Bismarck gegen alles und jeden - der Hau-Drauf-Thread ;-)

Begonnen von Mario, 28 Oktober 2005, 17:11:41

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Thomas

Hallo Ufo,

erstmal vielen Dank für die umfassende und plausible Erklärung.
Vielleicht finden sich ja tatsächlich noch Bilder.
Überholungen nach Beschädigungen/Treffern waren wohl nicht selten, siehe MALAYA, ILLUSTRIOUS etc.

Gibts eine Liste, welche britischen Schiffe 1939-1942 in amerikanischen Werften repariert worden sind?

RODNEY war so faszinierend pott-häßlich, dass das m. M. fast ins "Schöne" kippt, aber ich bin technischer Laie. Vielleicht wirkt das Extreme interessant.

Grüße
Thomas

Mario

Die Nelson/Rodney litten unter anderem an möglichen Schäden durch eigenes Feuer, wenn z.B. die eigene Hauptartillerie weit nach achtern gerichtet wurde. Daneben wurden schon kurz nach der Indienststellung festgestellt, das es zu Problemen am Schiffskörper kommt, wenn alle neun 40.6 cm Rohre zeitgleich abgefeuert wurden. Deshalb wurde dies bei Übungsschießen zu Friedenszeiten untersagt. Im Kampfeinsatz wurde darauf natürlich wenig Rücksicht genommen. Gibt es dazu Beobachtungen, ob Rodney Vollsalven mit allen Rohren schoß ? ? ?

Zu den angeblich vertuschten Gefechtsschäden.
Raven/Roberts beschreiben in ihrem Buch ausführlich Gefechtsschäden britischer Schlachtschiffe. So z.B. die Schäden der PoW nach dem Einsatz in der Dänemarkstraße oder auch den Bombentreffer auf der Warspite im Mittelmeer.
Es macht doch irgendwie keinen Sinn, wenn gleichzeitig Schäden durch die Bismarck, oder der Scharnhorst auf die DoY vertuscht werden sollten. Das passt irgendwie nicht in das Bild.

t-geronimo

Eben.

Auch in Neil McCart "Nelson & Rodney 1927-1949 - The big battleships" werden nur die Splitterschäden durch BS-Geschosse erwähnt, die u.a. ein Torpedo-Rohr beschädigten.
Leider sind auch in diesem Buch keine Fotos aus dem Dock während der Überholung enthalten. :-(
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

ufo

Nee – das mit den ach so sagenhafen Gefechtsschäden ist einfach nur eine aufgesprochen gut gepanzerte Ente. Die kriegt man auch nicht mehr versenkt. (Schon gar nicht nur mit Geschuetzfeuer! :-D) Das braucht's hie und da wohl für's Selbstwertgefühl.

Würd' man's ganz genau wissen wollen, kann man inzwischen in den National Archives HMS Rodneys Logbücher von Mai, Juli und August 1941 haben. (ADM Serie 53; dortselbst No. 115o28, 29 und 3o) Das sollte irgendwelchen "Geheimnisvollen Treffern" denn ein Ende machen.
(Vermutlich sollte man gleich den Duke of York vom Dezember 1943 mitbestellen (1174o5) dann hat das Elend auch ma' ein Ende :roll:)

Das Blöde ist dabei nur imer, dass die einem die Sachen auf gebrauchten Zehn Pfund Noten kopieren. Eher teuer! :-P


Nee – ein gutes Buch oder einen Artikel, der sich den Überholungen oder Reparaturen von RN Schiffen 1939 - 1942 ausserhalb des Empires widmed wüsst' ich nicht. Wär schon mal spannend!

Ich hab auch keine Ahnung wie lange vorher Rodneys Besuch in Boston schon gebucht war.
Wie lange vorher plant man sowas Grosses wie eine Generalüberholung der Maschienen? Gut gepasst hat's ja nicht zu dem Zeitpunkt. Muss also echt noetig gewesen sein.

Ciao,
Ufo

t-geronimo

Neil McCart schreibt, daß Anfang Mai die Entscheidung und die Vorbereitungen für eine längere und gründlichere Überholung getroffen wurden.

Rodneys Problem war, daß sie eigentlich bei Kriegsbeginn schon reif für eine lange Werftliegezeit war. Dann kam der Krieg, und mit ihm die Notwendigkeit, die Atlantik-Konvois gegen die dt. Überwasser-Streitkräfte zu schützen. Und der rauhe Nordatlantik hat dem alten Bügeleisen arg zugesetzt.

Bereits ab Anfang 1940 kam es zu Problemen mit der Außenhaut und damit verbundenen Leckagen, weil die Bordwände zu sehr arbeiteten. Man versuchte, das Problem mit eingeschweißten zusätzlichen Trägern zu beheben, aber der Nordatlantik war härter als der Stahl. Ich lass es jetzt mal, sämtliche Leckagen aufzuzählen, denn dann hätte ich ein Copyright- und ein medizinisches Problem wegen Blasen an den Fingern. Bei Raven/Roberts geht das über mehrere Seiten.

Im Februar 1941 scheinen dann die Maschinenprobleme erstmals aufgetreten zu sein, als nach einem besonders schweren Sturm die "boiler brickworks" instabil wurden. Meine Übersetzung sagt mir nur "Mauerwerk" für "brickwork", aber ich denke mal, daß damit die Kesselfundamente oder ähnliches gemeint sind.
Diese wurden jedenfalls unstabil. Es erfolgten zwar Reparaturen, und danach sicherte das Bügeleisen noch weitere Konvois (wobei ihm ja auch noch Gneisenau kurz über den Weg lief), aber die Reparaturen erwiesen sich als unzureichend, da neben den unstabilen Kesselfundamenten (oder sogar dadurch?) immer wieder Rohrreißer auftraten.

Also wurde Anfang Mai (lt. McCart) beschloßen, Rodney in Boston gründlich überholen zu lassen. Vieles von dem Zeugs, was eingebaut werden sollte, hat sie übrigens von zu Hause mitgenommen (Kesselrohre, Flak-Geschütze, Panzerplatten etc.).
Außerdem noch Artefakte des britischen Museums (man hatte immer noch Angst vor einer Invasion), Goldbarren und 500 Mann Truppen für die Falklands, Halifax und Bermuda.

Tja, und dann hat dummerweise (für das B-Schiff) die Maschine noch einmal richtig funktioniert und 21,5 kn hergegeben, als BS ausbrach. Der Rest ist Geschichte...
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Thomas

Hallo Thorsten,

wirklich Klasse, vielen Dank :MG:

Grüße
Thomas

Huszar

Neben Rodney, DoY gibts da noch ein anderes SChiff mit geheimnisumwogenen Schäden.

Ich meine damit die Warspite 1940 im Mittelmeer (Kalabrien wars, glaub ich)


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

t-geronimo

Meinst Du Punta Stilo, als Warspite den Weitschuß-Treffer auf Guilio Cesare erzielte? Dort blieb sie unbeschädigt.

zwei Tage vorher, am 07.07.1940, wurde sie von einer dt. 100-kg-Bombe leicht beschädigt. Die Bombe detonierte als Nahtreffer im Wasser in Höhe des Bb-II-10,2-cm-Geschützes und richtete nicht viel Schaden an (lt. Raven/Roberts).
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Huszar

Jup, den meine ich!

Auf Reggiamarina gibs dazu einen Artikel.


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

ufo

Danke fuer die Details Thorsten! Denn war sie ja man wirklich faellig! Muss ein wenig unheimlich sein im Maschienenraum, wenn einem bei AK der Putz von den Fundamenten faellt! :-D

Und wenn sie daran herumbauen mussten duerfte sie in der Werft wirklich mittschiffs ein leidliches Loch im Oberdeck gehabt haben. Das verbuchen wir ma' als geklaert. Fehlt nur noch das Photo. :-)

Ciao,
Ufo

Thomas

Hallo Leute,

na denn ist das hier also die nächste "Ente": KTB SKL vom 7.7.1941, Meldung des Konsuls aus Boston aus vertrauenswürdigen Quellen:
Rodney habe im Gefecht mit Bismarck 208 Tote und über 300 Verwundete erlitten. Die zwei vorderen schweren Türme seine zerstört. Die hohe verlustrate erklärt die SKL mit Volltreffern in die Türme.

(Sollte da etwa im nachhinein der Verlust der Bismarck relativiert werden?)

Grüße
Thomas

Scheer

Mhh, wahschinlich sollte man also diese Konsularsmeldungen nicht ganz ernst nehmen.
Gilt dann wohl auch für die erste Meldung.
Klingt alles sehr danach, das man nicht gemeldet hat was man sah, sondern was man sehen WOLLTE !

ufo

Ich glaube da sieht man auch ein spannendes und irgendwie witziges Stück Kriegspsychiologie. Ich schätze mal, die Allierten haben insgesammt rund vier vollständige Kriegsmarinen versenkt. Die Kriegsmarine im Gegenzug hat Schiffe im Gegenwert der kompletten Royal Navy auf dem (Wunsch-)Gewissen.

Man scheint in der Kriesensituation Krieg unabhängig davon ob Diktatur oder Demokratie dazu zu verfallen Wundertaten zu vollbringen und das dann so ausgesprochen fest zu glauben, dass man auch keine Hemmungen hat, das dem Premierminister oder dem Führer brühwarm zu erzählen.

Irgendwie fängt das Wunschdenken an zu gallopieren und dann gibt es irgendwann (fast) kein Halten mehr. Man möchte doch auch gute Nachrichten nach oben weitermelden.
Indizien, die unter normalen Gesichtspunkten den Gebrauchswert von Übungsmunition haben werden plötzlich irrsinnig gewichtig. Rodney muss doch was abgekriegt haben! Muss sie doch! Kann man doch einfach ausrechnen! Das Gefecht dauerte so und so lange. Bismarck trifft auf die Entfernung so und so oft und – dann ist das doch logisch! Dann kommt noch eine Information dazu, dass Kaugummi in Neuengland knapp geworden ist und plötzlich sieht man glassklar, dass die Kaugummibestände gebraucht wurden, um Rodneys Kiel wieder anzukleben und auf einmal passt auch die Information ins Bild, dass im Mittleren Westen der Weidedraht knapp geworden ist. Und Rodney hat doch drahtgewickelte Rohre! Und ...

Was den zweiten Weltkrieg betrifft denke ich, dass die Allierten ab etwa 1943 auch dadurch im Vorteil waren, dass sie beispielsweise in der U-Bootjagd Stäbe einsetzten, die alle erreichbare Information zusammentrugen, filterten, sortierten, analysierten und schliesslich zu etwas glaubhafteren Einschätzungen Deutscher U-Boot Operationen kommen konnten.
Das war einer der wenigen ernsthafen Kritikpunkte, die Seitens der Crew 34 an 'ihrem' Karl Doenitz geübt wurden, dass auf der eigenen Seite nie ein vergleichbar sorgfältiger Versuch gemacht wurde die gegnerischen Operationen einzuschätzen, Wunschdenken von Wissen zu trennen und dann nur (!) aus dem Wissen Schlüsse zu ziehen. (Rust; "Crew 34")


Ich hab' auch nicht den Eindruck, dass sich da viel geändert habe. Die beteuern doch auch Heute noch im Fernsehen, dass das jetzt ganz bestimmt die Terroristen waren, die sie da erwischt haben. Und ich glaube denen, dass die das glauben, wenn die das da vor der Kamera sagen. Erst acht Tage später erfährt man auf  Seite Neun, dass sie da drei Esel und ein Kamel bombardiert hatten.

Ufo

Scheer

mhh tja, da gibt es dann aber auch Zeitgenossen (uns durchaus gut bekannt) die gerade die Meldungen in diesem Thread ungefiltert in sich aufsaugen würden und damit ihr mittlerweile bekleckertes Bild vom Mythos B-Schiff wieder aufpolieren.
Nur gut, das wir die Sache objektiver und kritischer betrachten.
Ich für meinen Teil hätte die erste Meldung ja noch für erklärbar gehalten. Nach der zweiten Meldung, die cpa uns ja gepostet hat, relativiert sich die erste.

Thomas

Zitat von: Scheer am 22 Juni 2006, 22:48:32
mhh tja, da gibt es dann aber auch Zeitgenossen (uns durchaus gut bekannt) die gerade die Meldungen in diesem Thread ungefiltert in sich aufsaugen würden und damit ihr mittlerweile bekleckertes Bild vom Mythos B-Schiff wieder aufpolieren.
Nur gut, das wir die Sache objektiver und kritischer betrachten.
Ich für meinen Teil hätte die erste Meldung ja noch für erklärbar gehalten. Nach der zweiten Meldung, die cpa uns ja gepostet hat, relativiert sich die erste.

Das war auch der Sinn. :MLL:
Das KTB ist sicher eine Quelle dieser Mythen um den Bismarck-Endkampf.

Grüße
Thomas

Impressum & Datenschutzerklärung