Panzerschiffee stammen von Pre Dreadnoughts ab.....

Begonnen von Matrose71, 13 Januar 2022, 11:56:33

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Urs Heßling

moin, Stefan,

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"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

ufo

Zitat von: Matrose71 am 18 Januar 2022, 19:46:22
Salve Ufo,
was ich aus Sicht eines vielleicht doch fortgeschrittenen Laien sehen kann, das wirklich Niemand bei klarem Verstand leugnen kann, das die Panzerschiffe einen Kreuzerrumpf hatten, der vom Längen-Breitenverhältnis und seiner Panzergrung zu 100% mit allen schweren Kreuzern aller anderen Marinen vergleichbar ist.
Durch den Versailler Vertrag und die besonderen Verhältnisse in Deutschland (Technik), führend beim Motorenbau (Diesel), aber eher technisch rückständig was den Bereich Kesselanlagen für Dampfturbinen angeht, wurde das Schiff mit einer schwereren SA als im Washingtoner Vertrag festgelegt (Deutschland war kein Teil dieses Vertrages) und etwas langsamer 28kn zu vielleicht 31kn mit herkömmlicher deutscher Nassdampftechnik gebaut.
Klar kann einer behaupten, das ist kein Kreuzer, dann muss man sich aber schon ziemlich biegen, denn der Rumpf plus Panzerung ist 100% Kreuzer.

Das kann sein, dass die bei der Kriegsmarine einfach zu bloede waren ihre eigenen Schiffe zu beurteilen.
Wenn ich die Entwicklungsgenese wie sie in der Denkschrift dargestellt wird richtig verstehe, sind die nie als Kreuzer entworfen worden. Das ein 10000 Tonnen Kampfschiff leicht wie ein schwerer 10000 Tonnen Kreuzer aussieht ist kaum vermeidbar. Darum sind die ungeliebten Schiffe spaeter ja auch als schwere Kreuzer klassifiziert worden.

Zitat von: maxim am 19 Januar 2022, 06:29:00
@ Ufo: das ironische ist, dass 1942 die überlebenden Schiffe der Deutschland-Klasse schon längst offiziell als Schwere Kreuzer klassifiziert waren. Das sollte dir viel über den Wert deiner Quelle sagen - lange nach der Planung, also nutzlos als Quelle hierfür, und selbst mehr als zweifelhaft in Bezug auf die Frage, wie die Kriegsmarine die Schiffe 1942 sah.

Entschuldige, dass ich Dich mit dieser Quelle belaestig habe. Ob die bei der Kriegsmarine mit Deutschen Marinearchivalien umgehen konnten? Das kann man Heute natuerlich besser.

Zitat von: maxim am 19 Januar 2022, 06:29:00
Deshalb nur kurz: eine Schlachtflotte, die als solche einsetzbar war, konnte man unter den Bedingungen des Versailler Vertrags nicht bauen. Die Ausnutzung des Erlaubten, um stattdessen einen Kreuzer zu bauen, der (überwiegend) zum Führen des Handelskriegs im Atlantik gedacht war, erlaubte der Bau von Schiffen, die bei der damaligen Stärke der Marine eine sinnvolle Verwendung ermöglichten. Kurz: eine Art asymmetrische Kriegsführung.

Nach allen mir bekannten Quellentexten oder Studien lag es der Reichsmarine fern, sich mit Ideen ,asymetrischer Kriegfuehrung' oder dem Ersetzen von Linienschiffen (Schiffen einer ersten Seemacht) durch Kreuzer selbst auf eine nachrangige Seemacht zu degradieren.

Ich habe den Eindruck, dass das Beharren die Panzerschiffe seien ueberwiegend zum Fuehren des Handelskrieges gedacht gewesen eine spaeter von Historikern in diese Schiffe hineininterpretierte Konzeption ist. 

Zitat von: maxim am 21 Januar 2022, 13:45:44
Apropos Leseschwäche:
Hier steht ja, dass 14 Jahre später zitiert wird, dass die Deutschland-Klasse für einen klaren operativen Zweck entworfen worden sei:
Zitat von: ufo am 17 Januar 2022, 21:35:24
Tatsaechlich zitiert hierzu in die Denkschrift eine Analyse von K III M:
,,Die Panzerschiffe sind der einzige Schiffstyp der Kreigsmarine, die fuer einen klaren operativen Zweck entworfen worden sind"
Aber leider finde ich in ufos Ausführungen nicht für welchen. Das wäre ja genau der eigentlich interessante Punkt gewesen - auch wenn es keine Quelle aus der Zeit der Entwurfsphase ist.

Nee, hatte ich auch nicht abgetippt.
Die Denkschrift zitiert hier ,,K III M 16971/42 Geh. v. 5.11.42"

Ufo

Urs Heßling

moin,

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Das kann sein, dass die bei der Kriegsmarine einfach zu bloede waren ihre eigenen Schiffe zu beurteilen.
Wenn ich die Entwicklungsgenese wie sie in der Denkschrift dargestellt wird richtig verstehe, sind die nie als Kreuzer entworfen worden. Das ein 10000 Tonnen Kampfschiff leicht wie ein schwerer 10000 Tonnen Kreuzer aussieht ist kaum vermeidbar. Darum sind die ungeliebten Schiffe spaeter ja auch als schwere Kreuzer klassifiziert worden.
Ich vermute, es war ganz einfach eine Frage der Begriffe.
Die dem Deutschen Reich im Versailler Vertrag zugebilligte Kreuzergröße war 6000 t.
Daher konnte ein 10.000 t-Schiff per definition kein Kreuzer sein (auch wenn`s einer war)

Ein zugegebenermaßen hinkender Vergleich ist die Bezeichnung der Träger der JSDF als "Zerstörer mit Hubschrauberdeck" oder der Zerstörer der französischen Marine als "Fregatten"
Merke : was nicht sein kann, auch nicht sein darf (umgedreht)


Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Zitat von: maxim am 19 Januar 2022, 06:29:00
Deshalb nur kurz: eine Schlachtflotte, die als solche einsetzbar war, konnte man unter den Bedingungen des Versailler Vertrags nicht bauen. Die Ausnutzung des Erlaubten, um stattdessen einen Kreuzer zu bauen, der (überwiegend) zum Führen des Handelskriegs im Atlantik gedacht war, erlaubte der Bau von Schiffen, die bei der damaligen Stärke der Marine eine sinnvolle Verwendung ermöglichten. Kurz: eine Art asymmetrische Kriegsführung.

Nach allen mir bekannten Quellentexten oder Studien lag es der Reichsmarine fern, sich mit Ideen ,asymetrischer Kriegfuehrung' oder dem Ersetzen von Linienschiffen (Schiffen einer ersten Seemacht) durch Kreuzer selbst auf eine nachrangige Seemacht zu degradieren.
Die Linienschiffe der "Braunschweig" und "Deutschland"-Klassen waren allen vorhandenen Linienschiffen Frankreichs und Großbritanniens an Geschwindigkeit und Bewaffnung unterlegen.
Mit dem Panzerschiff wurde ein Schiff mit annähernder Schlachtschiffbewaffnung geschaffen, das die Möglichkeit hatte, den Kampf mit "Queen Elizabeths", "Resolutions", "Bretagnes" und "Courbets" aus dem Weg zu gehen und gegen die zahlreichen Washington-Kreuzer zumindest Erfolgsaussichten hatte. Mehr war technisch nicht machbar.
Ebenso wichtig war, daß man mit diesem Entwurf nicht nur den Vertrag von Versailles, sondern auch den von Washington in gewisser Weise "ausgehebelt" hatte.
Die Tatsache, daß sich das Schiff zum Handelsstörer eignete und zu solchen Reaktionen Frankreichs führte, war dann die Kirsche auf der Sahne.

Gruß, Urs
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Matrose71

#48
Salve Ufo,

ZitatDas kann sein, dass die bei der Kriegsmarine einfach zu bloede waren ihre eigenen Schiffe zu beurteilen.
Wenn ich die Entwicklungsgenese wie sie in der Denkschrift dargestellt wird richtig verstehe, sind die nie als Kreuzer entworfen worden. Das ein 10000 Tonnen Kampfschiff leicht wie ein schwerer 10000 Tonnen Kreuzer aussieht ist kaum vermeidbar. Darum sind die ungeliebten Schiffe spaeter ja auch als schwere Kreuzer klassifiziert worden.

Das ist aber faktisch eine grundfalsche Annahme!
Ich habe ja nicht umsonst, das Längen-Breitenverhältnis angeführt!

Die Linienschiffe der Braunschweig oder Deutschlandklasse (Pre Dreadnoughts), sahen eben auch anders aus, als die Kreuzer Scharnhorst oder Gneisenau , obwohl beide die gleiche Tonnage spazieren fuhren.
Ich weiß nicht, wann diese Schiffe ungeliebt waren (Quelle?) auf Deutschland bezogen und ja die Kriegsmarine hat auch verdammt blöde Sachen gemacht, man schaue nur auf den Z-Plan. Insoweit ist das kein Argument, wenn das Schiff eher ein "Linienschiff"gewesen wäre, anstatt eines Kreuzers, wäre es wohl besser gepanzert und weniger Tonnage wäre in ein Längen-Breitenverhältnis und eine Maschinenanlage geflossen, die fast Kreuzergeschwindigkeit ermöglichte, zum Zeitpunkt des Entwurfes, aber wesentlich schneller war, als jedes bis dahin gebaute Schlachtschiff/ "Linienschiff".

Edit:

ZitatDie Linienschiffe der "Braunschweig" und "Deutschland"-Klassen waren allen vorhandenen Linienschiffen Frankreichs und Großbritanniens an Geschwindigkeit und Bewaffnung unterlegen.
Mit dem Panzerschiff wurde ein Schiff mit annähernder Schlachtschiffbewaffnung geschaffen, das die Möglichkeit hatte, den Kampf mit "Queen Elizabeths", "Resolutions", "Bretagnes" und "Courbets" aus dem Weg zu gehen und gegen die zahlreichen Washington-Kreuzer zumindest Erfolgsaussichten hatte. Mehr war technisch nicht machbar.
Ebenso wichtig war, daß man mit diesem Entwurf nicht nur den Vertrag von Versailles, sondern auch den von Washington in gewisser Weise "ausgehebelt" hatte.
Die Tatsache, daß sich das Schiff zum Handelsstörer eignete und zu solchen Reaktionen Frankreichs führte, war dann die Kirsche auf der Sahne.

Dieser Aussage, schließe ich mich voll und ganz an.
Viele Grüße

Carsten

maxim

#49
Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Das kann sein, dass die bei der Kriegsmarine einfach zu bloede waren ihre eigenen Schiffe zu beurteilen.
Diese Schiffe wurde ja viel früher entworfen. D.h. die Meinung kann sich in dieser Zeit deutlich geändert haben, weil die Marine sich deutlich verändert hat.

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Wenn ich die Entwicklungsgenese wie sie in der Denkschrift dargestellt wird richtig verstehe, sind die nie als Kreuzer entworfen worden. Das ein 10000 Tonnen Kampfschiff leicht wie ein schwerer 10000 Tonnen Kreuzer aussieht ist kaum vermeidbar. Darum sind die ungeliebten Schiffe spaeter ja auch als schwere Kreuzer klassifiziert worden.
Ich sehe nicht, dass hier irgendjemand davon ausgeht, dass diese Schiffe typische Schwere Kreuzer waren, wie sie unter dem Washingtoner Flottenvertrag entworfen wurden - oder später nach Ende des Washingtoner Flottenvertrags.

Die Deutschland-Klasse folgte eindeutig einen anderen Ansatz, siehe 28 cm-Geschütze, die zusätzliche Mittelartillerie, die gewaltige Reichweite durch den Dieselantrieb.

Typisch für Kreuzer ist die leichte Panzerung kombiniert mit einer relativ hohen Geschwindigkeit, auch die Art der Bewaffnung ist nicht untypisch (von den Kalibern her aber eher typisch für Panzerkreuzer vor 1900).

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40Ob die bei der Kriegsmarine mit Deutschen Marinearchivalien umgehen konnten? Das kann man Heute natuerlich besser.
Ich kenne diese Quelle und ihren Zweck nicht - und darüber hat auch hier niemand etwas geschrieben, auch du leider nicht. Entsprechend ist es auch schwer zu sagen, warum was geschrieben wurde. Man kann nur sagen, dass es keine Primärquelle für die Entwurfsphase ist, sondern eine Sekundärquelle.

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Nach allen mir bekannten Quellentexten oder Studien lag es der Reichsmarine fern, sich mit Ideen ,asymetrischer Kriegfuehrung' oder dem Ersetzen von Linienschiffen (Schiffen einer ersten Seemacht) durch Kreuzer selbst auf eine nachrangige Seemacht zu degradieren.
Die Reichsmarine war durch Versailler Vertrag zu einer nachrangigen Seemacht degradiert worden. Sie hatte keine Schlachtflotte mehr, die "Linienschiffe" waren damals gegen existierende Schlachtschiffe nicht mehr einsetzbar. Jede Art von Schiff, das unter dem Versailler Vertrag möglich war, hätte daran nichts geändert.

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Ich habe den Eindruck, dass das Beharren die Panzerschiffe seien ueberwiegend zum Fuehren des Handelskrieges gedacht gewesen eine spaeter von Historikern in diese Schiffe hineininterpretierte Konzeption ist. 
Dieser Eindruck ergibt sich schlicht und einfach aus den technischen Daten der Klasse, die Art der Bewaffnung, die Art des Antriebs...

Natürlich wurden die Schiffe bei Kriegsbeginn auch entsprechend eingesetzt, aber das ist natürlich kein Beweis dafür, dass sie hierfür auch entworfen wurden.

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 17:39:40
Nee, hatte ich auch nicht abgetippt.
Schade - das  wäre ja immerhin eine Antwort auf die Frage oben gewesen, ein Argument auch für oder gegen deinen Eindruck.

In deinem Zitat stand, dass sie für einen klaren operativen Zweck entworfen wurden - während hier viele, u.a. Sprotte oben mit einem Zitat aus Breyer - argumentieren, dass sie eben nicht zu einem klaren Zweck entworfen wurden, sondern einfach auf den Gegebenheiten beruhten, also dem, was in Bezug auf den Vertrag und der Technik möglich war. Nur stellt sich halt die Frage, warum nicht ein anderes Schiff, was mit der damaligen Technik und den Restriktionen auch möglich gewesen wäre, gebaut wurde, z.B. ein Mini-Schlachtschiff bzw. Küstenpanzerschiff.

Du hast argumentiert, dass diese Schiffe etwas neues waren - aber das Ergebnis sind nun mal Schiffe gewesen, die typische Eigenschaften eines Kreuzers hatten, aber auch eben Schiffe, die nicht typisch für Kreuzer der 1920er/30er waren. Letzteres scheint aus meiner Sicht viele daran zu hindern zu akzeptieren, dass dies Kreuzer waren.

Zitat von: Urs Heßling am 21 Januar 2022, 18:07:14
Mit dem Panzerschiff wurde ein Schiff mit annähernder Schlachtschiffbewaffnung geschaffen, das die Möglichkeit hatte, den Kampf mit "Queen Elizabeths", "Resolutions", "Bretagnes" und "Courbets" aus dem Weg zu gehen und gegen die zahlreichen Washington-Kreuzer zumindest Erfolgsaussichten hatte.

Diese Aussage kann man gerade zu als  Beschreibung des klassischen Ansatzes sehen, denen alle Marinen verfolgten, als sie in den 1890ern, frühen 1900ern Kreuzer entwarfen, die als Handelsstörer gedacht waren.

Du schreibst, dass mehr technisch nicht machbar gewesen wäre. Es wäre kein typisches Schlachtschiff möglich gewesen. Aber technisch wäre sehr wohl ein anderes Schiff möglich gewesen, z.B. eines zur Verteidigung der Küsten, also entweder ein schnelleres, schwächer bewaffnetes oder ein deutlich langsameres, schwerer gepanzertes.
/edit: in Bezug auf ein schnelleres, schwächer bewaffnetes gab es Grenzen - schließlich wurden die Schiffe nach den Kriterien für Schlachtschiff laut dem Versailler Vertrag gebaut, d.h. hier bestand eher die Gefahr, dass die Schiffe als Vertragsverletzung gesehen worden wären, wenn sie zu ähnlich z.B. zu einem typischen Washington-Kreuzer geworden wären.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: maxim am 21 Januar 2022, 18:22:43
Nur stellt sich halt die Frage, warum nicht ein anderes Schiff, was mit der damaligen Technik und den Restriktionen auch möglich gewesen wäre, gebaut wurde, z.B. ein Mini-Schlachtschiff bzw. Küstenpanzerschiff.
Diese Frage ist mE aus Sicht des Historikers beantwortet.
Admiral Zenker schloß sich - gegen die Meinung derjenigen, die für eine Art Küstenpanzerschiff (ja, das war natürlich technisch - vielleicht sogar leichter - machbar) votierten, im Sommer 1927 der Auffassung v. Löwenfelds an, der für das damals als "Lininschiffskreuzer" genannte Schiff argumentierte und dabei - wie weit er dachte, bleibt unklar - vor allem militärpolitische Gründe ins Feld führte.
Solche Entscheidungen - wie mehr als zwanzig Jahre zuvor diejenige Fishers für den Bau von "Dreadnought" und "Invincible" - sind nun einmal die Prärogative eines Chefs der Marine.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

Im Falle Fisher weiß man anscheinend nur sehr wenig darüber, warum er manche Schiffe so haben wollte. Er hat das wohl nicht niedergeschrieben, sondern einfach bestimmte Kriterien gefordert.

ufo

Zitat von: Matrose71 am 21 Januar 2022, 18:08:58
Salve Ufo,

ZitatDas kann sein, dass die bei der Kriegsmarine einfach zu bloede waren ihre eigenen Schiffe zu beurteilen.
Wenn ich die Entwicklungsgenese wie sie in der Denkschrift dargestellt wird richtig verstehe, sind die nie als Kreuzer entworfen worden. Das ein 10000 Tonnen Kampfschiff leicht wie ein schwerer 10000 Tonnen Kreuzer aussieht ist kaum vermeidbar. Darum sind die ungeliebten Schiffe spaeter ja auch als schwere Kreuzer klassifiziert worden.

Das ist aber faktisch eine grundfalsche Annahme!
Ich habe ja nicht umsonst, das Längen-Breitenverhältnis angeführt!


So recht ueberzeugt mich das nicht.

Peter Doepgen schreibt dazu in "Die Waschingtoner Konferenz, Das Deutsche Reich und die Reichsmarine":

"Die ersten Entwuerfe fuer das Panzerschiff A stammen aus dem Jahre 1920. Diesen Entwuerfen lag die Vorgabe zugrunde, ein kampfkraeftiges, standhaftes Schiff zu bauen, das einen Kampf gegen franzoesische Linienschiffe mit Aussicht auf Erfolg bestehen konnte. Diese Vorgaben machten erneut deutlich, dass die Marine Frankreich als den wahrscheinlichsten Gegner ansah. So entstanden zwei Entwurfsgruppen von Linienschiffersatzbeuten: zum einen ein Typ, der einem Monitor entsprach und zum anderen ein kreuzeraehnlicher Typ."

Nun hatte nach Deutscher Marinedoktrin ein (echter) Kreuzer in der Schlachtlinie nichts verloren. Tatsaechlich musste sich nach dem Gefecht in der Daenemarkstrasse der Kommandant von Prinz Eugen fragen lassen, was er mit seinem Kreuzer in der Schlachtlinie zu suchen hatte.

Die Panzerschiffe aber waren ausdruecklich entworfen, um auch gegen Linienschiffe bestehen zu koennen. Das ist - so sehe ich das - ein klares Abgehen von einem Kreuzerentwurf.
Aber wie Doepgen schreibt: keinen Monitor zu bauen fuehrte zwangslaeufig zu einem kreuzeraehnlichen Typ.

Tatsaechliche zitiert er weiter den Chef des Marinekommandoamtes Konteradmiral Pfeiffer, der bat um den "Entwurf fuer ein schnelles Linienschiff, d.h. eigentlich fuer einen Kreuzer mit schwerer Bewaffnung."

Mit diesen Forderungen: gegen ein Linienschiff bestehen koennen, einen Washington Kreuzer niederkaempfen koennen sehe ich hier aber keinen 'klassischen' schweren Kreuzer Entwurf mit klassichen Kreuzeraufgaben.

Wenn man auf dem Begriff Kreuzer unbedingt bestehen will vielleicht am ehesten noch eine Art 'Kleinschlachtkreuzer' ?

Ufo



ufo

Was den Politischen Rahmen des Panzerschiffbaues betrifft schreibt Gerd Sandhoffer ein seiner grundlegenden Studie "Das Panzerschiff »A« und die Vorentwürfe von 1920 bis 1928" in der Militaergeschichtlichen Zeitschrift ganz ausdruecklich, dass die ersten Entwurfsstudien einen Linienschifftyp mit vier 38cm Geschuetzen und einen Kreuzertyp mit acht 21cm Geschuetzen umfassten.

Der Kreuzer wurde dann ausdruecklich verworfen, weil der als Ersatz fuer Linienschiffe minderwertig sei.

Hier wird der Druck deutlich die Reichmarine nicht zu einer nachrangigen Streitmacht zu deklassieren.

Ufo

maxim

Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 18:51:14
Wenn man auf dem Begriff Kreuzer unbedingt bestehen will vielleicht am ehesten noch eine Art 'Kleinschlachtkreuzer' ?

Der Ursprung des (britischen) Schlachtkreuzers ist ein Jäger von Handelstörern - ein Schiff, dass schnell genug war, jeden Kreuzer einzuholen und diesen niederkämpfen konnte. Das waren die Schiffe der Deutschland-Klasse sicher nicht. Sie waren nicht schnell genug.

Aber wie die frühen (britischen) Schlachtkreuzer, war die Deutschland-Klasse nicht in der Lage in der Schlachtlinie zu kämpfen, da sie hierfür einfach viel zu schwach gepanzert war.

Die Idee, dass man sich gegen (schnellere) Schwere Kreuzer sich durchsetzen können wollte, während man (stärkeren) Schlachtschiffen ausweichen wollte, spricht gerade gegen eine Aufgabe in einer Schlachtlinie (die nicht ausweichen soll!).

Wenn Frankreich der Gegner war und man kein Schiff bauen konnte, dass sich gegen französische Schlachtschiffe behaupten konnte, blieb praktisch nur der Angriff auf deren Handel.

ufo

Zitat von: maxim am 21 Januar 2022, 19:12:28
Zitat von: ufo am 21 Januar 2022, 18:51:14
Wenn man auf dem Begriff Kreuzer unbedingt bestehen will vielleicht am ehesten noch eine Art 'Kleinschlachtkreuzer' ?

Der Ursprung des (britischen) Schlachtkreuzers ist ein Jäger von Handelstörern - ein Schiff, dass schnell genug war, jeden Kreuzer einzuholen und diesen niederkämpfen konnte. Das waren die Schiffe der Deutschland-Klasse sicher nicht. Sie waren nicht schnell genug.

Aber wie die frühen (britischen) Schlachtkreuzer, war die Deutschland-Klasse nicht in der Lage in der Schlachtlinie zu kämpfen, da sie hierfür einfach viel zu schwach gepanzert war.

Die Idee, dass man sich gegen (schnellere) Schwere Kreuzer sich durchsetzen können wollte, während man (stärkeren) Schlachtschiffen ausweichen wollte, spricht gerade gegen eine Aufgabe in einer Schlachtlinie (die nicht ausweichen soll!).

Wenn Frankreich der Gegner war und man kein Schiff bauen konnte, dass sich gegen französische Schlachtschiffe behaupten konnte, blieb praktisch nur der Angriff auf deren Handel.

Sandhoffer stellt dem entgegen, dass in der Entwicklungsgenese die Verteidigung Verteidigung der Ostseezugaenge und eine (bedingte) Kontrolle der Nordsee eine wichtige Rolle spielten. Ein erfolgreicher Kampf gegen Franzoesische Linienschiffe war notwendigerweise Teil der Aufgabe. Er schreibt weiter: "Da sich mit den Panzerschiffen auch die Möglichkeit bot, militärische Aufgaben außerhalb des engeren Bereiches der Nord- und Ostsee durchzuführen, ergaben sich neue Aspekte für die operativen Überlegungen." Diese aber waren wohl nicht eine grundlegende Bedingung des Panzerschiffbaues. Er schreibt: "Admiral Behncke, Chef der Marineleitung von 1920 bis 1924, sah die Hauptaufgabe der Marine in der Sicherstellung der Zufuhr über See in der Ostsee und im Kampf im Küstenvorfeld. Sein Nachfolger Zenker ging gedanklich lediglich etwas weiter und glaubte, den Seeverkehr von Frankreich nach Polen im Bereich der Ostseeeingänge unterbrechen zu können." Das ist noch kein Atlantischer Handelskrieg.

Ufo

Spee

Servus,

ich möchte nur einwerfen, dass ein Handelskrieg gegen Frankreich recht erfolglos gewesen wäre. Anders als Großbritannien war Frankreich nicht abhängig in seiner Versorgung (oder sehr deutlich weniger). Einzig die Route Nordafrika-Südfrankreich war für Frankreich strategisch wichtig.
Um auch den Punkt "Dieselmotoren" als Hinweis auf eine atlantische Kriegsführung zu entkräften, alle Entwürfe ab 1925/26 wurden mit Dieselmotoren geplant. Selbst die "Monitor"-Entwürfe wurden mit Dieselmotoren geplant. Da ist kein Zusammenhang mit einer atlantischen Einsatzfähigkeit zu erkennen.
Hier waren schiffbauliche Erwägungen im Vordergrund (z.B. kein Schornstein mehr, so die Hoffnung).
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

maxim

Noch mal: die Schiffe der Deutschland-Klasse konnten sich den französischen Linienschiffen nicht entgegen stellen. Sie waren dafür zu schwach gepanzert. Natürlich hätten die Admiräle gerne solche Schiffe gehabt - aber sie konnten sie nicht bauen und haben sie nicht gebaut.

Ich habe mal gelesen - aber ehrlich gesagt leider keine Ahnung mehr wo - dass Frankreich sogar stark vom Handel über den Atlantik abhängig war. Zumindest hat die französische Marine es so gesehen und Schiffe gebaut, die den Handel über den Atlantik gegen die Deutschland-Klasse verteidigen sollte (Dunkerque-Klasse im Kombination mit der Mogador-Klasse).

Spee

Servus Maxim,

dann nenne mir bitte ein paar Dinge, die Frankreich zwingend über den Atlantik bringen mußte und nicht aus seinen Kolonien in Afrika oder dem Nahen Osten beziehen konnte? Die Frage meine ich wirklich ernst, da man sich der Frage durchaus annehmen sollte, ob ein Kreuzerkrieg gegen Frankreich einen realistischen Hintergrund hatte oder nur ein später hineininterpretiertes Hirngespinst war.

Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

ufo

#59
Zitat von: maxim am 21 Januar 2022, 19:38:45
Noch mal: die Schiffe der Deutschland-Klasse konnten sich den französischen Linienschiffen nicht entgegen stellen. Sie waren dafür zu schwach gepanzert. Natürlich hätten die Admiräle gerne solche Schiffe gehabt - aber sie konnten sie nicht bauen und haben sie nicht gebaut.

...

Ist das irgendwie belegbar? Oder einfach nur so Bauchgefuehl?

Sandhofer schreibt:
"Nachdem sich die Flottenabteilung und Konstruktionsabteilung am 7. März 1927 geeinigt hatten, legte sich auch der Chef der Marineleitung bald darauf in deren Sinne fest. Am 11. Juni 1927 informierte er das Flottenkommando und die beiden Stationschefs über seine Entscheidung und betonte, es habe bei den bisher befragten Stellen »eine gewisse Einheitlichkeit in der Typenfrage « der 10 000-Tonnen-Schffe ergeben. Zur Begründung führte er aus:

»Von allen Stellen wird die Notwendigkeit folgender Schiffstypen anerkannt:
I. ein kampfkräftiges, standfestes Schiff, das mit Aussicht auf Erfolg den Kampf gegen die französischen Linienschiffe aufnehmen kann.
II. ein Schiff, das bei möglichst hoher Geschwindigkeit an Kampfkraft den modernen 10 000-t-Kreuzern überlegen, mindestens gleichwertig ist, da unsere 15 cm armierten Kreuzer zur Bekämpfung der Kreuzer mit 20,3-cm-Geschützen nicht ausreichen.« "

Der Kompromis zwischen Punkt I und Punkt II muendet dann in fuenf definierte Forderungen fuer ein Schiff dass:

»1. an Kampfkraft dem 10000-t-Washington-Kreuzer unbedingt überlegen ist,
2. unseren unterarmierten 15-cm-Kreuzern als Rückhalt dienen kann,
3. in der Lage ist, selbständige offensive Frontunternehmungen auszuführen,
4. bei ungewolltem Zusammentreffen mit überlegenen Streitkräften sich dem
Kampfe durch seine Geschwindigkeit zu entziehen,
5. im Notfall, z. B. bei überraschendem nächtlichem Zusammentreffen, auch einem
überlegenen Gegner kräftige Schläge beibringen zu können.«


Ich finde das was er da aus dem Jahre 1927 zitiert wirklich ganz wenig zweideutig. Da wird zwischen dem gewollten und ungewollten Zusammentreffen mit schweren Streitkraeften unterschieden und da sollen Moeglichkeiten offen sein.

Ufo

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