U 505 Div. Meinungen über Kommandant Peter Zschech ?

Begonnen von Rottenburger1801, 18 September 2021, 16:08:37

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Urs Heßling

moin, Hans-Jürgen,
danke :MG: :TU:)

Zitat von: Arche am 20 September 2021, 18:26:29
Es ist dieser Vorfall der Einsatzfreudigkeit um so bedauerlicher  ...
Vielleicht ein Schreibfehler ?  "Verfall der Einsatzfreudigkeit ..." macht mE mehr Sinn.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Schorsch

Hallo Axel,

ich habe lange überlegt, ob ich auf Dein Posting antworten solle oder nicht. Und ja, ich glaube, es ist notwendig.

Zitat von: Axel Niestle am 20 September 2021, 13:28:07
Im Zusammenhang mit den immer wiederkehrenden leidigen Diskussionen über einzelne Offiziere, die zumeist aufgrund fehlender Datenlage keinen wirklich Erkenntnisgewinn bringen außer der Befriedigung eines gewissen Sensationsgefühls, hier noch zwei kleine Hinweise zur Person des Göbeler, der hier als Zeuge geführt wird:

a) Göbeler ist offensichtlich ein gehöriger Aufschneider, indem er gemäß Werbetext für sein Buch davon spricht, an allen 11 Feindfahrten des Bootes teilgenommen zu haben, obwohl die offizielle Zählweise des Kommandos die letzte, zeitweilig unterbrochene Einsatzfahrt nur als die 7. Fahrt des Bootes bezeichnet. Göbeler zählt, wie dies von manchen Webseiten im Internet auch gepflegt wird, jeden abgebrochenen Auslaufversuch, der meist mit dem sofortigen Wiedereinlaufen nach dem obligatorischen Tieftauchversuch endete, als eigenständige Feindfahrt. Niemand hätte seinerzeit an Bord des Bootes von 11 Feindfahrten gesprochen.
(...)
Da ich keine Erfahrungen mit den Öffentlichkeitsabteilungen großer Verlage habe, kann ich aus eigener Anschauung nicht beurteilen, welchen Einfluss man als Autor auf die Einbandgestaltung eines Buches und die dafür veröffentlichten Werbetexte hat. Es stellt sich mir aber die Frage, wie Hans Göbeler sich gegen die monierte Passage hätte verwahren können, da er zum Erscheinungsdatum seines Buches in deutscher Sprache bereits zehn Jahre verstorben war. Zumindest im laufenden Text ist von der achten Feindfahrt die Rede, zu der U 505 am 16.03.1944 aufgebrochen ist. (Vgl. H. Göbeler: ,,Im Stahlmantel", Ullstein, Berlin 2009, S. 225!)

Zitat von: Axel Niestle am 20 September 2021, 13:28:07
(...)
b) Göbeler geriet im Juni 1944, also nach mehr als 2-jähriger Dienstzeit an Bord von U 505, im Rang eines Maschinenobergefreiten in Kriegsgefangenschaft. Mithin ist offensichtlich, dass er trotz seiner langen Fahrenszeit vom Kommando nicht für den fälligen Maatenlehrgang vorgeschlagen wurde, obwohl an fronterfahrenen Maaten in der U-Bootwaffe großer Bedarf war. Da ich sein Buch nicht gelesen habe, kann ich leider nicht sagen, ob er sich über die Gründe für die Nichtbeförderung auslässt. Klarheit könnte hier nur ggfs. eine Blick in die Personalakte geben, sofern vermerkt.

Inwieweit ihm seine niedrige Dienststellung und sein zugewiesenes Aufgabengebiet Gelegenheit gab, Abläufe im Boot aus eigenem Erleben zu berichten, wäre darüber hinaus schon aus quellenkritischen Gründen zu klären.
(...)
Genau diesen neutralen Ansatz zur unvoreingenommen Klärung der Sachverhalte würde ich mir wünschen. Allerdings gebietet es dann die Fairness, zunächst das, was Göbeler zu sagen hat, wenigstens in Augenschein zu nehmen, bevor Schlussfolgerungen, z.B. in Bezug auf die Motivation Göbelers, sein Buch zu veröffentlichen, gezogen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Arche

Hallo Urs,

Danke!
Verfall ist natürlich richtig.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

wirbelwind

Hallo,
da mich der Thread zu Peter Zschech interessiert, habe ich mir daraufhin noch mal das Buch von H. Göbeler m. J. Vanzo: ,,Im Stahlmantel" durchgelesen. Nach meiner Auffassung meldete sich H. Göebeler mit Begeisterung zur Marine. Auch nachdem er bei der ersten Musterung nicht zum Ziel kam, weil er zu jung und angeblich farbenblind war, lies er nicht locker. Er verzichtete sogar auf eine höhere Schulbildung und erlernte auf Anraten der Musterungskommission einen technischen Beruf, den des Motorenmechanikers. Im zweiten Anlauf klappte es und er wurde zur U-Boot-Waffe genommen. Die Ausbildung erwies sich als hart und er war auch wie jeder andere Rekrut den Launen der Ausbilder ausgesetzt. Das prägte ihn. Genauso, wie die Aufnahme an Bord von U 505 unter dem damaligen Kommandanten Loewe. Dieser war ein erfahrener Seemann und verstand für meine Begriffe etwas von Menschenführung. Mit seinem Geschick und dem Können der Mannschaft blieben Erfolge nicht aus. Das entlohnte für die damit verbundenen Strapazen. Nun passierte Loewe das Missgeschick mit der Versenkung des kolumbianischen Seglers, was zum Kriegseintritt Kolumbiens gegen das Deutsche Reich führte. Daraufhin erfolgte seine Ablösung als U-Boot-Kommandant. Auch H. Nollau als I. WO und der LI verließen das Boot. Einzig Stolzenburg verblieb aus der ehemaligen Offizierscrew an Bord. Nun erschien P. Zschech mit Th. Bode, als Ersatz für H. Nollau, u. J. Hauser als zukünftigen LI. Relativ schnell stellte sich wohl heraus, dass nun ein etwas anderer Wind an Bord zu wehen begann. Nicht unüblich für die DKM. Auch Zschech wird als gut ausgebildeter Seemann geschildert mit schneidigem Auftreten. Schließlich kam er ja als ehemaliger I. WO unter J. Mohr von U 124. Dieses Boot hatte bis dato 100.000 Tonnen Schiffsraum versenkt. Daher wundert es mich nicht, dass auch Zschech ,,Halsschmerzen" hatte. Nur genoß er nicht den natürlichen Respekt seiner Untergebenen. Im Verlauf der nächsten Feindfahrten zeigte sich, dass Zschech die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllte. Mehrmaliges Vorbeischießen, stellenweise riskante Manöver, die den Verlust des Bootes bedeuten können. Dazu die alltäglichen Schikanen von ihm und Bode sowie die Glücklosigkeit des Bootes. Hierin sehe ich die Hauptursachen für die Spannungen an Bord. Von Hause aus wußte die Besatzung, dass der Dienst in der U-Boot-Waffe kein Zuckerschlecken war und der Dienst unter Kriegsbedingungen viel abverlangte. Auch andere Kommandanten hatten Allüren. Das ertrug die Mannschaft. Wenn aber keine Abschusserfolge erzielt wurden, erzeugte dies erhebliche Spannungen. Daher ist es für mich nicht verwunderlich, dass Göbeler Zschech so schildert. Ob er dabei an der ein oder anderen Stelle überzeichnet, kann ich schlecht beurteilen, weil ich war nicht anwesend. Kann nur anhand von anderen Aussagen beurteilen. Für mich jedenfalls erscheint Zschech zunehmend depressiv. Die  an ihn gestellten Forderungen und seine selbst gesteckten Ziele konnte er immer weniger erfüllen. Schließlich kuliminierte all das in seinem Selbstmord auf See mitten in einer sehr brenzligen Situation für Boot und Besatzung. Göbeler äußert darüber volles Unverständnis, warum Zschech sich nicht bereits während der Liegezeit in Lorient umbrachte. Er verkennt dabei ein stückweit das Wesen einer Depression. Wie auch.
Alles in allem gehe ich davon aus, dass H. Göbeler das Leben an Bord weitestgehend realistisch geschildert hat. Eventuell bestehende Animositäten zwischen ihm, Zschech, Bode oder Hauser verzerren in meinen Augen nicht das Gesamtbild. Warum Göbeler keinen höheren Dienstgrad erreichte, ist mir nicht bekannt. Vielleicht wurde er von Zschech schlecht beurteilt, weil in seinen Augen renitent. Keine Ahnung. Vielleicht offenbart sich noch der wahre Grund. Für mich jedenfalls blieb H. Göbeler bis ins hohe Alter dem damaligen Befehlshaber der U-Boot-Waffe, Großadmiral Dönitz, treu. Kein kritisches Wort zum teilweise Verheizen der U-Boot-Männer. Vielmehr  schreibt er in seinem Buch: ,,Ich persönlich blieb jedenfalls stets ein Bewunderer des Großadmirals. .....Am 06.Januar 1981 hatte ich dann die traurige Ehre, seinem Begräbnis beizuwohnen. Als großer Stratege wird Karl Dönitz bei Freund und Feind jedenfalls noch lange in Erinnerung bleiben." das kann jeder für sich selbst bewerten.
MfG Wirbelwind

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