Kuritas Abbruch / Rückzug bei Leyte

Begonnen von Big A, 19 September 2007, 16:16:32

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t-geronimo

James D. Hornfischer: "Last Stand of Tin Can Soldiers" ist ein fantastisches Buch, weil es (im Augenblick stehe ich da sehr drauf) zum großen Teil aus den Aussagen Überlebender zusammengesetzt ist und somit die menschliche Seite dieser Schlacht sehr zum Vorschein bringt.

Taktisch allerdings bietet es auch nichts neues mehr, dazu ist diese Schlacht wohl schon zu sehr von allen Seiten beleuchtet wurde.
Die Zusammenfassung aus Hornfisher ist in den meisten obigen Beiträgen schon enthalten:
  • Kurita war fast schon baff, tatsächlich eine US-Trägergruppe mit heruntergelassenen Hosen (keine Deckung außer den paar Zerstörern) zu erwischen.
  • Demzufolge keine vernünftige taktische Struktur (Feuerverteilung, Verbandsformation(en) etc.
  • Kurita selber dachte die ganze Zeit über, es mit schnellen Flottenträgern zu tun zu haben, da er kaum aufschließen konnte.
  • Ein Teil der japanischen Flotte, v.a. die Kreuzer, sah, daß es nur kleine Träger waren, meldete dies aber nicht dem Flaggschiff.
  • Kurita war weiterhin nach einem Abdrehmanöver der Yamato bald aus dem Gefecht und hatte gar keine Übersicht mehr.
  • Der Einsatz der US-Zerstörer war heldenhaft und sie erzielten auch einen Torpedo-Treffer auf einem Kreuzer. Was die Japaner noch viel mehr nervte und vor allem viel mehr aufhielt, waren die Angriffe der Flugzeuge. Die Torpedo-Flieger flogen immer wieder Dummy-Angriffe, was die japanischen Schiffe immer wieder zum Ausweichen zwang. Schließlich wußte kein Kommandant, ob sich da aus dem sich öffnenden Torpedo-Schacht des nahendens Fliegers nicht doch ein Lufttorpedo löst und auf sein Schiff zuhält. Lieber einmal zuviel Abdrehen als einmal zuwenig.
    Dies verzögerte den Vormarsch der Japaner ungemein.
  • Spätestens als dann die Flugzeuge der anderen Taffys eingriffen und die eigenen aufmunitioniert aus Tacloban wiederkamen, war der Drops dann gelutscht, da nun das Zahlenverhältnis der Flieger so hoch war, als ob Kurita tatsächlich mehreren Flottenträgern gegenüber stehen würde.
  • Außerdem war Kurita hundemüde und hatte selber nicht lange zuvor schon mal im Teich geschwommen. Außerdem hatte er schon vor der eigenen Garage mehrere Kreuzer verloren, hier erwischte es auch sofort wieder einen so, daß er aus dem Gefecht war, und am Tag zuvor hatten US-Flieger das mächtigste Schlachtschiff der Welt (Musashi) versenkt.
  • Man ahnte, das man in Leyte eh' nur noch verlassene Transporter antreffen würde. Da lohnte ein weiteres Durchkämpfen nicht, da man natürlich dachte, daß alles, was schwimmt und ein Sternenbanner trägt, auf dem Weg zu Taffy 3 wäre. Und man hatte schon ganz schön viel Munition verballert.

Nichtsdestotrotz hätte natürlich Taffy 3 eigentlich beim Eingreifen der anderen Taffy-Flugzeuge (die ja meist über Leyte standen, teilweise in Luftkämpfen verwickelt, und erst zurückkehren mußten) fast zerschlagen sein müssen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Big A

Ich möchte auch diesem Thread noch einmal aufnehmen und eine "was-wäre-wenn" Frage diskutieren. Angenommen, Kurita hätte sich nicht oder erst sehr viel später zurückgezogen, was wäre passiert?
Alle anderen Lageparameter sollen unverändert bleiben, nur dass Kurita tatsächlich die Taffies zusammengeschossen und den Brückenkopf unter Beschuß genommen hätte, ehe Halsey von Norden oder Oldendorff von Süden herangekommen wären. Was wären die Auswirkungen, wenn es überhaupt welche gegeben hätte?

Würde dazu mal gern eure Meinung hören

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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t-geronimo

Die Vorgänge an Land habe ich nicht genau im Kopf, aber ich glaube nicht, daß Kurita viel hätte erreichen können. Dazu war meiner Erinnerung nach die Landungsoperation schon zu fortgeschritten.

Alle drei Taffies zu bekämpfen hätte schon ungemein Munition gekostet. Jedenfalls, wenn er sich bei 1 und 2 genauso angestellt hätte wie bei Taffy 3.
Sicherlich hätte er einige Transporter/Frachter/Tanker/Versorger vor der Küste versenken können und auch Landziele beschießen können.
Sicherlich hätten US-Armee und -Navy dann auch einiges an Toten und Verwundeten zu beklagen gehabt.

Aber taktische oder gar strategische Auswirkungen? Ich glaube, die wären minimal geblieben.
Und danach wäre er fast vollkommen aufgerieben worden.

Dies aber nur aus der Erinnerungs heraus bezüglich der Land-Vorgänge.
Gruß, Thorsten

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Mario

gibt es eigentlich Angaben zur Munitionsversorgung der japanischen Kampfgruppe ? Oldenburgs alte Schlachtschiffe waren ja überwiegend mit Sprenggranaten anstatt panzerbrechender Munition ausgerüstet.
Kurita hatte womöglich das umgekehrte Problem.
Außerdem denke ich, das Oldenburgs Kampfgruppe nicht allzuweit vom Landungsort wegstand. Er hätte sich sicher noch zwischen der angreifenden jap. Flotte schieben können und im Verbund mit weiteren Luftangriffen den Japanern arg zusetzen können.

Big A

ZitatAußerdem denke ich, das Oldenburgs Kampfgruppe nicht allzuweit vom Landungsort wegstand. Er hätte sich sicher noch zwischen der angreifenden jap. Flotte schieben können und im Verbund mit weiteren Luftangriffen den Japanern arg zusetzen können.
Oldendorff stand noch einige Stunden entfernt, welche von Kurita hätten genutzt werden können; Ching Lee war mit TF 34 schon sehr dicht an Ozawas zerbomten Trägern und hatte auch noch einiges an Weg vor sich.
Kurita hätte also schon Zeit gehabt, sich den Taffies noch weiter zu widmen.
Der psychologische Effekt einer solchen Schlacht und dem anschließenden Landzielbeschuß wurde ja schon weiter unten beschrieben.
McArthur hätte m.E. auch vom Fehler Halseys profitiern können, hatte er doch die Hearst-Presse voll auf seiner Seite und hätte dann mit der Unfähigkeit der Navy, seine Truppen zu schützen, argumentieren können.
Es wäre auch mal interessant herauszupfriemeln, wie lange es gedauert hätte bis die ersten Airgroups von Halsey effektiv hätten eingreifen können - Weg, Wind, Zustand nach der Schlacht von Engano etc.

Axel
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Mario

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f8/Leyte_map_annotated.jpg

wenn diese Karte stimmt, dann befand sich Oldenburg recht nah bei der Landungsflotte, während Kurita noch weit außerhalb der Bucht stand. Eine entscheidende Frage ist auch, in welchem Zustand Kuritas Flotte dann in den Golf von Leyte einlaufen würde. Einige Verluste hat er ja schon während der ersten Gefechte hinnehmen müssen. Außerdem dürften die Besatzungen physisch am Ende gewesen sein, während die US-Besatzungen viel mehr Ruhepausen hatten.

Big A

Es hätte dennoch einige Stunden gedauert bis Oldendorff (nicht ~burg :wink:) herangeschlossen hätte. Auch seine Bestazungen waren zeimlich alle, da er ja das Gefecht in der Surigao-Straße hatte, aber zugegeben, die Japaner hatten schon mehr hinter sich....

Axel
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Spee

So aus dem Kopf, die japanischen Kreuzer hatten sich vor Leyte schon gut verschossen. Teilweise wäre ein Aufeinandertreffen amerikanischer und japanischer Schiffe ein "Tontaubenschießen" für die Amerikaner geworden.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Big A

Jain, sie hatten noch relativ gute Bestände für die Hauptkaliber, die MA und Flak waren kritischer.
Es wäre sicher ein interessantes Duell geworden wenn Oldendorff mit seinen Battlewaggons auf Yamato und Co getroffen wäre, aber ich denke, die Flieger aus dem Norden wären wohl eher da gewesen

Axel
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Mario

ZitatAuch seine Besatzungen waren ziemlich alle, da er ja das Gefecht in der Surigao-Straße hatte
ich denke nicht, die Schlacht war ja auch eher ein Übungszielschiessen und dauerte ja auch nicht allzulange. im Vergleich dazu hatten die jap. Besatzungen schon mehrere Tage fast ohne Ruhepausen hinter sich.
Die Flieger aus dem Norden waren wohl weit außerhalb ihrer Reichweite und die US-Trägerflotte könnte den Abstand auf die Kurita-Kampfgruppe auch nicht mehr entscheidend verringern. In welcher Richtung stand eigentlich die US-Trägerkampfgruppe, die zur Versorgung unterwegs war und eilends zurückgerufen worden war. Diese hätte möglicherweise noch etwas heranschließen können.

Big A

Die TG stand ziemlich weit südlich Richtung Ulithi und war ausserhalb der Möglichkeit zeitgerecht irgendwie eingreifen zu können ( siehe Vego, Battle for Leyte, 1944)

Axel
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