z. Zt. kein guter Stern über der "Gorch Fock"

Begonnen von t-geronimo, 04 September 2008, 17:28:42

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beck.Schulte

#495
Ronny, jedem seine Meinung.   8-)    Nun ist aber die Aufgabe der Marine nicht bei der Sail für schöne Bilder zu sorgen, sondern sie ist, was in der BRD gern unterschlagen wird- ein Kriegsgerät. Wenn Wert auf ein Show Orchester gelegt wird, dann kann die DM auch einen großen Shanty Chor aufstellen  :roll:
Das die BW Planung und die Geldexperten  nicht in der Lage sind ihre Hausaufgaben zu machen ist nun aber auch kein Argument für eine neue "Botschafterin in Weiß".  Ich hab in 32 Jahren Arbeit mit der DM und Vorläufer nie erlebt, dass Geld eine Rolle gespielt hat. Das mag vielleicht auf der oberen Beschaffungsebene so gewesen sein, aber nicht an der Basis. Na ja, Ronny du wirst auch weiterhin auf der Sail dich an der GF erfreuen können. Gruß nache Heide  :angel:

Urs Heßling

moin,

Zitat von: RonnyM am 25 Januar 2017, 11:39:20
.. dass ein Neubau ohne Frage die gesündere Alternative ist.
auch für die Mannschaften der Stammbesatzung, deren Kojen unerträglich eng sind.

Ich stimme - ich vermute, als einziges FMA-Mitglied, das auch ein solches der Stammbesatzung war - ebenso für einen Neubau.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bettika61

Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

t-geronimo

Meine persönliche Meinung: ausmustern und nicht neu Bauen.
Das Geld kann mit Sicherheit deutlich sinnvoller angelegt werden, ohne das die seemännische Ausbildung der Offiziersanwärter leidet.
Tradition ist gut und schön, aber unter dem akuten Geldmangel in alle Bereichen muss jedes Relikt auf den Prüfstand gestellt werden und auch ein, zwei Sails im Jahr rechtfertigen in meinen Augen diese Unsummen nicht.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Big A

Erlaube mir hier eine andere Meinung, auch aus eigener Erfahrung.
Nichts kann die Erfahrungen, die Schulung von Teamgeist, das Sich-Selbst-Zurücknehmen, den Respekt vor der See usw. besser schulen als ein segelschulschiff.
Das Argument, andere hätten das auch nicht mag ich nicht gelten lassen, es gibt genüpgend Marinen, die auch Segelschiffe zur Ausbildung einsetzen, sogar ganz neu bauen lassen (z.B. Algerien)

Ob es auf Dauer die GF oder eine andere, neue Einheit sein soll, das möge bitte besser als ich bezahlte Einsicht und Kompetenz entscheiden :wink:

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

t-geronimo

Zitat von: Big A am 25 Januar 2017, 18:04:47
Erlaube mir hier eine andere Meinung...

Wenn alle die gleiche Meinung hätten (von den bekloppten Extremisten und so mal abgesehen), wäre die Welt doch fad.  :MZ:
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Big A

Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Bugsierstefan

Moin,
ich weiß jetzt nicht, ob das hier schon mal ein Thema war, denn ich verfolge diesen Thread nur sporadisch. Eine Frage aber drängt sich mir auf!
Wieso fahren denn in der Marine Portugals und der US Coast Guard die "Schwesterschiffe" unserer Gorch Fock nach wie vor, obwohl die locker 20 Jahre älter sind?
Mir ist bekannt, dass für den Bau der GF das Rigg der "Herbert Norkus" verwandt wurde, welches bei Kriegsbeginn auf B&V eingelagert wurde, die Norkus wurde nie fertiggestellt und das Rigg bei Kriegsende auf dem B&V Gelände versteckt. Und siehe da, es ging gut und es konnte für die GF (2) verwendet werden.
Klar ist für ein Segelschiff das Rigg das A und O, wenn das nicht mehr trägt, ist es vorbei mit dem Segeln.
Nur, wie haben es denn Portugal und die USA mit der Erhaltung ihrer "Gorch Focks" gemacht? Meines Wissens segeln diese Schiffe nach wie vor mit dem Nachwuchs.

:MG:

Ulrich Rudofsky

USCGC EAGLE ist ja auch wie eine Yacht:  "Ein Loch im Wasser in das man Geld gießt". (a la Cornelius Vanderbilt).   Diesmal ist der Voranschlag der Wartungen  etwa nur $28 Mio., aber es ist mir nicht bekannt was die Rechnung wirklich betragen wird.  Das Schiff ist ja beinah so alt wie ich und man weiss nie genau was der Endbescheit ist.  :MLL:

Laut USCG: "a multi-year Service Life Extension Project (SLEP) that will prepare Eagle to continue her service for many years to come." ["Ein mehrjähriges "Service Life Extension Project (SLEP)", das Eagle vorbereitet, ihren Dienst für viele Jahre fortzusetzen.]
http://www.cga.edu/eagle.aspx?id=690
Ulrich Rudofsky

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Bugsierstefan am 25 Januar 2017, 20:28:07
Wieso fahren denn in der Marine Portugals und der US Coast Guard die "Schwesterschiffe" unserer Gorch Fock nach wie vor, obwohl die locker 20 Jahre älter sind?
...
Nur, wie haben es denn Portugal und die USA mit der Erhaltung ihrer "Gorch Focks" gemacht? Meines Wissens segeln diese Schiffe nach wie vor mit dem Nachwuchs.
Meines Wissens werden die beiden in Bezug auf Streckenausdehnung und -dauer "schonender" gesegelt.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

michael-1

Unter streng rationalen und finanziellen Gesichtspunkten ist eine Gorch Fock III sicher verzichtbar. Das gilt aber auch für Vorhänge vor den Fenstern, Sitzheizungen im Auto, die Familienfotos auf dem Schreibtisch im Büro oder und eigentlich für Alles, was das Leben etwas lebenswerter macht. Auch farbige oder individuelle Kleidung ist völlig überflüssig und erschwert nur die Logistik beim Waschen. Preiswert - effektiv - abwaschbar - unmenschlich.
Der Mensch tickt anders als eine Feuerleitanlage. Höchste Leistungen werden nicht in normierten sondern in eher "chaotischen" Umgebungen erzielt. Axel hat die vielen soft skills, die sich eben nicht in Heller und Pfennig ausdrücken lassen, prima zusammengefasst. Die Ausbildung auf einem Segelschulschiff stelle ich mir als Erfahrung und ähnlich prägend für den Rest des Lebens vor, wie sie sicherlich jeder von uns auch in der einen oder anderen Form erlebt hat. Und sie dürften wohl überwiegend eher emotional als rational einzustufen sein. Also sollten wir uns den "Luxus" leisten, und den Frauen und Männern die bestmögliche und nicht die billigste Ausbildung bieten - schließlich erwarten wir auch von ihnen vollen Einsatz.

t-geronimo

#506
Also, erstmal sind meine Fenstervorhänge deutlich billiger.   8-)
Allerdings auch deutlich häßlicher.  :|

Im Ernst gesprochen darf aber sicher gefragt werden, ob dieses Aufbauen eines Gemeinschaftsgefühls und -gefüges nicht auch billiger geschehen kann, sei es mit bereits vorhandenen Mitteln oder mit noch zu Schaffenden, die dann aber deutlich günstiger bzw. neudeutsch ergonomischer sind.

Ich spreche da sicher als blutiger Zivi-Laie, aber zumindest auf den ersten Blick klingt mir "Nee, geht nur auf einem Segler" ein wenig nach "hat eigentlich noch keiner anders probiert".
Watt is denn so ne Segelschiff? Da stelle ma uns mal janz dumm! En Segelschiff is e Schiff mit viele Segel und viele Mannsbilder an Bord. Ok, mittlerweile auch Frauen.
Und die haben ne Menge Action, die man sonst nicht haben kann, weil es nicht so viele Segelschiffe gibt. Vor allem nicht solche, wo man auch noch bezahlt wird dafür, das man Abenteuerurlaub macht.

Das ist jetzt bewußt überspitzt ausgedrückt, denn natürlich ist das bestimmt oft ein Knochenjob und oft wohl auch nicht lustig. Aber genauso ernsthaft die Frage: vom Zusammengehörigkeitsding/Gruppengefühl mal abgesehen, was lernen die da seemännisch vom segeltechnischen mal abgesehen, was man auf anderen Schiffen nicht lernen kann? (Und wie viele Briggs und Schoner unterhält die Marine, wo das von Nutzen sein kann?)

Und Gruppenzusammengehörigkeit/Verantwortungsgedanken kann man auch deutlich billiger generieren, man muß es nur intelligent gestalten. Der Begriff Bootcamp hat immer so einen negativen Hauch, aber eine intelligente Veranstaltung solcher Art, deren Ziel eben genau das Gruppengefühl ist und nicht nur der Schleifer-Gedanke, kann das genau so gut. Moderne Manager- und ähnliche Veranstaltungen machen das durchaus vor und Bundeswehr darf auch mal über den Tellerrand schauen.
Und streng genommen ist eine Gorch Fock ja nix anderes als ein Boot Camp auf See.

"Preiswert - effektiv - abwaschbar - unmenschlich". Klingt erstmal nett, klingt aber auch ein wenig nach "ich muß es ja nicht bezahlen - zahlt ja der Steuerzahler". Und wenn ich als selbiger (Beteiligte oder ehemals Beteiligte haben da sicher einen ganz anderen Blickwinkel) mir dann überlege, dass der (jetzt wieder überspitzt) "Abenteuerurlaub für ein paar Dutzend Frauen und Männer" eine (jetzt nicht mehr überspitzt) deutliche zweistellige Millionensumme verschlingt, und das zu Zeiten, wo die gesamte Bundeswehr deutlich gravierendere Probleme plagen, dann habe ich persönlich meine Probleme damit.
Irgendwo zwischen Aldi- und Gucci-Fenstervorhang muss es doch noch was dazwischen geben. Und wenn man es nicht nur als Fenstervorhang, sondern auch noch als Tischdecke verwenden kann - um so besser!

Und jetzt mal die volle Breitseite (kennt diesen Begriff die moderne Marine eigentlich noch?  :-D).
Dieses ganze GF-Problem scheint mir ein wenig stellvertretend zu sein für die "globalen" Probleme der Bundeswehr. Und die sind nicht neu, sondern existieren schon viel länger als die BW an sich.
Im 2. WK hat man den Admirälen fast aller Nationen vorgeworfen, eigentlich den vorherigen Krieg nochmal kämpfen zu wollen. Was natürlich aufgrund der aktuellen Entwicklungen und Erfindungen nicht passen konnte. Vielleicht war es im 1. WK schon genauso, Stichwort Tsushima. Weiß ich aber nicht genau, nicht meine Zeit bzw. Interessengebiet.
Nun will die Bundeswehr/Deutsche Marine sicher keine Schlachtschiffe mehr in den Kampf schicken, aber ihr Hang zu zu viel Tradition scheint ihr nicht zu bekommen. Auf alle Fälle nicht seit der Abschaffung des Wehrdienstes.
Alte Generationen schwören ja oft darauf, wie dienlich Schliff, Drill und Gehorsam waren und wie sie aus dem schüchternen Jüngling ein echtes Mannsbild schufen, das anschließend in jeder Hinsicht in die Welt passte. Drill ist davon sicher noch die nützlichste Eigenart, denn er bedeutet letztendlich, Dinge auch unter Streß möglichst sicher abrufen zu können.
Aber Schliff, Gehorsam etc. sind Dinge, die den heutigen Generationen nicht mehr so ganz liegen. Und genau da habe ich das Gefühl, das Bundeswehr sich schwer damit tut, sich darauf anzupassen. Aus Tradition wurde schon immer eine exakt gerade Linie geformt - dann bitte auch heute. Und wenn die heutige Generation das nicht leisten will, dann ist sie nicht geeignet dafür.
Kann man so sagen, darf sich aber dann auch nicht wundern, wenn keiner mehr mitmachen will...

Auch da habe ich wieder bewußt spitz formuliert und weiß, dass es zwischen schwarz und weiß noch jede Menge Farbtöne gibt. Aber trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, das BW der Spagat zwischen Tradition und Moderne immer schwerer fällt und der Schritt immer breiter wird. Und Moderne ist nunmal die Zukunft, da führt kein Weg dran vorbei. Und wenn man der Wirtschaft ein halbwegs ebenbürtiger Konkurrent um Personal sein möchte, dann muß man auch ein wenig auf den Zug der Zeit aufspringen - oder er fährt ohne einen ab.
Und da schließt sich der Kreis: auch Ausbildung etc. müssen auf den Prüfstand der Moderne.


Und jetzt zerreißt mich, denn ich kann mich nicht wehren - ich habe jetzt Blasen an den Tippfingern.  :-D


P.S.
Ich weiß, dass ich natürlich manch Altgedientem nicht aus der Seele spreche bzw. ihm sogar evtl. ein wenig auf den Fuß trete.
Das ist aber niemals persönlich gemeint und ich will auch niemanden diffamieren oder ähnliches. Ich schreibe halt nur meine persönliche Meinung runter.

Und manchmal braucht Bewegung etwas Provokation als Anstoß.  8-)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Manfred Heinken

Moin zusammen,
die "Gorch Fock" soll nun doch instand gesetzt werden und bis ca 2032 in Diensten der Marine bleiben, so wurde soeben
im Radio berichtet.
Über einen eventuellen Neubau wird nun beraten.
Beste Grüße
Manfred Heinken

RonnyM

Moin Thorsten,

dann will ich mal als Altgedienter zu deinen provokanten Thesen Stellung nehmen.

Es war im Frühjahr 1964, als wir auf der Stülcken-Werft durch das SÜK (Schiffsübernahme Kommando) für die geplante Sturmerprobung im Nordmeer eingerüstet wurden. Dauer unbekannt.

Vorbei an unserem Stützpunkt Cuxhaven ging es in die Nordsee und dann weiter ins Nordmeer. Es vergingen 1, 2 und 3 Wochen - ein Hoch nach dem Nächsten. Ich kam in den Genuss der Atlantikdünung, wobei man sehr gut schlafen konnte. :-D

Wir hatten noch keine Munition an Bord, sondern nur die üblichen Betriebsstoffe. Als sich dann endlich die Tiefdrucklagen einstellten, wurden es endlich stürmische Erprobungen. Für diese Erprobungen wurden in der Mannschaftsmesse die entsprechenden Geräte installiert und Messkabel durch das ganze Schiff gezogen.

Aus dem Sturm wurde ein Orkan. Die Tanks waren auch fast leer und der Dampfer kränkte immer mehr. In meiner Freiwache bin ich mit angelegter Schwimmweste auf das Signaldeck. Von der Reling konnte ich fast ins Wasser greifen. Als ich die See sah wurde mir klar, dass meine Schwimmweste da nix ausrichten kann. Mir ging echt die Muffe.

Aus den Messungen wurde auch nix, denn die Geräte lösten sich und flogen wie Geschosse durch die Messe. Nachdem wir den Orkan abgeritten haben schlichen wir uns nach Harstad, um die Wunden zu lecken.

Was ich damit sagen will lieber Thorsten, unsere angehende Offiziere bekommen das richtige Gefühl, wenn sie im Sturm in den Wanten die echte Natur spüren. Das geht nur auf einen Segler. Denn in der klimatisierten OPZ vor den Bildschirmen sitzen macht noch lange keinen erfahrenen Seeoffizier.

Habe fertig. :angel:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Big A

@t-g
Stimmt vieles in dem, was Du schreibst nur, das " Erlebnis See " kann nichts und niemand simulieren / ersetzen. Es wird ja auch recht erfolgreich in der Therapie ("Problemkinder") auf Segelschiffen eingesetzt. Respekt vor der Natur und ihren Kräften lernt man nur "direkt". So sie den scharfen Schuss, der sich auch anders als im Simulator anfühlt.
Die Ausbildung auf GF ist daher auch modern, fordernd und zeitgemàß.

USCG und z. B. Portugal und Rumänien bilden - auf kürzeren Törns - auch Kadetten aus und stevken ebenfalls viel Geld in ihre Schiffe, die auch z.T. einfacher und somit Wartungsfreundlicher konstruiert sind.

Axel
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