzeitpunkt nach vorne verlegt werden.
Bereits zu Beginn der 20er Jahre versuchte man sich an einem sog. Akkumulierungsverfahren. Hier wurde der Brennstoff durch eine oder mehrere Pumpen in einen ,,Aufnehmer" gefördert. Dieser ,,Aufnehmer" besaß ein Überström- und Sicherheitsventil sowieSteuerorgane, welche die notwendige Brennstoffmenge den Einspritzdüsen zuleitete. Der Vorteil lag darin, daß die Pumpen mit ihrer hohen Kraftaufnahme in der Nähe der Kurbelwelle sitzen konnten, das Steuerorgan aber mit kurzer Förderleitung nahe der Einspritzdüse. Heute bezeichnet man so etwas als Commonrail-Verfahren und baut es in fast jedes Auto, aber auch Großdiesel, ein.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: bodrog am 31 Dezember 2015, 16:55:23
die sog. Posaunen hätte ich mal gern als Bild, da von Problemen davon schon immer während des WK I bei den U-Booten berichtet wird - ich aber keine rechte Vorstellung davon habe....
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 31 Dezember 2015, 17:08:01
Zitat von: bodrog am 31 Dezember 2015, 16:55:23
die sog. Posaunen hätte ich mal gern als Bild, da von Problemen davon schon immer während des WK I bei den U-Booten berichtet wird - ich aber keine rechte Vorstellung davon habe....
Waren die Motoren nicht 4-Takt-Tauchkolbenmotoren, also ohne Kreuzkopf?
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: olpe am 02 Januar 2016, 17:58:41
Hallo,
kleiner Blick in eine Dokumentation über Wätsilä- bzw. Sulzer Schiffsdieselmotoren (Fertigung und Einsatz) ... passend zum thread-Thema ...  :-)

Schiffsmotoren – Meeresgiganten im Zweitakt - Dokumentation von NZZ Format (2006) (https://www.youtube.com/watch?v=_XWwJ24mL9g)

Auch interessant:
Das Gießen eines Schiffsdieselmotorblockes bei MAN Diesel & Turbo, Augsburg (https://www.youtube.com/watch?v=4VqxaaVSHk4)

Beides recht sehenswert ...
Grüsse
OLPE
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 03 Januar 2016, 17:26:36
Fortsetzung:

Um die notwendigen Einspritzdrücke und die jeweiligen Einspritzmengen in den Düsen zu erzeugen bzw. zu befördern werden Einspritzpumpen benötigt. Dieses sind Kolbenpumpen die seitlich am Motor angebracht sind. Der Antrieb erfolgt über eine Steuer- (Nocken)welle. Je nach Ausführung wird diese Steuerwelle auch für die Steuerung  der Anlaßventile, und bei 2-Taktern mit Auslaßventil sowie bei 4-Taktern für die Ventilsteuerung benutzt.Gleichfalls wurde sie zum Antrieb der Nachladeschieber verwendet. Die Nockenwelle kann über ein Zahnradgetriebe oder eine Steuerkette von der Kurbelwelle aus angetrieben werden. Für die Positionierung dieser Antriebe gibt es keine Vorgaben, aber gewöhnlich werden die Abtriebsseite des Motors oder bei Großdiesel auch eine Mittellage, z.B. bei einem 8 Zylinder-Motor zwischen Zylinder 4 und 5, gewählt. Für die Wahl, ob Getriebe oder Steuerkette, ist der Abstand zur Kurbelwelle maßgebend. Liegt die Nockenwelle relativ niedrig, so wird eher ein Getriebe verwendet.
Die Einspritzpumpen werden einzeln, paarweise oder in Blockform ausgeführt. Im Prinzip arbeitet ein Kolben (Plunger) in einem Zylinder. Der volle Hub entspricht der 2 – 3-fachen Normalbrennstoffmenge, zu bedenken ist allerdings, daß die Einspritzdauer nur etwa 20 – 45° Kurbelwinkel entspricht. Um eine Vorstellung der Zeiten zu erhalten, hier eine Berechnung:
Gegeben sei ein Mittelschnelläufer mit n = 600 U/min und einem Einspritzwinkel αE = 40° Kurbelwinkel

Einspritzzeit tE =Einspritzwinkel αE° /360° * Drehzahl n = 40° min / 360° * 600 = 40° * 60s / 360° * 600 = 0,011s

Die Einspritzdrücke wurden mit der steigenden Motorenleistung ebenfalls laufend erhöht. Der Zusammenhang erklärt sich aus der größeren Brennstoffmenge, Um diese zu einer guten Verbrennung zu führen muß die Vernebelung durch die Düsen gleichgehalten oder verbessert werden. Da auch die Zylinderdurchmesser stiegen, bleibt nur noch eine Druckerhöhung um den Brennstoffstrahl diesem anzupassen. Die geforderte Leistung für diese Pumpleistung läßt sich aus folgender Formel ermitteln:

Np = 15*d2*p*v /108 in PS.

Hierbei ist Np = Antriebsleistung der Pumpe, d = Durchmesser des Plungers, p = Druck in der Kraftstoffpumpe in kg/cm2 und v = Geschwindigkeit des Plungers in mm/sec.

Werden hier Zahlen eingesetzt, so findet man einen Leistungsbedarf der gesamten Steuerwelle von 3 – 6 % der Motorleistung. Gleichzeitig ergeben sie  nach der folgenden Gleichung für den Durchmesser der Steuerwelle:

dst = 154* 3. Wurzel aus (Nres/n) in mm.

Hierbei ist Nres die resultierende Leistung der angetriebenen Elemente in ihrer zeitlichen Reihenfolge, bzw. deren Überschneidung. Die max. zulässige Torsionsspannung von τmax = 100 kg/cm² ist in der Gleichung bereits berücksichtigt.
An dieser Stelle möchte ich eine kurze Betrachtung der Frage Getriebe oder Steuerkette einfügen. Damit verlassen wir zwar etwas den Bereich der Einspritzpumpen, aber es treten dabei allgemeingültige Aussagen auf, die im Zusammenhang mit evtl. Getriebebetrachtungen von Nutzen sein können.
Zahnradgetriebe halten ihre Genauigkeit auch bei längeren Laufzeiten, Ketten längen sich dagegen, Ketten können wiederum größere Abstände überbrücken. Entscheidet man sich für ein Getriebe, so sind in diesem die Zähne auf Biegung und Flächenpressung berechnet werden. Bei Graugußrädern kommt hauptsächlich die Biegung, bei Stahlräder die Flächenpressung in betracht, allerdings sollten sie auch auf Biegung kontrolliert werden. Hierzu wird die sog. Bachsche Formel verwendet:

σb = P / α*b*t in kg/cm²

mit σb = Biegespannung, P = Umfangskraft, α = Abhängigkeitswert aus Zähnezahl des großen und kleinen Zahnrades 0,07 -0,2, b = Zahnbreite und t = Teilung

durch Umformung erhält man die Gleichung für den Modul m in mm:

m= 2,4*106*Nres / α*b*v*σb*ή 

mit Nres = resultierende Normalkraft an der Zahnflanke kg, v = Umfangsgeschwindigkeit in mm/sec und ή = Anzahl der gesamten Eingriffsstellen im gesamten Zahnradtrieb, je Eingriffsstelle = 0,99

Jetzt kann man aus der errechneten Spannung und der Umfangsgeschwindigkeit über Diagramme den zugehörigen Werkstoff ermitteln. Der Modul m gibt uns die Möglichkeit zur Festlegung der fehlenden Zahnradabmessungen.
Für die Flächenpressung gibt es folgende Gleichung:

σ = 18,5 *106* Wurzel aus (Nres*(i+1)/b*n*ή*i)  / dt in kg/cm²

i = Übersetzungsverhältnis und dt = Teilkreisdurchmesser

für schrägverzahnte Räder gilt allerdings:

ts = t / cos β  für die Teilung und bs = b / cos β mit dem Zahnwinkel β.

Hieraus läßt sich ableiten, daß kleinere, schräge Zähne besser sind als große, gerade. Von der Herstellung sind sie einfacher herzustellen und laufen ruhiger, nachteilig ist aber die axiale auftretende Kraft.
Bei dem Kettentrieb geht man von der zu übertragenden Leistung und der Drehzahl aus, die anderen Daten ergeben sich aus Nomogramme der Hersteller. Wichtiger sind hier fast die konstruktiven ,,Eigenheiten". So ist die Kette vor dem Auflaufen des unteren Ketterads von der Innenseite zwischen den Laschen intensiv zu schmiert. Dieses geschieht durch das Aufspritzen von Drucköl, für jede Laschenseite separat, also bei einer einfach Kette mit zweien, bei einer Doppelkette mit dreien usw. Nach Herstellerangaben ist von 10, 20 oder 30 l/h und  je Zoll Kettenteilung bei den 1-, 2- und 3-fach Ketten auszugehen. Dieses sind aber mindest Mengen, in der Praxis nahm man noch einmal das 3-fache.
Die Kettenräder sollten möglichst groß gewählt werden, 19 Zähne geben scho ein Minimum vor, bei den Teilungen sollten Primzahlräder gewählt werden, dieses vermeidet die Übernahme von Motorschwingungen und bietet keinen Resonanzmasse. Als Umschlingungswinkel galten für das Treibrad 120°, für das getrieben 90° und für Spannrollen 45°. Die Kettenlänge sollte das Mehrfache zweier Kettenteilungen sein, also keine ungerade Anzahl der Glieder. Die Kettenräder müssen fluchten, die Spannrollen müssen so angeordnet sein, das ein phasengleicher Lauf zwischen An- und Abtriebsräder auch bei der noch zulässigen Längung von <zweier Kettengliederlänge erreicht wird.
Soweit die Exkursion in die Getriebefrage und nun zurück zu den Einspritzpumpen. Um dem jeweiligen Lastzustand gerecht zu werden, muß die Fördermenge geregelt werden. Hierzu hatten sich 4 Verfahren herausgebildet. Die, auch heute, allgemein genutzte Regelung ist die Drehstempel- oder Schrägschlitzüberströmregelung. Weiterhin gibt/gab es die Regelung durch Saug- und Überströmventile (auch beide gemeinsam), und in seltenen Fällen die Regelung durch Veränderung des Stempelhubes. Neben der Menge ist bei Drehzahländerungen auch der Einspritzzeitpunkt zu regeln. Wird bei Drehzahlreduzierungen der Zeitpunkt nicht reduziert, so kommt es zur verfrühten Einspritzung und dem entsprechend zu einer ungewünschten Verbrennung. Hierzu gibt es die Möglichkeit bei der Ventilsteuerung die Zeiten zu ändern bzw. bei der Drehstempelregelung die Ausführung der oberen Kante des Pumpenstempels als Kurve.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 06 Januar 2016, 13:11:52
Fortsetzung:

1.   Brennstoffe
Leider zeigte sich bei den Brennstoffen in der geschichtlichen Entwicklung keine einheitliche Bezeichnung ab, es ging sogar soweit, daß für verschiedene Brennstoffe im Laufe der Zeit gleiche Namen verwendet wurden. Was heute als Heizöl oder Diesel bezeichnet wird, wurde früher als Gasöl eingesetzt, das damalige Heizöl läuft heute unter Schweröl und das ehemalige Dieselöl ist heute der Marinediesel. So kann man die damaligen Brennstoffe wohl am besten nach Herkunft und unterem Heizwert Hu unterscheiden.

Mineralische Öle:
1.   Gasöl (Dieselkraftstoff): Destillat aus Erdöl, spez. Gew. = 0,83-0,85, Hu = 10.150 kcal/kg
2.   Dieselöl (Marinediesel): Mischung aus Gasöl und Rückständen, spez. Gew. = 0.86-0,92, Hu = 10.050 kcal/kg
3.   Heizöl (Schweröle bzw. Rückstandsöle): spez. Gew. bis 0,97, Hu < 9.800 kcal/kg

Schieferöle:
Produkte der Ölschieferdestillation, Hu ~ 10.000 kcal/kg
Teeröle:
1.   Braunkohleteeröl, Destillat aus Braunkohleteer, Hu = 9.800 kcal/kg
2.   Steinkohleteeröl, Destillat aus Steinkohlenteer, Hu = 9.000 kcal/kg, nur bedingt in Dieselmotoren einsetzbar

Pflanzenöle

Synthetische Öle:
Sie sind gasölartig, nach Fischer-Tropsch- oder I.G.-Farben-Verfahren hergestellt. Teilweise besser als Gasöle, Hu = 10.500 kcal/kg

Wichtig ist auch die Frage der Viskosität, höher viskose Brennstoffe müssen beheizt werden, dieses geht vom Bunkertank bis zu den Einspritzpumpen und den Einspritzdüsen. Daneben sind korrodierende Wirkungen der Brennstoffe ein wichtiger Faktor, so mußte z.B. bei der (seltenen) Verwendung von Steinkohleteeröl, alle Teile der Einspritzanlage aus korrosionsfestem Werkstoff hergestellt werden.

Das spez. Gewicht bzw die Dichte ρ kann überschlägig in einer Zahlenwertgleichung zur Bestimmung des Heizwertes herangezogen werden. Da wäre in kJ (4,1868 Kilojoule = 1 kcal oder 1 kJ = 0,239 kcal):

H = 27.600 kJ/kg + (12.550 kJ/dm³ / ρ)  in kJ/kg

Eine Beispielrechnung mit ρ = 0,87 kg/dm³ soll den Heizwert H zeigen:

H = 27.600 kJ/kg + (12.550 kJ/dm³ / 0,87 kg/dm³) = 27.600 kJ/kg + 14.280 kJ/kg = 41.880 kJ/kg

Neben der Dicht spielt die Temperatur auch eine Rolle, bei den temperierten Schwerölen eher als bei Dieselöl, aber es ist schon beim Bunkern ein wichtiger Faktor. Die Dichte wird auf 15°C bezogen, ist jetzt das Bunkeröl wärmer oder kälter, so wird pro Grad als Mittelwert 0,0007 kg/dm³  (bzw. t/m³) hinzugezählt oder abgezogen.
Hier ein Beispiel mit folgenden Vorgaben:

Es werden 2.000 m² Brennstoff mit 32°C gebunkert. Die Dichte bei 20°C gibt die Bunkerbarge mit ρ20°C = 0,85 t/m³ an. Wieviel Tonnen werden infolge der höheren Temperatur weniger gebunkert bzw. zuviel bezahlt?

Ρ32°C = ρ20°C – ((32°C – 20°C) / °C) * 0,007/ t/m³ = 0,85 t/m³ - 0,0084 t/m³ ≈ 0.841 t/m³

==>   m =  V (ρ20°C – ρ32°C) = 2.000 m³ * 0.0084 t/m³ = 16,8 t

Wird jetzt die Tonne Schweröl mit 700 US-$ angesetzt, so bezahlt der Reeder/Charterer 11.760 US-$ zuviel. Das Problem liegt auch darin, daß die Bunkerbarge bzw. die Bunkerstation einem die Abgabemenge in m³ mitteilt, man aber selber durch das Peilen und den Tanktabellen meistens die Werte in t erhält. Den Chief Mate interessieren auch mehr die t als die m³ - Angaben bei der Stabilitätsberechnung.

Vielleicht sollte an dieser Stelle einmal der Brennstoffweg an Bord beschrieben werden? Dieses Thema hat zwar nicht direkt etwas mit den Motoren zu tun, könnte aber trotzdem von Interesse sein.  Die Bunker, jetzt auf Frachtschiffe bezogen, befinden sich in Doppelböden unter den Laderäumen und in Seitentanks im Maschinenraum. Hierbei gibt es eine Regel des GL (Germanischer Lloyd), daß bei seegängigen Schiffen ca. 10 % der Bunkermenge in einer Zulaufhöhe zur Maschine sein muß. Damit soll in Notfällen immer noch ein gewisser Brennstoffvorrat abgesichert sein. Die Doppelbodentanks sind zuerst aufzubrauchen, hiermit versucht man die Gefahren bei Kollisionen oder Grundberührungen zu vermindern. Sollte aus irgendwelchen Gründen hiervon abgewichen werden und auf die Hochtanks zu gegriffen werden, so sind, sobald wie möglich, durch umpumpen letztere wieder aufzufüllen. Für die Tankheizung bei Schweröl setzt man ≈ 0,1 m² Heizfläche / 1 m³ Tankvolumen in den Doppelböden und ≈ 0,07 m² in den Hochbunkern an.

Vom Bunkertank wird der Brennstoff in den Setztank umgepumpt. Hier soll sich, wie der Name schon sagt, der Brennstoff und die darin enthaltenen Verunreinigungen setzen. Insbesondere soll sich hier Wasser ausscheiden. Die Größe des Tanks entspricht in etwa einem Tagesbedarf. Von hier aus geht der Brennstoff über den/die Separatoren in den Tagestank. Gewöhnlich gibt es hiervon zwei, sie werden wechselseitig benutzt. Die Separatoren laufen im Hand- oder Automatikbetrieb. In ihnen läuft der Brennstoff über sich schnell drehende Blechtellerpakete (in Kegelstumpfform) Dabei wird das schwerere Wasser und der Schmutz nach außengeschleudert. Damit sich hier eine Trennung ergibt, ist in einem äußeren Ring ein sog. Wasserschloß, quasi ein Wasserring. Der Brennstoff steigt nach oben und läuft aus dem Separator heraus, das Wasserschloß wird mit dem ausgeschleuderten Wasser aus dem Brennstoff und dem Schmutz in regelmäßigen Abständen seitlich entleert, bzw. der Separator wird ,,abgeschossen". Vorher ist die Brennstoffzufuhr unterbrochen worden, nach dem Abschießen und dem Neuaufbau des Wasserschlosses wird die Brennstoffzufuhr wieder geöffnet. Der Separator übernimmt auch gleichzeitig die Umpumpfunktion zu den Tagestanks. Der Separator kann durchlaufen, ein evtl. Überlauf der Tagestanks geht zurück in den Setztank. Im Schwerölbetrieb sind die Tanks und die Leitungen beheizt, da bei den Schwerölen die Dichte nahe bei 1 oder sogar etwas darüber liegt, gibt es für letztere Fälle Separatoren, deren Wasserschloß aus Salzwasser mit einer höheren Dichte besteht. Vom Tagestank gelangt der Brennstoff, bei Schweröl zusätzlich über einen Viskosimaten und einem Vorwärmer, durch Brennstoffzubringerpumpen (Boosterpumpen) zu den Einspritzpumpen. Hier ist der Druck so zu wählen, daß beim Ansaugen der Einspritzpumpenplunger und den dadurch erzeugten Druckabfall ein genügend hoher Druck vorherrscht, da es insbesondere im Schwerölbetrieb sonst zu Ausgasungen aus dem Brennstoff führen kann.

Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 07 Januar 2016, 13:10:23
Fortsetzung:

Neben dem Schweröleinsatz kommt auch der Marinediesel zur Verwendung. Da dieses eine Mischung aus Gasöl, dem heutigen Diesel und Rückständen, also salopp gesagt, dreckiger Diesel ist, muß er auch durch einen Separator oder eine Filteranlage behandelt werden. Der Separator ist ähnlich aufgebaut wie der für Schweröl, da Marinediesel allerdings nicht beheizt wird und auch von der Dichte und der Viskosität niedriger liegt, ist insgesamt der Aufbau kleiner und leichter. Hier wird allerdings auch vom Bunker über den Setztank in den Tagestank gearbeitet. Gewöhnlich liefen die HD (Hilfsdiesel zur Stromerzeugung) mit Marinediesel, die HM (Hauptmaschine) nur während der Revier- und Manöverfahrt. Letzteres versuchte man durch einen Pier-zu-Pier-Schweröl-Betrieb abzulösen, allerdings hat die Gesetzgebung in vielen Teilen der Welt den Marinediesel wieder zurückgebracht. So ist die Forderung nach schwefelfreien Abgasen zum Teil nur durch den Einsatz von Marinediesel zu erfüllen.
Wird jetzt der Mischbetrieb durchgeführt, so ist zu berücksichtigen, daß Schweröle Einspritztemperaturen von > 140°C erfordern können, Marinediesel dagegen bei ,,Raumtemperatur" läuft. Die Umstellung kann also nicht plötzlich erfolgen, die Einspritzpumpen machen solche Temperatursprünge nicht mit. Deshalb gibt es ein Ende der ,,Seereise", dieses ist zeitlich der Moment, da von Schweröl auf Marinediesel umgestellt wird, sozusagen ein verwaltungstechnischer Akt mit Auswirkung auf den Maschinenbetrieb. Er hatte allerdings noch eine finanzielle Komponente, manche Charterverträge schlossen nur den Schwerölverbrauch mit ein, der Marinedieselverbrauch ging also zu Lasten der Reederei. Evtl. gibt es heute noch ähnliche Verträge, aber da stecke ich nicht in der Materie. Nach der Seereise folgte die Revierfahrt, die letztendlich mit der Manöverfahrt an der Pier ihr Ende fand. Das ,,Ende der Reise" und das ,,Maschine fertig" wird im Tagebuch vermerkt, die dann jeweils aktuellen Tankpeilstände ebenfalls (s. Charterverträge).
Die Manöverfahrt und das An- und Ablegemanöver zeichnet sich auch durch diverse Anlaß- und Umsteuervorgänge der HM aus. Deshalb soll es damit weitergehen.

11.   Anlaßluftventil und Anlaßvorgang

Wie bereits erwähnt, sitzen in den Zylinderdeckel auch die Anlaßventile. Bei den doppeltwirkenden 2-Taktern nur im oberen Deckel. Zum Anlassen wird Druckluft benötigt. Diese wird über Kompressoren erzeugt. Es gab auch in früheren Zeiten die Lösung das Verdichtete Luft aus den Zylindern genommen und gespeichert wurde, wir wollen uns aber auf die ,,modernere" Variante beschränken. Die Druckluft wird in Druckluftflaschen bzw. -behälter gespeichert. Die Kapazität dieser Flaschen/Behälter wird von den Klassifizierungsgesellschaften vorgegeben. So schreibt der GL 12 kombinierte, aufeinanderfolgende Umsteuer- und Anlaßvorgänge für jede HM vor. Der max. Anlaßdruck beträgt 30 bar, der minimale 9 bar. Ist der Druck in den Flaschen höher als 30 bar, ist ein Druckminderventil vorgeschrieben. Der Luftvorrat soll mindesten auf 2 Luftbehälter verteilt werden, ebenfalls muß mindestens ein Luftverdichter von der HM unabhängig sein und >50 % der Menge erzeugen. Die Kapazität der Verdichter ist so auszulegen, daß sie die Luftbehälter innerhalb einer Stunde vom atmosphärischen Druck auf den Behälterenddruck bringen können. Es sind mindestens 2 Luftverdichter vorzusehen. Werden Mehrmotorenanlage von den Luftbehälter versorgt, so kann, nach Abstimmung mit dem GL, von den 12 Anlaßvorgängen/Motor abgewichen werden. Für nichtumsteuerbare Motoren mit Verstellpropeller, bei denen ein Anlassen ohne Gegendrehmoment möglich ist, müssen mindestens 6 Anlaßvorgänge möglich sein. Werden HD, pneumatische Steuer- und Reguliereinheiten bzw. die Typhonanlage aus den Hauptanlaßluftbehältern mit Luft versorgt, so sind diese Verbräuche entsprechend zu berücksichtigen. Für HD gilt, daß bei ihnen mindestens 3 Anlaßvorgänge gefordert werden.
Wer sich eingehender mit den Vorschriften befassen mag, möchte auf die

,,GL-Vorschrift I Schiffstechnik, Teil  Seeschiffahrt, Kapitel 2 Maschinenanlagen, Abschnitt 2 Verbrennungsmotorenanlagen und Luftverdichter, Unterabschnitt H2 Anlassen mit Druckluft"

verweisen. Hier ist auch eine Formel zum überschlägigen Errechnen des Anlaßluftvorrats angegeben. Davon abweichend kann der Motorenhersteller andere (höhere) Vorgaben machen. So nannte z.B. MAN/B&W für seinen Motor L 90 GB (er wurde um 1980 gebaut) bei 9 Zylindern 27 m³ für 16 Anlaßvorgänge. Weiterhin sind 2 Kompressoren mit je 405 m³/h gefordert. Sollte dieser Motor in der nichtumsteuerbaren Version eingebaut werden, reduzieren sich die Daten auf 18 m³ bei 8 Starts sowie 2 Kompressoren mit je 270 m³/h.

Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 12 Januar 2016, 16:18:29
Fortsetzung:

Der Anlaßvorgang und evtl. Umsteuermanöver unter anderem zum Klarmachen der Maschine. Normalerweise ist die ,,Seereise" gekennzeichnet durch konstante Drehzahlen. Irgendwelche Manöver werden nicht gefahren, bzw. gehören zu bestimmten Sicherheitsübungen. Ich erinnere mich an die Strecke Dakar/Senegal – Kapstadt mit 105 U/min (es war ein 9 Zyl.-MAN-2-Takter) 10 Tage lang mit gleichem Kurs (es waren wohl 168°). Wenn die Maschine klargemacht wird, ist das Hauptanlaßluftventil am Notfahrstand der HM zu öffnen. In früheren Zeiten war es der reguläre Fahrstand. Damals war das Anlassen auch eine Frage des Könnens und der Erfahrung. So besaßen und besitzen die umsteuerbaren Motoren auf jedem Zylinder ein Anlaßluftventil.  Evtl. waren diese in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei dann nur eine Gruppe angelassen wurde.  Der Motorregler war auf Füllung gestellt und nach dem ,,Anspringen" des Motors wurde dann die 2. Gruppe dazu geschaltet. Durch diese Schaltung sparte man Anlaßluft. Allerdings wird in der Literatur darauf hingewiesen, daß es von der Geschicklichkeit des Bedieners abhing, ob die richtigen Schaltzeitpunkte und die  Höhe der Füllung auch erwischt wurden. Den angekuppelte Kompressor brachte man sofort nach dem Anlassen auf volle Leistung, alleine reicht dessen Leistung bei rasch aufeinanderfolgenden Manövern aber unter Umständen nicht aus. Deshalb war auch hier die Geschicklichkeit, mit der die Manöver ausgeführt wurden, für die mögliche Anzahl von Anlaßvorgängen entscheidend. Damit der Bediener auch die gewünschte Fahrstufe und auch die Drehrichtung wußte, gab es den Maschinentelegraphen. Auf der Brücke wurde das Kommando mit einem Hebelgriff eingestellt, dieses zeigte dann ein Zeiger auf dem Gegenapparat im Maschineraum an. Der Bediener quittierte dieses Kommando mit seinem Hebel, was dann als Zeigerstellung auf dem Brückentelegraphen erschien. Wenn ich Bediener schreibe, so waren es wohl der wachhabende Ingenieur und sein Ing.-Assi. Wie die Maschinenbesatzung bei der Marine aussah, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Automatikbetrieb macht so etwas überflüssig. Je nach Maschine wird hier z.B. im Maschinenkontrollraum (MKR) der Füllungshebel auf ,,max." und der Telegraph auf ,,Automatik" gestellt um dem Brückentelegraph den direkten Zugriff zu geben.

Früher versah man aus ähnlichen Einsparungsgründen umsteuerbare 2-Takter ab 10 Zylinder nur bei der Hälfte der Zylinder mit Anlaßventilen, dennoch hatte man auch hier die Möglichkeit den Rest der Zylinder sofort mit Kraftstoff zu versorgen.

Störungen beim Anlassen traten auch auf, so brachten Klemmer des Anlaßventils in geöffneter Stellung teilweise die Maschine zum Pendeln. Das nachfolgende Ventil versuchte ja die Maschine weiterzudrehen, schaffte es aber nicht gegen den ,,Klemmer". Neben starken Geräuschen durch die ausströmende Luft konnten auch die Sicherheitsventile abblasen. Bei kalten Motoren oder Undichtigkeiten an den Kolbenringen passierte es, daß die Zündtemperatur nicht erreicht wurde und damit die Maschine nicht ansprang.

Bei angehängten Kühlwasserpumpen waren diese nach dem Anspringen zum Ansaugen zu bringen, bei angehängten Schmierölpumpen mußten die Drücke kontrolliert werden.

Die Anlaßventile wurden über die Anlaßluftleitung vom Hauptanlaßventil mit der Druckluft versorgt, die Steuerung erfolgte aber über Anlaßsteuerventile. Diese konnten auf der Nockenwelle oder in einem sog. Anlaßsteuerstern sitzen. Wird der Motor von seinem Bedienungsstand und nicht vom MKR gefahren, so ist in den Stellungen ,,Stop" oder ,,Betrieb" des Bedienungshandrades kein Anlassen möglich. In diesen Stellungen ist das System gegenüber der Atmosphäre entlüftet. Wird das Handrad auf ,,Anlassen" gedreht, so kann über die Position der Nocken auf der Steuerwelle oder der Nockenscheibe im Steuerstern das betreffende Anlaßventil angesteuert und geöffnet werden. Die Nocken sind in der Regel Negativnocken, also abgeflacht bzw. ausgespart. Der Anlaßvorgang beging in dem Kolben, der kurz hinter oT steht und wird über den Arbeitshub ausgeführt. Die Zylinderbeaufschlagung entspricht ~140° Kurbelwinkel, hierbei ist die Steuerung des nachfolgenden Kolbens so angelegt, daß ca. 10° Überschneidung vorliegen. Damit wird ein sicheres Anlaufen in jeder Kolbenstellung erreicht. Im Steuerstern sind die Anschlüsse für die Steuerluft entsprechend der Zündfolge des Motors angeordnet. Der Steuerstern wird über eine stehende Welle gedreht, die von der Steuerwelle über ein Kegelradgetriebe, ähnlich eines gesperrten Differentials beim Auto, angetrieben wird. Bei früheren Motoren war dieses Kegelradpaar schwenkbar angebracht, so daß beim Umsteuern der Maschine nur das Getriebe in die neue Position gebracht werden mußte.

Das Umsteuern der Motoren ist, sofern keine Wendegetriebe vorhanden sind, zur Rückwärtsfahrt notwendig. Hierzu müssen die Einspritzpumpen, die Anlaßventilsteuerung, und bei 2-Taktern mit Auslaßventile, diese in der entgegengesetzten Drehrichtung betrieben werden. Das geschieht durch das Verschieben der Steuerwelle in axialer Richtung. Auf der Steuerwelle ist jede Steuernocke paarweise ausgeführt, der entsprechenden Drehrichtung jedoch versetzt.

In dem Anlaßluftsystem ist ein Sicherungsschalter am Schaltwerk (Törnmaschine) eingebaut, der ein Anlassen bei eingerückter Törnmaschine verhindert. Ebenso sitzt als Überdrehzahlsicherung ein Sicherheitsregler an der Regulierwelle der Einspritzpumpen. Hierbei handelt es sich um einen servounterstützten Fliehkraftregler, der bei 10 %iger Überschreitung der Drehzahl, die Füllung verringert. Ursache der Drehzahlüberschreitung ist das teilweise oder vollständige Austauchen des Propellers bei Seegang.


Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 19 Januar 2016, 12:41:34
Fortsetzung:

12.   Kurbelwelle

Das wichtigste Bauteil eines Dieselmotors ist die Kurbelwelle. Eine Beschädigung dieser Welle hätte weitreichende Folgen, sie gingen mit einer Komplettdemontage des Motors einher. Ein Bruch der Kurbelwelle ist fast immer mit einem Totalschaden verbunden. Um die Risiken solcher Schäden zu minimieren, werden von den Klassifizierungsgesellschaften sehr detaillierte Vorschriften über die Abmessungen und Werkstoffe der einzusetzenden Wellen herausgegeben. Hierbei kann es durch Abweichungen zwischen den Vorschriften zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, aber gewöhnlich lassen sich die Wellen so dimensionieren, daß sie allen Vorgaben entsprechen. Als Beispiel möchte ich die Vorgaben aus den 60er Jahren des GL aufführen. Zusätzlich möchte ich auf die heutige GL-Vorschrift VI – 4 – 2 Rules for Classification and Construction, Additional Rules and Guidlines, Calculation of Crankshafts for Internal Combustion Engines hinweisen.

dk = (D² ((H*1,2*pme/α) + (L*pz/650)) * C1*Cw)1/3  in cm.

dk = Kurbelwellendurchmesser in cm

D = Zylinderdurchmesser in cm

H = Kolbenhub in cm

L = Grundlagermittenentfernung in cm

pme = mittlerer effektiver Druck in kg/cm²

pz = höchster Verbrennungsdruck in kg/cm²

α und C1 = Beiwerte aus Zahlentafeln  α = 142 bei pme = 6,66 und C1 = 1,41 bei 10 Zylinder einfachwirkender 2-Takter, C1 wird zu 2,11 bei doppeltwirkenden 2-Takter

Cw = 42/ 42 + 2/3*(Kz-42) = Werkstoff-Faktor

Kz = dem Entwurf zugrundeliegende und nachzuweisende Festigkeit des Wellenwerkstoffes in kg/mm²

Für einen V-Motor, bei dem 2 Zylinder auf eine Kurbel arbeiten, gilt eine modifizierte Formel:

dk = (D² ((H*1,2*pme*C1/α) + (L*pz*γ*C1`/650))*Cw)1/3 in cm

C1´ = Beiwert für die halbe Zylinderzahl von C1, nach obigem Beispiel für 10/2 = 5 Zylinder => 1,25

Für γ  (> = 1) ist es schwieriger, dieser Wert berücksichtigt die durch das Zusammenwirken zweier um den V-Winkel versetzter Zylinder hervorgerufene Vergrößerung des durch den Zünddruck erzeugten Biegemomentes. Der Wert γ ist aus den gegeneinander versetzten Diagrammen der beiden zusammenwirkenden Zylinder zu ermitteln.

Bei der Materialwahl ging man früher von geschmiedetem SM-(Siemens-Martin-)Stahl in den Sorten zwischen St42 und St50 aus. Wurde Wellen- und Kurbelzapfen mit einer gewichtsreduzierenden Bohrung versehen, so durfte diese nicht größer als 0,4*dk sein. Für die Wangen, wenn sie parallelverlaufende Seiten haben, galt, daß das kleinere Widerstandsmoment (in Achsrichtung) in der Entfernung R/2 von der Mitte der Welle gemessen mindestens gleich 0,07*dk, das größere mindestens gleich 0,165*dk³ sein sollte. Hierbei ist dk wie oben und R = Kurbelradius. Bei anderer Formgebung der Wangen dürfen diese Widerstandsmomente in den beiden Hauptachsen nicht unterschritten werden.

Wird die Kurbelwelle frei berechnet, dann ist die Drehbeanspruchung zu ermitteln. Dieses geschieht über das mittlere Drehmoment bei max. Leistung. Hierbei sind alle angehängten Hilfseinrichtungen zu berücksichtigen. Die Drehbeanspruchung sollte bei Schiffsmotoren, die über einen großen Drehzahlbereich verfügen, 250 kg/cm² nicht übersteigen. Daneben rufen während des Betriebes Drehschwingungen zusätzliche Beanspruchungen hervor. So kann als Regel gelten, daß mit steigender Drehzahl und wachsender Zylinderzahl den kritischen Drehschwingungen Beachtung geschenkt werden muß. Während sich die Gaskräfte durch den Kraftfluß innerhalb des Motors ausgleichen, können die Massekräfte des Triebwerks auf das Maschinenfundament und somit auf den Schiffskörper wirken. Um die gefährlichen Resonanzschwingungen zu verhindern bzw. zu reduzieren, muß für ein Massenkraft- und/oder Massenmomentausgleich gesorgt werden. Massenkräfte der rotierenden Massen treten als konstante Fliehkräfte auf, Massenkräfte der oszillierenden Massen dagegen periodisch in der Zylinderachse.

Durch Gegengewichte an den Kurbelwangen (Kurbelschenkeln) lassen sich rotierende Massenkräfte ausgleichen. Die Massenkräfte der oszillierenden Triebwerksteile werden zweckmäßig in Massenkräfte 1. Und 2. Ordnung zerlegt. Für die Massenkräfte gilt:

Fosz = mosz*r*ω²*(cos α + λ*cos 2α)  daraus folgt:

Fosz1 = mosz*r*ω²*cos α und

Fosz2 = mosz*r*ω²*λ*cos 2α

mosz = Masse der oszillierenden Teile, r = Kurbelradius, ω = n*π/30 Winkelgeschwindigkeit des Kurbelzapfens, λ = Verhältnis des Kurbelradius zur Pleuellänge und α = Winkel zwischen Zylinderachse und Kurbelstellung

Auf die Herleitung der Formel verzichte ich hier, bei Interesse kann sie aber nachgeliefert werden.

Durch Gegengewichte lassen sich die Massenkräfte der oszillierenden Teile, sie wirken ja in der Zylinderachse, ausgleichen, aber dadurch entstehen unerwünschte Horizontalkomponenten. Deshalb gleicht man durch Gegengewichte nur 50 % der Massenkraft 1. Ordnung aus.  Bei der Auslegung des Motors kann man schon erste Annahmen zu der Dimensionierung der Welle sowie der Lager machen. So empfiehlt sich für die Länge des Wellenzapfens zwischen den Schenkel 0,5 – 0,6 D, für die Kurbelzapfenlänge 0,45-0,55 D und für die Breite eines Schenkels 0,25-0,35 D, mit D = Zylinderdurchmesser, anzunehmen. Hiermit kann man die Maße festlegen und an Hand der Beanspruchungen nachrechnen. Dazu werden 2 Belastungsfälle angenommen, einmal die Stellung im oT und dann die Stellung, in der das größte Drehmoment in der Kurbel auftritt. Im oT wirkt der Zünddruck und erzeugt ein Biegemoment. Der 2. Fall liegt bei ~10° Kurbelwinkel vor und erzeugt neben dem Biegemoment auch ein Torsionsmoment.

Ist die Kurbelwelle dimensioniert, so kann sie aus einem Stück geschmiedet, halb- oder ganzgebaut werden. Der erste Fall kommt ab einer gewissen Größe nicht mehr in Frage. Halb- bzw. ganzgebaut bezieht sich darauf, daß die Kurbelwelle aus den Wellenzapfen, Kurbelzapfen und Wangen (Kurbelschenkel) zusammengesetzt wird. Halbgebaute Wellen bestehen in den Wangen und dem Kurbelzapfen aus einem Stück. Dabei ist der Übergang von Wange zum Zapfen zur Minderung der Kerbwirkung abzurunden. Der Radius sollte möglichst groß sein, > 1/15 Wellendurchmesser, um jedoch Lagerlänge zu gewinnen, kann der Übergang auch hinterdreht werden. Dennoch ist zu beachten, daß auch in den Hohlkehlen eine Spannungserhöhung vom 1,8-2-fachen vorliegen kann. Das Bauen der Kurbelwelle erfolgt durch Schrumpfverbindungen. Gewöhnlich wird das System der Einheitsbohrung genommen, mit der Toleranz H7 in den Wangenbohrungen und den für Schrumpfpassungen üblichen Sitzen t6, u6, v6 und x6. Entsprechend der Norm DIN 7154 werden die oberen (ügr) und unteren (ükl) Grenzwerte für das Übermaß des Innenteils angegeben. Daraus folgen die Werte üu und üo als untere und obere Grenzwerte für die Berechnung der Schrumpfverbindungen. So kann hier die notwendige Flächenpressung zur Übertragung eines gegebenen Drehmomentes bestimmt werden.

Der Kurbelversatz ergibt sich aus der Zylinderzahl und der Zündfolge. Gleichzeitig sind Massenausgleich, Erregung von kritischen Drehschwingungen, Gleichförmigkeit des Drehmomentes, innere Momente Belastungen der Kurbelwellenlager und Biegeschwingungen des Motors wichtige Faktoren. Deren Wichtung und auch widersprüchliche Ansprüche erfordern hier allerdings Kompromisse. Bei Mehrzylinderreihenmotoren wählt man häufig die Zündfolge ,,geradzahlig steigend – ungeradzahlig fallend". So z.B. für einen 6-Zylindermotor 2-4-6-5-3-1. Beim 8-Zylinder 2-4-6-8-7-5-3-1. Für den 2-Takter ergibt sich eine gleichmäßige Verteilung beim Kurbelversatz, für den doppeltwirkenden 2-Takter hat sich aber auch eine andere Verteilung ergeben. So sind hier bei z.B. 6 Zylinder nicht jeweils 60° als Kurbelversatz, sondern von oben beginnend, 0°-30°-120°-150°-240°-270°-360°/0° gewählt. Daraus ergibt sich dann die Zündfolge 1-6-3-4-2-5.

Fortsetzung soll folgen.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 21 Januar 2016, 17:51:33
Fortsetzung:

13.   Antrieb

Schon am Anfang dieser Betrachtung konnten wir feststellen, daß durch die Wahl des Arbeitsverfahren und der Konstruktion der Motoren eine Erhöhung der spez. Leistung/Zylinder erreicht werden kann. So ist die Leistung eines doppeltwirkenden 2-Takt-Kreuzkopfmotors ~3x größer als die des vergleichbaren 4-Takttauchkolbenmotors. Entscheidend für die jeweilige Motorenleistung ist aber im wesentlichen der mittlere Zylinderdruck zusammen mit der Drehzahl. Um jetzt eine Leistungssteigerung zu erzielen, kann der Druck oder die Drehzahl erhöht werden, bzw. man vergrößert, was aber eine Neukonstruktion voraussetzt, das Volumen, d.h. die Kolbenfläche oder den Hub, oder beides. Da eine Druckerhöhung eine höhere eingespritzte Brennstoffmenge verlangt, müßte hier auch die zugeführte Luftmenge vergrößert werden. Hier kommt als Lösung die Aufladung ins Spiel. Drehzahlerhöhungen stoßen aufgrund der Massenkräfte und den daraus folgenden Schwingungsprobleme auch an ihre Grenzen, weiterhin werden, da der Propellerwirkungsgrad mit steigenden Drehzahlen sinkt, größere Getriebe notwendig. Aus diesem Grund wandelte sich die Motorenentwicklung im Bereich der Handelsschiffahrt zu immer größeren einfachwirkenden 2-Taktern. Momentan scheint die Grenze bei etwa 100.000 PS und 14 Zylindern zu liegen, siehe MAN K98 bzw. K108 oder Wärtsilä RT-flex96C.

Obwohl die Aufladung durch Abgasturbolader schon länger bekannt war, hielt man diese Lösung lange Zeit für 2-Takter für nicht praktikabel. Ein Ausweg war deshalb der doppeltwirkende 2-Takter, das Aufbauschema entsprach dem der damaligen doppeltwirkenden Dampfmaschine. Hier konnte fast eine Verdoppelung der Leistung bei gleicher Baugröße des einfachwirkenden Motors erreicht werden. Da die Reedereien nach leistungsstärkeren Motoren verlangten, entwickelten die damaligen Schiffsmotorenhersteller die unterschiedlichsten Modelle. Diese Motoren kamen aber dem gewünschten Ziel der Erhöhung der Reisgeschwindigkeit nicht immer nahe, deshalb wurden 2 oder mehrere Motoren verbaut. Die damaligen Motoren wurden als Mittelschnelläufer gebaut, ich persönlich sehe die Drehzahlgrenzen so:

< 200 U/min = Langsamläufer, > 200 - < 800 Mittelschnelläufer und > 800 = Schnelläufer.

Die Propellerdrehzahl und –größe hängt von der zu übertragenden Leistung ab. Der Propellerwirkungsgrad fordert eigentlich langsam drehende Propeller, die dann aber im Durchmesser stark anwachsen. Dem standen früher Material- und Platzgründe entgegen. So wählte man Lösungen wie Mehrwellenanlagen und/oder Mehrmotorenkombinationen. Da es bei diesen Konstellationen neben der Kompensation von Drehschwingungen auch um die Möglichkeit des Zu- und Abschaltens einzelner Motoren ging, waren elastische Kupplungen zwingend notwendig. Um die Drehzahlunterschiede Propeller-Motor(en) auszugleichen, setzte man Getriebe ein. Im Bereich der elastischen Kupplungen zeichnen sich hydraulische Kupplungen durch folgende Eigenschaften besonders aus:

1.   Wirksame Dämpfung von Torsions-(Dreh-)Schwingungen, es erfolgt praktisch keine Schwingungsübertragung vom Motor auf die Propellerwelle/zum Getriebe

2.   Nahezu konstantes Abtriebsmoment bei konstanter Motorleistung

3.   Möglichkeit des schnellen und stoßfreien Zuschaltens oder Absetzens des Motors durch Füllung bzw. Entleerung der Kupplung

4.   Stufenlose Änderung der Abtriebsdrehzahl durch Schlupfänderung infolge Variation der Füllung

5.   Hohe Betriebssicherheit und Lebensdauer, da mit Ausnahme der Lager an keiner Stelle mechanische Berührung auftritt.

Nachteilig wirkt sich der Umstand aus, daß eine Momentenübertragung nur durch Schlupf, d.h. durch Unterschiede zwischen An- und Abtriebsdrehzahl möglich wird und der hierdurch bedingte Leistungsverlust als Erwärmung der Kupplung bzw. des Öls auftritt.

Zum Einsatz kommt vorwiegend die auf dem Prinzip des Föttinger-Wandlers basierende ,,Vulcan-Kupplung", eine Strömungskupplung der früheren Vulcan-Werke in Hamburg. Strömungskupplungen haben bei maximaler Füllung, Schlupfwerte im Bereich von 1,5 – 2,5 %, beziehungsweise Wirkungsgrade von 97,5 – 98,5 %.

Getriebeanlagen benötigen ein Hauptdrucklager möglichst nahe am Getriebehauptrad. Die Motorenwellen müssen aber ebenfalls in ihrer Lage durch ein Paßlager oder Drucklager fixiert sein. Ein ausgesprochenes Drucklager für jede Motorwelle ist dann notwendig, wenn das schrägverzahnte Getriebe einen nennenswerten Schub ausübt.

Das hier im Forum häufig genannte Beispiel der Motor-Getriebeanordnung der Panzerschiffe aus der Deutschland-Klasse kann fast als klassisch bezeichnet werden. Die vier Motoren, aufgestellt in einer H-Anordnung, sind leichte doppeltwirkende 2-Takter von MAN mit je 7.100 PS bei n = 450 U/min, und sie  wirken über je eine Vulcan-Kupplung, welche mit dem Getriebe zusammengefaßt waren, auf eine Propellerwelle. Die Verluste durch den Schlupf und im Getriebe, betrugen bei Vollast ca. 5 %. Jedes Schiff hatte 2 gleich ausgeführte Propellerwellen. Die Übersetzung zwischen den Motoren und Propellerwelle betrug ~2:1.

Eine besondere Konstruktion war die geplante Antriebsanlage der nicht ausgeführten Schlachtschiffe ,,H", ,,J" und ,,K". Jedes Schiff sollte 3 Propellerwellen mit 4 Motoren erhalten. Diese hätten 15.000 PS jeweils haben sollen, was nach Abzug aller Verluste eine Gesamtleistung von ~150.000 PS bedeutet hätte. Als Motoren sollten leichte doppeltwirkende 2-Takter von MAN mit 9 Zylindern und einem Zylinderdurchmesser von 650 mm bei einem Hub von 950 mm eingebaut werden. Die Motorendrehzahl hätte 265 U/min betragen, das Übersetzungsverhältnis zur Propellerwelle war nahe bei 1,0 vorgesehen.

Durch die Motorenwahl, hohe Leistung bei verhältnismäßig niedrigen Drehzahlen, hätte man die gleiche Anordnung der Motoren mit 2 Vulcan-Kupplungen nebeneinander wie bei den Panzerschiffen nicht unterbekommen. Deshalb arbeiteten die jeweils 2 benachbarten Motoren über ein Getriebe und einer übergroßen Vulcan-Kupplung auf  die Propellerwelle. Hierbei war die Welle der hinteren zwei Motoren zwischen Getriebe und Vulcan-Kupplung als Hohlwelle ausgeführt, die sich dabei auf die, durch diese Hohlwelle geführte Propellerwelle abstützte. Um jetzt die beiden, über das Getriebe verbundenen Motoren, einzeln abschalten zu können, sollte zwischen Motor und Getriebe jeweils eine Vielzahn-Klauenkupplung eingebaut werden. Diese konnte, nach dem Synchronisieren, ein- bzw., nach Füllungswegnahme am Motor, ausgerückt werden. Das Synchronisieren geschah optisch durch ein Differentialgetriebe, welche durch Zahnkränze auf beiden Seiten der Klauenkupplung angetrieben wurde. Eine Doppeltmotorenanlage war incl. Kupplung, Getriebe und Vulcan-Kupplung vor dem Kriegsausbruch bei MAN auf dem Prüfstand montiert und unter Bordbedingungen getestet worden, allerdings liegen praktische Erfahrungen im Bordbetrieb nicht vor.

Fortsetzung soll folgen.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: scharrenberg am 02 Februar 2016, 10:08:05
Guten Morgen Faun.
Deine Beschreibung der Dieselmotorentechnik ist einfach "Spitze"!
Jetzt habe ich eine sehr laienhafte Frage bezüglich der Aufladung von Viertaktdieselmotoren.
In der Literatur habe ich einige Male die Begriffe "Aufladung" und "Hochaufladung" gefunden.
Mit welchen Überdruck wurden die Zylinder bei den beiden Aufladearten beaufschlagt?
Grüße und hoffentlich bald weitere Informationen
Scharrenberg
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 02 Februar 2016, 20:06:21
Guten Abend scharrenberg,

interessanterweise sollte sich mein nächstes Kapitel mit den Abgasturboladern (ATL) befassen. Leider bin ich in den letzten Tagen nicht dazu gekommen. Zu Deiner Frage nach Aufladung oder Hochaufladung vielleicht hier nur eine kurze Antwort.

Heute wird der Begriff Hochaufladung insbesondere in Fahrzeugbau beim Downsizing der Motoren verwendet, also kleinere Motoren mit gleicher oder evtl. sogar gesteigerter Leistung. Bei den Schiffsdiesel geht der Trend, ob 2- oder 4-Takter in 2 Richtungen, zum einen will man die Leistung erhöhen, und zum andere, wie das Downsizing bei den PKW, den Umweltauflagen genügen. Deshalb geht man den Weg zur 2-stufigen Anlage. Hier können Drücke zwischen 8 und 10 bar realisiert werden. Die Druckverteilung sieht dann Druckverhältnisse von 1/3 im Hochdruck- und 2 /3 im Niederdrucklader vor.

Bei PKW-Motoren sind es wohl Drücke um die 2,5 bar. Hier arbeitet man aber mit Wast- bzw. Ladeluftventilen, da die Lader hier durch das Fahrverhalten sehr schnell an ihre Pumpgrenzen kommen. Diese Kennfeldgrenze zeigt den Bereich an, in dem die gelieferte Luft nicht mehr vom Motor aufgenommen werden kann. Dieses führt bei Schiffsdiesel zu einem charakteristischen Geräusch. Wer einen Notstop einer Hauptmaschine miterlebt hat, wird es kennen. Beim PKW ist das Abblasen eher ein pfeifendes Geräusch.

Gruß Gerd
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: scharrenberg am 03 Februar 2016, 07:56:22
Vielen Dank für die schnelle Antwort! :-)
Ich werde die Berichte über Dieselmotoren weiterstudieren!!
Grüße
Scharrenberg
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 10 Februar 2016, 22:17:19
Fortsetzung:

14.   Abgasturbolader  (ATL)

Wie wir im Laufe dieser Betrachtung über Dieselmotoren festgestellt haben, sind 2-Takter, ob einfach- oder doppeltwirkend, nicht selbstansaugend und somit auf eine Spülluftzuführung angewiesen. Daneben gilt, daß eine spez. Leistungserhöhung je Zylinder einen erhöhten Luftdurchsatz mit adäquatem Brennstoffeinsatz erfordert. Diese Leistungserhöhung kann durch eine Vergrößerung der Kolbenfläche, der Drehzahl und/oder des mittleren Kolbendruckes erreicht werden. Letztere Möglichkeiten galten und gelten auch für die 4-Taktmotoren. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß die ersten Aufladeversuche  und technischen Umsetzungen an diesen Motoren durchgeführt wurden. Eine treibende Kraft war hier der Flugmotorenbau, da die Leistung der Motoren auch in größeren Flughöhen vorhanden sein sollte. Interessanterweise sah man die Aufladung von 2-Takt-Kreuzkopfmotoren durch ATL lange Zeit als undurchführbar an.  Die Aufladung mit ATL bedingt einen erheblichen Energiegehalt der Abgase. Dieser tritt durch deren Druck und noch wesentlicher durch deren Temperatur in Erscheinung. Bei  dem 4-Takter war der Druck von Anfang an höher als beim 2-Takter. Er konnte zudem durch eine einfache Verlegung der Ventilsteuerzeiten nach vorne bei den Auslaßventilen gesteigert werden. Auch war die Abgastemperatur hoch genug. Die mittlere Abgastemperatur hinter den Auslaßventilen konnte ohne Motorschaden auf 450 – 550 °C gesteigert werden. So stand der Turbine genügend Energie zur Verfügung. Wie viel Ladeluft mit welchem Druck nun geliefert wurde, hing danach im wesentlichen von den Wirkungsgraden der Abgasturbine und des Verdichters ab.

Der schlitzgesteuerte 2-Takt-Kreuzkopfmotor verhält sich demgegenüber grundsätzlich anders. Die Auslaßzeit der Auslaßschlitze liegt durch ihre Höhe fest, diese kann auch nicht beliebig vergrößert  werden. Eine Vergrößerung hätte direkt einen Leistungsverlust zur Folge. Beim 2-Takter wird zwangsläufig die Abgastemperatur durch die Spülluft herabgesetzt, denn diese mischt sich bereits im Zylinder mit den Abgasen. Deshalb wurden Abgastemperaturen von 300 – 400 °C kaum überschritten. Es bestand also bei den damaligen Wirkungsgraden der ATL keine Chance, den Motor zur Deckung des Spülluftbedarfs ausschließlich mit ATL auszurüsten. Dieser Bedarf nach zwei Spülsystemen und ihre verwickelte Bauweise ließ die damaligen Motorenbauer von dieser Lösung Abstand nehmen.

Hier soll allerdings der Versuch von MAN während des 2. Weltkriegs nicht übergangen werden. MAN hatte speziell für die Kriegsmarine mittelschnellaufende doppeltwirkende 2-Takt-Kreuzkopfmotoren entwickelt. Aus einer dieser Typenreihen wurde ein  24-Zylinder-V-Motor für den Prüfstand gebaut. An diesem wurde mit einem ATL als Vorverdichter der Spülluft experimentiert. Der eigentliche ,,Spüler" war hier ein mechanisch angetriebenes Turbogebläse. Der Versuch gelang so gut, daß die Leistung von 12.000 auf 15.000 PSe gesteigert werden konnte. Das Kriegsende brachte diese Entwicklung zum Abbruch.

Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts brachten dann fast zeitgleich verschiedenen Firmen  ATL-Entwicklungen zum Erfolg, die dann bei  langsam laufenden einfachwirkenden 2-Takt-Kreuzkopfmaschinen eingesetzt wurden. Diese Entwicklung trug gleichzeitig dazu bei, daß die doppeltwirkenden 2-Takter immer mehr zurückgedrängt wurden und als Motorentyp bis zum Ende der 60er Jahre vom Markt verschwanden.

Wie schon angedeutet, liegen die größten Schwierigkeiten bei der Abgasturboaufladung von 2-Taktern zum einen in den niedrigen Abgastemperaturen, aber zum anderen auch darin, daß immer ein positives  Spülgefälle (pL>pSp) vorhanden sein muß. Letzteres bewirkt, daß die Spülluft die Abgase aus dem Zylinderraum ausdrücken kann. Bei der heute durchgängig angewandten Stauaufladung bedeutet dies, an einem ATL mit einem Gesamtwirkungsgrad η=0,5 müßte überschlagsmäßig die Temperatur vor der Turbine TTEintritt deutlich höher sein, als zweimal die Eintrittstemperatur des Verdichters TVEintritt (z.B. 2*293 K = 586 K =313 °C). Ansonsten würde kein nennenswertes Spülgefälle erzeugt. Ein solcher Gleichgewichtszustand wird aber von 2-Taktern beim Anlassen und im Teillastbereich nicht erzeugt, gleichzeitig kommt in diesen Bereichen der ATL nicht auf seinen Wirkungsgrad von 0,5, so daß ein Selbstlauf des Motors nicht gewährleistet  ist.

Mit der Steigerung des Ladedruckes pL wird die Innenarbeit Wi vergrößert, dieses würde sich in einer größeren Diagrammfläche beim Indizieren zeigen (s. a. ,,Bananendiagramm). Da dem 2-Takter bereits als Saugmotor die Spülluft mit dem Druck pSp zugeführt wird, hierbei liegt dieser über dem atmosphärischen Druck p0, liegt, wie bereits erwähnt, eine Aufladung vor, wenn pL>pSp ist. Der  Verbrennungshöchstdruck pz steigt mit zunehmendem pL. Seine zulässige Höchstgrenze wird durch die Festigkeit der Triebwerksteile bestimmt. Die Verbrennungsdauer vergrößert sich durch die größere Brennstoffmenge unter Einbehaltung von pZ. Sie ist ein Maß für die thermische Belastung der den Brennraum umschließenden Teile. Wie man bei den aktuellen Motoren sehen kann, ist durch Verbesserung des Arbeitsverfahrens, bessere Kühlung und entsprechender Werkstoffauswahl ein enormer Leistungsschub möglich gewesen.

Der ATL nutzt die Abgasenergie zur Verdichtung der Spül-/Ladeluft. Bei  jedem Verbrennungsmotor wird die Expansion im Verbrennungsraum vorzeitig abgebrochen, denn eine Weiterführung bis zum thermodynamischen Gleichgewicht mit der Umgebung würde sehr große Kolbenhübe,  aber wenig zusätzliche Nutzleistung bringen. Die noch vorhandene Wärmeenergie wird der Gasturbine des Turboladers zugeführt. Hierbei strömen nach dem Öffnen der Auslaßschlitze die Verbrennungsgase zuerst nahe der kritischen Geschwindigkeit in die Abgasleitung. Dabei sinkt der Druck im Zylinder auf den Restgasdruck pRest ab, und das noch im Zylinder verbliebene Verbrennungsgas wird mit dem Druck pRest während des Ladungswechsels bei geöffneten Schlitzen in die Abgasleitung geschoben. Die kinetische Energie der Abgase läßt sich in der Gasturbine praktisch nicht voll ausnutzen, hierzu müßte sie unmittelbar hinter den Auslaßschlitzen angeordnet sein, und die Verbindungleitung müßte einen variablen Querschnitt haben, um die Volumenänderung der expandierenden Abgase zu berücksichtigen. Da die Abgasleitung ein größeres Volumen hat, wird ein Teil der kinetischen Energie in Wärme umgewandelt, was die die Abgastemperatur ta,vT vor der Turbine gegenüber der Abgastemperatur ta,nZ nach dem Zylinder erhöht. Mit der gewonnenen Nutzarbeit durch die Expansion der Abgase in der Turbine wird der Verdichter angetrieben. Ladeluft wird also mit der anfallenden Abgaswärmeenergie durchgeführt, ohne daß zusätzliche Energie notwendig  ist.  Das ist der grundsätzliche Vorteil des ATL. Allerdings gibt es diese Energie nicht ,,umsonst". So lag der Leistungsbedarf an der Verdichterwelle am Beginn der 2-Taktaufladung (Aufladegrad von 30 %) bei  etwa 10 % der Motorleistung. Aufladegrade von 100 – 150 % machen schon 40% der Motorleistung aus.

Die Weiterführung der Expansion in der Abgasturbine ist nach zwei Verfahren möglich, Aufladung nach dem Stoßverfahren oder nach dem Stauverfahren.

Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: delcyros am 11 März 2016, 10:56:57
Sehr schöne Ausführungen.

Dazu noch ein paar graphische Anmerkungen (vgl. Anhang).
Abgasturbolader (im folgenden ATL) für Zweitaktdiesel sind seit den 20´ern untersucht worden. Eine der ersten Versuche in Winterthur fand 1926/27 statt. Die unterschiedliche Arbeitsweise zwischen Zweitakter und Viertakter bedingte aber erhebliche Änderungen.
FAUN hatte auf die Unterschiede oben ausführlich hingewiesen.
Der einfachtse ATL, wie er auch in Viertaktern verbaut werden konnte (Abb. unten Nr. I) und als direkt aufgeladener Diesel bekannt wurde, war beim Zweitakter nicht möglich, da der Zweitaktdieselmotor immer beatmet werden musste. Im niederen Lastbereich liefert die Turbine aber nicht genügend Leistung, um wenigstens die nötige Spülluft zu erzeugen.

Deswegen ging die Entwicklung zunächst zu Schritt III (Abb.), in welchem ein Kompressor die nötige Spülluft für den Betrieb des Hauptdiesels entweder über ein mechnisches Getriebe mit einem Hilfsdieselaggregat oder durch elektrischen Antrieb versorgte. Bei mittleren und hohen Drehzahlen erzeugte der ATL genügend Energie, um einen Verdichter anzutreiben, der die Spülluft ersetzte, bzw. (bei hohen Drehzahlen) den Ladedruck durch Nachladung im Zylinder (Patent Sulzer 1915 für Zweitakter) weiter erhöhte. Die Lösung hatte den Vorteil, dass Kompressor und Hauptdiesel auch getrennt voneinander aufgestellt werden konnte.

Eine Variante dieser Lösung ist in Abb. IV erkennbar. Bei dieser Hochaufladung wird der Zweitaktdieselmotor mit direkt gekuppeltem Kolbenkompressor verbunden und wird von diesem angetrieben. Die Abgasturbine wird von den warmen Abgasen angetrieben und gibt ihre Leistung mechanisch über ein Getriebe zurück an die Kubelwelle, womit ein Teil der Leistung für den Betrieb des Kompressors kompensiert wird und bei hohen Drehzahlen auch Nutzleistung abfällt. Ein seperater Verdichter entfällt in diesem Fall. Diese Lösung war mechanisch anspruchsvoll

Eine etwas exotisch anmutende Lösung, die aber bereits vor Schritt III insbesondere bei stationären Anlagen mit Zweitaktdieseln versucht wurde, jedoch erst später anwendbar war ist Schritt II. In diesem Fall handelt es sich um das sog. "Treibgasverfrahren". Der Dieselmotor wirkt nicht mehr als Nutzeinheit sondern als Gaserzeuger für einen Axialverdichter (Turbine), der die Nutzleistung an die Welle abgibt. Zu diesem Zweck unterstützt die Kurbelwelle mechanisch den Verdichter zur Erzeugung größerer Gasmengen.
Eine Art Diesel-Gasturbinenantrieb.

lg,
Delc
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Smutje Peter am 11 März 2016, 18:06:58
Hallo zusammen.
@Gerd
Dieser Thread gehört für mich zu den Besten und Informativsten im ganzen Forum. Besonders die letzten Posts über die Aufladung und die Turbos waren lehrreich für mich.  Danke Gerd!  top
@Delec
Gerade über die Abgasturbolader in Zusammenhang mit 2-taktern gibt es oft Missverständnisse. Deine Zeichnungen helfen da echt weiter! Auch Dir vielen Dank dafür.  top

Vielleicht noch als Ergänzung der  24-zylinder Motor, an dem MAN die von Dirk beschriebenen Versuche mit der zusätzlichen Turboaufladung gemacht hat, kann eigentlich nur der V 12 Z 32/44 gewesen ein. Man beachte, mit den erreichten 15000 Ps(e) kam der dann schon in die Liga des 42/58 - 24-zylinder Motor des Schlachtschiff O. Dabei war der  V 12 Z 32/44 für die Dieselzerstörer vorgesehen. - Beachtlich finde ich - Leider kamen die Versuche zu keinem Ende mehr, da sie nach Kriegsende nicht fortgeführt werden konnten. 
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 24 März 2016, 23:25:05
Fortsetzung:


15.   Stoßverfahren

Beim Stoßverfahren möchte man die beim Öffnungsbeginn in den Abgasen vorhandene Energie weitestgehend in der Turbine das ATL ausnutzen. Deshalb verwendet man enge Auspuffleitungen. Sie werden während der Vorauslaßperiode  aufgefüllt, so bildet sich ein verhältnismäßig hoher Druck, der in der Turbine verarbeitet wird.  Mit der Wahl enger Rohre würde ein Verlust an Energie vermieden, dem stehen allerdings die Reibungsverluste in diesen Rohren und eine verzögerte Zylinderentleerung entgegen. Man versucht deshalb durch geeignete Gestaltung und Zusammenfassung  der Rohrleitungen und eine Nähe zu den Zylindern die Rohrleitungen so kurz wie möglich zu halten.

Um beim Ausströmen der Abgase die Drosselverluste klein zu halten, sollte der Auslaß möglichst schnell und gleichzeitig weit geöffnet werden. Diese Forderungen sind bei schlitzgesteuerten Motoren leichter als bei Ventilmotoren zu erfüllen. Gleichzeitig sollten aber die Einlaßschlitze erst öffnen, wenn der Abgasdruck auf die Höhe des Spülluftdruckes abgesunken ist, ansonsten besteht die Gefahr des Durchschlagens in den Spülluftkanal. Bei Ventilmotoren besteht auch die Möglichkeit durch vorverlegen des Auslaßzeitpunktes die Energie für den ATL zu erhöhen, allerdings geht dieses mit einer Verringerung der Kolbenarbeit einher. Vergleicht man die gewonnene Leistung durch den ATL mit der verlorenen der Kolbenarbeit, so zeigt sich, daß der Gewinn über den Mehrverbrauch relativ  teuer erkauft wird. Jedoch konnte der Wegfall von Spülluftpumpen ein Grund dafür sein es trotzdem anzuwenden  Diesen Weg ging man früher bei B&W, Stork und Mitsubishi und ihren Ventilmotoren bzw. bei Doxford mit dem Gegenkolbenmotor.

Der Wirkungsgrad der Turbine beim Stoßbetrieb hängt stark von der Zusammenfassung der Abgasleitungen ab. Hier kann gesagt werden, daß bei 2-Taktmotoren im Stoßbetrieb nur die Leitungen von solchen Zylindern zusammengefaßt, und somit einem gemeinsamen Turbineneintritt zugeführt  werden dürfen, deren Zündabstand nicht weniger als 120° Kurbelwinkel beträgt. Wäre der Zündabstand kleiner, z.B. nur 45° (bei 8-Zylinder-Motore) oder 60° (6-Zylinder-Motoren), würde durch die benachbarten Zylinder der Druck in der gemeinsamen Auspuffleitung ansteigen und in die, in der Spülphase befindlichen Zylinder zurückschlagen. Hierdurch würde die Spülung unterbrochen und der Ladungswechsel nicht vollständig ausgeführt werden. Beachtet man den Zündabstand von 120°, so können jeweils 3 nebeneinanderliegende Zylinder von 3-, 6-, 9-, 12- usw. Zylinder-Motoren zusammengefaßt werden. Solch eine 3er-Gruppe hat in der Turbine den größten Nutzen, bei 2er Anschlüssen oder gar nur einem je Turbinensegment sind deutliche Absenkungen des Turbinenwirkungsgrads in Kauf zu nehmen.  Während der Zeit, da die einzelnen Turbinensegmente nicht mit Abgasen beschickt werden, treten Ventilationsverluste auf. Sie sind umso größer, je kleiner der gesamte Beaufschlagungsgrad der Turbine ist. Durch die unterschiedliche Drücke zwischen den Turbinensegmenten kommt es zu Randverlusten, diese werden mit wachsendem Druckgefälle größer. Neben diesen Ventilations- und Randverlusten sinkt dadurch auch der Wirkungsgrad, so daß die Turbine nicht in ihrem besten Wirkungspunkt betrieben werden kann.

Der Effekt, daß sich Motoren in der 3er-Bündelung mit relativ geringen Verlusten betreiben ließen, die anderen Ausführen bringen bis zu 20 % Verlust, führte dazu, daß die Hersteller ihre Motorenreihen mit 3, 6, 9 usw. Zylinder im Stoßbetrieb ausführten, die Motoren mit Zylinderzahlen dazwischen im Staubetrieb. Oder das Bauprogramm sah nur durch 3 teilbare Zylinderzahlen vor.

16.   Stau- oder Gleichdruckbetrieb

Im Staubetrieb werden die Abgase in einer gemeinsamen Sammelleitung erfaßt, diese sollte in ihrem Volumen so gewählt werden, daß sich Druckschwankung, hervorgerufen durch die einzelnen Auspuffstöße der Zylinder, nicht auf die Spülvorgänge in den anderen Zylinder auswirken. Die Abgase werden auf den Druck in der Abgassammelleitung entspannt. Der hohe Druck und die hohe Temperatur werden hier also im Gegensatz zum Stoßbetrieb nicht ausgenutzt. Es stellt sich ein mittlerer Gasdruck ein, der wiederum die Turbine im Bestpunkt ihres Wirkungsgradbereiches arbeiten läßt. Der Umstand, daß die Abgasstöße in der Turbine nicht voll ausgenutzt werden können, zeichnet den Staubetrieb in 3 Punkten aus:

a.   Bei Teillast reicht die an der Turbine vorhandene Energie nicht aus, den Motor im vollen Umfang mit Spülluft zu versorgen. Hier muß auf jeden Fall eine zusätzliche Einrichtung zur Beschaffung dieser fehlenden Luftmenge vorhanden sein.

b.   Da beim Staubetrieb keine Möglichkeit besteht über Veränderungen der Auslaßsteuerzeiten Einfluß auf die Turbinenleistung zu nehmen, muß nur der Zylinderdruck bei Einlaßbeginn soweit abgesunken sein, daß die Spülluft rückschlagfrei einströmen kann.
c.   Während des Vorauslasses baut sich auch in dem Verbindungsstück Zylinder-Abgassammler kein nennenswerter Überdruck auf, deshalb können die Abgase den Zylinder schneller verlassen und der Vorauslaß kann kürzer gewählt werden, d.h. der Auslaß öffnet später.

Bei der Entwicklung der Großdieselmotoren ging man immer mehr zum Gleichdruckverfahren über. Wie unter a.) beschrieben müssen im Staubetrieb zusätzliche Einrichtungen vorhanden sein, um den Betrieb des Motors, in besondere im Teillastbereich, sicherzustellen. Zusätzliche Einrichtungen können allerdings auch im Stoßverfahren verwendet werden. In beiden Fällen unterscheidet man bei dem Betrieb der Zusatzeinrichtungen zwischen dem Serien- und dem Parallelbetrieb.

17.   Der Serien- und der Parallelbetrieb

Der Serienbetrieb wurde wiederum in 3 Verfahren unterteilt,

dem Curtis-, dem Duplex-Verfahren sowie der Sulzerschaltung.

Beim Curtis-Verfahren wird der ATL als 1. Stufe benutzt, er verdichtet die Luft vom Atmosphärendruck auf 70 – 95 % des Spülluftdrucks und fördert sie über einen Ladeluftkühler in eine erste Sammelleitung. Hier saugen Spülpumpen die Luft an und verdichten sie auf den Spüldruck in der Spülluftleitung. Frühere Hersteller von Großdieselmotoren, wie z.B. Götaverken oder FIAT, setzten hier noch die direkt vom Motor angetriebenen Kolbenpumpen ein. Hier war die Fördermenge in erster Linie von der Drehzahl, aber auch vom Zustand der Luft vor den Pumpen abhängig. Durch die Ladeluftkühlung konnte das Volumen der Luft und damit auch die Abmessungen der  Pumpen reduziert werden.

Das Duplex-Verfahren arbeitet umgekehrt zum Curtis-Verfahren. Hier wird der Zusatzverdichter vor den ATL gesetzt. Da das anzusaugende Luftvolumen hier größer ist, werden keine Kolbenpumpen sondern fremdangetriebene Turboverdichter verwendet. Die heutigen Großdiesel arbeiten nach diesem Verfahren, hier wird der Zusatzverdichter lediglich zum Anlassen und im Teillastbreich gebraucht, denn eine relativ geringe Druckerhöhung zum Atmosphärischen Druck von 30 – 50 mbar reicht dazu aus.

Beim Sulzerverfahren wird die vom  ATL verdichtete Luft durch die Kolbenunterseiten in den Zylinder gedrückt. Der ATL fördert die Spül-/Ladeluft über den Ladeluftkühler in den Spülluftkanal, von hier saugen die Kolbenunterseiten im Aufwärtshub über federnde Klappenventile die Luft in den Raum über den Zwischenboden. Bei der Abwärtsbewegung des Kolbens wird die Luft weiter verdichtet und dann über einem 2. Satz Klappenventile den Einlaßschlitzen zugeführt. Bei den heutigen Motoren wird dieses Verfahren nicht mehr angewandt.

Beim Parallelverfahren arbeiten ATL und eine Spüllufthilfe parallel. MAN hatte dies bei seiner KZ-Baureihe durch die Kolbenunterseiten realisiert. Hierbei liegt deren Anteil bei Vollast zwischen 15 und 30 %. Von Vorteil war hierbei die Möglichkeit zur Wahl der eingesetzten Kolbenunterseiten um  einen hohen Luftüberschuß zu erreichen. Nachteilig ist der sich vergrößernde Druckunterschied zwischen Spülhilfe und ATL  im Teillastbereich. Während die Spülhilfe weiter mit hohem Druck arbeitete, ging dieser beim ATL zurück. Dieses ging soweit, daß die Spülluft durch den ATL zurückschlug und damit zum sogenannten Pumpen führte. Bereits in den 70/80er Jahren wurde der Parallelbetrieb nicht weiter verfolgt.

18.   Treibgasverfahren und andere

Bei der Beaufschlagung von ATL gab es noch weitere Verfahren, die aber hier nur am Rande erwähnt werden sollen. So versuchte man mit dem Luftantriebsverfahren durch das Einleiten von, durch die Kolbenunterseiten vorverdichtete Luft, dem ATL auf der Abgasseite zusätzliche Energie zuzuführen. Der Vorteil liegt bei diesem Verfahren in der Gewährleistung eines stabilen Teillastbetriebes, in einem guten Beschleunigungsverhalten des ATL und damit in einem guten Manövrierverhaltens des Motors. Man rückt im Verdichterkennfeld näher an die Pumpgrenze, ohne diese jedoch zu überschreiten. Einen ähnlichen Zweck versuchte man mit dem Injektorverfahren zu erreichen. Hier wurde bei niedrigen Last- und Drehzahlstufen durch eine Injektordüse die von den parallel arbeitenden Kolbenunterseiten verdichtete Luft hinter dem ATL-Verdichter eingeblasen.

Delcyros erwähnt in seiner Antwort ,,#23" u.a. das Treibgasverfahren. Es ist im klassischen Sinn kein ATL-Problem, wurde aber unter diesem Gesichtspunkt entwickelt und gebaut. Hierbei erfolgt eine Abgabe der Nutzleistung durch die Abgasturbine. Die in den Zylindern des Motors erzeugte Leistung dient ausschließlich zum Antrieb des Verdichters, dieser wird zusammen mit dem Motor ,,Treibgaserzeuger" genannt. Sie arbeitetenn meist im 2-Takt-Verfahren, weil sich hier das Leistungsgleichgewicht zwischen Motor und Verdichter bei niedrigeren Drücken als beim 4-Takter erreichen läßt. Sind die Arbeitskolben direkt mit dem Kompressor verbunden und fehlt die Kurbelwelle, so spricht man von Freikolben-Treibgaserzeuger. Von Bedeutung waren eigentlich nur die Motoren vom Typ GS 34 von S.E.M.E., Paris-Malmaison. Diese wurden mit Pescara-Patenten entwickelt. Die von einer Einheit erzeugte Gasmenge brachte nach der Turbine eine Nutzleistung von 1.000 PS/736 kW. Nachdem S.I.G.M.A, Lyon, die Firma S.E.M.E. sowie die Bau- und Lizenzrechte übernommen hatte, wurde der Motor weiterentwickelt und bis ca. 1960 auch durch zahlreiche Lizenzen breiter gestreut. Der Typ GS 34 wurde von diesen Lizenznehmern etwa bis 1962 gebaut.

Der Einsatz geschah hauptsächlich in ortsfesten Anlagen, aber er kam auch auf Schiffen zum Einsatz. Wurden sie im Verbund eingesetzt, wurde durch die doch längeren Zuführleitungen zwischen Motor und Turbine der stoßweise Gasanfall vergleichmäßigt. Bei Zwillingsanlagen konnte durch extra entwickelte Steuerungen die Phasenlage der Kolben um 180° gedreht werden.

Obwohl Kraftwerke mit 34 einzelnen Treibgaserzeugern vom TYP GS 34 und einer Gesamtleistung von 25.000 kW gebaut wurden, verschwanden diese Anlagen vom Markt.


Fortsetzung soll folgen
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 25 März 2016, 16:05:07
Fortsetzung:

19.   Ladeluftkühlung

Die Ladelufttemperatur  erhöht sich durch die Verdichtung im ATL, die Höhe ist abhängig vom Druckverhältnis, vom Verdichterwirkungsgrad und vom Wärmeaustausch mit den Wänden, also von der Verdichterbauart. Die Eintrittstemperatur in den Motor kann bei großen Druckverhältnissen ohne Ladeluftkühlung schnell hohe Werte annehmen. Dieses kann in zweierlei Hinsicht nachteilig für den Motor sein.

a.   Für die Ladungsmenge im Zylinder ist die Dichte vor dem Einlaß maßgeblich:

ϙ2/ϙ1 = (p2/p1)1/n

Die Dichte Steigerung ist also u. U. beträchtlich kleiner als die Drucksteigerung, nur bei isothermer Verdichtung, n = 1, ist das Dichteverhältnis gleich dem Druckverhältnis.

b.   Mit der höheren Ladelufttemperatur steigt die thermische Belastung stark an, da das gesamte Temperaturniveau des Kreisprozesses von der Kompressions-Anfangstemperatur im Zylinder, d.h., in erster Linie von der Lufteintrittstemperatur in den Zylinder abhängig ist.

Bei aufgeladenen Motoren ist also die Ladeluftkühlung, die bereits von Rudolf Diesel vorgeschlagen wurde, das wichtigste und einfachste Mittel zur Leistungssteigerung, das um so wirksamer wird, je höher das Druckverhältnis im Verdichter ist. Über die Verminderung des Wärmeverlustes und über die Verbesserung des mechanischen Wirkungsgrades, höhere Leistung ohne Erhöhung des Druckniveaus, ist die Ladeluftkühlung auch ein Mittel zur Senkung des Brennstoffverbrauchs.

Folgende Beispiele für die Temperaturerhöhung ΔT = T2 – T1 der Ladeluft bei polytroper Verdichtung (pVn = konst) zeigen die Einflüsse (ηsL = innerer isentroper Verdichterwirkungsgrad):
 
ηsL = 0,86     T1 = 293K    p2/p1 = 1,5     ΔT = 42,5K

ηsL = 0,86     T1 = 313K    p2/p1 = 1,5     ΔT = 45,0K

ηsL = 0,86     T1 = 293K    p2/p1 = 4,0     ΔT = 167K

ηsL = 0,86     T1 = 313K    p2/p1 = 4,0     ΔT = 179K


ηsL = 0,765     T1 = 293K    p2/p1 = 1,5     ΔT = 46,5K

ηsL = 0,765     T1 =313K    p2/p1 = 1,5     ΔT = 50,0K

ηsL = 0,765     T1 = 293K    p2/p1 = 4,0     ΔT = 187K

ηsL = 0,765     T1 = 313K    p2/p1 = 4,0     ΔT = 200K

Diese Beispiele zeigen, daß bereits bei einem Druckverhältnis von p2/p1 = 1,5 sich eine Ladeluftkühlung durch Wasser lohnen würde. Bei dem Druckverhältnis von p2/p1 = 4,0 ist sie unumgänglich. Bei einer Kühlung mit Wasser ist es möglich ohne großen Aufwand die Ladelufttemperatur auf ein Niveau herunter zu kühlen, das nur wenige Grad über der mittleren Kühlmitteltemperatur liegt. Hierzu wird das Wasser im Kreuzstrom zur Luft geführt. Überschlägig kann man sagen, daß bei einer Senkung der Ladelufttemperatur um 10°C die Dichte um ~3 % steigt. Damit könnte man bei gleichem spez. Treibstoffeinsatz und gleichen Luftverhältnissen die Leistung um 3 % steigern.

Für das Abschätzen der erforderlichen Kühlleistung im Ladeluftkühler (LLK) kurz einige Verhältniszahlen in Prozent, sie sind jeweils auf die eingebrachte Treibstoffwärme bezogen:

Mittelschnellaufender 4-Takter normal:  Kühlwärme LLK = 12,2 %,  Kühlwärme Zyl., Kolben = 10,6 %

Mittelschnellaufender 4-Takter Tropen:  Kühlwärme LLK = 11,55 %,  Kühlwärme Zyl., Kolben = 11,0 %

Langsamlaufender 2-Takter normal:  Kühlwärme LLK = 8,06 %,  Kühlwärme Zyl., Kolben = 13,6 %

Allerdings ist bei der Ladeluftkühlung die Luftfeuchtigkeit zu beachten. Insbesondere unter tropischen Bedingungen ist mit einem erheblichen Anfall von Kondenswasser bei Unterschreitung der Taupunkttemperatur zu rechnen. Hier ist auf eine verstärkte Entwässerung zu achten bzw. mit einer Erhöhung der Ladelufttemperatur zu reagieren.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 28 März 2016, 16:02:08
Fortsetzung:

20.   Ölschmierung

Die Ölschmierung wurde in den vorstehenden Kapiteln bereits angesprochen. So unterscheiden wir die Ölumlaufschmierung und die Zylinderschmierung. Letztere wurde bereits eingehender beschrieben. Bei der Ölumlaufschmierung sind noch einige Punkte von Interesse.  Bei den Hauptmaschinen ist generell von einer Trockensumpfschmierung auszugehen, d.h., das Öl läuft aus der Motorgrundplatte in einen Tank ab. Die Abläufe sind in der Zahl und in ihrer Anordnung so vorzusehen, daß in jeder Gati- oder Schräglage des Schiffes das Öl ablaufen kann. Bei aufstauendem Öl würde ein Eintauchen der Kurbelwelle während des Betriebes zu größeren Zerstörungen, insbesondere der Grundplatte, führen.  Die benötigte Ölmenge ist mit 1 l/PS bzw 1,36 l/kW anzusetzen. Der Öltank sollte so ausgelegt sein, daß diese Menge ~80 % des Volumens entspricht. Die erforderlichen Öldrücke können je nach Ausführung der Lager zwischen 2,5 bar bei Weißmetallagern und 3,5 bar bei Bronzelagern variieren. Die Öltemperatur liegt zwischen 45 – 50°C. Die Schmierölpumpen-Förderung beträgt bei Weißmetallagern 8 -12 l/PSh und bei Bronzelagern 18 – 20 l/PSh.

Bei doppeltwirkenden 2-Takt-Motoren wurde auch statt Wasser Kühlöl für die Innenkühlung der Kolben und, falls die Versorgung durch sie erfolgte, der Kolbenstange verwendet. Hier wurde das Öl anstelle des Seewassers benutzt, damit es nicht im Falle von Leckagen zur Verunreinigung des Schmieröls kommt.

Die abzuführenden Wärmemengen summieren sich bei den Motoren, so sind es bei den Lagerstellen 10 – 20 kcal/PSeh und aus den (ölgekühlten) Kolben 80 – 100 kcal/PSeh.

Bei angehängten Schmierölpumpen ist natürlich bei stehender Hauptmaschine kein Öldruck vorhanden, bei externen Pumpen können diese auch im Stillstand der HM die Ölversorgung aufrecht erhalten. Dieses führte mitunter zu einigen Diskussionen, so waren einige Chiefs strikt gegen das Weiterlaufenlassen im Hafen, da das Öl die Lagerschalen auswaschen könnte, andere senkten nur den Pumpendruck ab, die 3. Gruppe ließ die Pumpen einfach durchlaufen.
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: FAUN am 28 März 2016, 21:13:37
Fortsetzung:

21.   Kühlung

Wie in einigen Abschnitten bereits angedeutet, ist das Thema ,,Kühlung" nicht zu unterschätzen. Neben der Kühlung der Hauptmaschine sind ist es das Schmieröl und die Ladeluft. Letztere allerdings nur bei aufgeladenen Motoren. Bis in die 50er Jahre hatte eine Faustformel Gültigkeit , die besagte, daß 1/3 der zugeführten Wärme in Arbeit verwandelt wird, 1/3 in die Abgase geht und 1/3 über das Kühlwasser/Schmieröl abzuführen ist. Danach stiegen die Wirkungsgrade, so daß bereits um 1960 herum nur noch 22 – 30 % durch das Kühlwasser/Schmieröl  entsorgt wurden.

Neben diesen Verbesserungen im Wirkungsgrad trat auch der Wechsel von der direkten Seewasserkühlung (Durchflußkühlung) zur indirekten Frischwasserkühlung (Umlaufkühlung) ein. Bei der Umlaufkühlung gelangt nur reines Frischwasser, von einer Pumpe umgewälzt, in den Motor. Dieses Wasser wird dann im Rückkühler durch Seewasser gekühlt.  Der Vorteil liegt hier darin, daß die Frischkühlwassertemperatur im Zu- und Ablauf aus dem Rückkühler beliebig hoch gewählt werden kann. Es braucht nicht auf Ausscheidungen von Kalk oder Salz geachtet werden. Dem Wasser können bei Bedarf korrosionsschützende Mittel zugesetzt werden.

Die älteren Anlagen, hierzu gehören natürlich auch die doppeltwirkenden 2-Takt-Motoren, hatten eine Durchflußkühlung und waren im Prinzip so aufgebaut, daß das Kühlwasser durch ein Bodenventil und ein Sieb angesaugt wurde. Danach durchströmte es den Schmieröl- und Kühlölkühler, dann, von unten eintretend, den Zylinderkühlmantel, die Zylinderdeckel und die Abgassammler. Gleichzeitig diente ein Teil des Kühlwassers zu Kühlung der (Anlaß-)Luftverdichteranlage.

Über Regler wird die Kühlwasseraustrittstemperatur auf 50 – 60 °C gehalten. Bei einer mittleren Kühlwassereintrittstemperatur von 15 °C, einem mittleren Brennstoffverbrauch von 180 g/PSih, entspricht ~1.800 kcal/PSih, und einem 30 %igem Anteil an der Gesamtwärme ergibt sich ein Kühlwasserverbrauch von 15 – 20 kg/PSh. Zu große Kühlwassermengen, also zu geringe Zylindertemperaturen, bewirken u.a. auch eine unvollkommene Verbrennung und Koksbildung, zu hohe Kühlwassertemperaturen verstärken die Ausscheidungen von Härtebildnern.  Letztere müssen auf jeden fall vermieden werden. Ablagerungen verhindern den Wärmeübergang von den hocherhitzten Innenteilen (Kolben und Zylinderlaufflächen) an das Kühlwasser, und verursachen so durch den fehlenden Temperatur- und Spannungsausgleich Risse und Brüche. Hieraus ergeben sich aber auch Begrenzungen in den Materialabmessungen von Zylindern und Kolben der Dieselmotoren. So baute man damals keine Langsamläufer mit Durchmesser >900 mm. Bei den doppeltwirkenden 2-Takter  lag die Begrenzung der Zylinderleistung bei 3.000 PSi. Dementsprechend erhöhte sich bei den Motoren die Zylinderzahl, insbesondere auch bei den Mittelschnell- und Schnelläufern.

Dieses änderte sich mit der Einführung der Frischwasserumlaufkühlung. Die Umlauftemperaturen werden konstant gehalten, die Menge des benötigten Seekühlwassers entsprechend ,,zu dosiert". Dieses kann, wenn die Seewassertemperatur nicht mitspielt, zu unliebsamen Erscheinungen führen. Um hier einmal ins Anekdotische abzugleiten, etwas selbst erlebtes.

Wenn die Zylinderkühlwassertemperatur, sie sollte 70 °C haben, nach oben hin auswanderte, reagierte die HM-Überwachung mit einem Alarm, ging die Temperatur nicht zurück, so wurde die HM (6 Zylinder Mitsubishi 2-Takter, gebaut in Sulzer-Lizenz) automatisch reduziert, d.h. sie ging auf 80 U/min zurück. Position Nordatlantik, Überfahrt Le Havre – Boston, im Winter. Etwa 2 Tage vor Boston überfährt man die Grenze zwischen Labrador-und Golfstrom. Dieses zeigt sich in einem Abfall der Wassertemperatur von teilweise >10 °C. Dieses geschieht, je nach Kurs, innerhalb von 1-3 Std. An sich wäre es kein Problem, der Regler an dem 3-Wegeventil in der Seewasserleitung (zum Kühler oder in den Bypass) reagiert entsprechend. Aber der Übergang ist nicht langsam oder wie ein Schnitt, er ist wechselnd, als würde man durch streifenförmige Strömungen fahren. Mit anderen Worten, die Temperatur ging rauf und runter. Es blieb nur, um die Regelgeschwindigkeit des Reglers nicht total zu verstellen, es  mußte von Hand eingegriffen werden. Solche Vorgänge konnten schon einige Leute beschäftigen.

22.   Literatur und vorläufiger Schluß

Hiermit komme ich in der Betrachtung des Dieselmotors zu einem (vorläufigen) Ende. Es sollte eine Art Zusammenfassung des hier vorhandenen Wissens sein, sicherlich von meinem persönlichen Geschmack eingefärbt, und natürlich auch Spaß machen. Abschließend noch die verwendete Literatur, vielleicht möchte der eine oder die andere etwas nachschlagen oder vertiefen.

Gerhards, Max Wilh.; ,,Ölmaschinen", Verlag Julius Springer, Berlin, 1921, (ISBN 978-3-642-98648-2 des Nachdrucks)

Grote, Karl-Heinrich (Hrsg.); ,,Dubbel- Taschenbruch für den Maschinenbau", Springer-Verlag, Berlin, 2011, 23. Auflage, ISBN 978-3-642-17305-9

Leder, Wilhelm; ,,Schiffsmaschinenkunde Band IV: Otto-, Glühkopf- und Dieselmotoren", Fachbuchverlag, Leipzig, 1957

Mau, Günter; ,,Handbuch Dieselmotoren im Kraftwerks- und Schiffsbetrieb", Friedr. Vieweg, Braunschweig/Wiesbaden, 1984, ISBN 978-3-528-14889-8 (Nachdruck)

Mayr, F.; ,,Ortsfeste Dieselmotoren und Schiffsdieselmotoren", Springer-Verlag, Wien, 3. Auflage 1960 (Nachdruck)

Meier-Peter, Hansheinrich (Hrsg.); ,,Handbuch Schiffsbetriebstechnik", Seehafen Verlag, Hamburg, 2. Auflage, 2012, ISBN 978-3-87743-829-9

Roloff, Hermann, ,,Maschinenelemente", Fried. Vieweg, Braunschweig, 1972, 5. Auflage,ISBN 3-528-14013-5

Spausta, Franz; ,,Treibstoffe für Verbrennungsmotoren", Springer-Verlag, Wien, 1939, (ISBN 978-3-7091-5161-7 des Nachdrucks)

Théremin, Hans (Hrsg.); ,,Schiffsmaschinenbetrieb", VEB Verlag Technik, Berlin, 1978

Zinner, Karl; ,,Aufladung von Verbrennungsmotoren", Springer-Verlag, Berlin, 2. Auflage, 1980, ISBN 3-540-10088-1
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: delcyros am 29 März 2016, 13:16:07
DANKE FAUN! top
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: t-geronimo am 29 März 2016, 14:19:06
Ganz großes Kino!! top top

Wir sollten weiterhin über eine geeignete Darstellung des ganzen Themas im HMA oder so nachdenken, damit die ganze Mühe nicht immer weiter nach hinten verschwindet hier im Forum.  :wink:
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Peter K. am 29 März 2016, 23:42:41
... ich kann mich da nur T-G´s Statement anschließen!  :MG:

Als Ergänzung zum interessanten Literaturverzeichnis könnte vielleicht mein Literaturauszug der hier vorhandenen Bestände zum Thema Dieselmotoren hilfreich sein ...
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: ede144 am 30 März 2016, 11:14:05
Ja danke an Faun, das ist wirklich eine gelungene Beschreibung der Dieseltechnik. top
Auch wenn ich nicht alles verstanden habe  flop

Und wenn man das ins HMA verschieben kann, dann noch besser  :-)
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: Q am 13 Februar 2023, 17:53:10
Hier ein schoenes Erklaervideo zum grossen Marine 2- Takt Diesel.


https://youtu.be/6CBzlQNrin0




Don't Panic the Q
Titel: Re: Dieselmotoren
Beitrag von: olpe am 15 Februar 2023, 15:03:39
Hallo,
... top :MG: ... gut erklärt ...

Grüsse
OLPE