B+V 40.000-t-Schwimmdock für k.u.k. Marine 1913 in Holland?

Begonnen von harold, 23 Februar 2009, 07:21:44

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harold

Ich leite mal folgende Anfrage (Hr. Sieche kann hier selbst nicht schreiben, jedoch mitlesen) weiter:

"Die österreichisch-ungarische Kriegsmarine plante bekanntlich die Baulegung
von vier Dreadnoughts des ,,verstärkten Typs Tegetthoff", angelehnt an die
deutsche Praxis auch als ,,Ersatz Monarch" bezeichnet. Die wurden dann wegen
des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs nicht mehr gebaut.
Zur Infrastruktur gehörte auch das passende Schwimmdock, denn das größte
Schwimmdock hatte nur eine Hebekraft von 22.000 Tonnen.
Die Offertlegung wurde international ausgeschrieben. ,,Schiffbau Nr. 11" vom
12.3.1913, Seite 447 ff schreibt, dass Blohm & Voss der Bestbieter für
dieses 40.000-Tonnen-Schwimmdock gewesen war. Ich habe in den
österreichischen Akten diesen Bestellvorgang nicht recherchiert, sondern
stütze mich z. Zt. nur auf spärliche Hinweise.
Frage: Offenbar wurde dieses 40.000-Tonnen-Schwimmdock tatsächlich bei Blohm
& Voss bestellt und gebaut, aber wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr nach
Pola geliefert. Es heißt, es wurde als Reparation nach dem Krieg Holland
zugesprochen.
Also: Wer weiß mehr? Gibt es darüber im Archiv von Blohm & Voss noch
Angaben, Blaupausen? Was geschah mit diesem Dock nach dem Krieg – wo ist es
geblieben? Solche Objekte sind ja langlebiger als Schiffe und verschwinden
nicht spurlos.
Erwin Sieche, Wien"
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Peter K.

Diesen "Tathergang" habe ich auch so im Kopf und kann ihn daher so bestätigen, d.h. Auslieferung als Reparationsleistung nach Holland.
Übrigens glaube ich mich zu erinnern, dass sich bei der Auftragsvergabe auch die Werft in Monfalcone Hoffnungen darauf machte.

Mal sehen, ob ich am Abend noch ´was genaueres dazu finde ...
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Langensiepen

#2
Grüß Gott lieber Seiche Erwin,
                    schauns Herr Hofrat, liegt doch alles bei den Preussen in Hamburg in deren Staatsarchiv. Habs Ihnen aber schon mal erzählt.
Müssen halt a Briefel schreim.
Servus
BERND

PS: Die Übertragung Deutsch – Ostmärkisch erfolgte phonetisch aber nicht euphorisch

schiffbauer

Hallo,
jetzt kann ich auch mal was beitragen:

Blohm+Voss Baunummern 222 bis 227 ( jede Sektion hatte ihre eigene Baunummer)

War bestellt von der k.u.k. Marine für den Stützpunkt Pola. Sechs Sektionen mit insgesamt 211,80 m Länge und 51,20 m Breite. 40000 to Hebefähigkeit. Konnte wegen Ausbruch des Krieges nicht mehr abgeliefert werden. Wurde noch rechtzeitig vor dem Versailler Abkommen an die Wilton-Fijenoord Werft in Rotterdam verkauft und gelangte 1920 nach geradezu abenteuerlicher Schleppreise nach dort.

Quelle:
Hans Jürgen Witthöft :
Tradition und Fortschritt - 125 Jahre Blohm+Voss
Seite 523

Gruss
Schiffbauer

TD

praktisch die gleichen  Angaben hat mir eben Dr. Meyer geschickt aus seiner Sammlung

KuK - Schiffe und Fahrzeuge:

SD 40 (1913/19, Hamburg: Blohm & Voß, 222-227) 211,80 x 51,20 m; 40000 t Hebekraft; 6 Sektionen;

wegen Krieg nicht mehr abgeliefert; 1919 nach Rotterdam verk.


Gruß

Theo

...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

Peter K.

... ebenso nach Hans Jürgen WITTHÖFT, "Gebaut bei Blohm & Voss", ISBN 3-78220911-7
und Hans Georg PRAGER, "Blohm & Voss - Schiffe und Maschinen für die Welt", ISBN 3-7822-0127-2:

6 Sektionen mit insgesamt 211,80 m Länge und 51,2 m Breite, 40.000 t Hebefähigkeit
BauNr. 222 - Fertigstellung 21.03.1914
BauNr. 223 - Fertigstellung 30.06.1914
BauNr. 224 - Fertigstellung 10.10.1914
BauNr. 225 - Fertigstellung 25.01.1915
BauNr. 226 - Fertigstellung 04.09.1914
BauNr. 227 - Fertigstellung 18.05.1915

Nach WITTHÖFT kam das Dock im Juli 1920 nach abenteuerlicher Schleppfahrt bei der Wilton-Fijenoord-Werft in Rotterdam an.
Bei WITTHÖFT, Seite 66, findet man auch eine gute Aufnahme einer Sektion!

Nach Wladimir AICHELBURG, "Register der k.(u.)k. Kriegsschiffe", ISBN 3-7083-0052-1, wurde die Hebekraft von 40.000 t in der Normalverordnung vom 17.12.1913 festgelegt. 1912 wurden die Baukosten mit 8.480.000 Kronen veranschlagt. Nach AICHELBURG sind die Schiffbaupläne im Kriegsarchiv Wien vorhanden, in der "Marine-Rundschau" (Jahrgang 1977, Seite 155) sei eine Abbildung zu finden und auch bei Friedrich von ARVAY, "Handbuch des Seemannswesens" (Wien, 1918) werde das Dock auf Seite 506 beschrieben.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

harold

Danke rundum für die Informationen!

Ich leite nun folgendes an Euch weiter:

"Hab die Antworten schon gelesen. Hier mein Kommentar:

Vielen Dank an die Shiplovers.
Besitze selber das Buch von Witthöft nicht. Tschuldigung an Langensiepen,
dass ich vergessen hatte, dass er mir das schon mal verklamüsert hat. Man
merkt sich halt nicht mehr alles.
Wer weis mehr über das weitere Schicksal dieses Docks? Gibt es Fotos davon?

LG
Erwin Sieche"


:MG: Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Peter K.

... einige zusätzliche Informationen zum "Pula-Dock" aus

Prof.Dr. P.J. BOUMAN,
Wilton-Fijenoord History
Schiedam, 1954

6 Sektionen (4 gleiche Mittel- und 2 gleiche Endsektionen) mit einer Gesamtlänge von 212 m und einer Breite von 51,2 m, Tiefgang der Sektionen 6,6 m, Seitenhöhe der Sektionen 15 m
Leerverdrängung 14.000 ts
Hebefähigkeit 46.000 ts
Jede Sektion war mit 2 Pumpen ausgestattet, von denen jede pro Stunde 2.500 ts Wasser bewältigen konnte.
Das gesamte Dock mit einem 40.000 ts - Schiff konnte in 2 Stunden abgesenkt bzw. angehoben werden.

Bereits im April 1921 wurde das erste Schiff, die ROTTERDAM, gedockt und am 11.09.1921 besichtigte sogar die Königin das Dock, als gerade die ORCADES eingedockt war.

1943 wurde das Dock von 12 Flugzeugbomben getroffen, die 4 der 6 Sektionen schwer beschädigten und eine weitere versenkten. Daraufhin wurde das Restdock nach Waalhaven geschleppt und dort auf Grund gesetzt. 1944 wurden erste Überlegungen zur Reparatur des Docks angestellt, dessen Zustand sich zu diesem Zeitpunkt wie folgt darstellte:
Sektion I: 3 von 5 Tanks leckten
Sektion II: Bombentrichter von 10 x 15 m im achternen Steuerbordtank
Sektion III: 2 Seitentanks beschädigt
Sektion IV: intakt
Sektion V: an der Steuerbordseite über 20 m Länge schwer beschädigt
Sektion VI: versenkt und verloren
Aber erst am 01.05.1948 wurden mit den Arbeiten begonnen, zunächst an der Sektion III. Die Reparatur dieser Sektion wurde am 10.01.1949 abgeschlossen und anschließend wurde sie zur Schiedam-Werft gebracht, wo wenig später auch die unbeschädigte Sektion IV eintraf. Die Sektion II wurde dann in der ersten Jahreshälfte 1949 in den Sektionen III und IV repariert. Am 18.08.1949 kam auch die Sektion I in der Schiedam-Werft an, wo kurz darauf auch die Sektion V eintraf. Beide wurden dann in den kombinierten Sektionen II, III und IV gleichzeitig instandgesetzt. Gleichzeitig baute die Werft eine vollkommen neue Sektion VI. Noch im Dezember 1949 wurde die Sektion II fertig, gefolgt von den Sektionen V und VI im Jänner 1950.
Am 11.04.1950 wurde das Dock wieder in Dienst gestellt und als erstes Schiff wurde die NIEUW AMSTERDAM gedockt.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

1.Kaleu

Hallo Peter K.

Giebt es vieleicht Bilder und oder Zeichnungen vom Dock.

Gruß :MG:
Harald

Peter K.

... siehe Antwort 5

... außerdem gibt es in der letztgenannten Quelle eine Aufnahme des beschädigten Docks auf Seite 172 und eine weitere mit der PARIS auf Seite 110, allerdings beide nicht in Spitzenqualität!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

1.Kaleu

Danke Peter K.

Ich habe diese Bücher leider nicht.
Sonst hätte ich nicht gefragt.

Gruß :MG:
Harald

Peter K.

Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Peter K.

Zum Thema erschien soeben ein kurzer Artikel von Erwin SIECHE mit dem Titel

Das Dock 40 (für) die geplanten Super-Dreadnoughts des "verstärkten Typs Tegetthoff"

in der aktuellen Ausgabe 35 (September 2009) der Zeitschrift ÖSTERREICH MARITIM.


Leider geht der Artikel inhaltlich nicht wesentlich über das bereits hier GESCHRIEBENE hinaus!
Insbesondere wären meiner Meinung nach doch Auszüge der Pläne, die im Staats/Kriegsarchiv Wien aufliegen, schön gewesen, die Untersuchung der Offertnachbesserung von CNT Monfalcone interessant und Nachforschungen über den Verbleib des Docks angebracht gewesen.


Dennoch ein interessanter Artikel über ein kaum bekanntes Thema und somit durchaus zu empfehlen!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

MarkusL

Hallo,
mit knapp zehnjähriger Verspätung, dank der Arbeit der niederländischen Wiltonfreunde
https://www.facebook.com/324580450899736/photos/a.1126046047419835/899267276764381/?type=3&theater
die auf ihren Facebookseiten eine wunderbare Zusammenstellung von Einsatzbildern des "Dock 40" haben
hier der (sic) aktuelle Verbleib
http://www.desan-shipyard.com/ship-repair-conversion/
mit dem Dock im bewegten Bild
https://www.youtube.com/watch?v=O5oUslbCZHQ

Da möglicherweise von der kuk Marineverwaltung schon an- oder eventuell fast ganz bezahlt eventuell das größte noch schwimmende Marineobjekt der kuk Marine.
Immerhin für ein über 100 jährigen noch sehr rüstig und natürlich top Blohm und Voss Qualität.
Eine Art Dinosaurier aus der Dreadnought-Zeit, der dann mit leichter Verspätung seinen Weg ins Mittelmeer gefunden hat.
Gruß
Markus

MarkusL

... noch ein kleiner Nachklapp
https://www.facebook.com/324580450899736/photos/a.589619411062504/864408200250289/?type=3&theater
https://www.facebook.com/324580450899736/photos/a.712286592129118/2239036019454160/?type=3&theater
http://www.desan-shipyard.com/gallery/#lg=1&slide=19
zeigt nicht nur, wie wenig sich das Dock verändert hat, sondern auch, wie gut offensichtlich die Wilton Werft bei der Behebung der Kriegsschäden gearbeitet hat.
War wahrscheinlich faktisch eine Generalüberholung.
Dazu die gute Blohm & Voss Vor(1.W)kriegsqualität. Btw eventuell das einzige schwimmende Schlachtschiffdock in dem wahrscheinlich nie ein Schlachtschiff gedockt wurde.
Faszinierendes Kapitel österreichisch-deutscher-niederländischer-türkischer Werft- und Marinegeschichte.
Gruß
Markus

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