Kuritas Abbruch / Rückzug bei Leyte

Begonnen von Big A, 19 September 2007, 16:16:32

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Big A

Für mich eines der größten Rätsel im Pazifikkrieg bleibt der Abbruch des Angriffs auf die Geleitträger, nachdem Kurita durch San Bernardino - Straße durchgebrochen ist und die Geleitträger "kalt" erwischte. Halsey war weggelockt, (man denke an das berühmte Fernschreiben "The world wonders")
Es kann doch nicht nur der Angriff der Zerstörer gewesen sein.
War es physische und psychische Ermüdung Kuritas, der ja immerhin schon ein Schiff unterm Hintern weggeschossen bekommen hatte, verwechselte er die Träger? Wusste er nicht, dass die großen Träger mit Halsey weg waren? Schätzten er und sein Stab die Lage so falsch ein?
Wie ist eure Meinung dazu?

Gruss

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Huszar

Bis zum Durchbruch durch die San Bernadino-Strasse hat er eigentlich alles gut gemacht - dann allerdings alles was er konnte, in den Sand gesetzt. Die Schiffe fuhren ohne jeglichen Zusammenhang hin und her, und haben es fertig gebracht, dass eines der stärksten Geschwader von Geleitträgern und -Zerstörern forgeführt wird.

Für mich ist nicht der Abbruch ein Rätsel, sondern eher dieses Paradebeispiel, wie man etwa in den Sand setzen kann. Der Rückzug war mM die logische Konsequenz dieser Blamage....


mfg
alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Big A

Eigentlich ist es ja schon erstaunlich, dass er überhaupt so weit gekommen ist. Schon beim Auslaufen aus Tawi Tawi wurde er von Lockwoods U-Booten gesichtet, gemeldet und angegriffen. Irgendwie scheint er dann aus den Augen der USN verschwunden zu sein, wobei Nimitz ja glaubte, dass Halsey die San Bernardino-Straße abdeckte, was er ja bekanntlich nicht tat.
Aber der Rückzug war wirklich rätselhaft und peinlich!
Offensichtlich hat erwohl sein Kriegsglück selbst kaum fassen können.
Und die Angriffe der Zerstörer waren wirklich sehr mutig und aufopferungsvoll
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Mario

Die Japaner und vor allem Kurita wurden hier wohl Opfer ihrer eigenen Kriegermentalität. Mit Sicherheit dürfte es allen höheren Offizieren und Admirälen klar gewesen sein, daß der Krieg und das japanische Kaiserreich verloren waren. Deshalb strebte die japanische Marine nach einer Gelegenheit, im Kampf vernichtet zu werden, anstatt das Ende des Krieges in einem Hafen erleben zu müssen, was eine für japanische Offiziere unerträgliche Schande darstellte.
Warum Kurita dann seinen Angriff abbrach, konnten selbst amerikanische Verhörspezialisten nach dem Krieg niemals zweifelsfrei klären. Admiral Kurita verfing sich in Widersprüche. Einerseits erklärte er sein Unternehmen zu einem Himmelfahrtskommando, andererseits sorgte er sich um Treibstoff für den Rückmarsch und lies angeschlagene Schiffe mit Bewachung zurück, anstatt seine Streitmacht möglichst zusammenzuhalten. Später wollte er die US-Geleitträger ungeschoren zurückgelassen haben, weil er lieber eine ausgewachsene US-Trägerflotte im Norden vernichten wollte.

Letztendlich glauben die Historiker daran, daß einerseits die Erschöpfung nach den Strapazen einer dreitägig ununterbrochenen anhaltenden Schlacht und andererseits die Tatsache eine Rolle gespielt haben, daß Kurita einen Plan verfolgte, der ihm vom Marineoberkommando vorgegeben wurde, den er aber selbst nicht für gut befunden hatte.

Big A

Zitatandererseits sorgte er sich um Treibstoff für den Rückmarsch und lies angeschlagene Schiffe mit Bewachung zurück, anstatt seine Streitmacht möglichst zusammenzuhalten.
Ein weiterer und angesichts der gegen ihn stehenden Kräfte unverzeihlicher Fehler. Es ist zwar fraglich, ob eine zusammengehaltene Streitmacht sich besser geschlagen hätte, trotzdem ein Verstoss gegen den Grundsatz der Konzentration der Kräfte.
Ich glaube, dass Kurita auch auf Luftsicherung durch japanische Fliegerkräfte auf den Philippien hoffte, die war aber nicht existent.
Wie verzweifelt seine Lage war zeigt auch die Tatsache, dass er es erlaubte mit neuen und die Rohre "mordenden" Luftabwehrgranaten zu schießen. Konsequenterweise fielen dann ja auch diverse Rohre auf den Shiffen aus...
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

toppertino

Soweit wie ich weiß hielt Kurita die 6(?) Geleitträger für Flottenflugzeugträger und hat sich deshalb wieder zurückgezogen da er Luftangriffe befürchtete.Und Luftangriffe hatten ihn in der Sibuyan-See immerhin schon die Musashi (und einige andere Einheiten) gekostet. Wäre denkbar das der "gebrannte" Kurita das "Feuer" der Träger deshalb gescheut hat.Hätte Kurita die fliehenden Träger überhaupt verfolgen können? Die amerikanischen DDs und CVEs waren doch schneller als Kuritas Schlachtschiffe und legten zudem noch Nebelwände die die nur nach Optiken schießenden Japaner behinderten.
Weiteres Problem: " Die Amerikaner verloren trotz der massiven Unterlegenheit nur einen der Geleitträger, was zum Teil auch an der panzerbrechenden Munition der japanischen Schiffe lag, deren Granaten die leichten Bordwände der Träger oftmals lediglich durchschlugen, ohne zu detonieren." (Quelle: Wikipedia)

mfg
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

Lutscha

Na, die Japaner trafen eher nicht dank salvo chasing. Gambier Bay war 19kn schnell, die Japaner dachten aber, es waren schnelle CVs und keine CVEs, weil sie letztere nicht kannten, was auch zumindest z. T. den "general attack" Befehl erklärt.

Kurita hätte afaik bestenfalls massig, größtenteils leere, Transporter versenken können, nur wie hätte er dann entkommen sollen, geplant war durch die Surigao Straße zu entkommen. Viel Spass.

Der Rückzug scheint mir die einzig sinnvolle Option gewesen zu sein.

Bei Samar verlor keines der Schiffe ein Rohr durch die Sankaidan, das passierte der Musashi einen Tag vorher durch Bombensplitter.



Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

Big A

ZitatSoweit wie ich weiß hielt Kurita die 6(?) Geleitträger

Es waren die Träger Fanshaw Bay, Kalinin Bay, White Plains, St. Lô, Kitkun Bay und Gambier Bay
waren zusammengefasst in der Gruppe "Taffy 3" unter dem Kommando von RAdm Clifton A. F. "Ziggy" Sprague

ZitatGambier Bay war 19kn schnell
Lt Captain W. Karig waren die noch nicht mal so schnell: "In a calm sea and with a following breeze these little ships might make 18 knots provided the engeneering officer had been leading a good life"

ZitatHätte Kurita die fliehenden Träger überhaupt verfolgen können? Die amerikanischen DDs und CVEs waren doch schneller als Kuritas Schlachtschiffe

Meiner Meinung nach ja, denn die CVEs waren lahme ungepanzerte Mühlen (s.o.), die DD und DE waren artilleristisch hoffnungslos unterlegen. Konzentriertes Nachsetzen hätte der USN sicher sehr geschadet.

Problematischer sehe ich den Umstand, dass sich nach Süden Taffy 2 und Taffy 1 staffelten, in ähnlicher Zusammensetzung wie Taffy 3 und deren Flugzeuge nun begannen, in den Kampf einzugreifen.

Ein Durchbruch durchdie Surigao-Strasse war natürlich illusorisch, dort standen ja schließlich, nachdem die o.a. Taffys bekämpft waren immer noch Oldendorfs Battlewaggons und Kreuzer, die ja in der Nacht zuvor schon Shima und Nishimura zusammengeschossen hatten.
Dass Kurita da häte durchbrechen wollen ist schon merkwürdig an sich (genauso wie der Anmarsch der beiden Südgruppen), denn das Seegebiet zwischen Leyte und Panoan auf der einen und Dinagat und Mindanao auf der anderen Seite ist einfach viel zu eng für größere Ansammlungen von Großkampfschiffen quot erat demonstrandum..
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Huszar

Surigao-Strasse könnte allerdings zu dem von den Japanern so erwartetem "Entscheidungsschlacht" führen.

Wobei auch gesagt werden muss, dass die dortigen Battlewaggons vielleicht sogar Yamato, Nagato und Co. unterlegen sein könnten.

Ein Nachstossen zu den verschiedenen Taffys bringt eigentlich weniger Risiko, als ein Ablaufen...


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Ritchie

Mich wundert immer am meisten, dass die Kreuzer Haguro und Tone den Rückzugsbefehl überhaupt befolgt haben. Die waren praktisch im Paradies. 5 Geleitflugzeugträger deren Sicherung bereits vernichtet war keine 100 hm vor den Rohren....

Die Dickschiffe waren nach dem Torpedoausweichmanöver ja weit zurückgefallen und ob man die nächste Taffy noch erwischt hätte ist zumindest fraglich, aber eigentlich hätte Kurita an diesem Tag glorreich mit einem Dutzend amerikanischer Geleitträger untergehen müssen.

Big A

@Ritchie
ZitatMich wundert immer am meisten, dass die Kreuzer Haguro und Tone den Rückzugsbefehl überhaupt befolgt haben
Ein japanischer Marineoffizier hätte niemals einen Befehl in dieser Lage verweigert, das hat weder Ausbildung noch Tradition hergegeben.
Zitataber eigentlich hätte Kurita an diesem Tag glorreich mit einem Dutzend amerikanischer Geleitträger untergehen müssen.
ja eben, umso unverständlicher der Abbruch

@Huszar
ZitatWobei auch gesagt werden muss, dass die dortigen Battlewaggons vielleicht sogar Yamato, Nagato und Co. unterlegen sein könnten
Glaube ich in diesem Stadium des Krieges nicht mehr, denn erstens hätte der Verband die anderen Taffys sicher nicht unbeschadet durchstoßen, denn noch gab es ein paar Flieger auf den Kaiser Coffins, während die IJN gar nichts mehr an Fliegern aufbieten konnte (siehe Fernschreiben Kuritas vom Vortag, wo er sich erbost darüber beschwert, dass die Flieger sich nicht an die Absprachen hielten und es keinerlei Koordination gäbe), und zweitens hat die US-Artillerie inzwischen viel gelernt und gerade Oldendorf hat grundlegendes beim Schießen nach Radarsicht geleistet. Somit wurden sehr hohe Trefferwahrscheinlichkeiten gleich zu Anfang erzielt. (siehe Schlacht in der Surigao-Straße in der Nacht davor)
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Spee

Servus,

hätte, wäre , würde....Königreich des Konjuktiv.

Um die Situation der von Kurita's Kampfgruppe etwas klarer zu sehen, einige Passagen aus Ugaki's "Fading Victory":

"We haven't received any reconnaissance report due to faulty communication of the float planes, which have been deployed to the bases since 24th. It happens to be the rainy season in this area, and especially on the east coast the weather was bad. Even though dawn had broken, visibility was poor with dark clouds accompanied by squalls hanging low here and there.
...It was an unexpected encounter with the enemy...We had always thought about how to cope with such an occasion as this, but each unit seemed very slow in starting actions due to uncertainty about the enemy conditions. Actions of the fleet headquarters were also apt to lack promptness."


Aus den weiteren Beschreibungen geht ganz klar hervor, daß die japanische Führung keinerlei Überblick darüber hatte, mit welchen amerikanischen Einheiten sie im Gefecht stand. Die Sichtverhältnisse waren teilweise extrem schlecht, zusätzlich die exzellent gelegten Smokescreens der amerikanischen Zerstörer. Klar wird auch, daß die japanische Kampfgruppe gerade im Begriff war eine Gefechtsformation aufzubauen, als man auf Ziggy Sprague Taffy 3 stieg. Die japanischen Schlachtschiffe standen z.T. näher an den amerikanischen Einheiten als die eigenen Sicherungszerstörer. Das führte zu prekären Situationen:

"A few salvos of enemy medium-caliber guns reached near "Yamato", and two hit the starboard after galley...
At 07.45, when we were firing at an enemy destroyer at short distance, we found a torpedo trace to the starboard bow and we evaded it to the nonenemy side, turning to port with a direction of the commander in chief. This caused us a lot of trouble afterward because we were caught between four torpedos on the starboard and two on the port, and enemy slow-speed torpedoes running parallel to "Yamato" with 26kn didn't permit her to turn for a pretty long time. It was about ten minutes but it felt like a month to me."

Da die japanischen Schiffe nicht nur aus süd-östlicher Richtung von den Taffy's mit Flugzeugen angegriffen wurden, sondern auch von Tacloban, war der japanischen Führung nicht klar, ob sie mitten in einem amerikanischen Flottenverband stand, oder am Rand eines südlich der japanischen Einheiten operierenden amerikanischen Verbandes. Das die aus Tacloban kommenden Flugzeuge eigentlich die Flugzeuge der Taffy's waren, konnten die Japaner nicht wissen. Spätere einsetzende Luftangriffe aus nördlicher Richtung (Task Group 38.1.) bestärkten wohl die Meinung, daß man mitten in einem amerikanischen Flottenverband stehe. Es wurden auch amerikanische Schlachtschiffe als gesichtet gemeldet:

"[At 11.48, forty-seven miles bearing 0° of Suluan Light] something like a mast was sighted on the horizon port abeam (39 kilometers 173°) of "Yamato". Soon the top lookout said, they were masts of a battleship (Pennsylvania-type) and four other ships."

Deutlich (für mich zumindest) wird, daß der japanischen Führung zu keinem Zeitpunkt ein klarer Überblick über die Lage vorlag bzw. möglich war. Man hatte eine Gefechtsberührung im Süden mit einem amerikanischen Verband unbekannter Stärke und Zusammensetzung, die japanischen Schiffe wurden permanent von allen Seiten aus der Luft angegriffen und man hatte keinerlei Ahnung, was östlich bzw. nördlich der japanischen Kampfgruppe stand. Kurita's Schwenk nach Norden macht zumindest aus taktischer Sicht Sinn, überhaupt eine Gefechtsformation aufbauen zu können, da ohne diese Formation die einzeln operierenden japanischen Schiffe zu verletzlich gegen massierte Luft- und Zerstörerangriffe waren. Ugaki kritisiert zwar Kurita wegen mangelndem Angriffsgeist und zu langsamen Entscheidungen, aber nicht umsonst schrieb Ugaki am 26.Oktober nach den letzten Angriffe durch Task Group 38.2. und 38.3. "Surely we have had enough!"

So einfach war die Situation für Kurita nicht, wie hier manche Äußerung vermuten läßt, definitiv nicht!
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Ritchie

http://www.bosamar.com/book/bosintro.html

Ist ein Onlinebuch, welches den Gefechtsverlauf sehr ausführlich darstellt.

Spee

Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Big A

ZitatThis caused us a lot of trouble afterward because we were caught between four torpedos on the starboard and two on the port, and enemy slow-speed torpedoes running parallel to "Yamato" with 26kn didn't permit her to turn for a pretty long time. It was about ten minutes but it felt like a month to me."
Ich will ja nicht die Entscheidung von Kurita aus der Mausperspektive kritisieren, aber wenn ein paar Torpedos parallel zu meiner Einheiten laufen, wie wäre es dann mit einem kurzen herausnehmen der Fahrt gewesen um dann hinter den Torpedos abzudrehen?
Zu einfach gedacht?
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Impressum & Datenschutzerklärung