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Flotten der Welt => Bundesmarine / Volksmarine / Deutsche Marine => Erlebnisberichte aus der Armee => Thema gestartet von: Wilfried am 17 Juni 2006, 19:21:24

Titel: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 17 Juni 2006, 19:21:24
Moin, moin zusammen!

Erlebnisberichte, sie sind ein Stück eigener Geschichte - man muß etwas aus seinem Leben preisgeben - es ist nicht jedermanns Sache. Ich habe damit jedoch kein Problem.
Es stellt sich immer die Frage nach Zeitzeugen. In 20 Jahren bin ich sicher auch einer davon. Und deshalb möchte ich aus meiner Zeit berichten. Wie ich zur Marine kam. Und warum.
Begonnen hat es im Jahre 1968, als ich meinen Gehilfenbrief als Schriftsetzer bekam. Das war im April; zwei Monate später bekam ich den Musterungsbefehl. Ich hatte mich beim Kreiswehrersatzamt in Bremen zu melden. Von einem Kollegen hatte ich schon den Tip bekommen, die Schriftsetzer, die werden meistens zur topographischen Truppe in Idar-Oberstein gezogen.
Idar-Oberstein - pfui Teufel - das ist ja diverse Kilometer von meinem Heimatort entfernt. Kurze Zeit später kam der Termin für die Musterung mit Datum und der Eignungstest. Beides mit Bravour bestanden - für alle Waffengattungen geeignet.
Jetzt hieß es, schnelles Handeln. Ich noch einmal ins Kreiswehrersatzamt. Mittlerweile hatte ich herausbekommen, daß die Fachrichtung Radar eine Grundausbildung in Brake, eine Fachausbildung in Bremerhaven und küstennahe Verwendung beinhalteten.
Ich erklärte dem Beamten, daß ich mich für eine Weiterverpflichtung interessiere, wenn ich in dieser Richtung Verwendung fnden würde.
Grund war folgender, ich hatte einige Monate vorher meine heutige Frau, kennengelernt.
Meine Karteikarte muß dann wohl einen farbigen Reiter bekommen haben, denn alles lief so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
So zog ich dann am 1. Oktober 1969 in die Marine ein. Marineausbildungsbataillon 4 Brake.
Ich hoffe, daß ich nicht der Einzige bin, der ähnliche Erlebnisse hat; ich mag diese - meine Geschichte - gerne fortsetzen.
Es gibt auch noch ein paar Bilder.
Dieser Standort ist längst Geschichte - aber für mich war er für 3 Monate ein Lebensabschnitt.

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 18 Juni 2006, 00:04:31
Im September 1969 kam dann der Einberufungsbescheid. Ich hatte mich am 1. Oktober um 14 Uhr im Marineausbildungsbataillon 4 in Brake zum Dienstantritt zu melden. Mit einem Kollegen aus der Druckerei traf ich mich in der Kantine unserer Zeitung. Ach, sagte er, mach Dir keine großen Gedanken, alles halb so wild. Am besten Du hältst die Schnauze und machst immer, was die Vorgesetzten von Dir wollen. Aber ein paar Tips will ich Dir noch geben. Besorg Dir eine Fusselrolle und, wenn Du bekommen kannst, ein schweres Bügeleisen. Was diese Tips wert waren, wird später noch Erwähnung finden.
Mit einem etwas mulmigen Gefühl machte ich mich am 1. Oktober auf den Weg zum Bahnhof, um den Nahverkehrszug Bremen-Delmenhorst-Hude-Brake-Nordenham zu besteigen. Es waren noch die Doppel-Einheiten mit den roten Schienenbrummern.
In dem großen Abteil eine Horde ausgelassener Zivilisten meines Alters, die alle das gleiche Schicksal getroffen hatte.
Großes Herz, große Sprüche und eine kleine Reisetasche im Gepäck. Als der Schaffner rief, nächster Halt "Brake" wurde der Rees schon bedeutend ruhiger.
Eigentlich hatte ich mich schon auf den Spaziergang zur Kaserne gefreut, aber daraus wurde nichts.
Kaum auf dem Bahnsteig angekommen, schallte schon ein Ruf an mein Ohr: "Alle, die zur Marine kommandiert sind, hier zu mir und auf das Fahrzeug!" "Aber mit Beeilung!" Na, das wird aber lustig; sollte das der Umgangston für die nächsten eineinhalb Jahre werden? Und schon ging es holterdiepolter direktemang mit der Nato-Ziege in die Kaserne des Bataillons.
Wer die Nato-Ziege nicht kennt, hier ein Foto:


Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Leutnant Werner am 18 Juni 2006, 16:08:27
Weiter, Wilfried,
immer schön weiter erzählen
Gruß
Lt.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: winni am 18 Juni 2006, 16:49:18
Was ist mit dem Bügeleisen und der Fusselrolle ?? :MD)
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 19 Juni 2006, 23:18:30
Nachdem wir das Haupttor passiert hatten, hielt unsere "Ziege" nach wenigen hundert Metern.
Das Fahrzeug hielt auf dem Innenhof eines U-förmigen Backsteingebäudes, welches den Namen "Hamburg" trug, wie ich später erfuhr. Von einem Hauptgefreiten wurden wir erst einmal auf eines der vielen 8-Betten-Zimmer verteilt und mußten unsere Papiere an ihn abgeben. Wenn ich vorher den Begriff Kaserne auch nur aus Büchern kannte - das hier war eine solche. Ellenlange Flure, Steinfußboden, Einlasse in den Wänden für das Einstellen von Gewehren. Es erinnerte stark an den Roman 08/15, den ich kurze Zeit vorher gelesen hatte. Kurze Zeit später das Kommando: "Alle Mann antreten auf dem Innenhof".
Mehr als einhundert Zivilisten tummelten sich nun auf dem Hof von Block Hamburg. Vor uns stand Hauptbootsmann Botthoff. "Ich bin hier der Spieß, und für alle dienstlichen und privaten Belange für Sie zuständig!" Dann wurden die Namen verlesen um die Anwesenheit zu überprüfen. Wenn das "anwesend" nicht laut genug über den Hof schall, wurde noch einmal nachgefragt, bis die Lautstärke der militärischen Phonetik entsprach.
Als dies dann endlich zur Zufriedenheit des Spießes erfolgt war, wurde uns mitgeteilt, daß wir nun zur zweiten Kompanie des 4. Marineausbildungsbataillons gehörten.
Alsdann wurden wir nach Körperlänge aufgeteilt und die richtige Whooling begann. Vier Züge mußten gebildet werden. Die Längsten kamen in den ersten Zug; ich wurde dem zweiten Zug zugeteilt. Die kleinsten kamen in den vierten Zug - von uns später als Nato-Zwerge bezeichnet.
Mein Zugführer war Leutnant Wolf. Ein drahtiger kleiner Leutnant, der ein Riesenproblem damit hatte, daß just die SPD aus den Wahlen nach der ersten großen Koalition unter Führung von Kurt-Georg Kiesinger als Sieger hervorgegangen war.
Sollte jetzt der Bürger in Uniform hier Einzug gehalten haben?
Seine erste Ansprache war jedoch noch ganz im alten Stil gehalten. "Sie mögen ja im Privatleben ganz erfolgreich gewesen sein, aber von den militärischen Seite her gesehen, sind Sie eine absolute Null. Ich bin nun dafür zuständig, daß diese Lücken mit Inhalt gefüllt werden!"
Und mit einem "Wegtreten, marsch, marsch!" verschwanden wir erst einmal in unser Deck.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 20 Juni 2006, 19:16:42
Dieser Tag war erst einmal geschafft; 8 Mann auf einer Stube. Es klopfte, herein kam ein etwas untersetzter Herr in Olivgrün. Mein Name ist Maat Wolf, ich bin Ihr Gruppenführer. Wir werden die nächsten 3 Monate miteinander verbringen. Wenn ich oder einer Ihrer Vorgesetzten hier hereinkommt, ruft der Stubenälteste "Achtung, und Sie haben neben Ihrer Koje oder wo immer Sie sich befinden, alles liegenzulassen und Haltung anzunehmen." Dann erklärte er uns was er unter Haltung verstand, wies darauf hin, daß unsere Privatsachen nicht auf die Kojen gehören, sondern gefälligst im Spind zu verstauen sind und das um 22 Uhr Feuer und Lunten aus zu sein haben. Hinzu kam noch, das eine Tür ein Schott; ein Mülleimer eine Pütz und ein Fenster ein Bulleye ist. Soviel mußte für den Anfang bei der Marine wohl erst einmal reichen.
Als er den Raum verließ, brüllte ich "Achtung" ... und so hatte ich erst einmal Zeit, mich mit meinen neuen Zimmergenossen bekanntmachen zu können.
Die Kojenfrage, wer schläft oben, wer unten, konnte schnell geklärt werden. Wir hauten uns dann in unsere Kojen, und dann hörten wir ein Geräusch, daß wir noch nie gehört hatten. Es war das Signal aus der Bootsmannsmaatenpfeife, daß uns ankündigte, das nun Ruhe zu herrschen hatte. "Pfeifen und Lunten aus, Ruhe im Schiff", erschallte noch kurz durch die Gänge ... und dann fielen wir alle in einen unruhigen Schlaf.

Der nächste Morgen begann wieder mit einem Signal aus der Bootsmannsmaatenpfeife, dem sogenannten Locken ..., das war ein leichtes Anpfeifen ... und dann kam der Triller ... und ein Stimme brüllte: Arise,,,. rise, reise, Aufstehn ...
Das richtige Leben hatte uns wieder. Wer einmal dieses Trillern gehört hat, wird es nie wieder vergessen.
An Bord wurde auf dieses Ritual verzichtet; wir gingen im 3er Törn unsere Wachen; da hätte es die anderen Kameraden, die ein Recht auf ein wenig Schlaf hatten, verdammt gestört. Hier aber sollten wir ja auf den harten Dienst vorbereitet werden.
Ich weiß aber von Einheiten, wo das Locken mit derben Sprüchen ergänzt wurde ...

"Eine Hand zum Sack, eine Hand zum Socken,
Seemann, bleib' liegen, das ist erst das Locken."

oder als Weckspruch:

Auf, auf, ihr müden Leiber,
die Pier steht voller nackter Weiber!
(Pause)
Der Bootsmann hat Euch angelogen,
die Weiber sind schon angezogen.

Und da die 76er schon immer durch den Kakao gezogen wurden, noch einer hinterher:

Wer rennt so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der 76'er mit seinem Spind,
er hat die Koje noch unterm Arm,
war wohl wieder Nachtalarm.

Nach diesem kleinen Ausflug wieder zurück in unseren Alltag. Nachdem wir uns im Waschraum fit gemacht hatten, schallte schon der nächste Ruf durch die Flure ... im Hof in 3er-Reihen antreten. Und schon rannten wir - immer noch in zivil - auf den Hof und versuchten uns ... auszurichten... als das einigermaßen klappte, ging es "ohne Tritt, marsch!" zum Backen und Banken in den Speisesaal ...

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 20 Juni 2006, 20:23:49
Schöner Bericht Wilfried!
Einzug zum Wehrdienst, das Gefühl kenne ich, nicht so einfach zu beschreiben, aber hast du sehr gut hinbekommen.
Warum diese Einteilung mit den Größen ,,Natozwerge" usw?
Wie lief das mit den Einkleiden ab? Hose, Hemd, Schuhe, passt, der nächste!?
Wie lief das in der Kaserne bei euch ab? Flur-Toilettenreinigung z.B..
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Chrischnix am 20 Juni 2006, 20:28:44
Hallo Wilfried

Danke für Deinen schönen Bericht und das Du mich mit
dem 76 er Spruch wieder daran erinnert hast, das ich meine
erste Grundausbildung in Glückstadt machen durfte.  :-D :-D :-D

Schöne Grüße:
Chrischnix
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 20 Juni 2006, 21:00:47
Moin, moin zuammen!

Ich bin doch sehr überrascht, wieviele von Euch sich für meinen Bericht aus meiner Dienstzeit interessieren; all' das, was ich hier schreibe, ist mittlerweile 37 Jahre her. Ich wundere mich selbst, wieviel aus dieser Zeit noch hängengeblieben ist ...  :-D ich werde in dieser Form meine Tastatur weiterhin malträtieren ... eben ein Bericht von einem Zeitzeugen ... :-D gestellte Fragen werden sicherlich im Verlauf eine Antwort bekommen ....

Ich bedanke mich noch einmal für die wohlwollende Aufmerksamkeit ...
Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 20 Juni 2006, 21:07:41
Hallo Wilfried,

auch wenn wir nicht in deinen Thread zwischenmuschen, heisst das nicht, das wir ihn nicht mit Interesse lesen. Also bitte weitermachen.

P.s. Einen Weckspruch könnt ich auch noch bringen, aber der ist nicht jugendfrei.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 20 Juni 2006, 21:18:06
Moin, moin zusammen!

Ja, mein lieber René, davon kenne ich auch noch eine Menge.

Auf jedem Schiff, was dampft und segelt,
gibt's einen, der die Waschfrau kennt ... :-D

Gerne mache ich weiter; und es macht Spaß ... und es ist ein Kapitel, was meine zwei Töchter noch gar nicht aus meinem Leben kennen.. :-D

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Chrischnix am 20 Juni 2006, 21:43:27
@Wilfried

... und ist das Schiff auch noch so klein,
die Waschfrau will gev...äh kennengelernt sein :WM0:

Gruß:
Chrischnix
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 20 Juni 2006, 21:52:29
Ich glaub, wir sprengen hier gerade den Thread !



Du wachst auf mit schwerem Schädel,
neben dir ein nacktes Mädel
Hemd zerissen, Geld ist weg
und am Dödel F.....dreck.
Von innen zerlumpt, von aussen auf Draht,
das ist der deutsche Marinesoldat.


So nun aber wieder zum eigentlichen Thema. Oder ?


Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: t-geronimo am 20 Juni 2006, 21:58:07
Gott bin ich froh, das ich Zivi war... :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 21 Juni 2006, 01:07:09
Nach dem Frühstück durften wir wieder einzeln in unseren Block zurück; auf der Stube angekommen schallte wieder ein Ruf durch unser Deck. "Zwoter Zug, antreten zum Bekleidungsempfang!" Und schon ging es los ... vor Block 3 warteten schon ca. 50 Matrosen, wir uns hintenan gestellt. Irgendwann kam auch ich an die Reihe. "Name, Kleidergröße, ... der nächste!" Und schon hatte ich ein olivgrünes Jäckchen und eine Hose mit aufgenähten Taschen in meinem Bestand. Weiter ging es, Koppeltragegestell, ABC-Schutzmaske, Kampfanzug, Stahlhelm, Parka, lange Unterhosen olivgrün, Rucksack, Schlafsack, Patronentaschen, Feldflasche, Eßbesteck und diverse andere Ausrüstungsgegenstände ... dazu einen olivgrünen Seesack, damit alles verstaut werden konnte, wollte ich zum Heer? Hatte ich doch die falsche Fachrichtung gewählt? Auf dem Rückweg suchte ich nach Panzern... fand sie aber nicht. Auf der Stube angekommen, wurden wir sofort eingewiesen, wie denn unsere neu erworbenen Ausrüstungsgegenstände sachgemäß auf und in unserem Spind zu verstauen seien.
Zur Mittagszeit wieder das gleiche Spiel mit Antreten und dann "ohne Schritt" ... ich kannte das ja schon.
Gegen 14 Uhr klopfte es wieder. "Achtung" ... Stube mit ... angetreten mit... "Danke, rühren, ich bin Obermaat Härtling, stellvertretender Gruppenführer." Der erste Obermaat, der auch wie einer von der Marine aussah; Vollbart, weiße Hose, blaue Bluse mit Knoten und die entsprechenden Insignien auf den Oberarmen.
Also doch bei der Marine gelandet. Er nahm an unserem Tisch Platz und gab uns eine Einführung in den Ablauf der nächsten Tage. Was und wie es denn weitergehen würde. Sein Auftritt und die Art, wie er uns Frischlingen alles erklärte, ohne den oberlehrerhaften Ton und uns wie Gleiche behandelte, ließ mich hoffen, daß die Marine im großen und ganzen doch wohl aus intelligenten Menschen bestand und meine Wahl für diese Waffengattung wohl doch nicht falsch war.
Um 15 Uhr sei dann wieder Antreten im Block. Nun waren wir vorbereitet und stürzten rechtzeitig in Reihe angetreten in den Hof. Und wieder in einen anderen Block. Blaue Reisetasche - die Marine denkt aber auch an alles - Schiffchen, Tellermütze Blau, Tellermütze weiß, 3 Takelpäckchen, 1. Geige blau, 2. Geige blau, Tropenanzug, Exerzierkragen, 3 Sporthemden, Unterwäsche, Taschentücher, Mützenbänder, Marlspieker, Bootsmannsmaatenpfeife... und weiter ging es zum nächsten Block  - immer im Untergeschoß gelegen, saßen die Kellerkaleus, die wichtigsten Männer im Getriebe der Versorgung der deutschen Marine.
Seestiefel, Bordschuhe, Sportschuhe und die Ausgehschuhe von der Firma Gallus, werde ich nie vergessen ... alles unterschrieben und quittiert.
Na prima, alles auf die Stube gebracht und nach Anweisung verstaut ... denkste. Da war nun wieder der Maat Wolf, ich hatte ihn schon einmal vorgestellt. Nein, in der deutschen Marine hat alles seine Ordnung. Die Unter- und Sporthemden waren auf Format DIN A 4 zu falten ... es wurde kurz gezeigt, und der Ausflug in die Kantine war an diesem Abend direkt gelaufen ... fluchen, sich gegenseitig helfen und irgendwie ging es dann doch.
An diesem Abend war mir klar geworden, die Landesverteidigung hing ganz entscheidend von unserer Spindordnung ab ...

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Scharnhorst66 am 21 Juni 2006, 08:33:15
@Wilfried ,


super ... nur zwei Worte dazu



MEHR DAVON
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: egima am 21 Juni 2006, 12:56:03
Moin,

Klasse Wilfried, mach weiter!!! Mit jedem Beitrag werde ich mind. 5 Jahre jünger

Grüße :MG:
Frank

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 21 Juni 2006, 23:22:44
So, nun fehlten nur noch ein paar Kleinigkeiten, die aus mir einen Matrosen machen sollten. Kulani in Sommer- und Winterversion, Stahlhelm und natürlich die entsprechende Bewaffnung. Und so ging es wieder zugweise durch die verschiedenen Blocks, bis wir alles zusammenhatten. Gewehr G-3, Patronentaschen, Klappspaten und das sehr wichtige Essgeschirr waren schnell besorgt.
Dann wurden wir von unserem drahtigen Maat unterwiesen, wie denn die einzelnen Kleidungsstücke zu einer Einheit am Mann getragen wurden. Wenn es hieß, antreten in Oliv, dann bedeutete es dies auch. Es gehörte also kein Sporthemd unter das Moleskine-Päckchen. Selbstverständlich auch keine Bordschuhe und Schiffchen, sondern Seestiefel und Stahlhelm. Wie wichtig diese kleinen Unterschiede sind, wird hier noch Erwähnung finden.
Mittlerweile hatten wir uns auch an den rauhen Ton gewöhnt; bauten unser Bett, pardon, Koje so, daß auch die am Fußende liegende Wolldecke den Schriftzug Bundeseigentum in der richtigen Leserichtung aufwies. Unsere Spinde waren allzeit so korrekt, daß selbst spontane Kontrollen durch unsere Vorgesetzten keine Mängel aufzeigten.
Die tägliche Routine unserer Ausbildung konnten wir nun einem Dienstplan entnehmen, der für jeden Zug am Haupteingang, neben der Wachstube, angeschlagen war. Wenn dort stand, 10.30 Handwaffenausbildung auf der Stube, bedeutete das, Kleidung oliv; war angeschlagen 14.30 Seemannsknoten, eben Kleidung weißes Takelpäckchen und dann, waren auch die Bordschuhe angesagt.
Auch für die Freizeitbeschäftigung wurde nun gesorgt. Denn jedes von uns empfangene Kleidungsstück mußte mit unserem Namen gezeichnet werden; so erhielten wir eine große Stoffrolle mit unserem Namen - selbstverständlich von unserem ersten Sold abgezogen.
"Und damit Sie gleich Bescheid wissen, die Schilder werden eingenäht; wen ich erwische, daß er sie eingeklebt hat, darf sich auf eine Zusatzbeschäftigung freuen!". Und er gab auch gleich schon einmal die Termine vor, an denen die entsprechenden Teile von ihm kontrolliert wurden. Ja, richtig - so war er, unser Maat Wolf.
Und so begannen dann 8 Matrosen, statt sich einen ordentlichen Hieb in der Kantine zu gönnen, auf der Stube mit Nadel und Faden an ihren Kleidungsstücken zu hantieren. Die Flüche, mit denen diese Tätigkeit begleitet wurde, mag ich hier nicht wiedergeben. Und ich muß sagen, hier trennte sich die Spreu vom sprichwörtlichen Weizen. Wo Mama immer geholfen hatte - hier war sie einfach nicht vorhanden. Für manchen der erste Schritt in die Selbständigkeit ...
Der Wunsch, die Kaserne zu verlassen wurde immer größer - aber wie? "So lange, wie sie nicht Grüßen gelernt haben, kommen Sie nicht an Land!"
Das sollten wir in der Formalausbildung erst einmal lernen ... und das haben wir dann auch!
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: ufo am 22 Juni 2006, 23:20:12
Danke!
Genial! :MG:

Wiewohl - da lob' ich mir ganz wie Thorsten meinen RTW! :-D

Ciao,
Ufo
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: t-geronimo am 23 Juni 2006, 00:37:15
Jepp!

Aber trotzdem kann ich kaum erwarten, wie es bei Wilfried weiterging!  :TT/(
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 23 Juni 2006, 21:16:25
Und wir lernten ... jeden Tag, den uns der Herrgott schenkte.
"Zwoter Zuug"; und schon ging es mit der Formale los. Alles stürzte wie gehabt, in Oliv auf den Hof. "Richt' Euch, ohne Tritt Marsch ..." und schon waren wir unterwegs über die Bataillonsstraße direktewegs auf den großen Platz gegenüber der Sporthalle.
Maat Wolf nahm vor der Front Aufstellung. Jetzt ging es um die Optik. Wenn es heißt, richt' Euch, wird eine Linie mit dem Nebenmann gebildet, der Abstand sollte so sein, daß bei angewinkeltem Arm der Nebenmann berührt wird. Die Füße bilden einen Winkel von 45 Grad, der Oberkörper ist gerade und die Hände liegen mit gebildeter Faust, der Daumen zeigt nach vorne und die Arschbacken werden so zusammengekniffen, daß ein Fünf-Mark-Stück die Prägung verliert. Und daß mußte natürlich ausgiebig geübt werden. Zwoter Zug, im Laufschritt im Kreis .. Achtung! Antreten... marsch, marsch .. und so weiter und so fort. Und dann kamen die Sondereinlagen... Alaarm, hinlegen .... und schon lag der gesamte Zug im Dreck.. Sprung auf, marsch .. und kreisen... Daß werde ich nie vergessen, das Kreisen. "Meine Herren, nehmen Sie Haltung an, wir sind hier doch nicht beim Fernsehballett ...!"
"In 3er-Reihe angetreten...." " Im Gleichschritt ... marsch, marsch ..!" "Fliegeralarm .. und schon wieder lag der Zwote Zug am Boden ...
Und dann wurde gegrüßt; Männchen bauen, rechte Hand an den Helm, den Arm schön angewinkelt und die flache Hand bildete ein Sonnendach von 30 Grad, damit es nicht hineinregnete. Die linke Hand - wie schon beschrieben - an die Hosennaht gepreßt. So wurde im Stillstand gegrüßt. Und dann das Ganze, wenn der gesamte Zug im Marschtempo am Vorgesetzten vorbeizog ... ein Bild für die Götter.
Es war völlig klar, daß es nicht zur Zufriedenheit unseres Maates ablief. Wenn dann auch noch Kommentare von uns kamen ... "Meine Herren, ich habe den Eindruck, Sie nehmen daß hier nicht ernst. Das üben wir heute abend!"
Und wir haben wieder geübt; vor allem, wenn unser Maat Innendienst hatte und abends nicht an Land kam. Dann konnte er seinen Testosteron-Spiegel nicht außerhalb der Kaserne regulieren.
Die Auswirkungen haben uns die nächsten 3 Monate beschäftigt.
Und wenn ich dachte, daß sich 10 Jahre später etwas verändert hatte - im positiven Sinne für die Rekruten - weit gefehlt:

Der Spind, fast genauso ... obwohl schon ein paar Kleidungsstücke fehlen;

(http://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Spind.jpg)


Oben auf dem Spind ... die Reisetasche, sie ist immer noch Bestandteil der Ausrüstung.

(http://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Spind-oben.jpg)


Die Koje .. naja, fast so gut wie meine.

(http://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Koje.jpg)


Und der Weg durchs Gelände mit Begleitung ...

(http://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Kaserne-von-oben.jpg)


Gerd Deutschländer hat mir diese Fotos zur Verfügung gestellt; ich hatte damals noch keine Kamera, weil eben das Geld fehlte.
Sie sollen meine Zeilen illustrieren; ich ich danke ihm dafür.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: t-geronimo am 23 Juni 2006, 21:57:25
Köstlich!!! :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 23 Juni 2006, 22:55:51
Nach 2 Wochen hatten wir die Routine voll im Griff. Wir agierten wie dressierte Affen; nach dem Frühstück auf den Dienstplan schauen und uns dann entsprechend kostümieren. Der Verstand war weitgehend ausgeschaltet. Nach dem Mittagessen das Antreten auf dem Hof im Block. Richt' Euch, die Augen geradeaus .. zur Meldung an den Kompaniefeldwebel ... und dann wurde die Post verteilt... und ab in die Stuben. Ein kurzer Verholer, und dann ging es weiter... Handwaffenausbildung auf der Stube; immer eine schöne Sache mit Obermaat Härtling. Die Jungs wieder in Oliv gekleidet. Er erklärte uns, wie man dieses Gewehr auseinandernimmt, was beim Verschießen einer Gewehrgranate zu beachten ist .. ließ uns üben ... und irgendwann - das hatten wir herausgefunden, denn irgendwie war er Seemann und kein Kommisskopp, eher einer, der seine Fahrzeit liebte, kam die Frage: "Herr Obermaat, sie sind doch Fletcher-Fahrer, erzählen Sie doch mal von Ihrer Bordzeit" Und dann wurde es doch noch ein schöner Nachmittag. Er konnte phantastisch aus seiner Bordzeit berichten - unser aller Augen hingen an seinem Mund ... und nahmen begierig auf, was wir alle hofften, auch einmal selber zu erleben ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 24 Juni 2006, 09:21:31
Sauber Wilfried ! Buchverdächtig!

Ist dir eigentlich aufgefallen, dass man nach einer Weile des Aufenthaltes bei der Armee anfängt seine Peiniger zu achten und zu schätzen? Erste Vertraulichkeiten werden aufgebaut und das Verhältnis bessert sich und man wird zu einer Einheit zusammen geschweist.
Oder gab es bei euch auch welche die einfach nicht zu ertragen waren?
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 24 Juni 2006, 20:04:55
Unser Obermaat Härtling; er verbrachte sein letztes Vierteljahr vor dem Beginn seiner Berufsförderung bei uns. Er war es, dem Respekt und Achtung entgegengebracht wurde. Er war es auch, der mich und einige Kameraden zu sich nach Hause einlud. Er wollte nach seiner aktiven Zeit zurück nach München und dann Filme machen; seinen Namen las ich vor vielen Jahren einmal in einem Nachspann einer Fernsehproduktion.
Unser Maat Wolf war ein Landungsbootfahrer, der uns immer wieder spüren ließ, daß wir als Soldaten einfach noch nicht taugten, solange wir nicht seine erlebten Strapazen durchmacht hatten. Dann gab es noch einen Hauptgefreiten, der die Maatenausbildung nicht geschafft und deshalb hier als Ausbildungsgefreiter sein Gnadenbrot für den Rest seiner 8jährigen Verpflichtung bekam. Unser Zugführer, Leutnant Wolf, war vor 37 Jahren ein erster Vorläufer einer aalglatten Karrierezunft. Er erklärte in einem privaten Gespräch, was selten genug vorkam - daß er die Stationierung hier nur als eine Stufe zum Fregattenkapitän sah.
Da gab es eine Kluft - und die wurde auch nicht überbrückt; Humor war etwas, daß wir uns  nach Dienstschluß gönnten. Wehe, es wurde während der Formale oder während anderer Ausbildungseinheiten gelacht ... "Sie nehmen daß wohl noch nicht ernst genug; meine Herren, daß üben wir nach Dienstschluß".
Egal, an welchem Ort und zu welcher Zeit - immer gab es Überraschungen und Schikanen. Das hat sich auch nach den vielen Jahren bei mir noch nicht verklärt, daß ich sagen könnte, eigentlich hat es Spaß gemacht?!
Ein Pfiff auf dem Flur nach Dienstschluß; "Spindmusterung!" Stube mit 8 Mann angetreten ... na, daß hatte ich ja schon beschrieben ... "Öffnen Sie bitte Ihren Spind!" "Was ist denn das hier? Zeigen Sie einmal Ihren Wachanzug."
Der Wachanzug war die sogenannte 2. Geige blau. Kolani und blaue Marinehose mit 2 halben Schlägen. Der Kolani wurde mit Koppel umgurtet und beim Wacheinsatz mit Seestiefel' getragen. Es war völlig klar, daß sich in dem Umschlag immer etwas Staub oder Sand befand. War der Staubbefall eines wichtigen Kleidungsstückes das einzige, was zu bemängeln Anlaß fand, ging es mit einer Ermahnung ab. Fand sich noch ein zweiter oder dritter Bemängelungsgrund, hieß' es "Matrose W., legen Sie bitte Ihre Wolldecke vor den Spind". Dann faßten zwei Matrosen den geöffneten Spind an den oberen Stirnseiten und kippten ihn so, daß der Inhalt - sofern nicht  gesichert - auf die Wolldecke fiel. Wie die Freizeitgestaltung bis zu "Feuer und Lunten aus - Ruhe im Schiff" dann aussah...
Nun hatten wir also das Grüßen geübt; einen Truppenausweis hatten wir noch nicht, aber es gab einen vorläufigen, der uns ausgehändigt wurde.
Und damit war die vage Hoffnung verbunden, nach Dienstschluß die Kaserne zu verlassen.
Daß war unsere Hoffnung, einmal etwas anderes als Rotsteinklinker und Vorgesetzte zu sehen ... leider wußten wir noch nicht, wie hoch die Hürden waren ....
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 24 Juni 2006, 22:01:54
Wie hoch waren sie, die "Hürden" meine ich!  :WM0:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 25 Juni 2006, 19:51:02
Die Uniform der Marine entstammt britischer Tradition. Seit altersher tragen die Mannschaften eine blaue Bluse mit einem tiefen Ausschnitt ohne Knöpfe und die entsprechende Klapphose mit dem weit ausgestellten "Schlag". Der "Schlag", ungefähr  Schuhlänge des Matrosen, soll beim Arbeiten in der Takelage dazu dienen, die Füße vor herabfallenden Gegenständen, Marlspieker, Bordmesser oder ähnlichen Dingen zu schützen. So wurde uns berichtet. Unsere Marinehose bestand aus einem dicken Wollstoff, der eine Bügelfalte haben mußte, die dem Wachhabenden, wenn er unser Erscheinungsbild an der Wachstube abnahm, direkt ins Auge schnitt.
Hier kam nun das von mir bereits geschilderte, schwere Bügeleisen zum Einsatz.
Dicker Wollstoff hat die Eigenschaft, sich im Regelfall nicht zu einer scharfen Kante zu formen. Darum muß man mit "Fremdstoffen" nachhelfen. Auch darf er nicht so heiß gebügelt werden, daß er zu glänzen beginnt!
Also wird die Hose auf links gedreht, und von innen, an den entsprechenden Stellen, mit einem Stück Kernseife die Naht nachgezogen. Dann wieder auf rechts gedreht, mit Wasser eingesprenkelt, ein Geschirrtuch dient als Schutz vor dem Glänzen und dann mit dem erhitzten Bügeleisen etappenweise vorgegangen.
Selbstverständlich erfolgte diese Tätigkeit nach Dienstschluß und möglichst so, daß sie vom Vorgesetzten nicht wahrgenommen werden konnte.
Diese Hürde war also genommen; aber es gab noch weitere!
Wir befanden uns jahreszeitlich Ende Oktober; es galt also die "Winteruniform", das heißt, blaue Bluse mit dem separaten Exerzierkragen. Meist trugen wir im Dienst als Takelpäckchen ausgediente Oberteile der Tropen- bzw. Paradeuniform. Dort war der Exerzierkragen Teil der Bluse. Für die blaue Bluse war jedoch ein separater erforderlich. Das Fluchen, als ich das erste Mal versuchte, ihn anzuziehen, dann die blaue Bluse darüberzustülpen - diese hatte auch einen Kragen, der aber mußte unter dem Ex-Kragen liegen, gebe ich hier nicht wieder.
Aber man erlangte eine gewisse Routine. Vielleicht schon einmal die 3 weißen Streifen, die ihn umrandeten, hinterfragt?
Richtig! Auch hier wieder Tradition. Sie symbolisieren die 3 Seeschlachten von Lord Nelson.
Beim Kleidungsempfang hatten wir ein schwarzes Seidentuch - in Folie verpackt - empfangen. Daraus mußte nun eine Art Knoten gestaltet werden; in dieser Form wird es ähnlich einer Krawatte getragen.
Hier bekamen wir allerdings eine prima Hilfe von unserem Obermaaten. Keiner von uns hätte dieses kunstvolle Gebilde zustandegebracht. Auf diesem Tuch befindet sich ein hellblauer Streifen; ganz entscheidend ist, wie es dann gerollt und geformt wird.
Bei einem Soldaten, der an der Nordsee Dienst tut, zeigt der Streifen von links oben nach rechts unten - von vorn gesehen. Bei den Kameraden aus dem Ostseebereich ist es natürlich andersherum.
Der untere Teil des Knotens bekommt eine weiße Schleife; wie diese Schleife gebunden wird - dieses Geheimnis habe ich nie ergründet. Nur daß die beiden Enden immer die Eigenschaft hatten, sich nach oben zu rollen. In damaliger Zeit sah man viele Matrosen in Zügen, die ihre Fahrkarte als Schutz davor geschoben hatten...
Die erste Schleife bekam man sozusagen als Grundausstattung; die weiteren mußte man sich kaufen. Dieses sensible Stück gab es aber auch in der Kantine als geklebtes Teil mit Gummiband und mußte nur auf den unteren Knotenteil geschoben werden. Wehe, einer der Rekruten wurde damit erwischt .... ich ließ mir die Nachfolger der ersten Schleife immer gegen kleines Geld von einem geschickten Kameraden binden ...
Ach ja, auch das Knotentuch hat natürlich eine Geschichte; es steht für die Trauerzeit nach Nelsons Tod, die dann durch die weiße Schleife wieder aufgehoben wurde ...
Und dann gab es ja auch noch die Kopfbedeckung - die Tellermütze. Zu unserer Zeit gab es zwei Versionen, die weiße für den Sommer und eben die dunkelblaue. Beide bekamen ihre Forum durch den inneren Drahtbügel, der immer darin zu sein hatte. Mir fliegt der Draht aus der Mütze ... aus dieser Richtung muß diese Redensart kommen ...
Und dann endlich - das Mützenband. Gelbgoldene Schrift auf schwarzem Grund ... leider nur "Marienausbildungsbataillon"  und keine Bordeinheit! Zusätzlich erhielten wir noch ein zweites mit der Aufschrift "Bundesmarine". Das sollte für den Ernstfall sein, damit keiner unserer Feinde erkennen konnte, welcher Einheit wir zugehörig waren.
Am Anfang hat so ein Mützenband ja noch die Eigenschaft, ausreichende Länge zu besitzen und auch die, daß  sich die Enden aus unerfindlichen Gründen immer wieder aufrollten. Das mochten unsere Vorgesetzten gar nicht gerne an uns sehen.
Also, wurden sie wieder mit einem Schrägschnitt versehen, nasses Zeitungspapier daraufgelegt und gebügelt ...
Solange, bis der Kantinenwirt sich freute, uns wieder ein neues verkaufen zu können...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 25 Juni 2006, 21:07:51
Danke Wilfried, da kehren gerade Erinnerungen wieder.
Zu meiner Zeit gabs nur noch die weisse Tellermine und soweit ich gehört habe, gibts jetzt kein blaues Hemd mehr .
Also nix mehr mit Sommer- und Winterbefehl. :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 25 Juni 2006, 21:08:08
Und Du stehst dann an einem Freitag nach Dienstschluß - Herz in der Hand - in der langen Schlange vor der Wachstube.
Allerbest eingekleidet und baust Dein Männchen. Matrose W; ich erbitte meinen Urlaubsschein?
Prüfender Blick des Wachhabenden; rühren, stehen Sie bequem. Es scheint alles makellos und dann die Frage: "Zeigen Sie einmal Ihr Taschentuch!" ... "Habe ich vergessen" - "So, so, dann heben Sie einmal Ihren Fuß, damit ich unter Ihren Schuh gucken kann". "Ja, was ist das denn? Den Steg nicht geputzt! Sie korrigieren daß jetzt und melden sich noch einmal!"
Und wieder zurück auf die Stube, Korrekturen vorgenommen und wieder in die Reihe eingegliedert.
Ok., für mich war es nicht so dramatisch, ich mußte nur nach Bremen. Ich konnte stündlich fahren. Und dann ganz bequem mit der Straßenbahn nach Hause. Aber meine Kameraden aus dem Süden Deutschlands? Auch hier gab es eine Hürde.
Zwischen dem Standort und dem Weg zum Bahnhof gab es eine Schranke. Die galt es, rechtzeitig zu queren. Denn die "roten Brummer" - Nahverkehrszüge aus Nordenham nach Bremen, mit Anschluß an die Fernzüge ins Ruhrgebiet und in die weiteren südlichen Lagen - hielten nur kurz. Erreichte man diesen nicht, war es dann Essig mit dem langen Wochenende in der Heimat. Denn die Fernverkehrszüge in Bremen Hbf warteten nicht auf die kleinen Einheiten ... Für viele war es immer eine Trainingseinheit, den Zug noch rechzeitig zu erreichen. Denn jede Stunde nach jedem Ort, mit InterCity an jedes Ziel - das gab es 1969 noch nicht ...
Und alle vierzehn Tage war nur ein "langes Wochenende" drin. Mein Freund Siegfried aus Freiburg ... hatte nur die Chance, einmal im Monat nach Hause zu kommen. Aus Kostengründen. Eine Freifahrt gab es nur einmal im Quartal. Und bei 90 Mark Wehrsold betrug die Fahrt dorthin - auch nach Vergünstigung von 50 % des Fahrpreises - immer noch die Hälfte eines Monatssalärs eines Matrosen ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 26 Juni 2006, 23:48:26
Was ein Rekrut in der Grundausbildung absepartout nicht gebrauchen kann, ist Freizeit in jedweder Form. Möglicherweise an Land gehen, sich ein paar Bier gönnen, sich mit fremden Frauen einlassen? Wenn es ihm denn gelungen war, die Hürden zu überqueren und es aber auch absolut nichts an seinem Äußeren auszusetzen gab und der Ausgang gewährt werden mußte?
Ein Marinesoldat mehrere Stunden ohne Aufsicht und ohne Anleitung?
Dem mußte einfach entgegengewirkt werden. Und ein probates Mittel ist die Anziehübung. Sie fand - richtig - nach Feierabend statt.
Nur ist solch' eine Veranstaltung - von uns als Maskenball bezeichnet - ja nicht einfach so anzusetzen. Es muß ein Grund dafür her.
Und der fand sich immer. Vor allem dann, wenn unser Maat einmal wieder als UvD eingeteilt und somit nicht aus der Kaserne kam.
Der Formaldienst außerhalb der Kaserne war immer wieder ein gern genommener Auslöser. Mal klappte das Antreten nicht schnell genug; oder die Marschformation wurde nicht so ausgeführt, wie gern gehabt oder der Ausbilder hatte einfach schlechte Laune an einem Vormittag.
Die allgemeine Vorgabe muß - uns zwar nie mitgeteilt - aber intern immer gelautet haben, die Jungs müssen auf Geschwindigkeit trainiert werden.
Und das in allen militärischen Belangen.
19 Uhr auf dem Flur im Block Hamburg.
"Zwooter Zug! Im Sportanzug in 5 Minuten auf dem Boden angetreten!"
Auf dem Flur wäre ja zu einfach gewesen; das war ja direkt vor unseren Türen. Nein, da ging es dann über den Flur und zwei Halbtreppen noch eine Etage höher - und der Boden bot viel Platz zum Antreten in 3er-Reihe ...
Das Takelpäckchen vom Körper reißen, auf die Koje schmeißen. Das Sporthemd mit dem Bundesadler auf der Brust, die blaue, dazu passende Hose und die entsprechende Bluse aus dem Spind nebst den Socken und den Sportschuhen ... zack, zack  - und auf dem Weg nach oben.
Angetreten, die Augen geradeaus ...
"Matrose P., was haben Sie denn für Schuhe an, wissen Sie nicht das zum Sportanzug die Sportschuhe und nicht die Bordschuhe gehören?"
"Das üben wir noch einmal! In 5 Minuten angetreten im Wachanzug"
Der komplette Zug stürmt wieder in die Stuben. Die Sportkleidung ausgezogen - und rein in die 2te Geige blau. Bluse, Hose mit zwei halben Schlägen, Seestiefel und natürlich entsprechende Socken, den Kolani - das Koppel nicht vergessen, die blaue Tellermütze auf den Kopf und wieder auf den Boden gestürmt.
Gleiche Abfolge wie schon geschildert; und selbst wenn die Geschwindigkeit ok. war. Immer war ein Dödel dabei, der dann die Ausgehschuhe oder statt der Tellermütze ein Schiffchen aufhatte.
Und so konnte wunderbar variiert werden. Wir hatten ja genug Kleidungs- und Ausrüstungsstücke.
Wie es nach einer halben Stunde in einer 8-Mann-Stube aussah, kann sich sicherlich jeder nun vorstellen.
Es lag alles auf der Koje, meistens aber auf dem Boden. Steigerungsfähig war diese Art des Trainings unseres Erinnerungsvermögens noch, wenn der erstgenannte Sportanzug wieder an die Reihe kam. Dann begann das Suchen .... scheiße, wo ist denn mein Sporthemd.
Denn, es wurde auch in den Kragen geschaut, ob der Inhaber mit dem Träger identisch war ...
Wenn so richtig "Alarm" war - und das kam einige Male vor, hieß es: "Ende der Anziehübung - in einer Viertelstunde ist Spindmusterung!" ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: winni am 27 Juni 2006, 00:33:24
@Wilfried:Ja ...es gibt schon viele Arten die Menschen zu tritseln.Das war hier im Osten nicht anders. :|Ich kann mich noch gut daran erinnern.Als junger Bengel mit 22-23 konnte ich nie so recht meine Klappe halten.Eines Tages muss es dann unseren Parteinik im Betrieb gereicht haben.Er sagte mir unverholen ins Gesicht:Wenn ich ihm gegenüber nicht mehr Respekt aufbringe,wäre ich schneller bei der Armee als ich mir vorstellen könne.Ganz egal wie weit ich mit meinem Haus sei.(Ich war gerad beim bauen)Tja und was soll ich sagen,dieser Mensch war nach der Wende der erste,der ein Auto vom "Klassenfeind" fuhr.Nur mal so am Rande.
mfg.Günther. :MD)
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: ufo am 27 Juni 2006, 09:51:33
Danke Wilfried!
Einfach herrlich!  :-)

Ufo
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: egima am 27 Juni 2006, 13:07:11
Moin Wilfied,

klingt ja so, als hättest entweder Du die A***h-Karte gehabt, oder aber, ich hatte das Ferienheim. Selbst die Miesepeter unter unseren Maaten - auch ein Maat Wolf dabei - waren zwar meist mufflig, aber solche Nettigkeiten wie Maskenball nach Dienstschluß kamen bei uns nicht vor...

Trotzdem war uns allen klar, der beste Maat ist der Bierautomat  :MZ:

Grüße,
Frank
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 28 Juni 2006, 14:38:26
Unsere Ausbildungszeit bestand natürlich nicht nur darin, der Willkür mancher Vorgesetzter unerworfen zu sein.
Wir wollten etwas lernen; in diesem Zusammenhang sei einmal erwähnt, daß mehr als 40 Prozent des 2. Zuges aus Freiwilligen bestand, die sich für 4 und mehr Jahre verpflichtet hatten, bzw. wollten. Es galt also, erst einmal zur Kenntnis zu nehmen, daß wir zuallererst im Oliv-Bereich trainiert wurden. Diese Tatsache galt es zu verdauen und - es kommt ja auch immer darauf an, wie Wissen, und das Verständnis für Zusammenhänge, erklärt werden.
Vielleicht noch ein paar Gedanken zum Umfeld der damaligen Zeit. Jeder, der mit mir in die Kaserne eingezogen war, hatte entweder das Abitur oder wie die meisten von uns, eine abgeschlossene Berufsausbildung und einen festen Arbeitsplatz hinter sich bzw. für eineinhalb Jahre nun unterbrochen. Es war, nach der ersten Rezession 1966/67, die wirtschaftlich erfolgreichste Zeit unseres Landes. Es hatte ein politischer Umschwung stattgefunden. "Mehr Demokratie wagen!", einer der Kernsätze des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers, Willy Brandt.
Ich entstamme der Generation der 68er, die Universitäten besetzte, gegen Fahrpreiserhöhungen bei der Straßenbahn sich auf die Schienen setzte, sich von Wasserwerfern erfrischen ließ und - seit 1933 in Deutschland - erstmals ganz offen gegen jede Art von Bevormundung und Gängelung in allen Bereichen sich auflehnte.
Denn es ging in Deutschland um die Verabschiedung der Notstandsgesetze. Dieser kleine Ausflug nur einmal als Beispiel dafür, wer nun in die Kasernen einrückte. Aber es gab eben eine andere Geisteshaltung und sie traf auf jene, die so etwas einfach noch nicht gewohnt waren.
Damit kamen unsere Ausbilder, die ja noch von denen geformt worden waren, deren großer Teil der Kriegsmarine entstammte, nur schwer zurecht.
Da waren nun Rekruten, die im politischen Unterricht, den genauen Begriff habe ich vergessen, kann auch Staatsbürgerkunde geheißen haben, die Frage nach dem Beschwerderecht stellten oder ganz offen den Vorgesetzten nach dem Sinn einer Übung hinterfragte. Überhaupt, es wurde hinterfragt. Und wer da erklärungsschwach war; hatte bei uns oft sehr schlechte Karten.
Das alles hatte natürlich nichts mit Rebellion oder Aufsässigkeit zu tun, sondern war das Ergebnis einer gesellschaftlichen Entwicklung, die dann im Laufe der Jahrzehnte aus wirtschaftlichen Zwängen wieder "niedergeschlagen" wurde.

Und es gab natürlich auch Dinge die absolut positiv zu erwähnen sind. Körperlich war wir so fit, wie wohl keiner von uns vorher. Die Sportstunden waren, neben der seemännischen Ausbildung (Spleißen, Knoten erlernen, Kutterpullen) etwas, wo wir uns richtig hineinknieten.
Das Auseinandernehmen und Zusammensetzen des G3 mit verbundenen Augen kam dagegen nicht so gut bei uns an...
Am schönsten war immer der kurze Dienst am Freitag, wenn es galt, den Urlaubsschein in Empfang zu nehmen und das lange, dienstfreie Wochenende anzutreten ...

(http:///%3EWir%20wollten%20etwas%20lernen;%20in%20diesem%20Zusammenhang%20sei%20einmal%20erw%C3%A4hnt,%20da%C3%9F%20mehr%20als%2040%20Prozent%20des%202.%20Zuges%20aus%20Freiwilligen%20bestand,%20die%20sich%20f%C3%BCr%204%20und%20mehr%20Jahre%20verpflichtet%20hatten,%20bzw.%20wollten.%20Es%20galt%20also,%20erst%20einmal%20zur%20Kenntnis%20zu%20nehmen,%20da%C3%9F%20wir%20zuallererst%20im%20Oliv-Bereich%20trainiert%20wurden.%20Diese%20Tatsache%20galt%20es%20zu%20verdauen%20und%20-%20es%20kommt%20ja%20auch%20immer%20darauf%20an,%20wie%20Wissen,%20und%20das%20Verst%C3%A4ndnis%20f%C3%BCr%20Zusammenh%C3%A4nge,%20erkl%C3%A4rt%20werden.%3Cbr%20/%3EVielleicht%20noch%20ein%20paar%20Gedanken%20zum%20Umfeld%20der%20damaligen%20Zeit.%20Jeder,%20der%20mit%20mir%20in%20die%20Kaserne%20eingezogen%20war,%20hatte%20entweder%20das%20Abitur%20oder%20wie%20die%20meisten%20von%20uns,%20eine%20abgeschlossene%20Berufsausbildung%20und%20einen%20festen%20Arbeitsplatz%20hinter%20sich%20bzw.%20f%C3%BCr%20eineinhalb%20Jahre%20nun%20unterbrochen.%20Es%20war,%20nach%20der%20ersten%20Rezession%201966/67,%20die%20wirtschaftlich%20erfolgreichste%20Zeit%20unseres%20Landes.%20Es%20hatte%20ein%20politischer%20Umschwung%20stattgefunden.%20"Mehr%20Demokratie%20wagen!",%20einer%20der%20Kerns%C3%A4tze%20des%20ersten%20sozialdemokratischen%20Bundeskanzlers,%20Willy%20Brandt.%3Cbr%20/%3EIch%20entstamme%20der%20Generation%20der%2068er,%20die%20Universit%C3%A4ten%20besetzte,%20gegen%20Fahrpreiserh%C3%B6hungen%20bei%20der%20Stra%C3%9Fenbahn%20sich%20auf%20die%20Schienen%20setzte,%20sich%20von%20Wasserwerfern%20erfrischen%20lie%C3%9F%20und%20-%20seit%201933%20in%20Deutschland%20-%20erstmals%20ganz%20offen%20gegen%20jede%20Art%20von%20Bevormundung%20und%20G%C3%A4ngelung%20in%20allen%20Bereichen%20sich%20auflehnte.%3Cbr%20/%3EDenn%20es%20ging%20in%20Deutschland%20um%20die%20Verabschiedung%20der%20Notstandsgesetze.%20Dieser%20kleine%20Ausflug%20nur%20einmal%20als%20Beispiel%20daf%C3%BCr,%20wer%20nun%20in%20die%20Kasernen%20einr%C3%BCckte.%20Aber%20es%20gab%20eben%20eine%20andere%20Geisteshaltung%20und%20sie%20traf%20auf%20jene,%20die%20so%20etwas%20einfach%20noch%20nicht%20gewohnt%20waren.%3Cbr%20/%3EDamit%20kamen%20unsere%20Ausbilder,%20die%20ja%20noch%20von%20denen%20geformt%20worden%20waren,%20deren%20gro%C3%9Fer%20Teil%20der%20Kriegsmarine%20entstammte,%20nur%20schwer%20zurecht.%3Cbr%20/%3EDa%20waren%20nun%20Rekruten,%20die%20im%20politischen%20Unterricht,%20den%20genauen%20Begriff%20habe%20ich%20vergessen,%20kann%20auch%20Staatsb%C3%BCrgerkunde%20gehei%C3%9Fen%20haben,%20die%20Frage%20nach%20dem%20Beschwerderecht%20stellten%20oder%20ganz%20offen%20den%20Vorgesetzten%20nach%20dem%20Sinn%20einer%20%C3%9Cbung%20hinterfragte.%20%C3%9Cberhaupt,%20es%20wurde%20hinterfragt.%20Und%20wer%20da%20erkl%C3%A4rungsschwach%20war;%20hatte%20bei%20uns%20oft%20sehr%20schlechte%20Karten.%3Cbr%20/%3EDas%20alles%20hatte%20nat%C3%BCrlich%20nichts%20mit%20Rebellion%20oder%20Aufs%C3%A4ssigkeit%20zu%20tun,%20sondern%20war%20das%20Ergebnis%20einer%20gesellschaftlichen%20Entwicklung,%20die%20dann%20im%20Laufe%20der%20Jahrzehnte%20aus%20wirtschaftlichen%20Zw%C3%A4ngen%20wieder%20"niedergeschlagen"%20wurde.%3Cbr%20/%3E%3Cbr%20/%3EUnd%20es%20gab%20nat%C3%BCrlich%20auch%20Dinge%20die%20absolut%20positiv%20zu%20erw%C3%A4hnen%20sind.%20K%C3%B6rperlich%20war%20wir%20so%20fit,%20wie%20wohl%20keiner%20von%20uns%20vorher.%20Die%20Sportstunden%20waren,%20neben%20der%20seem%C3%A4nnischen%20Ausbildung%20(Splei%C3%9Fen,%20Knoten%20erlernen,%20Kutterpullen)%20etwas,%20wo%20wir%20uns%20richtig%20hineinknieten.%3Cbr%20/%3EDas%20Auseinandernehmen%20und%20Zusammensetzen%20des%20G3%20mit%20verbundenen%20Augen%20kam%20dagegen%20nicht%20so%20gut%20bei%20uns%20an...%3Cbr%20/%3EAm%20sch%C3%B6nsten%20war%20immer%20der%20kurze%20Dienst%20am%20Freitag,%20wenn%20es%20galt,%20den%20Urlaubsschein%20in%20Empfang%20zu%20nehmen%20und%20das%20lange,%20dienstfreie%20Wochenende%20anzutreten%20...%3Cbr%20/%3E%3Cbr%20/%3E%5Bimg%5Dhttp://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Urlaubsschein.jpg)

Diesen Urlaubsschein aus dem Jahre 1971 fand ich gestern als Lesezeichen in einem Buch; der aus dem Jahre 1969 sah sicherlich genauso aus ... :-D





Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 28 Juni 2006, 23:33:01
Sonntagabend um 22.00 spätenstens 23.00 Uhr - es gab einige Ausnahmen wegen der Zugankünfte - waren wir wieder auf unserer Stube versammelt. Freund Pannhausen brachte - obwohl verboten - einige Literflaschen Gatzweilers Alt aus seiner Heimatstadt mit. Erzählte von den Spielen seiner Düsseldorfer EG und im Cassettenrecorder lief Iron Butterfly "In A Gagga Da Vida" ...
Der UvD pfiff die Ronde aus ... wenig später wurde das Schott aufgerissen und Obermaat Härtling erschien. Was haben Sie denn da auf dem Tisch?" "Altbier" aus feinster Quelle, wollen Sie auch mal probieren?" Er nahm einen tiefen Schluck aus der Bügelflasche, grinste und verschwand wieder. Nochmal gut gegangen.
Kurze Zeit später war auch bei uns Ruhe im Schiff.
Denn am morgigen Montag stand wieder Landkampf - von uns Alkoholverdunstungsstunde genannt - auf dem Dienstplan.
Rein ins Oliv, alles Zubehör, was einen tüchtigen Kämpfer ausmacht an uns gehängt und raus auf den Hof; die Nato-Ziege wartete schon. Selbige erklommen, auf der harten Bank platzgenommen und die Vorderkante des Stahlhelms, den wir trugen, in die Visiereinrichtung unseres G3 eingehängt. Dieses hielten wir senkrecht zwischen den Beinen, auf dem Boden abgestützt. Denn es war noch früh am Morgen und eines hatten wir mittlerweile gelernt, überall und in jeder Lage ein Mütze voll Schlaf zu nehmen, zu poofen, ratzen oder zu pennen.
So ging es dann mehr recht als schlecht in die Gefilde des Panzerübungsgeländes Bümmerstede in der Nähe von Oldenburg.
Es geht doch nichts über einen leicht angefrorenen Sandboden, der von den Furchen der 155-mm-Selbstfahrlafetten direkt für uns vorbereitet ist.
"Alarm, Hinlegen und bis zu mir liegend vorarbeiten!" Da arbeiteten wir uns also wieder vor im Dämmerlicht des beginnenden Morgens. Auf die Unterarme aufgestützt, das G3 wie ein Brett zwischen den Händen vor unserem Gesicht; der Stahlhelm während des Robbens immer darauf bedacht, uns vor die Augen zu fallen ... und, als wir unseren Maat fast erreicht hatten, die liebliche Stimme, die uns weiteres Vorgehen befahl: "Sprung auf, marsch, marsch! Und dann ging es wieder im Laufschritt durch die Flora ... "ABC-Alaaarm!" In den Dreck schmeißen, das Gewehr nicht im Überschwang verlieren; und jetzt alles in der richtigen Reihenfolge. Stahlhelm ab, die Tasche, in der sich die Maske befand, öffnen, Maske herausnehmen, über den Kopf stülpen, Stahlhelm aufsetzen und auf weitere Befehle, die sogleich kamen, warten. Im Laufschritt, marsch, marsch .. und so wurde immer wieder für Abwechslung gesorgt ..

In der Kantine wurde folgendes aus einem anderen Zug berichtet:

Maat: "Tiefflieger von rechts"
Alle bis auf einen, springen in Deckung.
Maat: "Was ist denn mit Ihnen los? Tiefflieger wurde gesichtet!!!"
Matrose: " Ich steh' hinter 'ner Mauer!"
Maat: "Mauer.....!?! Ich hör' wohl nicht recht, wo iss'n hier 'ne Mauer!?!"
Matrose: "Wo iss'n hier ein Tiefflieger????"

Disziplinarische Maßnahmen sind mir leider nicht überliefert ..

Oh ja, das brachte den Kreislauf in Schwung. Schanzen war überaus beliebt; mit dem Klappspaten sich eine Kuhle zu graben, hinter der man  sich vor dem imaginären Feind zu verstecken wußte. Vor allem, wenn der Boden schon leicht angefroren war. Zielansprache üben .... Daumensprung links, Daumensprung rechts ... Ziel erfaßt, Feuer frei ... und so ein paar ganz Schießgeile verballerten dann ihren Vorrat an Übungsmunition, der uns vorher ausgegeben wurde. Damit das automatischen Nachladen bei Übungsmunition funktioniert, bekamen wir nämlich ein alufarbenes Teil, das vorne auf das Gewehrrohr aufgeschraubt wurde. Meines Wissens nannte es sich Mündungsfeuerdämpfer. Der sorgte dafür, daß der Druck, den die Übungspatrone erzeugte, ausreichend war, den Verschluß nach dem Schuß zurückzuwerfen und gleichzeitig den Patronenschacht für die nachrückende Patrone wieder freizugeben. Dummerweise hatten die Übungspatronen die Angewohnheit, einen Haufen "Dreck" im Lauf zurückzulassen. Dieser mußte natürlich später wieder entfernt werden. Und gab dem kontrollierenden Vorgesetzten viel Anlaß zu ausreichender Freizeitbeschäftigung unsererseits ...
Ich danke heute noch meinem Kollegen, mich auf derlei hingewiesen zu haben. Ich warf, wenn ich mich unbeobachtet fühlte, meine Übungsmunition einfach in den oldenburgischen Sand. Und ich schoß mit dem Gewehr nur auf dem Schießstand mit scharfer Munition ... es ist mir und meiner Freizeit sehr gut bekommen...
Die Verpflegung wurde des mittags aus der Kaserne zu uns ins Gelände gebracht; unser Kochgeschirr hatten wir ja am Mann und so fand das "Backen und Banken" am Montag immer auf Baumstümpfen oder kleinen Erdhügeln statt - in Ermangelung anderer Sitzgelegenheiten. Ausdauertraining waren natürlich auch die Orientierungsmärsche ... das war einfach prima. Keiner von uns war jemals schon in dieser Gegend gewesen. Vor allem wenn der Zug geteilt und die Gruppen einzeln unterwegs waren. Kompasskunde hatten wir nicht gelernt und Geländekarten hatte man uns ja nicht mitgegeben. Klar, daß unsere Ausbilder nervös wurden, wenn eine Gruppe nicht geschlossen zum vereinbarten Treffpunkt kam.
Pannhausen hat es einmal fertiggebracht - weil er nicht mehr so recht konnte - sich mit einer, aus einer Gaststätte gerufenen Taxe, bis zum Treffpunkt bringen lassen ...
Mir fehlte für derlei Eskapaden einfach das nötige Kleingeld ...

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 30 Juni 2006, 22:25:47
Hallo Wilfried,

ich muss mal kurz unterbrechen.
Meines Wissens, war der Mündungsfeuerdämpfer dafür dafür da, um das Mündungsfeuer zu dämpfen.  :-D
Man hat uns das Eindrucksvoll an einem Pappkarton demonstriert, einmal mit und ohne Dämpfer. Also ohne hätte das sehr wehgetan auf der Haut ( wenn man mal wieder Unsinn gebaut hätte ), da sich die Platzpatronen doch ganz schön zerlegt haben und daher vorne doch viel Dreck rauskam ohne den Dämpfer. Es kann natürlich auch sein, das der Dämpfer noch nebenbei die Funktion des Druckaufbaus fürs automatische Laden hatte. Aber ich kann dir sagen, das bei uns nur bei einer Knarre von 2 Zügen das Dauerfeuer funktioniert hat. Vielleicht haben wir ja einen Waffenexperten bei uns, der uns mal aufklären kann.

Zu den Tieffliegereinlagen, fällt mir auch noch einer ein.

Truppenübungsplatz Altenwalde

Charlie-Zug maschiert in Kiellinie durch die Walachei, links ein Hang , rechts ein Wald. Ich etwa im ersten Drittel der Marschformation.Brüllt auf einmal der Hauptbootsmann von achtern " Fliegeralarm 9 Uhr ! ". Matrose Rene natürlich mit mächtigen Hechtsprung nach Backbord an den Hang. Als ich mich umschaue, liege nur ich und ein Kamerad vom Ende der Formation am Hang, der Rest liegt irgendwo im Wald. Auf einmal brüllt der Hauptbootsmann " Ihr Napfsülzen, was habt ihr verkehrt gemacht ? " Ich denke schon bei mir " ich Vollidiot ", bis ich merke das wir beide alles richtig gemacht haben und der Rest des Zuges in die falsche Richtung gehopst ist. Das Ende vom Lied war , das der andere Matrose und ich von den nächsten Show-Einlagen verschont blieben. :-D

Ich hoffe, ich hab euch nicht zu sehr gelangweilt.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 30 Juni 2006, 22:50:35
Moin René,

schön, daß man bei der Marine immer wieder Spaß hatte ... :-D
Also, Du hast mit dem Mündungsfeuerdämpfer natürlich recht; ich hatte schlichtweg den Begriff vergessen, was wir damals stattdessen aufgeschraubt hatten. Aber wenn ich hier diesen nun nenne, ist es wohl verständlich.
Das Teil heißt Manöverpatronengerät; eben auf der Seite von Heckler & Koch nachgesehen ... :-D

Die Verwendungsbreite des G3 lässt sich durch den Einsatz folgender Zusatzgeräte weiter steigern:

    * Infrarot-Zielgerät oder Bildverstärker-Zielfernrohr
    * Einsteckrohr Kaliber 5,6 mm x 16 als Übungsschießgerät
    * Übungsverschluss zum Verschießen von Übungsmunition
    * Manöverpatronengerät zum Verschießen von Manövermunition

Wir sprachen immer von Übungsmunition; den Begriff Manövermunition las ich hier eben zum ersten Mal ...

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 30 Juni 2006, 22:54:50
Na Kuck, da haben wir ja schon den Waffenexperten.  :-D
So , genug der Störung und berichte bloss bald weiter.

Gute Nacht
Rene
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 02 Juli 2006, 22:06:57
Zu unserer Zeit war es noch üblich, das der Wachdienst am Haupttor und in der Außenstelle Klippkanne von den Soldaten des Bataillons ausgeführt wurde. Und so nahte auch der Tag, an dem wir dran waren.
Und so fanden sich die eingeteilten Männer in zweiter Geige blau - also Wachanzug - Kolani, blaue Hose mit zwei halben Schlägen, Seestiefel, Koppel und blauer Tellermütze plus G3 angetreten ein. Der Wachhabende, Leutnant Wolf, sprach kurz über unsere Aufgaben, ließ strammstehen und dann kam der Befehl "Vergatterung".
Die meisten, die dieses eventuell lesen, können mit diesem Begriff sicherlich nichts anfangen.
Die Vergatterung bedeutet für die diesem Befehl unterworfenen Soldaten, daß sie Sonderrechte aufgrund dieses Befehls haben. Ein Matrose im Wachdienst ist also durchaus in der Lage und verpflichtet, dem Bataillonskommandeur, wenn er sich am Kasernentor nicht ausweisen kann, den Zutritt zu verweigern. Das gilt natürlich auch für Auskünfte, die von ihm verlangt werden, wenn die vorher ausgegebene Parole dafür - auf Befragen - nicht genannt werden kann.
Soweit mein Ausflug in die Formalien. Es hatte sich der Herbst 1969 sehr schnell dem Ende zugeneigt und es begann etwas, eigentlich völlig normal - was man Winter nannte. Nur in einer derartigen Heftigkeit, wie man sie seit 1966 nicht mehr gekannt hatte.
War es üblich, 2 Stunden am Haupttor zu stehen oder 2 Stunden im Bereich des Munitionslagers - es ging einfach nicht. Die Fenster der Wachstube waren völlig vereist - die Heizung schaffte es nicht, die Fenster eisfrei zu halten. Obwohl es uns erlaubt war, einen Schal und eine vorne offene Wollmütze unter dem Stahlhelm zu tragen, der gegen die Tellermütze gewechselt worden war - nach 10 Minuten hatte sich ein Eisrand durch die Atemluft hervorgerufen, an der Vorderkante des Ausschnitts selbiger Mütze gebildet.
Am schlimmsten war es beim Munitionslager, daß normalerweise von einer dichten winterharten Hecke umgeben war. Dort pfiff der Wind, daß es einen grauste. Denn die Hecke war entfernt worden. Grund war der Überfall auf ein Munitionsdepot in Lebach in 1969, bei dem einige Kameraden ums Leben gekommen waren ... Daraufhin mußte es ein freies Schußfeld geben, falls so etwas wieder einmal vorkommen sollte. Und so etwas hatte man natürlich auch im Hinterkopf ...
Die Jungs, die in Klippkanne an der Weser Wachdienst verrichteten, hatten natürlich bei ihren Rundgängen auch noch mit Glatteis zu kämpfen, denn das Wasser was ab und zu auf die Anleger schwappte, gefror sekündlich ...
Am besten war es noch, wenn man für den Rundgang um unser Gelände eingeteilt war - man war zu zweit, konnte - wenn es einem nicht das Maul verfror, einen kleinen Rees halten ... und man war in Bewegung. Und - aus heutiger Sicht waren wir sicherlich uncool - denn beim Kumpel auch kurz mal angetickert, wie wir es denn halten sollten, falls einer auf Parole nicht antworten oder ... schießen würde? Denn wir hatten 3 Schuß scharfe Munition, der zwei Platzpatronen vorgeschaltet waren ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 06 Juli 2006, 21:43:42
So langsam gewöhnte man sich ein, lernte mit den Schikanen zu leben und hatte auch die Anzugordnung im Griff; man wußte, was die Ausbilder von einem erwarteten und wie man optisch in Erscheinung zu treten hatte.
Wenn es die Zeit erlaubte und man noch etwas Sold hatte, ging man abends nach Dienstschluß in den "Admiral Brommy". Es war die größte Tanzkneipe der Stadt und Mädels waren auch immer da. Das Lokal existiert noch - aber, mangels Besucher - geschlossen. Damals war der Buß- und Bettag noch ein gesetzlicher Feiertag - eine schöne Gelegenheit, mal eben mit dem "Roten Brummer" nach Bremen zur Freundin zu fahren ...
Eines Mittags, beim Antreten zum Postempfang auf dem Kasernenvorplatz, meldete sich der Spieß zu Wort: "Alle, die sich für die Fachrichtung 23 gemeldet haben, anschließend noch einmal kurz zu mir rumschließen!" Ungefähr 10 Matrosen schlossen rum und erwarteten, was denn nun auf sie einwirken sollte ...
"Also, wir suchen noch Freiwillige für die Fachrichtung 23B." Großes Nachdenken bei allen, 23B, noch nie gehört, was ist denn daß? Und eines hatte ich schon gelernt, es ist nie verkehrt, wenn man sich in bestimmten Situationen freiwillig meldet. Und da war dann auch schon der Aufruf von Hauptbootsmann Botthoff. Ich streckte meinen Arm in die Höhe ...
Er notierte die Namen und befahl uns um 16 Uhr zum S4 im Hauptgebäude unseres Bataillons.
Bis dato wußte keiner, wer oder was denn der S4 ist. Ich also zur Kammer meines Obermaats Härtling. Der klärte mich denn auf, daß es sich um den Sicherheitsbeauftragten des Bataillons handelte ... hoher Dienstgrad .. Fregattenkapitän ...
Oha, dachte ich, dann mal ganz fein und schnieke die Uniform angezogen und adrett aufgetreten.
Na denn, ab in die Höhle des vermeintlichen Löwen ... klopf, klopf, .. Männchen bauen, Matrose W.. meldet sich wie befohlen ... na ja, die meisten kennen ja den Reim ..
"Nehmen Sie Platz, ich möchte mit Ihnen einmal kurz besprechen, was wir von Ihnen, der sich für diese Fachrichtung entschieden hat, erwarten ..."
Eine persönliche Ansprache, ein zuvorkommender Ton ... schleunigst öffnete ich beide Reißverschlüsse in meinen Ohren, die ich aus Selbstschutz immer verschlossen getragen hatte.
Aus Ihrer Akte entnehme ich ... und da hätte ich noch ein paar Fragen .... denn bei dieser Fachrichtung handelt es sich um den Bereich der elektronischen Fernmeldeaufklärung ... da sind ein paar private Auskünfte von Ihnen erforderlich.
Haben Sie Schulden? Können sie mir Personen aus Ihrem privaten Umfeld nennen, die über Sie aussagen können? Haben Sie Verwandte in der DDR?
Und schon ließ ich die Hose herunter und nannte Personen und Bonität.
Nach meiner Dienstzeit wurde ich in der Firma angesprochen, was ich denn bei der Marine so Geheimnisvolles getan hätte? Da wären zwei Herren in der Firma gewesen und hätten den Technischen Leiter sprechen wollen; zwei Kollegen wurden dann auch noch hinzugebeten. Mein Freund, den ich auch genannt hatte, stellte ähnliche Fragen ... es ging darum, ob ich unter Einfluß von Alkohol verschiedene Dinge preisgeben würde ...



Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Matrose Fuzzel am 06 Juli 2006, 22:36:00
Hallo Wilfried!
Ich bin absolut begeistert, diesen Bericht hier zu lesen. Er ist spannend und sehr interessant. Mir blieb der Marinedienst verwehrt, bis auf die ersten zwei Tage nach meinem Antritt in der Fernmeldeschule Eckernförde.(Danach Ausmusterung mit T5)
Heute bereue ich es, dass ich es nicht durchziehen konnte, obwohl es da nix zu bereuen gab, ich konnte es zu dem Zeitpunkt einfach nicht ändern.

Weiter so mit dem tollen Bericht.

MfG Matrose Fuzzel  :MG:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 07 Juli 2006, 21:09:27
So langsam näherte sich unsere Grundausbildung dem Ende. Obwohl es immer noch Überraschungen gab. Eine war die Kontrolle unseres G3 nach der Schießausbildung oder nach dem Landkampf.
Gewehrreinigung war eine äußerst beliebte Maßnahme, unser Freizeitkontingent ein wenig einzuschränken.
Nach dem Schießen auf dem Schießstand mit 3 Schuß scharfer Munition, war es ja kein Problem. Das hatte ich ja schon geschildert. Aber beim Einsatz des Manöverpatronengerätes? Wir hatten am Anfang zusammen mit unserer "Braut" eine Blechschachtel empfangen, in der sich alles notwendige zum Reinigen des Gewehrs befand. Normalerweise klappte das auch sehr gut. Auch unser Bordmesser/Marlspieker war wunderbar geeignet, die Sauberkeit unseres G3 zu kontrollieren. Das Magazin abgeschlagen, die Messerklinge in den Patronenschacht eingeführt und man konnte an der Mündung - richtigen Lichteinfall vorausgesetzt - wunderbar die Züge und die Sauberkeit erkennen. Ausspiegeln, nannten wir das. Soweit, so gut. Aufgrund der Fürsorge unserer Ausbilder, die können das nicht, man muß ihnen helfen, sie müssen das noch lernen, wurden unsere Reinigungsbemühungen natürlich kontrolliert.
Selbstverständlich traf es wieder unseren Maat Wolf. Er ließ sich jedes Gewehr zeigen und dann wurde gespiegelt. Es wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn es keine Reklamationen gegeben hätte. Matrose P, sehen sie mal hier ... das ist ja noch voller Dreck  - es gab eigentlich kein Gewehr, daß seinen Reinigungsansprüchen genügte. Mittlerweile hatten wir aber die Scheu vor ihm abgelegt. Wenn er dann ganz intensiv sich unserer Waffen annahm, das Auge vor der Mündung, konnte ich mir die Bemerkung nicht verkneifen und sagte: " Und jetzt die Kugel ganz langsam kommen lassen".
"Das heißt nicht Kugel, das heißt Patrone". Das homerische Lachen, das darauf von uns folgte, ließ ihn völlig die Contenance verlieren ...
"In einer Viertelstunde komme ich wieder, und dann will ich picobello saubere Gewehre sehen ..." So verließ er wutschnaubend unsere Kammer.
Und es war klar, auch hier gab es wieder Reklamationen. Und alle von uns reagierten wie im richtigen Leben. Gewehr zeigen, den Segen von ihm empfangen. Zurück in die Kammer und - ohne etwas getan zu haben - das Gewehr wieder vorzeigen. "Na also, geht doch. Danke, wegtreten"
Insofern hatte sich auch nach dem Krieg im Kopf der Ausbilder nichts geändert ...

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 11 Juli 2006, 21:08:15
Und so nahte denn auch der Tag der Vereidigung oder für die Wehrpflichtigen das Feierliche Gelöbnis.
Die Kaserne öffnete ihre Tore für die Angehörigen, die Honorationen der Stadt Brake, und alle, die daran teilnehmen wollten.
Aufmarsch des Bataillons in einem großen U. Eine Kapelle spielte. Ein Soldat aus jeder Kompanie des Bataillons hielt stellvertretend die Hände an die Truppenfahne ...

(http://forum-marinearchiv.de/coppermine/albums/userpics/10099/Vereidigung.jpg)


Es folgte eine Ansprache und dann das obligatorische "Stillgestanden, richt' Euch ..."
Und dann der Text: ,,Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen."
Der dann von uns nachgesprochen wurde. Ganz schön feierlich ...
Musik spielte wieder auf und es setzten sich mehr als 800 Seestiefelpaare auf der Bataillonsstraße in die jeweilgen Unterkünfte in Bewegung.
Der Rest des Tages war dann Freizeit und es ergab sich die Gelegenheit, die Kaserne wieder einmal zu verlassen ...


PS: Das Foto verdanke ich Gerd Deutschländer ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 15 Juli 2006, 21:07:30
Höhepunkt und krönender Abschluß unserer Grundausbildung war die 36-Stunden-Übung.
Eine der letzten Vorbeitungen darauf war das Prüfen unserer ABC-Maske auf Dichtigkeitl. Dafür gab es einen extra Raum, angegliedert an die Sporthalle.
Also wieder ins Oliv und im Gleichschritt ... auf Kommande Maske aufsetzen und schon wurde der entsprechende Behälter mit dem reizenden Inhalt aktiviert. Nur so dastehen und dumm durch die Plastikscheiben gucken war natürlich nicht. Auf Kommando - Filterwechsel - mit dem Nebenmann. Also, Luft anhalten, Filter herausdrehen, mit der einen Hand die Öffnung der Maske zuhalten und den angereichten Filter des Kameraden wieder einschrauben. Es bedarf schon ein wenig motorischer Fähigkeiten ... denn keiner von uns kannte ja die Wirkung des ausgebrachten Gases ...
Dann folgte das Ende der Übung und wir verließen den Raum; draußen wurden wir ein paarmal um den Sportplatz gejagt; wir dachten natürlich wieder an Schikane ... und sollten uns gewaltig täuschen.
Es war eines der wenigen Kommandos, die wirklich Sinn machten. Denn das Gas hatte sich prächtig im Gewebe unseres Anzuges eingenistet; bei der leicht feuchten Wetterlage eine wunderbare Haltbarkeit vorfindend.
Wir merkten es, als wir wieder auf unseren Kammern waren .... und die Augen zu tränen begannen; soviel Rekruten hatten wohl noch nie im Winter aus den offenen Fenstern nach Luft geschnappt ....
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 15 Juli 2006, 22:38:35
Ja ja,... nicht jeder Befehl ist Unsinnig! :ML:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 18 Juli 2006, 18:29:56
Mitte Dezember 1969 ... wir zählten schon die Tage bis zum Ende unserer Grundausbildung. Es fehlte - wie gesagt - nur noch die 36-Stunden-Übung. Überall schwirrten Gerüchte, wann es denn soweit sein sollte. Und vor allem wie das ganze an den Start gehen sollte. Und da half uns wieder der Obermaat Härtling, der uns die entscheidende Information gab. Das Ganze wird überraschend, während einer Nacht  - Termin sage ich Euch - so gegen 3 Uhr durch den Befehl QuickTrain for Exercise ausgelöst. Guckt Euch schon einmal einen Kameraden aus, mit dem Ihr in dem Zelt, das zwei von Euch aus den Euch bekannten Zeltbahnen im Gelände zusammenfügen müßt, die Nacht verbringen möchtet .. und dabei schmunzelte er.
Keiner von uns hatte je zuvor des Nachts - in völliger Dunkelheit - aus der Zeltbahn, die mit einer zweiten durch Knöpfe verbunden und dann mit Mast stabilisiert und mit Häringen auf dem Boden gestrafft werden mußte, ein solches gebaut.
Also schauten wir uns einen Kameraden aus und entschieden dann, daß einer von uns die bereits geknöpfte und vorbereitete in seinem Rucksack und der andere die entsprechenden Zubehörteile in seinem Rucksack zu transportieren hatte.
Eine sehr kluge Entscheidung ...
Und dann ging es los ... zwoter Zug ... auf dem Flur angetreten ... wie schon erwähnt, es war bitterkalt draußen. So gefühlte minus 20 Grad ...
Alles am Mann, und rauf auf die Nato-Ziege ... im Halbschlaf noch einmal geprüft, ob denn auch alles am Mann war ... Taschenlampe, Feuerzeug, Zigaretten ... und, extra noch privat besorgt, Esbit-Tabletten.
Kleidungsmäßig alles unter den Kampfanzug gepropft, was irgendwie greifbar war.
Gegen 4 Uhr waren wir in Bümmerstede. Angeführt von Maat Wolf erreichten wir den Platz, wo wir biwakieren sollten. Mit der Taschenlampe im Mund versuchten wir, unser vorbereitetes Zelt aufzustellen. Der Boden war ungefähr 20 cm tief gefroren. Da wir die Abspannseile nicht im Boden mit den Häringen befestigen konnten, nahmen wir für die Abspannseile die Zweige der Kiefern, die überall reichlich dicht zur Verfügung standen.
Während sich die Maaten mit der Karbidlampe abmühten, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen ... es waren diese Lampen, die durch Pumpen ein Gas erzeugten ... oder so ähnlich ... ich persönlich konnte ihnen auch später kein Licht entlocken ...
lernten wir die Qualität unseres Schlafsackes zu schätzen. Dieser konnte nämlich im Stehen angezogen werden. Das hing damit zusammen, daß das Fußteil offengelassen werden konnte. Reißverschluß öffnen, sich um die "Hüften schwingen" und wieder schließen. Wir sahen zwar aus wie Barbapapa, konnten aber in unser Zelt robben, auf dem Boden eine bequeme Lage einnehmen und ein wenig Schlaf versuchen ....
Als der Morgen - und uns auch - graute, begann der Versuch, ein Feuerloch auszuheben ... erste zaghafte und spätere ruppige Versuche erbrachten im Feldversuch, daß der bundesdeutsche Klappspaten dem gefrorenen, oldenburgischen Sandboden nicht gewachsen war. Selbst der Einsatz von erprobten Schaufeln führte nicht zu der vom Maat geforderten Tiefe eines Feuerlochs von 60 mal 60 Zentimetern. Das Theater, was wir erlebten, als wir in der Kaserne eine Verlustmeldung von 7 Klappspaten und 4 Schaufeln abgaben, möchte ich hier nicht wiedergeben.
So, wie also das Feuer entfachen, auf dem der deutsche Marinesoldat seinen Morgenkaffee bereiten möchte?
Und hier hatte ich zum ersten Mal in der deutschen Marine mein Erfolgserlebnis als Pragmatiker. Ich hatte gesehen, daß die Nato-Ziegen diverse Benzinkannister mit sich führten. Meine Idee war, einen Baumstumpf, von denen hier einige herumlagen, mit Benzin zu tränken und dann in Brand zu setzen. Die zuvor gesammelten Holzscheite waren derartig mit Feuchtigkeit durchsetzt, mit Schnee bedeckt und tiefgefroren. Aber so ein Stumpf hatte, wenn man ihn denn entflammen konnte eine lange Brenndauer.
Mein Vorschlag wurde angenommen. In die Mitte unseres Biwaks der Stumpf, mit Benzin getränkt, noch zwei Kartons Esbit-Tabletten darüber geschüttet ... und in Brand gesetzt. Es waren zwar mehrere Anläufe nötig, aber der Stumpen begann zu lodern; zwar erst zaghaft aber durch regelmäßiges Tränken ... und schon konnte die erste Kanne mit Wasser auf selbigem postiert werden.
So begann dann unser Frühstück aus dem Pappkarton - auch als Einsatzverpflegung bekannt. Während meine Kameraden dann im Gelände unterwegs waren um Kämpfe mit den Nachbarzügen zu gewinnen, Verletzte zu versorgen, die San-Abteilung hatte verdammt realistische Kollegen im Gelände plaziert ..., saß ich mit den Zivilfahrern unseres Bataillons gemütlich am Feuer unseres Stumpfes und sorgte für die gleichmäßige Glut ... und es gab vernünftigen Kaffee aus deren mitgebrachten Thermos-Kannen ...
Zu Mittag sollte es eigentlich ein gemeinsames Eintopfessen aus unseren Ein-Mann-Packungen geben ...
Die klimatischen Verhältnisse, und eine bisher nicht gekannte Fürsorge des Bataillons, hatte dafür gesorgt, daß aus der Einheit eine warme Mahlzeit zu uns ins Gelände gebracht wurde.
Nach dem Essen wurde noch ein wenig im Gelände geübt; die letzten Übungspatronen verballert und dann war aufgrund der schnellen Dämmerung, Schluß.
Das Abendbrot fand um den lodernden Stumpen statt, der mittlerweile auch ein wenig Wärme spendete. Die Bierwurst aus der Dose wird normalerweise aufs Brot in Scheiben gelegt; wir nahmen die übrig gebliebenen Klappspaten, säuberten sie ein wenig und legten die Bierwurst als Stück auf denselben und erwärmten ihn über dem Feuer ... selten hat eine Wurst so gut geschmeckt!
Der Rest war mittlerweile Routine; am nächsten Morgen war ein 10-km-Ausdauermarsch geplant; da die Straßen, auf denen er stattfinden sollte, derartig vereist waren, entschied man aus Sicherheitsgründen sich für einen 5-km-Marsch über die Schwellen der Schmalspurbahn, die in die Nähe unseres Schießplatzes führte. Also alles abgebaut, rauf auf die Ziege und an den Startpunkt gefahren.
Dort sind wir über die vereisten Schwellen dann zum Schießplatz gegangen. Angekommen, bekamen wir jeder 3 Schuß scharfe Munition und schossen auf die Zielscheiben, die man, man mag es kaum glauben, mit Luftballons dekorierte hatte.
Anschließend noch ein Marsch in die Kaserne; und hier zum erstenmal in 3 Monaten, war der letzte Härtetest angesagt. Es ging über die Kampfbahn ... die Eskaladierwand schafften die wenigsten von uns ...
Und dann war Schluß; wir waren alle. Fix und Foxi. Aber stolz; und nicht nur wir, auch unsere Ausbilder. Wir hatten den inneren Schweinehund in den zweieinhalb Tagen überwunden. Wir waren an unsere Grenzen gegangen, und vielleicht auch darüberhinaus. Eine Erfahrung, die wie vorher noch nicht hatten.
Aber ein Härtetest sollte noch folgen; der Fotograf für das Bild, das unseren Truppenausweis fürderhin zierte, wartete schon im Speisesaal.
Also raus aus Oliv, rein in die erste Geige ... aber auch das konnte uns nun nicht mehr erschüttern.

Das war nun meine kleine Geschichte. Jeder hat sicher aus dieser Zeit seine eigene. Meine ist sehr eng mit der Marine verbunden. Es folgten noch viele Monate in der Bundesmarine.
Ich bin gerne dabei gewesen; aus verschiedenen Gründen. Vielleicht war jemand auch mit mir zur gleichen Zeit in Brake?
Ich danke dem Forum, daß es diesen Bericht so wohlwollend und schmunzelnd begleitet hat.
Ich sprach' von dem Fototermin; ich habe dieses Bild noch und es ist im Anhang zu sehen ...

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried

PS: Vielleicht gibt es eine Fortsetzung - aber ich denke, ich möchte auch einmal etwas von Eurer lesen ... :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: t-geronimo am 18 Juli 2006, 19:07:00
Richtig so!

Hier gibts doch bestimmt noch mehr Gediente!
Und keiner von denen wird doch einen 08/15-Dienst abgerissen haben - da gabs doch bestimmt die eine oder andere Anekdote.

................................................

Auf alle Fälle erst einmal vielen Dank an Dich, Wilfried, daß Du uns auf diese lebhafte und humoröse Art hast an Deiner Marinezeit teilhaben lassen!!!  :TU:)

Ich habe jeden Abschnitt mit großem Genuß und Schmunzeln-Lachen gelesen.  :MLL:

Und eigentlich bin ich ein wenig traurig, wenn nun Schluß ist... :cry:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 18 Juli 2006, 19:45:13
Jo t-geronimo, da stimme ich dir zu. Ein schönes Ende hat immer Schmerz im Herz.

War eine tolle Erzählung Wilfried,  mit viel Witz und guten Einblicken.
Der Teil mit der Dosenbierwurst, hat mich doch an meine Zeit erinnert. Wir haben die Dose halbiert und gekocht, Bierwurst im eigenen Saft sozusagen.
Deine gefühlten Minus Zwanzig Grad kamen auch gleich wieder hoch und mir lief es kalt den Rücken runter.
Eisigkalt, die Kippe friert an den Lippen, die Finger kneifen, die Nase kaum noch zu spüren, die Füße ständig in Bewegung und dann die trockenen Feldübungen im hohen Schnee.
Der Schweiß der sich kurzeitig bildete, gefror gleich wieder.
Wir waren froh wieder im Zelt unseres Feldlagers zu sein, bei rotglühenden Kanonenofen, heißer Suppe und Kööm.

Wäre aber auch auf deine Zeit als Mariner auf See gespannt!
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: winni am 18 Juli 2006, 21:24:10
Ich habe auf jeden Beitrag mit Spannung gewartet.Schade dat nu Schluss ist. :|  :wink:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Tri am 18 Juli 2006, 22:08:11

Danke Wilfried für diesen interessanten und unterhaltsamen Erlebnisbericht.  :TU:)

Wenn ich mir den Threadtitel anschaue "... wie alles begann"  können wir ja auf eine Fortsetzung hoffen.
Wir warten gerne, das erhöht die Vorfreude auf hoffentlich kommendes.

Grüße
Tri
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: kalli am 18 Juli 2006, 23:09:50
Schluss ? Das glaube ich nicht !
Es gibt so viele geschriebene und gedachte Reaktionen auf Wilfrieds "Bundesmarinebeichte" , die einfach nach mehr verlangen.
Die Kartonbaufreunde werden auch nicht zu lassen, dass jetzt Schluss ist.
Es kann ja auch sein, dass sich andere ein Beispiel nehmen und was zu dieser Zeit schreiben. Ansätze konnte man schon lesen ( auch beim Kartonbau ).
Im Grunde sind ja auch wir mal Zeitzeugen. Es ist deshalb besser jetzt was zu schreiben als in 30 Jahren und zu bedauern, dass das eine oder andere nicht mehr klappt oder nicht mehr erreichbar ist ( Fotos z.B. )
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Scheer am 18 Juli 2006, 23:20:03
@wilfried

Daaaankeee !!!


@wilfried

Meeeehhrrrr!!!!
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 19 Juli 2006, 00:42:42
Moin, moin zusammen!

diese ersten 3 Monate meiner Soldatwerdung habe ich im Zeitraffer hier niedergeschrieben; die folgenden Monate sind weniger spektakulär; aber auch nur aus meiner bescheidenen Sichtweise. Meine Frau - die soeben noch das letzte Kapitel und Eure Antworten gelesen, meinte, ich sollte nun auch Eurem Wunsche entsprechen. Laßt mir ein wenig Zeit, und ich hoffe noch immer noch auf Euch, die Ihr sicherlich etwas beizutragen habt ...  :-D
Ich sage danke; und ich freue mich, daß ich von meiner Marinezeit hier berichten durfte.

Ach so, da war noch etwas. Montag, wieder raus mit der Ziege ins Gelände nach Bümmerstede. Absitzen, und dann ging es wieder los... Sprung auf, marsch, marsch .... Hinlegen ... in Schützenreihe zu mir nach vorne vorarbeiten. Bümmerstede, Panzerübungsgelände für die 155-mm-Panzerhaubitzen, die so wunderbare Spuren im oldenburgischen Sandgelände hinterließen. Deren Spuren jetzt nach dem angetauten Schnee und neuerlichem Schneefall nicht mehr erkennbar waren ...
In diese Spuren hineinzutauchen, ein wahrer Genuß.
Nur ein geschultes Auge vermag dieses Ungemach erkennen ... :-D
Wenn du nicht aufgepaßt, ist dir die Uniform am Körper zu Eis gefroren ...
Ach so, eigentlich hatte ich dieses Kapitel schon abgeschlossen.
Gottseidank hatten wir die Weihnachts- und Neujahrsdienstbefreiung. Meine Kommandierung lautete, am 2. Januar Marine-Ortungsschule Bremerhaven.
Ich bin dank des Sonderzuges, der für uns eingerichtet wurde, auch dort gelandet.

So, nun ist aber Schluß, sonst bin ich schon wieder am erzählen von meiner Dienstzeit ... :-D

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Scharnhorst66 am 19 Juli 2006, 09:45:46
Puhh ,

erst muste ich lesen das Schluss sein soll - -> dann Gott sei dank , der Hinweiss es geht doch weiter ...

Also Wilfried ,
meinen Dank für die doch recht kurzweilige Unterhaltung und ich freue mich auf die Vortsetzung !!!!
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 19 Juli 2006, 19:07:46
Zitat von: Scharnhorst66 am 19 Juli 2006, 09:45:46
ich freue mich auf die Vortsetzung !!!!

Ich freue mich auch über eine Fortzetzung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!FORTZETZUNG, BITTE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!FORTZETZUNG; BITTE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Torpedo am 19 Juli 2006, 19:36:28
Jaa, bitte fortsetzen für die "Ungedienten"  - wie mich - unter uns.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 19 Juli 2006, 20:07:23
Als " Gedienter " schliesse ich mich meinen Vorrednern an und hoffe auf eine Fortsetzung. Du hast das alles so lebhaft beschrieben, das mir Gebräuche und Gewohnheiten in der Marine, die ich schon längst vergessen hatte, wieder in Erinnerung kamen. Dafür danke ich dir. Leider fehlt mir momentan selbst die Zeit, um grössere Beiträge zu schreiben, aber ich verspreche dir, wenn meine Lebensumstände wieder in ruhigere Fahrwasser kommen, das du noch so einiges erfahren wirst von meiner Dienstzeit auf der " Lüdia ".
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: rosenow am 19 Juli 2006, 23:34:05
@ Zerstörerfahrer, da bin ich drauf gespannt!
,aber zuerst würde ich mich über Wilfrieds weiteren Berichte freuen.  :MG:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 19 Juli 2006, 23:38:40
Moin, moin zusammen!

Zu später Stunde möchte ich doch noch einmal in die Tasten greifen. Auf der Webseite von marine.de ist mir das angefügte Bild heute, aus dem Ausbildungsbereich, zu Gesicht gekommen.
Einmal zeigt es das Manöverpatronengerät ... René, schau' einmal ... :-D
Nach vielen Jahren immer noch im Gebrauch.
Das Backen und Banken; liebevoll serviert - und sogar mit Wärmeschutz - auch Gloschen genannt.
Klopapier am Mann, i wo .. Dixi-Klos im Gelände ... ich schmeiß mich weg. :MLL:
Hoffentlich packt man die Mädels und die Jungs nicht so hart an. Jetzt weiß ich auch, warum wir die beiden Einsatzgruppenversorger haben. Und warum sie die größten Einheiten in der Deutschen Marine sind. Allein die Dixi-Last wird einen sehr großen Raum einnehmen; und dann die Kühlräume für die Delikatessen ... und wenn dann noch die Patronen den grünen Punkt haben... hoffentlich sind genügend gelbe Säcke an Bord ... :-D
Und die Unterkünfte für die Psychologen und die Leiter der Selbsterfahrungsgruppen. "Wenn Du einen Taliban triffst, rauch' erst mal eine mit ihm, rede mit ihm, erzähl von deinen Problemen ..." "Du, weißt Du, wir haben hier in Deutschland so ein schlechtes Kraut, deshalb sind wir jetzt hier."
Ich beneide die Mädels und Jungs, die jetzt überall dienstlich die Kreuzfahrten machen, die ich mir wahrscheinlich von meiner Rente nicht leisten kann ...  :-D
Oder glaubt wirklich jemand ernsthaft, das sie mit ihren Spazierfahrten am Horn von Afrika oder wo auch immer etwas bewirken?

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried

PS: verzeiht, aber meine Generation hat zu verdammt schlechteren Bedingungen - auch finanzieller Art und beruflicher Nachteile - Dienst für unser Land getan ...  :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 20 Juli 2006, 06:11:38
Moin Moin Wilfried,

Dixi's wie primitiv! Auf'm Truppenübungsplatz Altenwalde steht ein Plumsklo-Häuschen.  :-D
Aber auch wie du, mussten wir uns im Biwak aus den E-Packs ernähren. Man die Dinger sind echt grausam, wir waren die ganzen 3 Tage verstopft.
Finanziel war man als Wehrplichtiger zu meiner Zeit aber auch in den Arsch gekniffen, besser wurde es erst auf See, als die ganzen Bordzulagen dazukamen.
Zu den Spazierfahrten kann ich mich nicht äussern, hätte aber gerne eine mit gemacht, alleine schon wegen der Gefahrenzulage, ich bin da jetzt mal ganz ehrlich.  :-D
Ich persönlich fand es gut, dass es das Strafexerzieren nicht mehr gab, aber Ausbilder finden ja immer einen Weg ! Trotsdem muss ich zugeben, das es den Soldaten heut viel zu gut geht. Aber was kann man schon erwarten von 10 Monaten Wehrdienst ( oder sind es schon weniger ).

So, ich hoffe das war nicht zu verworren am frühen Morgen.
Tschüss
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: winni am 20 Juli 2006, 08:57:17
Moin moin.Sind schon weniger.Mein Sohn war nur noch 9 Monate beim Bund. :-)
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Ralf am 20 Juli 2006, 10:11:36
Lol... Ich habe noch als W18ner Dienst geschoben... Da war der Sprung zum Z2 nicht so weit...  :MG:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 06 August 2006, 23:22:30
Silvester 1969 - im Kreise der Lieben und der Liebsten gefeiert. Wie immer war die Bowle das Standardgetränk. Ich erinnere noch auf den Fliesen in der Küche das Muster, hellbraune Kacheln mit dunkelbraunen Kaffemaschinen... furchtbar, aus heutiger Sicht.
2. Januar - zurück nach Brake. Tagesbefehl lautete: Abgeben von Oliv. War das eine Freude. Den Seesack vom Spind und den ganzen Kram hineingestopft. Dann ohne Tritt zum Kellerkaleu. Der nahm seine Liste und fragte und hakte ab. Ich war so sicher, alles komplett zu haben. Aber schon kam die Frage nach dem Klappspaten. "Bei der 36-Stunden-Übung kaputtgegangen" - "Wie bitte?" "Hier ist das Formular, füllen Sie bitte die Verlustmeldung aus und lassen Sie vom Spieß gegenzeichnen!" Und so legte ich Ausrüstungsgegenstand für Ausrüstungsgegenstand auf den Tisch. Dann die Frage: "Sonnenbrille?" Auch nach mehr als 30 Jahren kann ich mich nicht mehr daran erinnern, solch' eine Brille je empfangen zu haben. Aber sei es darum. Es war ein Brillengestell aus gehärteter Baumwolle mit 2 Einsätzen aus braunem Kunststoff. Wozu es gut sein sollte, ich weiß es bis heute nicht. Jedenfalls hatte ich diesen Gegenstand nicht in meinem Seesack und - wie schon oben beschrieben - Verlustmeldung.
Den zerlegten Klappspaten bekam ich bestätigt - bei der Sonnenbrille hatte ich leider keine Chance. Und so wurden mir wieder einige Märker von meinem Sold abgezogen.
Und trotzdem, was für ein Gefühl - kein Oliv mehr ... danach sind wir erstmal in die Kantine gezogen und haben ein paar Hiebe genommen.
Die letzte Nacht in unserer Kaserne. Trotz aller Mühen und Schikanen - ein bißchen Wehmut war schon dabei. Auch weil wir uns von den Kameraden trennen mußten. Von den 8 Jungs unserer Stube habe ich keinen später wiedergetroffen. Lediglich Siegfried Frank aus unserem Zug, ging mit mir nach Bremerhaven und hat mich die ganze Zeit begleitet.
Am nächsten Morgen warfen wir die Seesäcke auf die Ziege und ab ging es zum Bahnhof. Dieses Mal war es kein "roter Brummer", der mich nach Hause brachte, sondern ein Sonderzug mit den ältesten Eilzugwagen, die man zusammengestellt hatte. Die Fahrt dauerte endlos lange, bis wir in Bremerhaven ankamen. Dort ging es zu Fuß in die MOS bzw. TMS. Damals war auch die technische Marineschule noch auf dem gleichen Gelände an der Geeste.
Nun waren wir auch nicht mehr eine Kompanie, sondern eine Inspektion.
Hier sollten wir etwas lernen, denn die Marine brauchte uns.
Mußten wir vorher noch Gefreite grüßen und per Sie anreden - das entfiel nun. Maate und alle höheren Dienstgrade natürlich ausgenommen.
Und noch etwas, es gab eine Ausgangskarte und das Verlassen der Kaserne erfolgte in Zivil.
Welch ein Unterschied zu Brake ...
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: barco am 01 Mai 2009, 21:29:19
Hallo Wilfried,
so habe ich auch Brake erlebt, von Okt.-Dez. 1960. Anschließend Gastenlehrgang auf der TMS II in Br'haven.
Mein Vater und mein Onkel waren in Brake, (KM), mein Cousin und ich ebenfalls.
Ich vermisse Deine Beiträge, wie es dann so weiterging. :wink:
Gruß,
Peter
Du schreibst so schön lebendig, ich fühle mich richtig wieder zurückversetzt. HA.....
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Balu der Baer am 03 Mai 2009, 20:09:26
Hallo Wilfried und auch an alle die dieses Thema noch lesen,

ich habe beim Stöbern im FMA dieses Thema entdeckt und konnte nicht aufhören zu lesen. Vieles von dem was du berichtet hast ist auch bei mir so gewesen. Ja da kommen Erinnerungen hoch.
Nun bin ich ja 1963 geboren und am 1.4.1984 zur Bundeswehr eingezogen worden. Die Musterung verlief aber fast genau so wie bei dir. Nun muß ich vorweg schicken das ich zu diesem Zeitpunkt aktiver Sportler war und Wasserball gespielt habe. Ich hatte aber immer schon Probleme mein Gewicht unter Kontrolle zu halten. So kam ich auf die Idee bei der Musterung darum zu bitten mich doch in eine Einheit zu schicken wo noch richtig gearbeitet wurde. Dieser Wunsch wurde mir dann aufs herzlichste erfüllt, aber davon später mehr .
Da ich meine Ausbildung zum Fleischer gerade beendet hatte war ein Einsatz in einer Küche das wahrscheinlichste.
Daraus wurde aber nichts.
Ich wohnte zu der Zeit in der nähe von Dortmund (Lünen-Brambauer). Und uns Jungs aus dem Ruhrgebiet schickte man immer nach SH. So kam ich also nach Albersdorf zum ABC-Abwehr Battalion. Dort erfuhr ich meine Grundausbildung genau wie du.
Nur die Begriffe waren etwas anders. Bei uns hießen die Vorgesetzten Ufz (Unteroffizier) oder Stufz (Stabsunteroffizier). Sie waren kaum älter als wir.
Die Kompanie wurde von einem Leutnant geleitet.
Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Vorfall: Als wir unser Oliv bekommen hatten konnte man uns schon nicht mehr so sehr als die "Brenner" ( so wurden die Neuen genannt, weil wir so "heiß" waren) erkennen. Ich ging mit einem Kameraden zum Frühstück und es kamen uns zwei andere Kameraden aus einer anderen Einheit entgegen. Dann war es üblich sich die Tageszahl zu nennen die noch abzuleisten war. So sagte mir der eine "439" und ich Antwortete mit "452". Stolz auch jemanden getroffen zu haben der noch so viele Tage vor sich hatte wollte ich weitergehen. Aber dann rief er mir nach "gediente du Brenner". O Gott, also war das einer der kurz vor der Entlassung stand. Ich hätte Ihn fressen können vor Wut. Das gab mir einen kleinen Einblick was noch kommen würde.....

Nach 6 Wochen Grundausbildung wurden wir in weiter Spezialbereiche Eingeteilt. Manche wurden Funker und drei von uns sollten in die Fahrschule um Kraftfahrer zu werden. Es gab einen Platz für PKW, einen für LKW und einen für den Radpanzer Fuchs. Ich war einer der drei glückliche die zur Fahrschule durften. Leider nur zum PKW-Führerschein. Den hatte ich im Zivilleben aber schon.
Aber von nun an verbrachte ich die Zeit mit Theorie und Fahrstunden auf einem Iltis. Das war der weiterentwickelte Kübelwagen mit Audi Motor und der Vorgänger des Mercedes G.

Nach drei Monaten wurde ich dann in meine "Stammeinheit" versetzt. Es wurde das 3 Pionier Battalion 620 in Schleswig an der Schlei. Unser Kaserne hieß wie zum Hohn auch noch "Kaserne auf der Freiheit". Und jetzt erfüllte sich mein Wunsch nach harter Arbeit. Von nun an hieß es Mienenfelder anlegen, Mienenfelder abbauen, Brücken aus MGB bauen und wieder abbauen. Fähren aus Pontons bauen und wieder abbauen.

Zu den Mienenfeldern ist folgendes zu sagen: Ein normales Mienenfeld wurde wie folgt angelegt: Erst wurde vom Feld eine Skizze gezeichnet. Dann wurde eine Reihe von Pionieren an ein Band gebunden und der Ufz ging in der Mitte. Über die gesamte Breite des Feldes wurden dann die Mienen in einer Linie verlegt. Von hinten wurden neue Minen ran getragen. Den besten Job hatten die Leute in der Reihe. Sie brauchten die Minen nur annehmen und ablegen.Dann kamen die Eingräber. Für jede Mine wurde ein Loch gegraben und die Mine wurde versteckt so das nichts mehr zu sehen war.
Ein super Job im Winter wenn der Boden Steinhart ist....

Dagegen war das bauen von Ponton Brücken ein Kinderspiel. Die Pontons wurden direkt vom LKW in die Schlei abgeslippt. Das heißt: schnell rückwärts fahren und rechtzeitig bremsen. Dann wurden die Ponton zusammen geschoben und verbunden. Boote angespannt und schon hatte man eine Brücke oder eine Fähre. 

Aber da war ja noch die leidige MGB. Das heißt glaube ich "Medium Garden Bridge". Das war eine Brücke aus Aluminium Einzelteilen die vor Ort aufgebaut werden mußte. Der sogenannte Uferbalken wog 210 Kg und wurde von 8 Männer getragen. So konnte aus diesen Teilen eine bis zu 20 m lange Brücke über ein Hindernis gebaut werden. Und damit es mehr Spass macht wurde natürlich die Zeit gestoppt. Es war eine Schweinearbeit, besonders wenn im Sommer so kleine Hürden wie ABC-Alarm eingebaut wurden. Dann hieß es nämlich Maske auf und weiterbauen.
Und wenn die Brücke dann fertig war durften wir den ganzen Spielplatz wieder abbauen und auf die Paletten verladen.
Ja so habe ich manch schönen Tag in Schleswig-Holstein damit verbracht Brücken zu bauen wo nie welche benötigt wurden....
So das war ein erster kleiner Einblick in meine Bundeswehrzeit und ich hoffe das es euch gefallen hat.

viele grüße von dem alten Bären
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Seefuchs am 05 Mai 2009, 23:43:01
Hallo an das Forum,

habe zwar 12 Jahre als Soldat auf festem Boden gedient, aber neben manch anderer Geschichte habe ich auch eine mit martimen Inhalt;
Und das kam so, irgendwann im Sommer 91, mit der 1/PzGren Btl 212 in Bergen Hohne. Als Waffeninst Uffz bei der störungsbeseitigung an der Waffenanlage SPz Marder auf dem Kettenabstellplatz Schießbahn 1C.

Heiß, Staubig und die ziemlich genervt, der DGZ der BmK führte nicht richtig zu, jeder der dies Fingereinklemmende Ding kennt kann das sicher nachvollziehen...!

Auf einmal zupft mich mein Soldat am Blaumannärmel,"....Stuffz, da is n Major von der Marine, ..." , ich winke ab, Major von der Marine, kann nur so ein Vogel von der Kommandatur sein, nicht wichtig, der Soldat zupft nochmal,....,

und ich denk mir so, "Respekt, da hat der Landser aber gut bei Dienstgradkunde in der Grundi aufgepasst, die Sache mit den Balken und Streifen bei den Mariner hatte ich selbst damals noch nicht begriffen....!

Na ja, drehte mich dann genervt um, ... auf dem Erdwall hinter mir stand leibhaftig Tiger Willy, (Helmut Willmann, was Helmut will das willmann) damals Brigadegeneral und Kdr 7. PzDiv, Unna.

Zackig Meldung gemacht, "Stuffz D.. mit einem Soldaten beim Instandsetzen...",und dann war er auch schon wieder verschwunden der ImmerärmelhochzweiArmbanduhrentragende General....!
Drehe mich zu meinem Soldaten um und frage: Mensch, das war der Div Kdr, das warein General, wie kommst du auf "Major von der Marine?"
Sacht der ganz Unschuldig: "In der Grundausbildung haben wir gelernt, das, die Dienstgradabzeichen der Marine gelb sind, deshalb....!

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: kalli am 06 Mai 2009, 00:19:02
@Seefuchs,

schön geschrieben. Allein die Abkürzungen waren für mich schon eine Freude :-D
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Mogli am 27 November 2010, 13:14:56
Hallo Wilfried,

Lt Wolf, das war das Stichwort für mich.

1.10.1970 war mein erster Tag in Brake, also die gleiche Jahreszeit.
Nach der Weihnachts-Neujahrs Dienstbefreiung kehrten wir Alle nochmal an diesen Ort zurück, um dann zu weiteren Standorten der BM versetzt zu werden.

Es hatte etlichen Schnee, aber keine Schneeschaufeln.

Hier noch mein Versuch, das Geschehen aufzuarbeiten.

Grundausbildung

1.10.70-31.12.70     
Nach einen vorerst letzten Besuch des Oktoberfestes im Augustinerfestzelt in der Box von Kugelfischer,
fuhr ich 22 Uhr Abends via München, Bremen, und Oldenburg mit den Zug nach Brake an der Unterweser.
Mit LKW geht's zur Admiral Brommy Kaserne in die Turnhalle. Jetzt nimmt alles den vorgeschriebenen unbedingten
Ablauf, laut Dienstplan, und für alle folgende Zeit, genau 4 Jahre lang.

Die mitgebrachten Zivilklamotten wandern unters Dach.
Mit Seesack vollgefüllt mit meist gebrauchten Stücken, heutzutage nur noch Neues!, stehst du dann in einer Stube mit 3 Stockbetten 6 Spinden einen Tisch mit Stühlen und einen Abfalleimer, zusammen mit fünf weiteren Zellengenossen.

Wir Sechs waren bei der ersten Gruppe, im 2. Zug, von 3 Gruppen pro Zug, gesamt
gab es 4 Züge in der 5. Kompanie, untergebracht im Block Lübeck.
In einen Zug waren 45 Mann, gesamte Kompanie 180 Mann und 25 Mann Stammpersonal.
Zusammen ? Ausbildungskompanien und mit Stab-, Wirtschafts- u. Lehrgebäude.
Nachdem der Spind fein eingeräumt war durften wir eigenhändig das Mützenband
in die Mütze einziehen und den Halsknoten aus dem blauen Dreieckstuch binden.
Es gab für Jeden eine Rolle mit Namensetiketten, um damit alle einzelnen Teile der
erhaltenen Ausrüstung zu Kennzeichnen. Weit und Breit keine Näherinnen aber dazu
ein ganzes Wochenende Zeit.
Den ersten Ausgang gab's eh erst nach 4 ! Wochen, und dann erst in Uniform.
Das war der Trick dabei. Auch haben Sie uns gleich in den ersten Tagen beigebracht, dass die Nacht nicht nur zum Schlafen vergeudet wird.

Sehr beliebt waren die Maskenbälle, bis weit in die frühen Morgenstunden.
Vieles hatte auch Urlaubscarackter wie Rudern, Wandern und die frische Natur genießen. Dazu mußten wir aber Weser aufwärts rudern, 20 km marschieren ohne Pause, und mit allen unnötigen Gepäck und metertiefe Gräben im Wald ausheben um kurze Zeit die Gegend zu beobachten.
War man mit einer Sache fertig kam sofort die nächste, das nennt man auch Drill. Sehr beliebt waren die Stubendurchgänge.
Reinschiff, morgens, mittags abends und am Freitag Großreinschiff, d.h.
Putzeimer, kurz Pütz und Feudel Marsch durch alle Ritzen. Die Meldung abends beim Stubendurchgang  lautete: Matrose Sowieso melde Stube 8 aufgeklart, gelüftet und gereinigt, Stube mit 6 Mann belegt 5 Mann in Koje, -Idealfall !
Es gab schon Auszeichnungen zu erkämpfen, Schützenschnur, 1. Stufe, Bronze und Sportabzeichen- für Radfahren bei der "Mutter der Kompanie" gab's Sonderurlaub.

Nach 6 Wochen war Vereidigung und jetzt gab es kein Zurück mehr, dafür jetzt Wochenende von Freitag nach Dienst bis Sonntag 24 Uhr, außer man hatte Wachdienst.
Abends wenn es der Dienst erlaubte, traf man sich in Brake im Admiral Brommy,
und die Musikbox spielte rauf und runter, Dalia Lavi war gerade in.
Die Zeit des ständigen Drills und Unterricht über alle möglichen Seemännischen Dienste
war trotzdem irgendwann um und alles Erlernte gipfelte in der 36 Std. Übung.
Dies war praktisch die Abschlußprüfung der Grundausbildung und für dieZeitsoldaten war das Bestehen zwingend für die weitere Laufbahn.

Damit war die erste Hürde auf dem Weg zum Schiff geschafft.

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: brueckenhein am 27 November 2010, 16:07:02
Tja Wilfried, da wir zur gleichen Zeit gedient haben könntest Du Deinen herrlichen Bericht aus der Grundausbildung auch für mich geschrieben haben. Die gleichen Sprüche der Ausbilder, der gleiche Ablauf des Dienstes. Da ich damals in Glücksburg-Meyerwik war hatten wir auch noch jede Menge Kutterpullen auf dem Programm. Auf das exakte Grüßen wurde hier besonderen Wert gelegt weil hier im Flottenstab die dicken Kolbenringe rumliefen und uns regelmäßig auf dem Weg zur Kantine zusammenschissen. :MG: :MLL: Was hat uns das alles gestunken. Heute lacht man über diesen Zirkus! :MLL:
Nochmals danke für Deinen schönen Bericht.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Captain Hans am 27 November 2010, 17:13:00
sehr schöne und lesenswerte Berichte top

viele Grüße

Hans
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 27 November 2010, 19:35:13
Moin Michael,

möchte Dir als neuem Mitglied und auch den anderen Beitragsschreibern ganz herzlich danken, dass sie den blauen Faden der Erinnerung aufgenommen und hier ihre eigenen Erlebnisse niedergeschrieben haben.
Also, noch einmal Dankeschön und schreibt diesen Faden fort ...

Mit einem lieben Gruß und einen schönen 1. Advent
wünscht der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Mogli am 28 November 2010, 09:42:07
Hallo Wilfried,

danke, an Alle, für die freundliche Aufnahme hier im Forum, ich mache gerne mit meinen Erinnerungen weiter.

Hier noch ein Foto unseres gemeinsamen Freundes Lt Wolf, über ihn kam ich hier ins Forum, so geht's manchmal.

Gruß Michael
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Chief tank am 12 Januar 2011, 00:07:13
Moin Wilfried,
ich bin gestern auf deine Geschichten aus der Grundausbildung gestoßen und musste heute erst mal alles durchlesen. Vielen Dank dafür. Da kamen doch viele Erinnerungen hoch und ich habe mir gedacht, dass ich auch etwas dazu beitragen könnte.

Ich habe meinen Dienst vor 35 Jahren in Bremerhaven begonnen, genauer gesagt, in der "Marineortungsschule Lehrgruppe Grundausbildung" in Drangstedt/Knüppelholz. Das war ein Barackenlager mitten im Wald und fernab der Zivilisation. Man hatte also keinen Kontakt zur Truppe und wusste nicht, wie sich das wirkliche Soldatenleben abspielt. Diesen Umstand haben die Ausbilder damals gründlich ausgenutzt und die Schikanen, die du in deinen Beiträgen erwähnt hast, kommen mir doch sehr bekannt vor.

Falls Interesse besteht, kann ich ja auch mal eine größere Berichtsaktion in einem neuen thread starten. Man erlebt in 35 Jahren ja doch so einiges... :roll:

Viele Grüße von Uwe

PS: was macht eigentlich dein Modell von der Oste?

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: t-geronimo am 12 Januar 2011, 00:12:50
Oh gerne, immer her damit mit Deinen Erlebnissen!! :TU:)
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 12 Januar 2011, 00:33:02
Zitat von: Chief tank am 12 Januar 2011, 00:07:13

PS: was macht eigentlich dein Modell von der Oste?


Moin Jungs,

ich weiß ja nicht, ob es so gut war, meine Erlebnisse aufzuschreiben? Da ich aber sehe, dass es Euch viel Plaisier bereitet und sogar zur Nachahmung eignet - nun gut. Als ein Kind dieser Bundesmarine und als völlig dem Kartonmodellbau verfallener Zausel bin ich natürlich dabei, alles was noch nicht als Modell erschienen, auf meiner Werft erstehen zu lassen. Im Moment bin ich bei der Druckreiflegung für die Minensucher der VEGESACK-Klasse ... OSTE und TRAVE sind als Rumpf bereits gezeichnet und gebaut; GNEISENAU und SCHARNHORST als Rumpf ebenfalls ...

Mit einem lieben Gruß auf neue Berichte aus der Flotte wartend ...
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Captain Hans am 12 Januar 2011, 14:28:40
auch ich würde mich sehr freuen eure Geschichten und Erlebnisse hier zu erfahren.
Für mich als Handelsmarine Seemann ist es immer interessant wie es bei der Marine
war und ist.

Freue mich auf eure Berichte

viele Grüße

Hans
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Blauer Peter am 03 Februar 2011, 22:17:23
Hallo zusammen!
Ich sollte 1971 nach Brake,wurde aber aus beruflichen Gründen ein Jahr zurückgestellt.Im Januar 1972 ging es dann los,allerdings jetzt MVS List auf Sylt,als 62er.Weil ich keine Dosen öffnen wollte habe ich mich sofort auf 4 Jahre verpflichtet,als 76er.Grundausbildung auf Sylt war wie Wanderurlaub.Geschossen haben mit G3 mit Einstecklauf im Kleinkaliberschiesstand,alles andere war wegen Naturschutz untersagt. n ur eben Marschieren und Formaldienst.Anschliessend sofort Gastenleergang in Neustadt,dann F1 und Maatenlehrgang in Plön.Danach ,ich glaube das hiess "Bewährung in der Truppe";MAR in Kappeln.Den Rest in Eckernförde auf der Wilhelmshöhe bei den Funkern.
Zwischendurch noch Flugabwehrlehrgang in Putlos,Methodik der Ausbilder in Plön.

Nickname Blauer Peter:Kennt noch jemand die Kneipe vor der MVS?

P.S. Bei "Mutti"wars am schönsten.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Big A am 04 Februar 2011, 07:40:39
Yo, die Kneipe kenne ich gut war 1985 für 4 Wochen, dann 87 für 7 Monate auf Lehrgang dort und 89-94 an der MVS als HSL und Chef.
Bei Mutti war's wirklich toll, ihr Schwiegersohn war dann Bezirksleiter der StOV in List. Aber die Kneipe gibt's schon lange nicht mehr :cry:

Axel
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Pillendreher am 04 Februar 2011, 18:32:31
Aber sicher, bei Mutti war immer was los.
Das wussten auch die Mädels vom Klappholttal.
Ich selbst war zwar in der Außenstelle der MVS in Westerland auf Lehrgang, bin aber auch öfters in List gewesen.
Werde mal unter" Pillendreher bei der Bundesmarine " einen Bericht abgeben.
Motto könnte werden: Sommer, Sonne, Bart und Haarerlass, Inselkoller, Herbst und Winterstürme.

Gruß Pillendreher
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Wilfried am 04 Februar 2011, 20:03:08
Zitat von: Pillendreher am 04 Februar 2011, 18:32:31

Werde mal unter" Pillendreher bei der Bundesmarine " einen Bericht abgeben.
Motto könnte werden: Sommer, Sonne, Bart und Haarerlass, Inselkoller, Herbst und Winterstürme.

Gruß Pillendreher

... aber bitte doch! Gerne! Wann?

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Helge_Nielsen am 21 Februar 2011, 17:26:33
Zitat von: Wilfried am 06 August 2006, 23:22:30
Dann die Frage: "Sonnenbrille?" Auch nach mehr als 30 Jahren kann ich mich nicht mehr daran erinnern, solch' eine Brille je empfangen zu haben. Aber sei es darum. Es war ein Brillengestell aus gehärteter Baumwolle mit 2 Einsätzen aus braunem Kunststoff. Wozu es gut sein sollte, ich weiß es bis heute nicht. Jedenfalls hatte ich diesen Gegenstand nicht in meinem Seesack und - wie schon oben beschrieben - Verlustmeldung.
Bei der Sonnenbrille hatte ich leider keine Chance. Und so wurden mir wieder einige Märker von meinem Sold abgezogen.
Bezahlen? Wieso? Das Teil kostete doch keine 10 DM! Und alles was unter diesen Betrag fiel, mußte nicht bezahlt werden. Aber, das weiß man in der Dienststellung noch nicht!!! ;)
Die Sonnenbrille war als Einsatz zur ABC-Maske gedacht. Von wegen Atom-Blitz oder ähnlich.
Gruß
Helge
(Btsm. d.R. -63-)
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Helge_Nielsen am 21 Februar 2011, 17:48:51
Ich habe jetzt alle Beiträge gelesen und mich an vieles erinnert, welches gleich oder ähnlich abgelaufen ist.
Wenn ich auch "nur" beim 6./MAusBtl 3 in Glückstadt meine 3 Monate Grundausbildung von Oktober bis Dezember 1972
absolviert habe, um anschließend zur 4./MVS nach List/Sylt zu fahren. Der Beginn meiner 12jährigen Marinezeit.
Oftmals geflucht, gebibbert auf Wache z.B. im Wachhäuschen vor dem Tor zur Schwimm- und Sporthalle in List,
weil gegenüber dem Wachhäuschen eine große Uhr (wie in Bahnhöfen üblich) hing. Und dann ist die Wachzeit sehr lang,
wenn Du auch alle Dienstgrade bitten kannst, sich auszuweisen...

zum Bild: nach 6 Wochen Grundausbildung nur noch 85 kg auf 2m.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Chief tank am 21 Februar 2011, 19:33:37
ZitatOftmals geflucht, gebibbert auf Wache z.B. im Wachhäuschen vor dem Tor zur Schwimm- und Sporthalle in List,
weil gegenüber dem Wachhäuschen eine große Uhr (wie in Bahnhöfen üblich) hing. Und dann ist die Wachzeit sehr lang,
wenn Du auch alle Dienstgrade bitten kannst, sich auszuweisen...

Moin Helge,
das kann ich nur zu gut nachvollziehen. Ich habe damals in Bremerhaven oft genug die MOS bewachen müssen. Dann stand man nachts als Torposten in zweiter Geige blau mit G3 auf dem Rücken, der Trageriemen schubberte den rauhen Stoff langsam in die Schulter und nach gefühlten zwei Stunden stellte man mit Entsetzen fest, dass erst eine halbe Stunde vergangen war. :-P Zum Ende meiner Zeit an der MOS habe ich immer zugesehen, dass ich als Streifenposten eingeteilt wurde, da hatte man wenigstens etwas Bewegung.
Gruß
Uwe
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Helge_Nielsen am 21 Februar 2011, 23:30:41
Auf der MVS (übrigens war ich 3mal da: Gastenlehrgang, F1 und F2 immer im Winter), gab es 3 Wachbereiche: Hauptwache, die zum Schwimmbad,
und 3 Streifenbereiche:
- um die Kaserne (von außen)
- zum Kfz-Bereich am Hafen
- zum O-Heim auf Holzbohlenwegen durch die Dünen.
Als ich auf dem F2 da war, lief die Streife nur noch innerhalb des Kasernenzaunes um die selbige.
Was da vorgefallen war, weiß ich nicht.

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Matrose 08-15 am 03 Juli 2011, 21:55:41
Hallo Wilfried,

vielen Dank für Deine imposanten Beträge Brake betreffend. :MG:
Ich selber war dort in der Zeit vom 1. April bis 19. April 1970, 6. Kompanie, 4. Zug. Zugführer war meines Erachtens Obermaat Glaser und / oder Obermaat Grah. Beides waren sehr gute Ausbilder. Nach der Grunsausbildung sollte ich dann im Gastenlehrgang zum Radaler ausgebildet werden (kann es sein das es die Fachgruppe 37 oder 47 war? Vielleicht weiß das noch jemand). :roll:
Wir lagen zu 13 Mann auf einer Bude, 6 Doppelbetten und 1 Einzelbett (der Kamerad kam aus Augsburg). Er meinete dann, man könne doch aus einem Doppelbett auch ein 3-er Bett machen, wobei wir ihm natürlich halfen. Beim Bettenbauen meinte er nur die beiden Fronten machen zu müssen, was dann dazu führte, dass während unseres Frühstücks gleich alle 3 Betten bein der Kontrolle durchfielen. Dieses führte unweigerlich zu Verdruss der anderen beiden Kameraden. Es wurde beschlossen, dass das 3-er Bett bleiben könne, jedoch unter strengster Aufsicht der beiden unteren Betteninhaber. Diese kontrollierten immer das oberste Bett, bevor es zum Frühstück ging.
Einen Maskenball - auch Flagge Luzie genannt - habe ich mitmachen dürfen. Dieses geschah mitten in der Nacht. Wir mußten im Schlafanzug antreten und nach wenigen Minuten - ich meine es waren 10 gewesen -wieder in Nato-Oliv antreten. Unser Augsburger Kamerad, der seinen Mund nicht halten konnte, fragte, ob er auch früher kommen dürfe. Was dann geschah kann sich jeder selber ausmalen.
Ich erinnere mich noch an die Kaiserhalle, in der der Bär am Wochenende tobte. Die ganze Lokalität voller Mariner und plötzlich tauchten "Grauröcke" aus Varel auf. Es wurde eine wüste Klopperei, bei der einige ganz schön blutige Nasen davon trugen. Und wie im richigen Leben auch tauchte plötzlich die Militärpolizei auf. Auf die Frage, wer amgefangen hätte, kam lapidar: keiner, das ergab sich so.
Es war eine sehr kurze, aber schöne und sehr intressante Zeit, in der ich in den Marineallteig eintauchen durfete. Es war immer mein Traum gewesen auf ein Schiff zu kommen aber der blieb mir jedoch wegen gesundheitlicher Probleme versagt.
Vielleicht ist noch jemand aus der Zeit, der sich an mich erinnert (Udo Lange).
Es wäre schön, von anderen auch noch etwas zu hören.

Liebe Grüße

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: smutje505 am 04 Juli 2011, 12:47:01
Hallo Udo ..interessanter Beitrag...Maskenball-Flagge Lucie---Landgang am Wochenende Lokalität Zinnowitz oder Koserow mit Fliegern Klopperei..wie bei uns in den 60gern
   
    Ahoi Hartmut
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Trimmer am 04 Juli 2011, 12:56:13
Hallo Hartmut - seit Ihr nicht auch in die "Ella " in Karlshagen gegangen  ? Da steht heute noch "mein Motorrad "  :/BE:

Gruß - Achim - Trimmer
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Stm am 03 Oktober 2011, 01:41:09
Hallo wilfried
  Wie sich die Bilder gleichen, deine Erlebnisse in der Bundesmarine und meine.in der Volksmarine
Ich habe von jungen Marinesoldaten (jetzt marine) ein ganz anders Bild Der Bundesmarine erhalten und dachte das war immer eine Na ja , Ich schreibe es nicht .
Jedenfalls war dein Lebensbericht für mich sehr ,sehr interessant .
Man wird Alt und lernt immer dazu  :-D
Horst-Dieter
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: DF3GF am 27 Oktober 2011, 08:04:20
Moin moin liebe Oste-Freunde,

ich bin gestern durch Zufall auf dieses Forum gestossen und habe mit grossem Interesse die Ausführungen von Wilfried gelesen. Ich bin der Siegfried aus Freiburg, den Wilfried in seinem Beitrag vom  25. Juni 2006 im selben Thread genannt hat. Ich war mit Wilfried vom Anfang unserer 18monatigen Wehrzeit, von Oktober 1969 bis März 1971 (Brake/Bremerhaven/ Marienleuchte auf Fehmarn und Bordeinsatz auf der Oste) durch dick und dünn gegangen. Vieles was er in seinem Bericht aufführt hatte ich vergessen, hauptsächlich die Namen unserer Vorgesetzten. Vielen Dank Wilfried, dass Du das alles nochmal aufbereitet und meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen hast. Bei Gelegenheit kann ich auch noch das eine oder andere Bild einstellen.

Wilfried, vielleicht können wir bei Gelegenheit mal miteinander telefonieren.

Mit den besten Grüßen

Siegfried
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Kettenhund am 27 Oktober 2011, 09:08:41
Hallo DF3GF,

wie schön, dass sich auf diesem Wege alte Kameradschaften wieder beleben lassen. So fügt sich doch Eins zum Anderen. Willkommen an Bord und viele Grüße DF3GF,
Carsten  :MG:
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Liese am 27 Oktober 2011, 15:51:13
Hallo Wilfried,
vielen Dank für die klasse erzählten Erinnerungen.
Ich war genau 20 Jahre später in Brake angekommen. Ich bin damals in Koblenz gestartet, dann schon mit nem Intercity :-).
Wo ich untergebracht war weiß ich nicht mehr.
Ich habe vieles so erlebt wie du, obwohl es eben viele Jahre später war. Eines möchte ich davon aber hervorheben, und zwar die Geschichte mit dem Maat und dem Obermaat, die ausbildeten...
War als zukünftiger 42 dort eingezogen worden und die Ausbilder waren 76er und 42er. Und die die Einsortierung als Kommisskopp und Vorbild habe ich genauso erlebt. Diese Erfahrung kann man denke ich immer wieder machen. Es ist die Frage worauf sich ein Mensch stützt wenn er anderen Anweisungen gibt: Amts-, Fach- oder persönliche Autorität. Eine Frage des Charakters.
Eine Story doch noch: Die ganz Kompanie hat Unterricht im Saal beim Zugführer 2. Ein OBtsm 76. Schulz glaube ich hieß er. Einer von uns Grünschnäbeln fragt: "Herr Oberbootsmann, auf welchem Schiff sind sie denn gefahren?" Der OBtsm kriegt nen roten Poller und sagt: "Auf gar keinem, das muss man auch nicht!" Alles grient.
Bei mir war die Ausbildung kombiniert, also militärisch und fachlich. Wir haben viel Zeit in Werkstätten und Unterrichtsräumen verbracht. Die meisten Ausbilder waren Leute mit Format. Schikane habe ich nicht erlebt. Klar Maskenball ist keine Schikane... oder?
Wir sind dann auch mit einem Sonderzug nach Schleswig-Holstein gefahren, wo ich im 1. MSG auf Schütze anfing. Das Boot war heute auch der Anlass, durch den ich auf dieses Forum aufmerksam wurde.
Später fuhr ich als Maat und Obermaat auf der alten Donau, insgesamt vier Jahre alles zusammen.
Die Zeit war gut, ich würde heute etwas vermissen.
Deine Erzählungen sind dir sehr gut gelungen, ich konnte vieles wieder entdecken und und nachempfinden.
Noch Mal: Schönen Dank.
Andreas
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Liese am 27 Oktober 2011, 18:13:19
Bümmerstede
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Liese am 27 Oktober 2011, 18:16:05
und noch ein grünstichiges Foto.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: H.Bleichrodt am 27 Oktober 2011, 20:00:46
Zitatund noch ein grünstichiges Foto.


war zwar ne "Landratte" aber wie ich sehe habt auch ihr
euch an den E-Packs erfreuen dürfen  :MLL:

Ach ja.... wie ich so an das erste Mal zurückdenke als wir das
Päckchen aufmachten..... :MZ:

@all

Bitte noch mehr solche Erinnerungen....
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Liese am 29 Oktober 2011, 13:21:39
Hier kommen welche mit mehr Blauton...
Das erste war die Eingewöhnungstour für die Seestiefel und uns. Das war zum Glück das einzige Mal, wo mir die Fersen bluteten.
Das zweite war für mich die erste Bootstour überhaupt. Ich kam aus Rheinland-Pfalz und war höchstens mal mit der Fähre über den Rhein gefahren. Das war schon extraaufregend für mich damals.
Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: Gebirgsmarine am 29 Oktober 2011, 16:13:55
Hallo Wilfried!

Wirklich toll Dein Bericht.
Ich war August-Oktober 1961 als Freiwilliger (41er, Dampf) in Brake zur Grundausbildung.
Beim Haupttor rechts der Block.
Ich meine es war die 2. Kompanie.
Chef war Kptl. Spiekermann.
In Adelheide haben wir "Marine-Buschkrieg" geübt.
Erinnerlich ist mir auch noch das Wacheschieben irgendwo in der Stadt. Dort lagen Kutter oder Segelboote.
Einmal kam das gesamte Bataillon von der "Härteübung" zurück. Vor der Stadt wurden wir von den LKW abgeladen. Dann Aufstellung und Marsch zur Kaserne. Als es durch das Tor ging schallte aus einem Lautsprecher entsprechende Marschmusik. Wir alle hatten eine Gänsehaut und waren stolz auf uns.
Im nachhinein gesagt:
Die Grundausbildung war doch sehr gut und brauchbar.
Manch Ausbilder hatte schon Kriegserfahrung.
Unser, Obergefreiter UA Walter, aus Bielefeld noch nicht. Aber er war ein guter, menschlicher Ausbilder. War auch schon "Fletcher" gefahren. Hatte einen aus den USA geholt. Wir hatten es gut mit ihm getroffen. Später bin ich ihm in Bremerhaven wieder begegnet. Da war ich selbst schon auf dem F 1 und er war Ausbilder bei den Offizieren.
Kölske, Merten, Marx und Grote. Dies waren meine Stubenkameraden an die ich mich noch erinnern kann. Einer fehlt von uns sechsen aus der Stube. Er wollte unbedingt zur Marine-Landungstruppe, die es damals noch gab, und auf Borkum stationiert war.
Sein Name ist mir entfallen.
Feine Kameraden waren es.
Keinen traf ich später je wieder.
In diese Zeit fiel der Mauerbau.
Wir "Deppen" hatten Angst zu spät zu kommen wenn es kracht. So blöd war man damals mit 18 Lenzen. Ob es daran lag, daß die ganze Kompanie nur aus Freiwilligen, mit der nötigen Begeisterung für den Soldatenberuf, bestand?
Zum Glück kam alles anders.
Um noch einmal auf die Grundausbildung zu kommen.
Ich "landete" nach meiner Fahrenszeit auf Zerstörer 4 in der Gebirgstruppe.
War dort selbst 3 Monate als Ausbilder in der Grundausbildung tätig. Wir hatten als selbständige Aufklärer-Kompanie vorübergehend einen eigenen Ausbildungszug und sollten, nach den Ausbildungsrichtlinien des Heeres, die Ausbildung vornehmen.
Im Gegensatz zur Marine hatten wir in diesen drei Monaten nicht eine scharfe Handgranate geworfen, nicht einer Sprengung beiwohnen dürfen, geschweige denn, selbst einmal gesprengt.
Wie es bei anderen Heereseinheiten damals zuging, kann ich nicht beurteilen.
Ich denke, daß es nur bei uns so war.
Vielleicht lag es auch daran, daß wir der erste Ausbildungslehrgang waren und man noch keine Erfahrung damit hatte. Schließlich kamen früher die Soldaten direkt von den richtigen Ausbildungseinheiten, wo sie ihre Grundausbildung erhalten hatten. Bei den Einsatzkompanien wurde dann die Fachausbildung betrieben, analog wie bei der Marine, der "Gastenlehrgang".
Also nichts gegen den viel belächelten "Marine-Buschkrieg".

Viele Grüße

die Gebirgsmarine

Titel: Re: Wilfried bei der Bundesmarine - wie alles begann ..
Beitrag von: MarkG am 02 Januar 2016, 03:16:47
Durch Zufall gelesen, super. War zwar beim Heer, PzPi60, und 1980, aber die Grundausbildung war, von den Marinedingen abgesehen, nahezu gleich. Die Zufphrer waren etwas kameradschaftlicher, aber das ist ja Typsache. Kofferquäler (Koffer hießen bei uns die Neuen) gibt es immer.
Das mit der Übungsmun hat eine Erinnerung geweckt: Als spätere Innendienstler ohnehin faul hatten wir uns vorm Schießen mit dem Zeug gedrückt wie es ging, und natürlich auch vor möglichst jedem Geländegang; da wurde ja das schicke, gezielt ausgewaschen ausgesuchte ehemalige olivgrün dreckig und die gewienerten ZDV-widrigen Knobelbecher hätte der OG gegen die Kampfstiefel des gemeinen Fußvolks eintauschen müssen .... ;-). Als Reservist hat es mich dann doch noch erwischt, der KpChef wollte auch die Verpisser seines Innendienstes draußen sehen und da er anscheinend sein Pappenheimer kannte - was mich doch etwas wunderte - schlich er doch nachts durch Gelände und kontrollierte, ob auch jeder tapfer feuert. Natürlich hat er meinen Spezi und mich erwischt, wie wir uns drückten bzw. simulierten, und anstelle eines Diszi, das uns als Reservisten natürlich nur eine Hohnlache abgerungen hätte, befahl er uns, alle unsere Mags mit Manövermun zu verschießen - hic et nunc, vor seinen Augen. Das war vielleicht eine Putzerei ...
Und heute würde ich das dreifache an Putzen in Kauf nehmen, wenn ich bei uns auf dem Schießstand mit einem G3 schießen könnte/dürfte anstatt unserer Zivilistenplempen.