Bombenkrieg

Begonnen von ufo, 08 August 2005, 13:43:35

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ufo

Kennt Ihr das: Da stromert man nur mal so kurz in's heimische Marineantiquariat, weil man ja nuuuur nach diesem oder jenem Buch gucken will und nach gaaaar nix anderem und dann sieht das dort doch so interessant aus ... .

Hab mir grad letztens gekauft: "Front Line 1940-1941 : The Official Story of the Civil Defence of Britain" von His Majesty's Stationary Office, 1942

Sah einfach spannend aus und war billig. Ist auch spannend. Da ist reich bebildert über 160 Seiten der Deutsche Luftkrieg gegen Britannien beschrieben; in liebevollem Detail.
Die ersten Kapitel über die Angriffe auf London, Kapitel über die Angriffe auf Städte mit Munitionsfabriken, über Angriffe auf Hafenstädte, über die Angriffe auf Dörfer und Kleinstädte, auf Eisenbahnen und Gaswerke.

Da wird detailiert beschrieben wieviele Tote es wann und wo gegeben hat. Da wird manchmal in fast heiterem Ton berichtet. Da heisst es in jener Nacht sei nur ein einzelner Aufklärer über London erschienen und habe ein paar willenlose Bomben geworfen um so den Claim der Londoner zu retten die Stadt habe 45 Nächte ununterbrochener Bombardierungen durchgestanden. Es werden zahllose Photographien von zerbombten Strassenzügen gezeigt. Es werden heitere Episonen berichtet von den Leuten in Clydebank, die ihr Essen auf einer ausblasenden Brandbombe wärmen; weniger heitere Episoden wie der Anblick einer zusammengebrochenen Häuserfront mit einem einzelnen Feuerwehrschlauch, der unter den Schutthalden verschwinded ... .  

Es wird versucht zu deuten, was die Luftwaffe mit den einzelnen Angriffen bezwecken wollte. Nur an wenigen Stellen heisst es: "Wir wollen dem Gegner nicht zuviel verraten darüber wo seine Bomben in jener Nacht niedergingen aber Tyneside hat ihren fairen Anteil an Bomben gehabt." Genau so, in lockerem Plauderton.

Die Intention hinter dem Buch ist schon verständlich. Man fürchtet, was man nicht kennt, was man nicht einschätzen kann. Information beruhigt, auch schlechte Nachrichten. Und der Tenor ist schon klar – no pasaran!

Trotzdem war ich erstaunt in welcher Offenheit die Verheerung, die die Luftwaffe da austeilte beschrieben wird. Da sind viele Photos drin, die man sich beim Oberkommando der Luftwaffe gern über den Schreibtisch gehängt haben mag. Und das eine oder andere Buch wird Deutschland erreicht haben.

Ist ein faszinierendes Stück Geschichte, das Buch. Hinten hat es noch den zerfledderten Aufkleber drauf: 'Versandaufkleber, Versand ohne Umschlag zur Papierersparnis.'
Finstere Zeiten damals! Wir haben das schon unverschämt gut!



Die Frage, die das bei mir weckte: Gibt es etwas analoges in Deutsch? Wie ist man umgegangen mit den Verheerungen, die die Allierten nur zwei Jahre später in Deutschland anrichteten? Kennt jemand von Euch Bücher darüber, erschienen vor Ende des Krieges? Wurde sowas en detail in Zeitungen beschrieben?
Klar wusste man wenn sie nördlich an Bordesholm vorbeizogen, dass sie Kiel heimsuchen, wusste dass wenn sie südwärts drehen sie die Eisenbahen in Neumünster platt machen wollen. Man sah den Feuerschein am Horizont. Aber las man das am nächsten Tag auch in der Zeitung?

Wie öffentlich war sowas auf Deutscher Seite?
 
Ciao,
Ufo

Spee

@ufo,

nee, sowas in Deutschland? Ist mir so in der Form noch nie untergekommen.

Aber ich hätte auch einen netten Buchtip.
"Sea Power in the next War" von Commander Russell Grenfell, R.N.
Ich habe es als deutsche Ausgabe "Die Seemacht im nächsten Krieg" von 1939 für hammerharte 3 Euro erstanden. Commander Grenfells Buch wurde von den von mir sehr gern gelesenen Liddell Hart verlegt.
Kann es nur empfehlen, den sein Grundtenor lautet: "Baut Flugzeugträger und Zerstörer. Fu.. the battleship!" Wie richtig der Mann nur lag. Er zerbröselt die Kosten und den Nutzen der Schlachtschiffe wunderbar und fragt tief in der Wunde bohrend, was man den mit den Dingern eigenlich noch will. Lecker!
Für zusätzliche Freude sorgen in der deutschen Ausgabe die Kommentare des deutschen Konteradmirals Gadow. Er gibt gern seinen Senf dazu und hat dabei den Inhalt des Buch irgendwie nicht verstanden. Alte Raeder-Schule halt. Für den Preis unschlagbar und amüsant zu lesen, wohl speziell die deutsche Ausgabe.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

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