z. Zt. kein guter Stern über der "Gorch Fock"

Begonnen von t-geronimo, 04 September 2008, 17:28:42

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Urs Heßling

Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 15:08:06
Mal ehrlich, ist das für Offiziersanwärter wirklich so freiwillig? Auch wenn es nicht verpflichtend ist, wie ist das wenn ein OA da nicht hoch klettert? Ich denk dabei noch nicht mal an Nötigung seitens der Vorgesetzten, sondern an Folgen auf die weitere Karriere bzw Offizierslaufbahn. Hätte das wirklich keine Konsequenzen? Oder gibt das "nette" Beurteilungen... so wie bei Arbeitszeugnissen "hat sich bemüht...".

Ich habe in meinen beiden Fahrenszeiten als Kadett und als Segeloffizier keinen Fall erlebt, daß jemand gegen seinen ausdrücklichen Willen aufentern mußte. Wer "Höhenangst" angab, blieb an Deck - auch dort werden beim Manöver zupackende Hände gebraucht. Das schließt nicht aus, daß es unter Kameraden oder durch Unteroffiziere und Offiziere ggf. hämische Bemerkungen gab - ich selbst habe sie aber nicht erlebt. Ich will auch nicht ausschließen, daß das dann bei der Lehrgangsbeurteilung durch den Divisionsoffizier eine - vielleicht durch das Unterbewußtsein beeinflußte - Rolle spielte.


Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 15:08:06
Die Medien berichten von Meuterei, nicht in die Takelage gehen zu wollen. Wenn das freiwillig ist, wie kann das dann Befehlsverweigerung sein  :?

Das Aufentern ist grundsätzlich freiwillig. Wenn jemand, der sich zum Aufentern bereit erklärt hat und es schon öfter getan hat, den Befehl dazu plötzlich ablehnt, ist das schon eine Befehlsverweigerung. Es ist noch keine Meuterei.
Wenn ich es richtig verstanden habe, wurde mehreren Kadetten "Meuterei" vorgeworfen, weil sie andere zur Befehlsverweigerung aufgerufen/angestachelt haben - damit wäre dann dem Gesetzestext nach (siehe meine vorherige mail mit Link zum WStG) tatsächlich der Tatbestand der Meuterei gegeben.


Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 15:25:23
4 der 5 tödlichen Unfälle geschahen in den letzten 12 Jahren, seit 1998. Angesichts der langen Dienstzeit der Gorch Fock eine Häufung, die nicht mehr an Zufälle glauben lässt. Hat sich vor 12, 15 Jahren an Ausbildung oder Dienst was geändert? Seit wann gibt es diese Klettersicherungen (korrekten Namen weiß ich nicht), es gibt ja das Phänomen Risikokompensation. Andererseits, 1998 habe ich eine Ausbildung zum Ergotherapeuten gemacht, und da wurde schon festgestellt daß Kinder und Jugendliche zunehmend Defizite in der motorischen Entwicklung haben. Diese Beobachtung haben ja auch hier einige gemacht, und nicht nur hier.

da stimme ich Dir, auch mit meinem Wissen als Ergonom, zu.

wenn ich mir die neuesten internet-berichte ansehe, kommt es jetzt immer "dicker" ...  :roll: :MS:

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

brueckenhein

Es kommt dicker!!!! Mutter der verunglückten Soldatin stellt Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung gegen die Bundesrepublik Deutschland
Seefahrer sind wie Kletten, sie halten alles zusammen

Elektroheizer

Danke für die prompte Aufklärung. So wie Du den ersten Teil beschrieben hast, hatte ich mir das auch in etwa vorgestellt. Hääte aber gedacht, daß zwischen der Arbeit an Deck und in der Takelage gewechselt wird.

Jetzt habe ich doch noch eine Frage zur Takelage:
ZitatOben in der Takelage hat sie eine kurze Pause gemacht, sich auf die Knie gestützt.
Geht das überhaupt? Wenn jemand da oben erschöpft ist, kann ich mir nicht vorstellen da noch einen Balanceakt auf den Knien zu machen. Da steht man doch auf einem Seil, da würd ich mich eher mit dem Bauch gegen die Rah lehnen. Oder könnte das an einer Art Platform am Mast gewesen sein, wenn es sowas gibt?

Obiges Zitat ist aus der Bild. Nein, dieses Blatt les ich sonst nicht, weder online noch wenn jemand das in der Bahn hat liegen lassen. Bin ich nur in diesem Zusammenhang drauf gestoßen und hab mir da auch andere "Artikel" angetan. Mobbing, Diebstahl durch die Stammbesatzung, sexuelle Belästigung von Männern der Stammbesatzung an einem Offiziersanwärter (sic!) ala "Bück Dich!"... Sowas kann ich mir bei bestem Willen, oder eher schlechtestem Willen, nicht vorstellen. Auf irgendwelchen anderen Einheiten vielleicht noch. Aber hier? Ein Mitteilnehmer meiner Grundausbildung an der TMS2 kam als Wehrpflichtiger auf die Gorch Fock, da hatte ich schon den Eindruck daß da nicht jeder Proll draufgesetzt wird.
Ich habe das Grauen gesehn

Urs Heßling

hi,

Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 16:50:06
Hätte aber gedacht, daß zwischen der Arbeit an Deck und in der Takelage gewechselt wird.

wird es auch ! Beispiel, beim Segelsetzen : Die Soldaten, die in der Takelage die zuvor an den Rahen festgemachten Segel gelöst haben, entern nieder, um mit ihren "unten gebliebenen" Kameraden zusammen mit Muskel- (und Flaschenzugs-) Kraft die Segel zu setzen.


Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 16:50:06
ZitatOben in der Takelage hat sie eine kurze Pause gemacht, sich auf die Knie gestützt.
Geht das überhaupt? ... Oder könnte das an einer Art Platform am Mast gewesen sein, wenn es sowas gibt?

Ja (2x) Fock- und Großmast haben (je) 2 Salings - das sind die Stellen,wo die (Verlängerungs-)Stücke des Mastes zusammenkommen, siehe hier : http://www.jocham-schiffe.de/gorch_fock/gorch_fock_plan.html , Blätter 5, 6 und 7
Die (untere) Marssaling ist mEn ca. 16 m, die Bramsaling (Absturzstelle ?) ca. 27 m über Deck.

zur BILD sage ich mal nichts.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Hurvinek

Zitat von: brueckenhein am 22 Januar 2011, 16:22:46
Es kommt dicker!!!! Mutter der verunglückten Soldatin stellt Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung gegen die Bundesrepublik Deutschland

Damit habe ich kein Problem, im Gegenteil!

Ich bin froh, in einer Gesellschaft bzw. einer Staatsform zu leben, in dem jeder, der eine Klage erheben möchte - aus welchen Gründen auch immer - dies jederzeit tun kann.

Schade finde ich, dass in einigen Foren (ob hier auch, hab' ich nicht überprüft) genau das der Mutter der verunglückten Kameradin vorgeworfen wird: "Wo gehobelt wird...", "Wer dahin geht, muss das Risiko kennen", "Wenn die Eltern jedes toten Soldaten in Afghanistan klagen würden..." und und und... da könnt' ich kotzen!

Ausserdem... welche Auswirkungen die Klageerhebung haben wird, ob sie überhaupt angenommen und/oder verhandelt wird und welches Ergebnis daraus folgt, werden die Gerichte entscheiden. Und das ist gut so!
"Der SOPO fährt, also Fender raus! - Alle!"

Elektroheizer

Zitat von: Urs Hessling am 22 Januar 2011, 17:06:08
Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 16:50:06
Hätte aber gedacht, daß zwischen der Arbeit an Deck und in der Takelage gewechselt wird.

wird es auch ! Beispiel, beim Segelsetzen : Die Soldaten, die in der Takelage die zuvor an den Rahen festgemachten Segel gelöst haben, entern nieder, um mit ihren "unten gebliebenen" Kameraden zusammen mit Muskel- (und Flaschenzugs-) Kraft die Segel zu setzen.
Da hatte ich mich unklar ausgedrückt, ich meinte gewechselt im Sinne von rotiert, also daß alle an Deck auch mal in die Takelage kommen. Aber in Bezug auf die Leute mit Höhenangst ist das ja geklärt.


Zitat von: Urs Hessling am 22 Januar 2011, 17:06:08zur BILD sage ich mal nichts.
Brauchst Du auch nicht...
Ich habe das Grauen gesehn

Ritchie

Soweit ich das während meiner Dienstzeit mitbekommen habe, sind diese paar Wochen auf dem Schulschiff die einzigste Chance den Nachwuchs etwas genauer auf seine etwaige Eignung zu überprüfen. Nach einem Jahr verschwinden die Kadetten für 3 bis 4 Jahre auf der Uni um dann als Offiziere ihren Dienst zu versehen. Nach 9 Jahren sind sie vielleicht schon Kommandant eines Schnellbootes oder eines U-Bootes?

Schappi1976

Mich betrübt so ein unglückliches Gefühl, dass die "Fock" nicht mehr lange unter der deutschen Flagge segeln wird, auch wenn sich alles zum guten Wenden sollte. Irgendwas bleibt immer in den Köpfen der Menschen hängen.

Die Größe ist immer relativ, bei vielen Sachen kann man auch abhelfen (siehe Foto), leider gibt es bei einem Segelschiff keinen Handlungsspielraum, die Wanten können nicht einfach auf kleine Menschen umgemodelt werden. Da müsste die Führung von alleine hinterher sein, um das Risiko zu minimieren.
Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.
Antoine de Saint-Exupéry

Götz von Berlichingen

Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 15:25:234 der 5 tödlichen Unfälle geschahen in den letzten 12 Jahren, seit 1998. Angesichts der langen Dienstzeit der Gorch Fock eine Häufung, die nicht mehr an Zufälle glauben lässt. Hat sich vor 12, 15 Jahren an Ausbildung oder Dienst was geändert? Seit wann gibt es diese Klettersicherungen (korrekten Namen weiß ich nicht), es gibt ja das Phänomen Risikokompensation. Andererseits, 1998 habe ich eine Ausbildung zum Ergotherapeuten gemacht, und da wurde schon festgestellt daß Kinder und Jugendliche zunehmend Defizite in der motorischen Entwicklung haben. Diese Beobachtung haben ja auch hier einige gemacht, und nicht nur hier.

Dazu hat sich der abgelöste Kommandant, KzS Schatz, geäußert:

ZitatLaut Schatz ist die Ausbildung auf der "Gorch Fock" heute gefährlicher als früher, weil die motorischen Fähigkeiten abgenommen hätten. Die Jugend sitze nicht mehr im Kirschbaum, sondern eher vorm Computer, so Schatz. Seiner Meinung nach ist und bleibt die Seefahrt an sich ein gefährliches Geschäft.

http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/potraet101.html

Hurvinek

Zitat von: Götz von Berlichingen am 22 Januar 2011, 19:31:55
Zitat von: Elektroheizer am 22 Januar 2011, 15:25:234 der 5 tödlichen Unfälle geschahen in den letzten 12 Jahren, seit 1998. Angesichts der langen Dienstzeit der Gorch Fock eine Häufung, die nicht mehr an Zufälle glauben lässt. Hat sich vor 12, 15 Jahren an Ausbildung oder Dienst was geändert? Seit wann gibt es diese Klettersicherungen (korrekten Namen weiß ich nicht), es gibt ja das Phänomen Risikokompensation. Andererseits, 1998 habe ich eine Ausbildung zum Ergotherapeuten gemacht, und da wurde schon festgestellt daß Kinder und Jugendliche zunehmend Defizite in der motorischen Entwicklung haben. Diese Beobachtung haben ja auch hier einige gemacht, und nicht nur hier.

Dazu hat sich der abgelöste Kommandant, KzS Schatz, geäußert:

ZitatLaut Schatz ist die Ausbildung auf der "Gorch Fock" heute gefährlicher als früher, weil die motorischen Fähigkeiten abgenommen hätten. Die Jugend sitze nicht mehr im Kirschbaum, sondern eher vorm Computer, so Schatz. Seiner Meinung nach ist und bleibt die Seefahrt an sich ein gefährliches Geschäft.

http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/potraet101.html


Nun, wenn er wusste, dass die motorischen Fähigkeiten dieser OAs nicht ausreichen, warum hat er denn aus dieser Erkenntnis keine Konsequenzen gezogen? Dann hätte er doch sagen müssen "Nein, die können's nicht, die nehme ich nicht mit!" Oder ist das völlig abwegig?

Er ist als Kommandant verantwortlich! Nachher zu sagen "Ok, es geht halt mal einer d'rauf, wissen sie, seine motorischen Fähigkeiten reichten halt nicht aus" erscheint mir etwas sehr einfach.

Vorausgesetzt, dass das alles so stimmt, was die Medien uns häppchenweise vorsetzen...
"Der SOPO fährt, also Fender raus! - Alle!"

AJFuchs67

Hallo,
Nu kommts doch so,wie ichs befürchtet habe! GF an die Kette,wahrscheinlich vermute ich endgültig!
@Hurvinek,genau ,die Medien. Endgültig geklärt oder gar bewiesen ist wohl noch nix!

Da stellt sich mir die Frage warum Herr von  Guttenberg der angekündigten Untersuchung vorgreift u den Komandanten
abberuft? Das mit dem Bauernopfer scheint nicht unbegründet,da Hr Guttenberg ja mittlerweile auch wegen den anderen Vorfällen die BW betreffend in der Sch .... sitzt. Da muß zügig Stärke gezeigt werden!Das man damit die Karriere eines Offiziers u evtl auch sein privates Ansehen ohne nähere Untersuchung deutlich schädigt,läßt sich scheinbar in Anbetracht
der "wichtigeren" Reputation von Hrn G verschmerzen.!!!!!!!!!
Die Klage der Mutter gegen die BRD kann ich nachvollziehen u empfinde das als Ihr gutes Recht. Der Unfall Ihrer Tochter
muß wenn möglich lückenlos geklärt werden! Aber dann bitte mit Konsequenzen für alle Verantwortlichen nacheiner genauen Untersuchung!!!

Gruß Fuchs
Es grüßt der Fuchs

AND1

http://www.welt.de/politik/deutschland/article12298144/Das-fragwuerdige-Menschenbild-der-deutschen-Marine.html
wieder anonym

Die beschrieb ein Offiziersanwärter in der "Bild"-Zeitung: "Wir lagen im Hafen von Salvador de Bahia. Morgens um sieben wurde aufgeentert." Erst zwei Tage zuvor waren die Teilnehmer von Seeles Offizierslehrgang nach einer 20-stündigen Anreise aus Deutschland in der brasilianischen Hafenstadt angekommen.
Nun sollten sie schon die riskante Kletterei in der Takelage üben. "Sarah hatte vorher einem Offizier gesagt, dass sie nicht weiter kann. Er antwortete, dass sie sich nicht so anstellen kann", berichtete der Offiziersanwärter, der anonym bleiben will. Oben habe sich die erschöpfte Frau auf die Knie gestützt, aber auf die Frage eines Ausbilders, ob sie aufgeben wolle, geantwortet, es ginge schon. Dann stürzte sie in die Tiefe.

Ulrich Rudofsky

ZitatVorausgesetzt, dass das alles so stimmt, was die Medien uns häppchenweise vorsetzen...
Dann würde ich das nicht widerhallen lassen.   :?
Ulrich Rudofsky

Hurvinek

Karriere? Persönliches Ansehen?

Gut ich gebe Dir Recht: Vorverurteilungen sind unfair! Und sie verdecken schnell den Blick auf's Wesentliche.

Aber der Mann hatte unter seinem Kommando 2 (zwei!) tödliche Unfälle innerhalb von zwei Jahren, seine Karriere ist mir vor diesem Hintergrund eigentlich ziemlich egal, muss ich sagen! Ich an seiner Stelle würde nämlich nicht eine Minute mehr ruhig schlafen, er hingegen gibt der Presse offensichtlich markige Interviews, in denen er darlegt, wie er als Kind auf Kirschbäume geklettert sei.

Nene, ich glaube, das ist auch für ihn selbst am Besten, dass Karl-Theo ihn jetzt erstmal aus der Schusslinie nimmt.
"Der SOPO fährt, also Fender raus! - Alle!"

AJFuchs67

HI Hurvinek!

ZitatNene, ich glaube, das ist auch für ihn selbst am Besten, dass Karl-Theo ihn jetzt erstmal aus der Schusslinie nimmt.

Na ja , aus der Schußlinie nehmen bedeutet für mich ,jemand schützen zu wollen.Mit der Absetzung des Komandanten,
dessen Schuld oder Unschuld noch nicht bewiesen ist,schiebt mE sich HR von G höchstens selbst aus der Schußlinie.
Du schreibst Der Komandant hatte 2(zwei) tödliche Unfälle unter seinem Komando,soweit ich weiß hatte dann auch HR v G 2 tödliche Unfälle (u noch einige andere in der BW) als oberster Weisungsbefugter der BW unter seinem Komando!

Gruß Fuchs
Es grüßt der Fuchs

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