z. Zt. kein guter Stern über der "Gorch Fock"

Begonnen von t-geronimo, 04 September 2008, 17:28:42

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ede144

Zitat von: t-geronimo am 29 Januar 2017, 01:48:07

Beispiel Polizei: Polizei schafft es, zu üben, wie man Verkehr kontrolliert und Verkehrskontrollen durchführt, und dabei gleichzeitig Echt-Daten ermittelt bzw. abruft.
Und Marine schafft das nicht? Gleichzeitig Schiff fahren lernen und die Landesgrenze zu verteidigen/observieren oder was Marine so macht (in wie weit ist GF da doch gleich unentbehrlich?).


@ TG
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Bevor der Polizist Verkehr kontrolliert, war er 2 Jahre auf der Schule/Universität und durfte dann als 3. Mann auf den Streifenwagen. Als Praktikant hat er noch keine Befugnisse.
Also hat die Marine, weil sie eben Marine ist, eine schwimmende Schule. Die schwimmende Schule wurde schon soweit reduziert, das praktisch nur noch die GF übrig geblieben ist. Im Moment sind nicht mal mehr die Ausbildungsverbände möglich, weil man einfach keine Schiffe mehr übrig hat.

Wir sind eins der reichsten Länder der Welt und "können" uns noch nichtmal eine ordentliche Marine / BW leisten. Ich halte ja nicht viel von Donald T. aber in dem Punkt gebe ich ihm ausnahmsweise recht.

kalli

Lieber Ede,
es geht nicht darum ob eine Ausbildung nötig ist, sondern ob man dazu ein Segelschiff benötigt.

bodrog

Die Kaiserliche war auch schonmal der Meinung, dass man darauf verzichten kann und bei wesentlich geringerem Budget die Reichsmarine genau gegenteiliger Auffassung ...

Es ist ja möglich, dass man zu Schlüssen kam, die genau die Ausbildung auf einem Segelschiff für unverzichtbar hielt. Brauch man doch nur in die Akten gucken, eine Begründung ist ja wohl aufgeführt

Urs Heßling

moin,

@Bodrog : Kannst Du das mit der "Kaiserlichen Ablehnung" belegen ?
Argumente in der Reichsmarine : Wenn ich der Diskussion richtig gefolgt sein sollte, ging es darum, ob und wie weit die Ausbildung auf einem großen Segelschulschiff heute noch als wesentliches Element der Gesamtausbildung Sinn macht.

Der spektakulärste Erfolg der Segelschulschiffsausbildung der Kriegsmarine war doch, daß sie drei Hilfskreuzerkommandanten hervorbrachte, die ihre Schiffe bzw. zumindest ihre Besatzung "heil" nach Hause brachten :wink:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

ede144

Zitat von: kalli am 30 Januar 2017, 11:12:31
Lieber Ede,
es geht nicht darum ob eine Ausbildung nötig ist, sondern ob man dazu ein Segelschiff benötigt.

Da man ja sonst nicht hat, bleibt ja nur ja oder? Ernsthaft, jedesmal wenn eine staatliche Einrichtung sparen will, wird es besonders teuer.
Deshalb glaube ich das eine Ausbildung auf einem Segelschiff einen beonderen Effekt in Richtung team building hat. Nicht umsonst werden Segelschiffe auch inder Therapie genutzt.

habichtnorbert

hier ein Artikel zur GF aus der SVZ vom 30.01.2017,
hab mir dafür die Genehmigung von der SVZ neu geholt ,
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

Ulrich Rudofsky

Segelschultraining ist einTeil der Marine-Tradition.  Auf  Dieselboote umzuschiffen, ist einfach nicht gleichwertig  Tradition sollte hier über wirtschaftlichen Haushalt  siegen, obwohl man die Gorch Fock vielleicht in eine bessere Werft hätte geben sollen.
Ulrich Rudofsky

michael-1

Vielleicht sollte man mal dort anfragen:
Peru, du hast es besser: http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,25633.msg290097.html#msg290097

http://latina-press.com/news/226281-peru-groesstes-segelschulschiff-lateinamerikas-in-havanna/

Zumindest in den 50ern wurde die Ausbildung auf Segelschulschiffen bis zu 50% höher bewertet als die auf Dampfern. England gewährte lt. Helmut Grubbe (vielleicht hat jemand seine Denkschrift von 1950) eine Vergünstigung von 6 Monaten. Reedereien der Passagierschifffahrt bevorzugten Offiziere mit Segelschifferfahrung:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41758648.html

Ein Erfahrungsbericht jüngeren Datum findet sich Spiegel vom 21.08.2008:
http://www.spiegel.de/einestages/50-jahre-gorch-fock-a-949572.html



Jach

Aus meiner Sicht sind das sehr hübsche und schöngeistige Gedanken.

Aber in einer Zeit, in der Seekrieg aus der Luft für die Deutsche Marine dahingeschieden ist, die U-Bootwaffe nur noch rudimentär existiert, die Zerstörer-Flottille – äah Einsatzflottille 2 –  nur noch auf einem Bein und mit einer Hand auf dem Rücken hüpft, die Minenjagdkräfte sich an ihren letzten Flaggenstöcken festhalten und über den S-Booten der Sargdeckel zugeschlagen ist, sollte man sich fragen, ob man das Geld wirklich in ein Segelschulschiff stecken sollte.

Mir wären mit ,,normalem" seemännischen Geschick geführte Waffenträger lieber, als keine Kampfschiffe und dafür die Gorch Fock.

Aus meiner Sicht hilft es nämlich der maritimen Durchsetzungsfähigkeit nicht ernsthaft, dass sich das verfügbare potentielle Schiffsführungspersonal auf Segelschulschiffen die Seebeine wachsen ließ, wenn es sich danach in Landverwendung an die Schreibtische in Rostock, Koblenz und Berlin setzt.

Der einzige – wenn auch nur für die Betroffenen persönliche –  Vorteil wäre dann, dass auch weiterhin  jeder der vielen Schreibtischfregattenkapitäne auf eine schöne Fahrenszeit auf einem Segelschulschiff zurückblicken kann. Naja, wenn's dem Volke pläsiert ...
Mit freundlichem Gruß

K. Jach

Manfred Heinken

Moin zusammen,
bei einer Hörerbefragung auf NDR 1, Radio Niedersachsen, hat sich der größte Teil der befragten Hörer für den Erhalt der "Gorch Fock" ausgesprochen.
Auch die Höhe der angesagten Kosten spielten kaum eine Rolle.

Weiterhin einen schönen Tag
Manfred Heinken


RonnyM

...und wenn ich die ALEXANDER VON HUMBOLD II mal als Beispiel heranziehe...

Die 65 m lange Bark wurde auf einer kleinen Werft, der BVT (Brenn-u. Verformungstechnik Bremen) gebaut. Kiellegung erfolgte am 11. 12 2008, Stapellauf 25.05.2011 und Taufe am24.08.2011, d. h. es waren keine 3 Jahre bis zu Indienststellung. Die Baukosten betrugen 15 Mio. €.

Wenn ich nun für die GF III den 10-fachen Satz ansetze, also 150 Mio., müsste dass doch in etwa hinkommen. Die Frage ist nur, warum man für die Planung und Bauausführung hier 8 Jahre veranschlagt. Wir haben doch einen Schiffbauer an Bord, Vielleicht kann er was zur Aufklärung beitragen. :-)

Ich bin skeptisch, ob es bei den jetzt genannten 75 Mio. bleibt.

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Big A

@Jach

Nun ja, die Trtuppe hat die politischen Entscheidungen nicht verantworten wie der Verzicht auf Marineflieger etc...

Dennoch kein Grund zur Polemik, aus eigener Erfahrung weiß ich nur, dass es Dinge gibt, die man eben nicht nur auf einem "üblichen" Kriegsschiff ausbilden kann. dazu gehören Sachen wie Teamgeist, Demut vor den Elementen (jaja, klingt pathetisch, aber wer auf der GF mal einen Herbststurm mitgemacht hat weiß, was ich meine)...
Und wenn andere das nicht machen wollen, o.k., deren Sache, die Deutsche Marine verfolgt hier eine andere Linie, hat ein anderes Verständnis von Ausbildung. Ein Simulator, selbst der in Mürwik kann eben keine Seefahrt ersetzen.

Zitatjeder der vielen Schreibtischfregattenkapitäne auf eine schöne Fahrenszeit auf einem Segelschulschiff zurückblicken kann. Naja, wenn's dem Volke pläsiert ...

Stimmt, neben den anderen Seefahrten auf "richtigen" Kriegsschiffen war dies wohl in der Tat die prägenste Zeit...

Axel
auch einer von denen..
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Jach

#567
Zitat von: Big A am 31 Januar 2017, 19:22:33
Nun ja, die Trtuppe hat die politischen Entscheidungen nicht verantworten wie der Verzicht auf Marineflieger etc...
Sicher nicht. Wurde von mir auch nicht behauptet. Mit der Entscheidung "GF oder nicht GF" dürfte dieses auch so sein.

Zitat von: Big A am 31 Januar 2017, 19:22:33
Ein Simulator, selbst der in Mürwik kann eben keine Seefahrt ersetzen.
Das stand hier auch nicht in Frage. Die Frage war doch wohl eher, ob die Seeausbildung unbedingt auf einem Segelschiff erfolgen muss. Zudem auf einem, dessen Reparaturkosten - aus welchen Gründen auch immer - in keinem Verhältnis zur Neubeschaffung stehen.

Zitat von: Big A am 31 Januar 2017, 19:22:33
Dennoch kein Grund zur Polemik, aus eigener Erfahrung weiß ich nur, dass es Dinge gibt, die man eben nicht nur auf einem "üblichen" Kriegsschiff ausbilden kann. dazu gehören Sachen wie Teamgeist, Demut vor den Elementen [...]
Soweit ich weiß wird auf der GF doch "nur" Offiziersanwärterausbildung betrieben. Das bedeutet dann ja wohl, dass bei PUOs, Uffzen und Mannschaften der Marine weder Teamgeist noch Demut vor den Elementen - kurzum anständige Seemanschaft - vorzufinden ist. Das deckt sich aber nun überhaupt nicht mit meinen Marineerfahrungen, Herr Kapitän!
Mit freundlichem Gruß

K. Jach

michael-1

Zunächst einmal vielen Dank Herr Jach für aktuelle Zustandsbeschreibung:

Zitat von: Jach am 31 Januar 2017, 08:24:30
...
Aber in einer Zeit, in der Seekrieg aus der Luft für die Deutsche Marine dahingeschieden ist, die U-Bootwaffe nur noch rudimentär existiert, die Zerstörer-Flottille – äah Einsatzflottille 2 –  nur noch auf einem Bein und mit einer Hand auf dem Rücken hüpft, die Minenjagdkräfte sich an ihren letzten Flaggenstöcken festhalten und über den S-Booten der Sargdeckel zugeschlagen ist, ...
der wohl kaum jemand widersprechen wird, zumindest bei mir rennen Sie damit eine Drehtür ein.

Die gezogene Schlussfolgerung
Zitat von: Jach am 31 Januar 2017, 08:24:30
...sollte man sich fragen, ob man das Geld wirklich in ein Segelschulschiff stecken sollte.
...
führt allerdings zu der Frage: Würde der Verzicht auf ein Segelschulschiff denn die geschilderten Missständen in nennenswerten Umfang ändern?

Wohl kaum!

Die Ursachen liegen wesentlich tiefer. Eine der Ursachen ist sicher die Leichtfertigkeit mit der
gemachte Erfahrungen und gewonnene Erkenntnisse, Helmut Grubbe dürfte durchaus sachkundig gewesen sein und teilweise sind seine Aussagen sogar wieder topaktuell [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-20300727.html] vom Tisch gewischt werden.

Selbstverständlich hat jeder / jede Generation das Recht auf eigene Erfahrungen - dann aber, und da bin ich ganz bei Thorsten, bitteschön auf eigene Kosten und nicht zu Lasten der Allgemeinheit.

Interessant wäre zu erfahren, wie hoch denn die Einsparungen bei einem Motorschulschiff  vergleichbarer Seeausdauer und Seefähigkeit (Stichwort: Kentersicherheit) wären. Natürlich unter Berücksichtigung der Kosten über die Lebensdauer und nicht nur der einmaligen Anschaffung.

Auch die Tatsache, dass die Sowjetunion sich eine ganze Flotte von Segelschulschiffen zulegte, dürfte wohl kaum auf Intentionen wie "Türen zu öffnen" - dafür hatte man durchschlagsfähigere Mittel - oder den Kadetten "Urlaubsreisen" auf Staatskosten zu gönnen, zurückzuführen sein.

Den Wenigsten ist es vergönnt, die Frage Segelschulschiff ja oder nein auf Grund eigener Erfahrungen zu beurteilen. Insofern muss man sich auf die Erfahrungen und Aussagen Dritter verlassen. Für mich zählt dann im Zweifelsfall die Erfahrung aus der Praxis. Deshalb vielen Dank, insbesondere an Axel und Ronny für Ihre auf der Realität basierenden Ausführungen.

Zumindest der Mehrheit der NDR-Hörerschaft scheint es ähnlich zu ergehen, vielen Dank für die Info Herr Heinken.

ede144

Zitat von: RonnyM am 31 Januar 2017, 17:12:21
...und wenn ich die ALEXANDER VON HUMBOLD II mal als Beispiel heranziehe...

Die 65 m lange Bark wurde auf einer kleinen Werft, der BVT (Brenn-u. Verformungstechnik Bremen) gebaut. Kiellegung erfolgte am 11. 12 2008, Stapellauf 25.05.2011 und Taufe am24.08.2011, d. h. es waren keine 3 Jahre bis zu Indienststellung. Die Baukosten betrugen 15 Mio. €.

Wenn ich nun für die GF III den 10-fachen Satz ansetze, also 150 Mio., müsste dass doch in etwa hinkommen. Die Frage ist nur, warum man für die Planung und Bauausführung hier 8 Jahre veranschlagt. Wir haben doch einen Schiffbauer an Bord, Vielleicht kann er was zur Aufklärung beitragen. :-)

Ich bin skeptisch, ob es bei den jetzt genannten 75 Mio. bleibt.

Grüße Ronny

Das ist recht einfach, Planung dauert 5 Jahre, Bau 2 Abnahme 1 Jahr. Ist wie bei allen öffentlichen Bauten, man plant ewig, bekommt keine Genehmigung, ändert die Pläne usw.

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