Siebelfähre SF 1 66 mit Fragen

Begonnen von Deichkind, 19 Oktober 2021, 01:15:30

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Deichkind

Hallo,
habe jüngst auf dem Flohmarkt das angehängte Foto bekommen, was dazu geführt hat, dass ich mich den ganzen Abend mit Siebelfähren beschäftigt habe. In diesem Zusammenhang ein dickes Lob an alle Beteiligten, die im Rahmen des Historischen Marinearchivs das Projekt zu den Landungsschiffen, besonders den Siebelfähren auf die Beine gestellt haben. Toll sind auch die angefertigten Zeichnungen. Allerdings ergeben sich daraus auch gleich Fragen an die Experten.
Nach meiner Meinung sehen wir auf meinem Foto die Siebelfähre SF 1, so auf dem Rettungsring zu lesen. Damit hätten wir es laut Datenbank mit einer Siebelfähre vom Typ SF 40 zu tun. Die
1. Frage: Ist die 66 vorne dann eine taktische Nummer? Bei der SF 92 scheint an ähnlicher Stelle die Nummer der Fähre zu stehen (Foto Datenbank)
2. Frage: Kann es sein, dass der Steuerstand eine Variante darstellt, die in den Zeichnungen noch nicht erfaßt wurde? Er scheint mir doch deutlich von den dort gezeigten Varianten abzuweichen, wie überhaupt der Aufbau insgesamt.
3. Nach den Infos in der Datenbank tippe ich beim Ort der Aufnahme auf die Ostsee, entweder Estland oder Swinemünde?
4.) Gab es genormte Stellen zur Anbringung der Fährnamen/Nummern/Kennungen im Gegensatz zu den tlw. wechselnden taktischen Nummern? Bei der Fähre SF99 steht die Kennung(?) 226 am Steuerstand, wird aber als SF 99 in der Datenbank geführt ohne Angabe der "226".
Würde mich über Aufklärung diesbezüglich freuen. Sollte Interesse am Scan für die Datenbank bestehen, stelle ich den gerne zur Verfügung.
Schöne Grüße!
Deichkind

TW

Hallo Deichkind,
Mit den Nummern resp. taktischen Kennungen hatten wir schon immer Probleme.
Baunummern und taktische Kennungen sind nur selten klar zu trennen.
Der "1" auf dem Rettungsring würde ich keine erkenntnisleitende Bedeutung zumessen.
Die "66" am Bug weist hingegen auf eine Fähre des Fährenbataillons 128 hin, es wäre also eine Pionierfähre.
Technische Kommentare überlasse ich Aquarius, der hat davon 1000 Mal mehr Ahnung als ich.
Schönen Gruß, Thomas

P.S. Die Zuordnung zu Wehrmachts-Einheiten ist in der Gesamtchronik besser erkennbar als in der Siebelfähren-Datei

Deichkind

Hallo Thomas,
vielen Dank für die Antwort. Allerdings steht auf dem Rettungsring ja nicht nur die "1" sondern "SF1", daher könnte es schon die offiziell vergebene Kennung sein, auch wenn die "66" natürlich markanter in Erscheinung tritt ? Du meinest also eher die SF 66 in der Datenbank.
Wo finde ich die Gesamtchronik?
Schöne Grüße!
Deichkind

TW

Ich habe mich geirrt
Die Siebelfähre (nicht Pionierfähre) 66 hatten wir bislang nur 1942 bei der 27. Landungsflottille

Zu Deiner Frage:
Du hast Recht, Deichkind, es kann schon sein, dass es sich bei der SF 66 um die Fähre mit der Baunummer 1 handelt,
aber in der Datenbank laufen die Fähren meistens unter den Ihnen zugewiesenen Kennungen.
Diese neu zugewiesenen Kennungen würde ich nicht als taktische Nummern in dem Sinne bezeichnen, wie wir das bei den Minensuchern diskutiert haben. Es sind vielmehr die flottillen-internen Kennungen, ohne Rücksicht auf die "Bau-Nummern".

Durchaus möglich, dass in der Datenbank ein- und dieselbe Fähre (sofern man bei Siebelfähren überhaupt von ein- und derselben sprechen kann) zweimal exisitiert, einmal unter der Nummer, unter der sie bei der Werft bestellt und abgeliefert wurde, und ein anderes Mal unter der flottillen-internen Nummer. Bedenke, dass Siebelfähren in Teilen immer mal wieder neu ausgerüstet wurden.

Die technische Analyse wird uns aber sicher weiterhelfen.
Gruß, Thomas

TW

#4
Siebelfähren mit der Kennung "1" gab es beim Erprobungsverband Ostsee (1941);
bei der Einsatzgruppe Fähre Ost (E.F.O.) im Ladogasee 1942;
und beim Sonderkommando Böndel im Schwarzen Meer (1941).
:MG:

Habe noch die Pionier-LF 1 "Tümmler" beim Bau-Bataillon 85 im Mittelmeer (1941) vergessen

SchlPr11

Hallo,
habe hier eine SIEBEL-FÄHRE 1 (Schiffsname) mit genau dieser Beschriftung an den beiden Motorraum-Einstiegen mit der deutlichen takt Nr. 13. Mit den Einstiegen und den beiden Ankergalgen am Bug eine eindeutig anders konfigurierte Fähre. Endschiffe Grau, Zwischenponton in Tarn.
Und es ist nebenbei noch bedenken, daß so ein Rettungsring ja auch "wandern" kann. Genug entsprechende Beispiele aus der Geschichte.
Insgesamt ein nicht endendes Thema - REINHARD

TW

Ich muss mich erst wieder orientieren. Stecke ganz tief in den Minensuchern.
Aber ich meine mich zu erinnern, dass die ersten Siebelfähren-Bauten ins Schwarze Meer (Soko Böndel) gingen.

Deichkind, ich bleibe bei der Ansicht, dass "66" die Baunummer ist, und auf dem Rettungsring die taktische Nummer steht.
Denn beim E.F.O. haben wir in 2 Fällen nachweisbar dieselbe Fähren mit je 2 unterschiedlichen taktischen Kennungen.
Aber beim E.F.O. haben wir es mit SF 151 bis 168 zu tun.

Wie gesagt, die Nummer 66 kenne ich aus dem Bestand der 27. Landungsflottille.
:MG:

Aquarius

Hallo liebe SF-Interessierte,

zunächst mal Chapeau für Deichkind. Er hat bemerkt, dass diese Fährenversion sich noch nicht bei meinen Zeichnungen im HMA befindet. Das Foto der 66 zeigt eine "Pionierlandungsfähre 40 mit niedrigem Zentralaufbau und BMW-Endschiffen" Typisch für die Einstufung als Pi-LF sind 2 Merkmale. Einmal ist es die Decksverlängerungung zwischen den beiden Vorderkaffen mit dem treppenstufenartigen vorderen Querträger. In die ovalen Löcher wurden die Spurträger manuell eingehakt. Das zweite Merkmal ist der Steuerstand. Die Pi-LFs trugen die anfänglich offenen und sukzessive mit Brettern verkleideten Steuerstände (trapezförmiges Dach) bis sie mit den doppelstöckigen Brückenaufbauten ausgerüstet wurden. Die Siebelfähren der Luftwaffe, nur solche waren beim EFO auf dem Ladogasee, sind immer mit den gepanzerten geschlossenen Steuerhäusern (quadratisches Dach) ausgerüstet. Luftwaffenfähren trugen nie eine Decksverlängerung zwischen den Vorderkaffen. Das Foto der 66 dürfte aus der Ostsee, während der Eroberungsaktionen im Baltikum stammen. Als Transportfähre war sie (noch) unbewaffnet.
Alle Fähren wurden in Antwerpen assembliert und von dort an die unterschiedlichen Anforderer geliefert. Eine echte Baunummer gab es nicht. Die zugelieferten Tragroste waren nummeriert. Ebenso die zugelieferten Endschiffe. Pontons und Vorderkaffen waren ebenfalls nummeriert. Letztere waren Pioniergerät. Dass das Soko-Siebel den zusammengestellten Fähren ebenfalls eine Nummerierung zukommen liess ist per Fotos belegt. Die Siebelfähre 4, die in Antwerpen bei Besichtigung vorgeführt wurde landete im Schwarzen Meer und bekam von ihrem dortigen Verband die neue Nummer 7. Ähnlich wie die 13, von der Reinhard die Nr 1 berichtet.
Bei der Luftwaffe wurde die Assemblierungsnummer offensichtlich wie eine Baunummer behandelt. Bei den Pionieren des Heeres nicht. Jeder Verband nummerierte neu.
Gern bekamen die Fähren dann auch zusätzlich mal Namen. Städtebezeichnungen und Fischnamen sind bekannt.
Leider sind die Soko-Siebel Listen mit den Assenblierungsnummern noch nirgendwo aufgetaucht.
Als dann die Luftwaffenfähren an die Marine abgegeben wurden hat die Marine offensichtlich nicht neu nummeriert.  Ja und welcher Rettungsring welche Nummer bekam entschied wohl derjenige der sie aufpinselte. Fand man einen, der einem gefiel und störte einen die nicht zur Fähre passende Beschriftung nicht, hängte man den eben so auf wie er war, oder pinselte ihn um, falls das befohlen wurde.
Bei dieser Sachlage macht es richtig Freude das Chaos in einer Datenbank ordnen und verwalten zu wollen. Thomas du hast mein tiefes Mitgefühl.
Auf meiner Festplatte lagert übrigens ein Foto der SF 67, gleiche Ausführung wie die 66 um die es hier geht.
Und als Schlußbemerkung kann ich ankündigen, dass meine nächste Ergänzung der Zeichnungen für das HMA nahezu fertig ist und auch dieses Modell enthalten wird.

Euer Aquarius


Deichkind

Hallo alle Beitragenden,
vielen Dank für euer Interesse und besonders an Aquarius für die ausfürlichen und nachvollziehbaren Erklärungen. Also ein (relativ) frühes Foto einer Heeresfähre. Ich bin ganz glücklich, weil man auf dem Foto doch einiges erkennen kann.
Freue mich auch über die Ankündigung von Aquarius von neuen Zeichnungen, da sie wirklich wunderbar sind (übrigens auch die von Marco Gurk!). Auf alle Fälle hat es mir Spaß gemacht mich mit den mir bisher wenig bekannten Fähren zu befassen und werde meine Augen weiter offen halten.
Wenn Du wollst, Thomas (TW) schicke mir per PN eine Adresse, an die ich den Scan schicken soll.
Schöne Grüße,
Deichkind

Darius

Hallo zusammen,

will keine Verwirrung stiften, könnte aber  die "1" auch eine "7" sein?


:MG:

Darius

Deichkind

Hallo Darius,
für mich sieht es eher nach einer "1" aus, aber ich würde eine "7" nicht ausshließen.
D.

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