0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.
Unter dieser recht günstigen Konstellation entstand der Entwurf eines " Linienschiffskreuzers" als durchaus ausgewogener Typ.Im Januar lehnte Admiral Zenker diesen jedoch ab , weil er ihn für die Verteidigung der Ostseezugänge als ungeeignet einschätzte.Hiergegen nahm die Flottenabteilung unter Konteradmiral von Loewenfeld Stellung und wies darauf hin , daß dieser " Linienschiffskreuzer" primär einen politischenZweck zu erfüllen habe, weil er geeignet ist, das zwischen den großen Seemächten abgeschlossene Flottenabkommen von Washington zu "stören" und dadurch zu erreichen, daß Deutschland in dieses Abkommen aufgenommen wird (und damit in einem adäquaten Rahmen seine Hoheit über die Seerüstung zurückgewinnt).Damit waren völlig neue Perspektiven eröffnet. Dieser Weg schien durchaus geeignet, aus der festgefahrenen militärisch-technischen Situation herauszufinden.Admiral Zenker wies jedoch auch diese Perspektive ab, weil er sie letztlich doch nicht für erfolgversprechend einschätzte.Nur wenige Monate später legte die Konstruktionsabteilung einen neuen, verbesserten Entwurf vor, und von da ab steuerte die weitere Entwicklung konsequentauf das nach Kreuzernormen gepanzerte, aber mit schwerer Artillerie bestückte Schiff hin.Im Juni 1927 fiel schließlich die Entscheidung: Die Marineleitung beschloß, die Frage nach dem wirklichen Ersatz-Linienschiff zu vertagen,aber den " Linienschiffskreuzer" mit sechs 28 cm-Geschützen, 25 bis 27 kn Geschwindigkeit und 100 mm dicker Panzerung zu verwirklichen,quasi eine Art Interimslösung.Es wurde jetzt für richtig gehalten, zunächst zwei solcher Einheiten zu bauen und danach über den Bau standfester Schiffe Beschluß zu fassen.Bis dahin sollte sich die Flotte mit den vorhandenen alten Linienschiffen begnügen.Für den verwirklichungsnahen neuen Typ wählte die Marine die Bezeichnung " Panzerschiff'.Damit folgte sie in wörtlicher Übersetzung dem im Versailler Vertrag ma nifestierten französischen Terminus " Cuirasse" .
Für das eigentliche Design der Panzerschiffe waren eher politische Gründe ausschlaggebend, denn sie sollten aktiv den 10000t Washington CA (20,3cm) Kreuzer aushebeln und gegen den wurden sie ausgerichet und entworfen, daneben stand sowohl Verteidigung der Ostsee Zugänge, Konvoi Schutz (Seeverbindungen) und Atlantikriegsführung eventuell gegen Frankreich im Lastenheft.
Tja, aber warum gegen die 10.000 t Kreuzer? Doch wohl primär, um sich in Handelskrieg gegen solche Kreuzer durchsetzen zu können.
Was ist das für ein Argument wenn Primär Quellen davon sprechen, das man den Washingtoner Vertrag, dort wurde die Tonnage für Kreuzer als Rüstungsbegrenzung festgelegt, aushebeln will, in dem man aus 10000t mit entsprechender Bewaffnung einen stärkeren/überlegenen Kreuzer baut?
Die Primärquellen zu allen Schiffen liegen vor, die Deutschland Klasse wurde primär als politisches Schiff gesehen
Servus Carsten,die Panzerschiffe waren m.E. grundsätzlich für keinen klaren Einsatzzweck gedacht, da Sie weder das eine (Linienschiff) noch das anderen (Kreuzer) Einsatzspektrum wirklich erfüllen konnten.Man hatte eine klare Begrenzung (10.000t und 28cm Geschütze) und das waren die einzigen Vorgaben. Man durfte die alten Linienschiffe durch Neubauten ersetzen, also hat man nach einen irgendwie annehmbaren Kompromiss innerhalb der Begrenzungen gesucht und letztendlich gefunden. Der Rest danach ist "Mythos" und "Dichtung". Ich denke, selbst die deutschen Seekriegsleitung war über das Medienecho überrascht. Man konnte sich darin "sonnen". Geplant war das sicher nicht und es dürfte anfangs viele Skeptiker gegeben haben, die den Entwurf lieber in die Tonne getreten hätten. Später war man dann natürlich dafür und dabei, bei diesem tollen Entwurf.
Den Kompromiss zwischen Linienschiff und Kreuzer halte ich für einen Mythos. Das passt überhaupt nicht zu dem gewählten Entwurf, dem Schwerpunkt des Entwurfs, die klare Betonung von großer Reichweite. Der Reichweite wurde viel geopfert, was andere Marine als essentiell betrachteten.
moin,ich glaube, daß man etwas genuin Neues schaffen wollte (und den Entwickler-Mut dazu hatte), was innerhalb der gegebenen Grenzen des Versailler Vertrags etwas war, mit dem die Vertrags-, d.h. Siegermächte nicht gerechnet hatten.Ja. Absolut richtig. Die Frage war doch, was können wir aus den gegebenen Beschränkungen herausholen. Da muss man gelegentlich völlig neue Wege gehen. Man war mutig.Mit einem solchen Schiff ließ sich in Friedenszeiten im Ausland die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie demonstrieren.Ebenfalls sehr guter Punkt. MAN war ja nicht darauf aus, hauptsächlich für die Marine zu arbeiten. Da kam nie viel Geld rum, siehe z.B. die geringe Begeisterung von Blohm & Voss für die Kaiserliche Marine unter Tirpitz Schiffe zu bauen. Da war die Gewinnmarge viel zu gering. MAN wollte mit den Motoren im zivilen Bereich punkten. Dort konnte mit den Panzerschiffen geworben werden, das war eine Chance sich im zivilen Bereich neue Kunden zu akquirieren.Die große Reichweite erlaubte es, durch überlegte Wahl von Zeit- und Kursmöglichkeiten eventuelle "Beschatter" in See "abzuhängen".Hier auch wieder zwei Gründe für die große Reichweite. Die Marine hatte aus dem Ersten Weltkrieg gelernt, dass die "kurzen Beine" der kaiserlichen Schiffe ein schwerwiegender Nachteil waren. Spee wäre z.B. bei Falkland sicher viel früher aufgetaucht, wenn er nicht ständig hätte bunkern müssen. Eine höhere Geschwindigkeit wäre hier irrelevant gewesen.MAN hätte mit dem "Reichweitenvorteil" Werbung machen können, "Von Hamburg nach Buenos Aires ohne tanken!"Dazu kam , daß ein solches Schiff allen Schiffstypen eines vorstellbaren französischen Angriffs in der Nordsee überlegen war bzw. ihnen ausweichen konnte.Genau. Was hatte Frankreich und mit welchem Typ konnten man die Franzosen am ehesten zur Verzweiflung bringen? Ein langsames Schiff wie die "Provence"-Klasse konnte sich mit der "Deutschland" nicht messen, da das Panzerschiff immer die taktische Position bestimmen kann, nötigenfalls auch ablaufen. Schmerzen werden die 28cm-Granaten trotzdem verursachen, die Franzosen könnten nur auf einen "Lucky Hit" hoffen. Die französischen Kreuzer wären dagegen in arger Bedrängnis, speziell die frühen schweren Kreuzer. Zum Punkt der Aufgabe vom Geschwindigkeit für Reichweite. Was wäre den grob mit einer herkömmlichen Antriebsanlage für eine Geschwindigkeit möglich gewesen? 2 Knoten mehr, oder doch 4? Ich weiß es nicht. Vielleicht mag einer aus der Konstruktionsabteilung mal eine kurze Einschätzung vornehmen. Aber sollte es nur im Bereich 2-3 Knoten sein, würde das die Möglichkeiten der Panzerschiffe nicht wesentlich erweitern. Schwere Kreuzer bleiben immer noch schneller, auch für eine Flucht vor den britischen Schlachtkreuzern reicht es allemal nicht. Gegnerischen Schlachtschiffe kann man schneller entkommen, das geht aber auch mit 26-27kn. Dafür hat man "lange Beine" und kann in der Tiefe des Raumes abtauchen.