31.05.1916

Begonnen von Peter Strasser, 31 Mai 2009, 11:41:16

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Peter Strasser

Aufzeichnung

RM 5/903 BI. 53 - 55, Maschinenschrift

Hanschriftlicher Vermerk Holtzendorffs vom 04.06.1916: "Erledigt durch Immediatvortrag"

Eindrücke, Episoden der Skagerrakschlacht

A betreffend eigene Partei

1. Alles hat gearbeitet wie im Frieden; gegenseitiges Vertrauen zwischen Führern, Kommandanten und Offizieren. Glänzendes, ruhiges, zuversichtliches, opferfreudiges Verhalten der Mannschaften.

2. Wiederholt Unterführer unter voller Billigung Flottenchefs selbständig vorgegangen (Befehlshaber der Aufklärungsschiffe, Chef des vorn stehenden III. Geschwaders, Kommandant der "Westfalen", verschiedene Flottillenchefs).

3. Erfolg ebenso gründlicher Ausbildung wie Güte Materials zu danken.

a) Ausbildung trat besonders bei Gefechtsstörungen und Lecksicherung in die Erscheinung und sicherte vorzügliche Zusammenarbeit aller Teile. Torpedobootstaktik - Tag und Nacht - zu Ehren gekommen.

b) Material: Von den Trutzwaffen: besonders Panzer-Sprenggranaten und Torpedos; von den Schutzwaffen: gründliche Bauart an sich, guter Panzerschutz, vorzügliche wasserdichte Einteilung (Äußerung eines Chefs: "Hätte nicht gedacht, daß Schiffe so viel aushalten können").

B betreffend Feind

4. Sehr geschickte Führung bei Bestreben zu enfilieren und zu umstellen.

5. Vorteil großer Geschwindigkeit für dies Bestreben.

6. Sehr gutes Schießen, dichtes Zusammenliegender Salven.

7. Schwere Kaliber keine Sprenggranaten , sonst "König", "Derfflinger", "Seydlitz" schwerlich noch schwimmend.

C Einzelheiten (zufällig erfahren)

1. Übersteigen Befehlshaber der Aufklärungsschiffe auf "Moltke" hat ca. 1 1/2 Stunden gedauert.

2. Erhaltung und Einbringen "Seydlitz" vorzügliche Leistung. Schiff hatte 14 (15 ?) schwere Artillerie- und 1 Torpedotreffer.

3. Derfflinger" 12 schwere Treffer, darunter einen Backbord Bug-Wasserlinie, 2 Panzerplatten herausgefallen, Fahrt dadurch in keiner Weise beeinflußt; ein Treffer gegen Kommandoturm, nichts gemacht (Ärger über angebliches Schießen vorderen Turrns).

4. "König" 8 schwere Treffer, 1000 Tonnen Wasser im Schiff, trotzdem von außen - wie auch den meisten anderen - kaum etwas anzusehen.

5. "Hamburg" ein Treffer schwersten Kalibers (oder 15 cm Sprenggranate?), auf Kommandobrücke 14 Tote, 18 meist Schwerverletzte.

6. Auf Lazarett-Schiff "Sierra Ventana" 185 Verletzte, darunter 40 Gasvergiftungen.

7. Gasmasken 2 Tage vorher auf Schiffe gekommen, vorzüglich bewährt.

8. "Ostfriesland" Ruderraum 66 ohne Ventilation! Gleichmut der Leute.

9. Insgesamt 133 Engländer aufgefischt, davon 40 verletzt auf "Sierra Ventana". Nach bisherigen Feststellungen gehören von ihnen zu "Nestor" 65, darunter 2 Offiziere; "Tipperary" 9, "Queen Mary" 1, "Nomad" 17 (davon 1 Offizier), "Indefatigable" 4 (weitere Angaben unterwegs).

10. "Pommern" durch Torpedobeschuß wie weggeblasen, auch "Wiesbaden" niemand gerettet, "Frauenlob" nach tapferster Gegenwehr drei Hurras auf Seine Majestät. (Diese Nachricht aus Rotterdam-Telegramm entnommen.)

11. Merkwürdiges Verhalten englischen Kreuzers, der unversehrt nachts senkrecht auf deutsche Linie losfuhr, dann, sofort in Brand geschossen, rotglühend an Linie entlanglief und nach 4 Minuten sank.

12. Gemisch aus Freude und Arger bei "Westfalen"-Hintermann über letzterer vorzügliche Torpedoboots-Abwehr.

D "Lützow"

"Lützow" erst verlassen, als Knopf  Gäschstock bereits im Wasser war, hatte 8000 Tonnen Wasser im Schiff. Mannschaft von 3 Torpedobooten ungesehen von Feind im feindlichen Feuer gerettet. Sehr geschickte Unterstützung durch andere Boote mittels Rauch und künstlicher Nebelentwicklung, die 61 Schwerverletzten sämtlich mitgenommen. (114 Tote.) Mannschaft vorzügliche Haltung; Lecksicherung wie im Frieden. Außer kleinem Brand in Vorbatterie keine Brände; geringe feindliche, dagegen stärkere eigene Gaswirkung. Kommandant während ganzen Gefechts frei auf Brücke gestanden. "Lützow" hat "Warspite" (vgl. auch Gefangenenaussagen) mit Torpedo getroffen (1. Offizier: "War wie weggeblasen"); geschah etwa z.Zt. In-Sieht-Kommen Gros. Schiff durch Torpedobeschuß von eigenem Torpedoboot vernichtet.

E Verletzte

Chef des III. Geschwaders (Behncke, stand auch frei an Deck). Kapitän Höpfner, Knächelbruch; typische Verletzung durch Gasdruck. (Kapitänleutnant Mohr tot, Verwandter von Vizeadmiral Scheer.)

P
BE

OWZ


kaimarex

Zu Punkt 4 :Das Lob hat sich Admiral Jellicoe aber auch verdient, schließlich hat seine geschickte Kurswahl die dt. Flotte zweimal in das T laufen lassen und dabei die Spitzenschiffe der Linie ordentlich beschädigt.

Zu Punkt 7 : Unklar ausgedrückt, meint sicherlich PANZERsprenggranaten. Explodiert sind die Granaten,aber auf dem dt. Panzermaterial und nicht erst nach Durchschlag. Zerstörte Panzertürme gab es auf dt. Seite trotzdem.

Zu Punkt 2 : Tirpitz hat hinterher geschrieben : es gab zuwenig Selbständigkeit der einzelnen Geschwader. Scheer " verfolgt " die brit. schnelle Division mit Konvoi von schneller König- bis lahmer Deutschland-Klasse.
Na, das musste schiefgehen und die Schlachtkreuzer überlasten.
Ein deutscher Generalstabsoffizier 1910 nach Gesprächen mit brit.Generalen, deren Angst vor Aufständen in Indien und Ägypten und der Gefahr der Invasion" Man erwartet also von Deutschland dasselbe Verhalten, daß man von England erwarten müßte."

Der preußische Militärgeist hat eine schwache Stelle: die Neigung zur Schablone

waldi44

Hallo!

Mal eine Frage zu Punkt B/7
7. Schwere Kaliber keine Sprenggranaten , sonst "König", "Derfflinger", "Seydlitz" schwerlich noch schwimmend.
Warum sollte man mit Sprenggranaten auf Panzerschiffe schiessen? Dass genannte Schiffe nicht sanken lag meiner Meinung an Punkt 3 und 3a.

C/4- "König" 8 schwere Treffer, 1000 Tonnen Wasser im Schiff, trotzdem von außen - wie auch den meisten anderen - kaum etwas anzusehen. DAS lag an den "fehlenden" Sprenggranaten, hat aber mit der Schwimmfähigkeit dieses oder jeden anderen beliebigen Panzerschiff nichts zu tun. im schlimmsten Fall wird die Kampffähigkeit/Kampfkraft beeinträchtigt.

C/11 Merkwürdiges Verhalten englischen Kreuzers, der unversehrt nachts senkrecht auf deutsche Linie losfuhr, dann, sofort in Brand geschossen, rotglühend an Linie entlanglief und nach 4 Minuten sank.

Dabei handelte es sich wohl um HMS Black Prince (1904) war ein Kreuzer der Duke-of-Edinburgh-Klasse. Dieser wurde mit seiner gesamten Besatzung während der Skagerrakschlacht durch 21 Treffer ("rotglühend") 1916 versenkt. Es war das 4. Schiff dieses Namens. Oder war es ein anderes Schiff, das hier gemeint war?

Peter Strasser

Zitat
7. Schwere Kaliber keine Sprenggranaten , sonst "König", "Derfflinger", "Seydlitz" schwerlich noch schwimmend.
Hier waren wohl Panzersprenggranaten gemeint.

ZitatC/4- "König" 8 schwere Treffer, 1000 Tonnen Wasser im Schiff, trotzdem von außen - wie auch den meisten anderen - kaum etwas anzusehen. DAS lag an den "fehlenden" Sprenggranaten, hat aber mit der Schwimmfähigkeit dieses oder jeden anderen beliebigen Panzerschiff nichts zu tun. im schlimmsten Fall wird die Kampffähigkeit/Kampfkraft beeinträchtigt.
1.000 Tonnen Wasser im Schiff haben schon was mit Schwimmfähigkeit zu tun. Ich vermute, dass hier gemeint ist, dass das Schiff nicht sonderlich tiefer lag oder auffällig vertrimmt oder gekrängt war. König erhielt, wenn ich mich nicht irre, in Wirklichkeit nicht 8, sondern sogar 10 schwere Treffer.

ZitatC/11 Merkwürdiges Verhalten englischen Kreuzers, der unversehrt nachts senkrecht auf deutsche Linie losfuhr, dann, sofort in Brand geschossen, rotglühend an Linie entlanglief und nach 4 Minuten sank.
Ja, das war HMS Black Prince.

Urs Heßling

Hi

Zitat von: Peter Strasser am 31 Mai 2009, 11:41:16

...

B betreffend Feind

6. Sehr gutes Schießen, dichtes Zusammenliegender Salven.

...

C Einzelheiten (zufällig erfahren)

...

5. "Hamburg" ein Treffer schwersten Kalibers (oder 15 cm Sprenggranate?), auf Kommandobrücke 14 Tote, 18 meist Schwerverletzte.

D "Lützow"

"Lützow" hat "Warspite" (vgl. auch Gefangenenaussagen) mit Torpedo getroffen (1. Offizier: "War wie weggeblasen"); geschah etwa z.Zt. In-Sieht-Kommen Gros.


zu B.6 - trifft nicht auf Beattys Schlachtkreuzer zu, wohl aber auf das 5. Geschwader (QE`s) und Hodds 3. Slachtkreuzergeschwader

zu C.5 - ein altes und schlecht geschütztes Schiff wie die "Hamburg" ("Frauenlob" war allerdings noch älter) mit 21 Kn MaxGeschwindigkeit mit in die Schlacht zu nehmen war sowieso ein hohes Risiko (für die Hamburg).

zu D. - Torpedotreffer wohl nicht auf "Warspite" - ist hier vielleicht "Defence" gemeint ?
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Thoddy

Liebe Freunde
Dank der unermüdlichen Arbeit eines schottischen Symphatisanten freue ich mich hier eine kleine Vorschau geben zu dürfen
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Götz von Berlichingen

@ Thoddy:

Prima, gibt das einen Artikel im MNB?  top top  :lol:

t-geronimo

Weiß jemand, ob diese Informationen auch für Campbells Werk zur Verfügung standen und mit hinein flossen?
Meine Ausgabe ist leider verliehen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Thoddy

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

IIWO

Hallo,
zu den Panzertreffern gibt es auch eine Zusammenstellung eines Rev. J.L.R. Pastfield, M.A.: "New Light on Jutland", ca. 1933.
Leider nicht in meinem Besitz, aber in der "Naval Review" 2/1934 gibt es eine Rezension:
http://www.naval-review.co.uk/issues/1934-2.pdf (Pdf-Seite 161, entspricht Review-Seite 353).
Gruß
Jörn

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