Der „deutsche Marinetheoretiker K.z.S. P. (Paul? Peter?) Ebert“

[deGalantha]

Liebe Kollegen,
weiß jemand (oder gehört/gelesen hat) etwas über den ,,deutschen Marinetheoretiker K.z.S. P. (Paul? Peter?) Ebert", der (angeblich) 1936 (angeblich) in der Marine-Rundschau folgendes (angeblich) geschrieben:
,,...Mit der Ausweitung des Handels und der zunehmenden Schifffahrt vor der russischen Küste des Arktischen Ozeans ändern sich auch die militärischen Positionen. Die Bedeutung der unbewohnten Gebiete der Arktis als Russlands natürliche Verteidigung nimmt nun ab. In dem Maße, in dem die sich entwickelnde Schifffahrt auf dem Nördlichen Seeweg in das Gesamtsystem der russischen Volkswirtschaft einbezogen wird, nimmt auch ihre Verwundbarkeit zu...
...Die allmähliche Einbeziehung der eurasischen Polarzone in die Sphäre wirtschaftlicher Aktivität stellt die Militärstrategie vor neue Aufgaben, für deren Lösung es noch keine ausreichenden militärischen Erfahrungen gibt".

Dies wird in der modernen russischen antiwestlichen (und antideutschen) Propaganda oft zitiert.
Ich vermute, dass das Zitat gefälscht ist.
Der einzige K.z.S. P. Ebert, den ich identifizieren konnte, ist K.z.S. Paul Ebert (* 21. September 1873; † 19. August 1939), der Autor der 1924 veröffentlichten ,,Südsee-Erinnerungen". War er auch ein Marinetheoretiker?

[Peter K.]

Der erwähnte Artikel namens "Das eurasische Eismeer als Kriegsschauplatz" wurde von Kapitän zur See a.D. Paul EBERT aus Wismar in der Marine-Rundschau 1936, Seite 240 - 244, veröffentlicht. Die Zitate lauten aber etwas  anders:

Statt

,,...Mit der Ausweitung des Handels und der zunehmenden Schifffahrt vor der russischen Küste des Arktischen Ozeans ändern sich auch die militärischen Positionen. Die Bedeutung der unbewohnten Gebiete der Arktis als Russlands natürliche Verteidigung nimmt nun ab. In dem Maße, in dem die sich entwickelnde Schifffahrt auf dem Nördlichen Seeweg in das Gesamtsystem der russischen Volkswirtschaft einbezogen wird, nimmt auch ihre Verwundbarkeit zu...

eigentlich

Daß die fortschreitende Ausbreitung von Handel und Verkehr an der russischen Eismeerküste auch die militärische Lage verschiebt, leuchtet ohne weiteres ein. Rußlands Schutzanlehnung an die nordische Anökumente verliert fühlbar an Wirksamkeint. In dem Maße, wie sich die entstehende Verkehrsader des Nordmeerweges in den Blutkreisauf des russischen Wirtschaftskörpers einfügt, steigert sich auch dessen Verwundbarkeit,

Und statt

...Die allmähliche Einbeziehung der eurasischen Polarzone in die Sphäre wirtschaftlicher Aktivität stellt die Militärstrategie vor neue Aufgaben, für deren Lösung es noch keine ausreichenden militärischen Erfahrungen gibt".

steht da wirklich als Schlußsatz

Die fortschreitende Einbeziehung der europäischen Eismeerzone in den Bereich der Wirtschaft stellt auch die Kriegführung dort vor neue Aufgaben, für die ausreichende kriegsgeschichtliche Erfahrungen bisher fehlen.

[Urs Heßling]

moin,

War er auch ein Marinetheoretiker?

Der Begriff wäre vielseitig interpretierbar.

Auf jeden Fall war er - siehe den von Dir genannten wiki-Eintrag - eine Nachrichtendienst-Fachmann, der mit "Feindaufklärung" vertraut gewesen sein dürfte.

Gruß, Urs

[deGalantha]

Der erwähnte Artikel namens "Das eurasische Eismeer als Kriegsschauplatz" wurde von Kapitän zur See a.D. Paul EBERT aus Wismar in der Marine-Rundschau 1936, Seite 240 - 244, veröffentlicht.

Du liebe Zeit!!
Peter K., tausendfachen Dank!
Wo kann ich eine Kopie dieses Artikels (und des ganzen Heftes, wenn möglich) kriegen? Haben Sie zufällig eine elektronische Kopie?
Was falsche Zitate angeht: Ich habe die russischen Übersetzungen der Zitate -- nach bestem Wissen und Gewissen rückübersetzt, aber Verzerrungen waren natürlich unvermeidlich. Nochmals vielen Dank für Ihre Sorgfalt.
(Übrigens, meine Vorfahren stammen aus Österreich. Sie ließen sich Ende des 19. Jahrhunderts in Deutsch-Südwestafrika nieder. Ich stamme aus Walvisbaai.)
Herzliche Grüße, 
Earl

[Peter K.]

Schön, dass ich helfen konnte.
Ich habe den MR-Jahrgang als Original und kann dir die nächsten Tage die wenigen Seiten abfotografieren und dann zusenden.

[deGalantha]

Der Begriff wäre vielseitig interpretierbar.

Moin, Urs.
Ehrlich gesagt, ich weiß nicht. Die heutige russische Propaganda (sogar die postkommunistische!) nennt ihn (in verschiedenen Schriften, aber immer nicht ohne böse Absicht) einen ,,deutschen Marinetheoretiker", ,,bekannten Theoretiker der Kriegsmarine"(!), ,,bekannten Theoretiker auf dem Gebiet der militärischen Arktisforschung Kapitän zur See der Marine Deutschlands", und sogar ,,den Cheftheoretiker(!) der deutschen Kriegsmarine, Kapitän zur See Peter(!) Ebert".
Dies ist ein Nebenaspekt meiner Nachforschungen über den Beitrag der Deutschen zur Erforschung der Arktis (im Mittelpunkt steht der Flug der LZ127 Graf Zeppelin im Jahr 1931). Dieser ist auch in der ,,Einmal Deutscher — immer Deutscher"-Farbe gemalt.

[deGalantha]

Schön, dass ich helfen konnte.
Ich habe den MR-Jahrgang als Original und kann dir die nächsten Tage die wenigen Seiten abfotografieren und dann zusenden.

Danke sehr im Voraus, Peter K.!