"Seegefecht vor Trinidad"

Begonnen von MS, 14 September 2008, 15:47:34

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

MS

Heute vor 94 Jahren kam es, wie in deutschen Zeitungen später zu lesen stand,
zum "Seegefecht vor Trinidad".
Am 14. September 1914 traf vor der brasilianischen Insel Trindade das zum
Hilfskreuzer umgerüstete Passagierschiff "RMS Carmania" der britischen Cunard Line
auf das zum Hilfskreuzer umgerüstete Passagierschiff "Cap Trafalgar" der Hamburg Süd.
Das mehrstündige Feuergefecht endete mit dem Untergang der artilleristisch unterlegenen
"SMS Cap Trafalgar"



Mark Alt

#1
Hallo,

in der englischsprachige Wikipedia wird die Bewaffnung der Carmania als aus QF 4.7-inch Mk V angegeben. Waren ihre Kanonen nicht aus der Mk I-IV Reihe? Ein grosser Unterschied zwischen den beiden die Kaliberlänge: bei Mk V L/45, bei den früheren Mk I-IV nur L/40.

Habe zwei Fotos über das Schiff mit Bewaffnung im Netz gefunden:
Mir scheinen die Kanonenrohre nicht so lang zu sein (also Mk I-IV), aber frage lieber bei den Experten nach.

Danke im Voraus!
Andreas

EDIT: Dass die Kanonen Mk I-IV seien lassen mehrere Quellen erahnen. Massie schreibt, die wären aus der Zeit der Burenkriege und hätten eine Reichweite von nur 9000 yards. (Es wären tatsächlich 9050-12000 m nach NavWeaps). Aber beide Typs wurden oft auf AMC's montiert.

Thoddy

#2
die maximalreichweite ist völlig belanglos.

Das artilleristisch unterlegene und langsamere Schiff hat das überlegene Schiff 79 mal getroffen und zwar zunächst auf höhere Distanz und sehr erhebliche Schäden hervorgerufen.

Die Entscheidung war einem über der Wasserlinie befindlichem Loch in der Schiffshülle zu verdanken, das durch ein Rudermanöver unter Wasser geriet und...

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Mark Alt

Danke für die Bemerkung Thoddy. Wie es mir scheint, hätte die Maximalreichweite eine entscheidende Rolle spielen können, wenn Cap Trafalgar den Feind nicht so nah herankommen lassen hätte.

Wo findet man solche Einzelheiten zum Gefecht? Hast du ein Link dazu? Ich habe nur von Zobelitz's Roman und Krieg zur See / Die Hilfskreuzer dazu gefunden.

(Unter den 79 Treffer - die 3,7 cm-Treffer mit eingerechnet? Oder unter die 304 Löcher?)

Spee

Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mark Alt

Hallo Thomas,

diesen Artikel habe ich gelesen. Interessant, aber enthält viele Ungenauigkeiten. Wie zum Beispiel die Annahme, Cap Trafalgar hätte sich so maskiert, damit sie der Carmania  ähnele. Doch hat man den dritten Schornstein entfernt, weil es ohne erhebliche Funktion war und die verbliebenen beiden nach dem Muster der Union Castle angestrichen, nich dem von Cunard. Carmania verkehrte zwischen Liverpool und New York, also wäre ihr Auftauchen im Süden überraschend. Hingegen pendelten die Dampfer der Union Castle zwischen England und Südafrika, also ungefähr im Jagdrevier der Cap Trafalgar. Die Brietn dachten eine Weile, sie hätten gegen Berlin gekämpft, denn sie vermuteten Cap Trafalgar an der afrikanischen Küste.

Massie schreibt, dass die deutsche 3,7 cm-Geschosse harmlos an der Seitenwand von Carmania klopften. Carmania konnte auch 5 Geschütze in einer Breitseite einsetzen (nicht 4 wie im Text es steht). Denn vorne und ganz achtern hatte sie je eins Mitte, und drei-drei in der Breiteseite. Der Autor dachte vielleicht an eine 4-4 Aufstellung.

Der Artikel gibt die Zahl der Todesopfer im Gefecht in 60 an. Neben den 9 Briten soll es dann 51 Deutsche sein. Scheint eine grobe Übertreibung zu sein, was auch anderswo zu lesen ist. Im Krieg zur See steht, es wurden 303 Seeleute gerettet aus einer Sollstärke von 319. Das gleiche Konflikt mit den Zahlen bei den deutschen Todesopfern wie beim Gefecht vor Río de Oro. Offiziell gab es 15 Tote und 10 Verwundete deutscherseits. Ein (oder zwei) Verwundeten verstarben später.

Gruß
Andreas

Spee

Servus Andreas,

ja, die Ungenauigkeiten wundern mich nicht mehr. Die Briten haben die Sache kurz begutachtet, passt.
Weiter werden die sich damit nicht beschäftigen, ein  solches Gefecht ist Standardware sozusagen.
Von deutscher Seite eh egal (wenn interessiert das noch?), damit ist das so eben in Ordnung.
Erst die Sichtung der Gefechtsberichte beider Seiten etc. würde Klarheit schaffen.
Aber, und jetzt bitte nicht falsch verstehen den Jeder hat seine eigenen Interessen, ein mir gut bekannter Herr sagte dazu mal passend: "Man beschäftigt sich lieber mit der Nummerierung von Adolfs Ruderbooten als mit solchen Dingen."
Sollte ich noch was Interessantes dazu finden, werde ich es mitteilen.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mark Alt

Mich interessiert jedenfalls, wie die Seegefechte im ersten Weltkrieg abliefen. Wie du es schreibst, hatte die Cap Trafalgar aus großer Entfernung schon die Carmania mehrmals getroffen, eher sie ihre überlegene Artillerie einsetzen konnte. Überlegen scheint mir fraglich, denn die QF 4,7-inch Mk I-IV der Briten hatte eine Feuerrate von nur 5-6 Schuß per minute, die 10,5cm SK hingegen 15.

Cap Trafalgar wurde rechts in der Höhe der Wasserlinie stark beschädigt und dann wurde ihr das Nachdrehen zum Verhängnis, wenn ich gut entnehme. Jamie Bisher schreibt in seinem Buch The Intelligence War in Latin America 1914-1922 auf der Seite 15:

Zitat(...) and forty minuts of mayhem closed to less than 3,000 yards. Captain Wirth quickly realized he was outgunned – the shells of his two 4,1-inch guns were only half the weight of the British 4,7-inch rounds, so he ordered his gunners to pepper the British ship's bridge and superstructure, forcing the enemy to seek cover and give him an opportunity to draw close enought to board Carmania. The British guns, coal and provisions offered an extra incentive to the Germans if Carmania could be captured intact. The Germans' third shot wiped out a Carmania gun crew, giving the British artillerists a gory incentive to work efficiently. In contrast to the Germans, they aimed low for Cap Trafalgar's waterline.

Der deutschen Skizze nach behielt die Cap Trafalgar eine stetige Kurs nach Norden. Sieht nicht nach einem Enterungsversuch aus.
Haben die Briten die bessere Methode gewählt, den Gegner auszuschalten? War es möglich aus 1500-2000 Meter Entfernung so pünktlich auszuwählen, wo sie treffen möchten?
Wahre Geschossgewichte: 10,5 cm Sk: 17,4 kg vs 4,7-inch 20:41 kg – solche faktische Fehlangaben wie hier bei Bisher machen die Quellen oft fragwürdig.
Über die Feuerwirkung und Verluste steht bei ihm folgendes:

ZitatAs the battle intensified, 79 projectiles struck Carmania, perforating the superstructure with 304 holes that killed nine men and wounded 26 others, five seriously, destroyed most of the communications and navigational gear, and set ablaze the bridge and remaining wooden structures from the vessels's merchant shipping days. Cap Trafalgar suffered even more owing to the British' solid gunnery and superior weaponry: at least 15 men killed, including Captain Wirth who was speared by a piece of splintered wood and thrown overboard.

Laut Krieg zur See gab es im Gefecht nur zwei deutsche Tote und Korvettenkapitän Wirth erlitt einen Herzinfarkt nachdem er als letzte den Bord verlassen haben soll. Insgesamt gab auf deutscher Seite 5 Schwer- und 5 Leichtverletzte. Die Briten sollen nicht so oft getroffen haben und ihre Artillerie war nur zahlenmässig (und beim Projektilgewicht) überlegen.

ZitatDespite raging fires both ships kept up the fight. In the end, Carmania was pursuing the faster German ship when suddenly Cap Trafalgar listed to starboard, eased to a stop and began to sink. While ruptured pipes  hissed scalding steam across her deck and fires roared forward, Cap Trafalgar transmitted a final radio message and went down with her flags flying. The transmisson reminded the British of the possibility that SMS Dresden or some other German combatant could appear, and the wounded Carmania limped away to Pernambuco for repairs. Fortunately for the German survivors, 66 wounded among them, the brave collier Eleonore Woermann appeared to pluck them from the shark-infested waters. The German survivors, 10 officers and 288 sailors, were interned under Argentina's supervision on the islet of Martin Garcia in the Río de la Plata estuary, where for a short time, they received sympathetic visits and hospitality from representatives of Buenos Aires' German community.

Wie weit welches Schiff den anderen verfolgen haben soll steht auch im Krieg zur See. Nochmals: Laut deutscher Quellen insgesamt nur 10 Verletzte.

Danke fürs Nachschauen Thomas. Denke werden deine Informationen manche der aufkommenden Fragen klären.

Gruß
Andreas

t-geronimo

ZitatWar es möglich aus 1500-2000 Meter Entfernung so pünktlich auszuwählen, wo sie treffen möchten?

Das denke ich schon, zumindest bei relativ ruhiger See (ich weiß nicht, wie See und Wetter zum Zeitpunkt des Gefechts waren).
Die Geschosse haben ja eine relativ flache Flugbahn und wenn die Einschlag-Beobachtung gut gelingt, kann ich mir gut vorstellen, dass das auf die Wasserlinie zielen recht gut funktioniert (mit der Gefahr von etwas mehr Fehlschüssen, aber auch der Chance auf den einen oder anderen Eintauchtreffer).
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Spee

Servus,

wichtig wäre auch, wie den die genaue Aufstellung der Geschütze war. Rechnerische Überlegenheit oder vorhandene? Nur als Beispiel: Die Aufstellung auf "Carmania" lässt möglicherweise durch begrenzte Bestreichungswinkel nur 3 Geschütze zum Einsatz kommen. Dazu der Punkt, das "Cap Trafalgar" eine aktive Marinecrew hatte, während "Carmania" mit ziemlicher Sicherheit nur Reservisten als Guncrew bekommen hat, könnte die deutsche Crew dank besserer Feuergeschwindigkeit den zahlenmässigen Vorteil schnell gegen Null gesetzt haben. Deshalb hüte ich mich lieber davor, von Überlegenheit zu sprechen, wenn nicht klare Daten das auch genau belegen.
Grundsätzlich bleibt, 2 Schiffe die für die gedachte Verwendung im Grunde völlig unzulänglich sind, prügeln sich auf Kernschussentfernung gegenseitig alles in den Rumpf und die Aufbauten was sie haben. Erinnert mich auch an "Alcantara" gegen "Greif".
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mark Alt

@Thorsten: Laut der Berichte war am Vormittag schwaches Wind von Nordosten (deswegen wurde westlich der Insel gekohlt). Die Dünung machte aber die Benutzung der Seitentüre der Bunker unmöglich, obwohl der vorige Tag das fór möglich angenommen wurde. Also herrschte ziemlich gutes Wetter. Über die Geschütze der Carmania wird erwähnt, dass sie schon im Burenkrieg eingesetzt wurden. Dachte mit so alten und intensiv benutzten Geschützen das Zielen auch auf kürzere Entfernung nicht so genau sein könnte.

@Spee: Die Aufstellung bei Carmania: Back- und Heckgeschütz je eins Mitte, 3-3 Breitseitengeschütze. Oben habe ich zwei Bilder verlinkt. Das Heckgeschütz stand äusserst hinten. Wie es auf der Skizze im Krieg zur See (Seite 35) steht, hatte Carmania beim Feuereröffnen leicht rechts die Kurs gewächselt, denke damit vier Kanonen ins Gefecht zu bringen, vielleicht sogar auch das Heckgeschütz.

Die Frage, wie weit (oder ob) eine artilleristische Überlegenheit die Briten besässen, habe ich mir auch gestellt. Eine ihrer Salve war sicherlich von grösserer Gewicht (ca. 34 kg gegen 102 kg - 3*). Im Krieg wird ein Teil des Berichts des Artillerieoffiziers zitiert, wer erzählt, dass das Heckgeschütz nach etwas über 100 Schuss unnutzbar wurde.

Mark Alt

Es ist oft in englischsprachiger Artikeln zu lesen, dass die Cap Trafalgar sich ironischerweise als die Carmania getarnt hätte. 1977 erschien sogar ein Buch mit dem Titel The ship that hunted itself und handelt es sich darin um die Carmania und ihr Gefecht mit der Cap Trafalgar. Das Buch kenne ich nicht, aber wird darüber im Axis History Forum diskutiert. Der Beschreibung nach sollte die Eleonore Woermann einen uralten Mörser auf der Insel gefunden und sich damit bewaffnet haben. Und darüber soll der zivile Kapitän der Cap Trafalgar (nun auf Eleonore Woermann) berichtet haben... Was für ein Buch ist das? Manche Informationen scheinen sehr unwahrscheinlich zu sein. Ist es vielleicht ein Roman?

Im Krieg zur See wird die Tarnung á la Carmania nicht erwähnt, hingegen schreibt Massie (Castles of Steel), dass die beiden echten Schornsteine so bemalt wurden, wie es bei der Union-Castle Line üblich ist. Die Schiffe dieser Linie verkehrten zwischen Afrika und England, so eine Tarnung scheint doch logischer, als sich für eine Cunard-Dampfer auszugeben, das zwischen Liverpool und New York pendelt. Union Castle hatte auch Dampfer mit zwei Schornsteinen, wie zum Beispiel Armadale Castle. Die hatte aber einen weiss-gestrichener Rumpf, Cap Trafalgar verblieb aber beim Schwarz.

Weiss jemand Bescheid diesbezüglich, was ist hier Legende und was ist Wahrheit?

Thoddy

#12
Re Sinken der Cap Trafalgar

Ich meine die Übernahme von Wasser durch vorhandene Beschädigungen des Rumpfes vor ca 35 Jahren gelesen zu haben. Der Vater eines Klassenkamerades hat am militärhistorischen Institut in Potsdam gearbeitet und ich habe in seiner privaten Bibliothek geschnökert.

Soweit ich mich erinnere Titel irgengwas mit ".... erster Weltkrieg..." ca 7 cm dick; 30 cm X 30 cm vorne auf dem Einband war glaube ich das Foto was immer für das Seegefecht bei den Falklandinseln steht drauf.

Leider keine genauere Angabe möglich.

Vielleicht steht auch noch in der englischen Wiki was in der Art.
in der deutschen Wiki steht auch was
https://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Cap_Trafalgar
"Als es schien, dass die Brände auf der Carmania außer Kontrolle geraten würden, drehte die Cap Trafalgar abrupt ab und ließ ihre Rettungsboote zu Wasser. Das Schiff entwickelte in kürzester Zeit Schlagseite und begann zu sinken, da ein Treffer unter der Wasserlinie mehrere Schotten zum Einbruch gebracht hatte."
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Impressum & Datenschutzerklärung