Torpedoboot S32

Begonnen von rocco, 17 Januar 2022, 22:32:30

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rocco

Guten Abend,
ich bin mal wieder einem Kriegschiff auf dem Grund der Ostsee auf der Spur.
Es handelt sich um das Torpedoboot S32.
Bei S32 scheint es sich um einen Exoten der kleinen Schichau-Boote zu handeln.
Das Boot hatte 2 Kessel und auch eine verstärkte Panzerung im Brückenbereich.
Auch eine größere Besatzung wird angegeben, aber dies liegt sicher am 2. Kessel. 
Kennt jemand die Hintergründe dieser Sonderform? War es normal, dass innerhalb von Schiffsklassen experimentiert wurde? 
Toll wäre es, wenn jemand ein Bild von S32 hätte. Wahrscheinlich hatte dieses Boot ja zwei Schornsteine und damit schon ein anderes Aussehen wie die Klassenkameraden  :-) 

S32 ist gem. Gröner am 17.08.1910 mit S 76 kollidiert und gesunken.
Die Besatzung wurde vom Kreuzer Danzig gerettet. Danzig versuchte auch S 76 nach Kiel zu schleppen, allerdings sank das Boot im Schlepp und wurde später wahrscheinlich geborgen.
Der ganze Vorfall ereignete sich während Schießübungen der "Danzig". Während dieser Übung schleppte der Tender "Fuchs" und der Kleine Kreuzer "Undine" die Seeziele. Nach einer Zeitungsquelle fungierte S32 als Artillerietender.

Zu dem Vorfall habe ich mehrere Fragen:
1. Was ist genau die Aufgabe eines Artillerietenders gewesen?
2. Hat jemand zu dieser Havarie genauere Informationen? Es gibt mit Sicherheit eine  Akte darüber, bisher habe ich sie im Bestand des Archivs in Freiburg leider nicht entdecken können.   
3. Kann mir jemand noch weitere Quellen empfehlen?
4. Die Positionsangabe der Untergangs (Gröner) liegt 10sm von der Stellen entfernt, an der sich meiner Meinung das Wrack befindet. Könnte jemand zu der Genauigkeit der Positionsangaben und zu der Wahrscheinlichkeit das es sich um Überlieferungsfehler handelt etwas sagen...   

Wenn ich dort noch mal tauche, werde ich anschließend Fotos ins Forum stellen.
Anbei kopiere ich hier mal einen kurzen Tauchbericht, den ich in einem norddeutschen Tauchforum gepostet habe:
Moin Leute,
gestern waren wir mit zwei Booten westlich Fehmarn auf der Ostsee unterwegs. Steffen, Ingo und ich sind mit Steffens ,,Havmus" von Großenbrode aus gestartet, während Samir und Jörn aus Klausdorf zu uns stießen. Wir trafen uns am Wrack eines Dampfschiffes. Dieses alte und schon stark zerfallene Wrack in 20m Tiefe ist bisher nicht identifiziert. Markant an dem Wrack, sind die zwei aufrecht auf dem Grund stehenden Dampfkessel und die beeindruckende Dampfmaschine. Der Rest des Wracks ist schon stark zerfallen. Im hinteren Bereich des Trümmerfeldes befindet sich ein markantes Rondell mit vielen Bullaugen.
Bei unserem gestrigen Tauchgang entdeckten wir u.a. einige Uniformknöpfe mit dem Wappen der kaiserlichen Marine. Dies bestätigt, es handelt sich sich um ein Kriegsschiff der kaiserlichen Marine. Damit ist die These, die in deutschen Taucherkreisen kursiert, dass es sich um Frachtschiff mit Ziegelsteinladung handelt definitiv widerlegt. Die vor den Kesseln liegenden Ziegelsteine dienten lediglich als Dämmung. Ziegel- oder Schamottsteine findet man in vielen Dampfschiffwracks im Bereich der Maschinenräume.
Vor einigen Jahren bekam ich von dänischen Tauchern den Hinweis, dass es sich um ein deutsches Torpedoboot handelt.
Diese Theorie machte aufgrund der Bauform des Schiffes auch Sinn. Außerdem fanden wir bei früheren Tauchgängen ein Schild mit der Beschriftung ,,Thurm". Dies bedeutet das Schiff muss vor der Rechtschreibreform 1901 gebaut worden sein. Denn nach 1901 wurde die Schreibweise ,,th" bei vielen Wörtern abgeschafft. Mittlerweile habe ich einen konkreten Verdacht um welches Torpedoboot es sich handelt. Jetzt wird nur noch der endgültige Beweis gesucht und dann ist die Kieler Bucht wieder um ein Geheimnis ärmer.


Viele Grüße,
Rocco

schiffbauer

Lieber Rocco,
ich kann zu Deinen dezidierten Fragen nichts sagen, habe aber einige Fotos von S 32:
LG
Schiffbauer

rocco

Moin, 
ich bin begeistert. Vielen Dank, Schiffbauer. Das jemand solche guten Aufnahmen in der Schublade hat, hätte ich nicht gedacht. Das zeigt mir wieder, welche hohe Qualität dieses Forum an Inhalt und Mitgliedern hat.

Das es sich bei den Bildern um S32 handelt, ist ja aufgrund der zwei sehr schmalen Schornsteine sicher. Diese Information findet man jedenfalls im Gröner.

Weiß jemand was sich unter Plane auf der Brücke befindet? Handelt es sich um die 3,7cm Revolverkanone? Für mich sieht es auf dem Bild (S32 längsseits eines anderen Schiffes) allerdings eher aus wie ein Signalscheinwerfer. 

Grüsse Rocco

 

schiffbauer

Hallo Rocco,
das ist, basierend auf der Form, ein Scheinwerfer, keine Waffe.
LG
Schiffbauer

rocco

Moin,
ja sieht wohl so aus. Ich frage mich ob dann die  Bewaffnung gem. Gröner zum Zeitpunkt der Fotos überhaupt noch stimmte. Auf anderen Booten dieser Klasse sieht man auf dem Brückendach eine kleinere Kanone (evtl. 3,7cm Revolver). Ich wüsste nicht wo sie sonst montiert sein könnte. Auf dem Heckaufbau war sicherlich die 5cm Schnellfeuerkanone, oder? Naja S32 war anscheinend ein richtiger Exot.

Gruß Rocco   

rocco

Hallo,
ich möchte dieses Thema noch mal wieder beleben.
Es haben sich durch einen weiteren Tauchgang an diesem Wrack neue Fragen ergeben. Einige Fragen aus meinem Eingangsthread sind auch noch offen. Aber erst mal eine Frage an die Allgemeinheit.

Das Torpedoboot S32 wurde 1886 auf der Schichau Werft gebaut.
Im Gröner Band 2 - Torpedoboote usw. ist auf Seite 31 in der Spalte Bauwerft neben dem Baujahr die Jahreszahl 1896 mit Zusatz Schichau/ Elbing angegeben. Handelt es sich um einen erfolgten Umbau nachdem S32 10 Jahre alt war? Im Gröner wird diese 2. Baujahrangabe nicht erklärt. Kann jemand helfen? Diese Angabe hat für mich Brisanz, da ich am Wrack die Herstellerplaketten der Dampfkessel unter dem Bewuchs gefunden habe. Die Kessel wurden allerdings 1896 auf der Vulcanwerft Stettin gefertigt.

Viele Grüße Rocco

Urs Heßling

moin,

Zitat von: rocco am 05 August 2022, 21:35:37
Im Gröner wird diese 2. Baujahrangabe nicht erklärt.
Doch.
unter b) ist zu schließen. daß S 32 im Jahr 1896 umgebaut wurde und dabei zwei Yarrow-Kessel mit einer wesentlichen größeren Feuerungsfläche (267 qm) in zwei (!) Kesselräumen erhielt

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

rocco

Moin Urs,
danke für deine Hilfe.
Aufgrund b habe ich es vermutet, dass
es anscheinend einen Umbau der Kesselanlage gab.

Irgendwie fehlte mir aber die Bestätigung  :BangHead:

Für mich stellt es sich nun folgendermaßen da:
S32 wurde 1886 auf der Schichau Werft gebaut.
1896 fand ein Umbau statt, auch auf der Schichau Werft.
U.a. bekam das Boot 2 leistungsfähigere Yarrow-Kessel. Wenn es sich bei dem Wrack tatsächlich um S32 handelt, dann wurden die Kessel auf der Vulcan Werft Stettin (auch 1896) gebaut und bei Schichau / Elbing in S32 eingebaut. Für mich ist der Fund der Kesselplakette mit dem Baujahr 1896 ein weiteres Indiz das es sich bei dem Wrack um S32 handelt.
Weiss jemand warum dieser Umbau erfolgt ist? War S32 ein Erprobungsboot?

Grüße Rocco

juergenwaldmann


rocco

Moin Jürgen,
danke für den Link....ein tolles Modell wird hier gezeigt.
Es handelt sich allerdings um den wesentlich größeren Typ Torpedoboot mit fast 70m Länge.
Die Brückenform ist auch nicht identisch....mit dem von mir gesuchten S32.

Gruß Rocco

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