U 505 Div. Meinungen über Kommandant Peter Zschech ?

Begonnen von Rottenburger1801, 18 September 2021, 16:08:37

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Rottenburger1801

 Völlige Diskrepanz in der Charakterisierung von Kaleu Peter Zschech U 505

Die U-Bootfans kennen sicher alle das alte, meines Wissens schon aus den fünfziger bzw. sechziger Jahren stammende Standardwerk von Hans Herlin: Verdammter Atlantik und sicher auch das neuere Werk von Hans Göbeler und John Vanzo:
Im Stahlmantel.
Beim Lesen fielen mir die total unterschiedlichen Beurteilungen des Kommandanten auf: Göbeler als ehem. Zentralegast gibt über seinen Kommandanten Zschech in fachlicher wie auch menschlicher Hinsicht ein absolut vernichtendes Urteil ab sogar der Verdacht der Homosexualität mit Zschechs Crewkameraden und I WO Thilo Bode wird geäußert, was seinerzeit unter Kommandanten sicher nicht üblich war und nach damaliger Mentalität unerhört und außerdem strafbar gewesen wäre.
Der Vorgänger von Zschech Axel-Olaf Löwe und der Nachfolger Harald Lange werden von Göbeler viel besser beurteilt.

Während Herlin der ja nach 1945 eine Reihe ehem U-Bootfahrer interviewt haben muss, um das Buch überhaupt schreiben zu können, eine sehr positive Meinung von Zschech hat, z. B. lässt er den späteren I WO Paul Meyer sagen: Mir gefiel Zschech, er war etwas still, sehr kameradschaftlich, ich habe nie erlebt, dass er den Vorgesetzten herauskehrte."
Diese Meinung teilte Göbeler ja absolut nicht, wobei ich annehme, dass auch er das berühmte Buch kannte.
Kann mir einer der Experten mitteilen, ob es in der Fachliteratur noch weitere  schriftlich Quellen über Zschech gibt, in welcher diese total unterschiedlichen Meinungen evtl. auf einen mittleren Level nivelliert werden ?
CHACUN A SON GOUT

ufo

#1
Ich glaube ich wuerde es da, was serioese U-Boot Literatur betrifft eher mit Timothy Mulligan, "Neither Sharks, nor Wolves" halten.

Er schreibt dazu:
"There is still no authorative account of Zschech's death. The KTB of U-505 offers nothing more than 'Kommandant tot'; the accounts by Gallery, U-505, 178-93, and Herlin, Verdammter Atlantik, 85-114, are undocumented and mix literary imagination with fact."

Charakterstudien gerade auch militaerischer Fuehrer sind oft durch Kriegserleben, Untergebenensitiationen und Rueckblick verzerrt.

Um Deine Frage zu beantworten: Mulligan nivelliert hier nicht. Er schreibt lediglich, dass eine sinnvolle Einschaetzung von Zschech's Charakter bei der derzeitigen Quellenlage nicht moeglich ist.

Ufo

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Rottenburger1801 am 18 September 2021, 16:08:37
in fachlicher wie auch menschlicher Hinsicht ein absolut vernichtendes Urteil
so schlecht kann ein Kommandant nicht gewesen sein, der sein schwer beschädigtes Boot im Herbst 1942 von der südamerikanischen Küste durch die vom Gegner aus der Luft überwachte Biskaya nach Frankreich zurückbringt  und im Sommer 1943 eine Verfolgung durch drei U-Jagd-Schiffe übersteht ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Schorsch

Hallo Urs,

Zitat von: Urs Heßling am 19 September 2021, 13:16:03
moin,

Zitat von: Rottenburger1801 am 18 September 2021, 16:08:37
in fachlicher wie auch menschlicher Hinsicht ein absolut vernichtendes Urteil
so schlecht kann ein Kommandant nicht gewesen sein, der sein schwer beschädigtes Boot im Herbst 1942 von der südamerikanischen Küste durch die vom Gegner aus der Luft überwachte Biskaya nach Frankreich zurückbringt  und im Sommer 1943 eine Verfolgung durch drei U-Jagd-Schiffe übersteht ...
...wobei man allerdings dieser Stelle noch erörtern könnte, dass diese beachtlichen Leistungen vollbracht wurden, weil oder obwohl Zschech das Boot kommandierte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Schorsch am 19 September 2021, 13:24:17
...wobei man allerdings dieser Stelle noch erörtern könnte, dass diese beachtlichen Leistungen vollbracht wurden, weil oder obwohl Zschech das Boot kommandierte.
anhand welcher Unterlagen, bitte ?

Zschech wird nach seiner Rückkehr im Dezember 1942 beim BdU Bericht erstattet haben ... und Dönitz war, soviel mir - als Nicht-U-Boot-Fachmann - bekannt ist, durchaus gewillt, unfähige Kommandanten abzulösen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Arche

Hallo zusammen,

Zschech wurde damals von Fregattenkapitän gut beurteilt. Auch sein Verhalten nach einen Luftangriff mit schweren Schäden wird gelobt. (siehe Urs). Das U 505 ohne Angriffserfolg blieb, wird ihm persönlich nicht angekreidet. Einsatzwillen und Draufgängertum werden ihm zugeschrieben. Er hat seine Mannschaft trotz aller Mißerfolge weiter motiviert. Das dies Hans Göbeler dies im Nachhinein anders bewertet, ist sicherlich mit der Aufarbeitung des Erlebten zu verstehen. Es war aber damals nicht die Aufgabe mit der Mannschaft durch die Meere zu tingeln, sondern feindliche Schiffe zu versenken. Dies wurde sicherlich von der ganzen Mannschaft als Ziel getragen.
Konkret hat Zschech hat nach einen Wasserbombenangriff  mit geringen Schäden den Befehl gegeben, aufzutauchen. Der I WO hat diesen Befehl als falsch erkannt, da das feindliche Boot schon in der Nähe war. Er gab dann dem LI den Befehl, zu tauchen. Vermutlich hat in diesen Moment Zschech seinen Fehler auch erkannt und sich im Kommandantenraum erschossen. Im Abschlußbericht steht dann, daß er die Nerven verloren hat. Dies ist dann die Erklärung für sein Verhalten, daß für viele der Beteiligten nicht nachvollziehbar war.
Situationen werden halt unterschiedlich bewertet und gehören auch heute noch Leben.

Schöne Grüße
Heinz-Jürgen

Schorsch

Hallo Urs!

Der von ufo schon zitierte Timothy P. Mulligan konnte sich in "Die Männer der deutschen U-Bootwaffe 1939 - 1945" mit Zschech nur am Rande beschäftigen. Zudem war 1999 (Erscheinungsjahr von ,,Neither Sharks Nor Wolfes") bzw. 2001 (für die deutsche Übersetzung, die mir vorliegt) das im Eingangsposting erwähnte Buch von Göbeler noch nicht auf dem Markt (die erste englischsprachige Ausgabe dieses Werkes erschien 2007, die deutschen Ausgaben sind von 2009 bzw. 2010).

Göbeler kann nun aber als Augenzeuge den trockenen Ausführungen im KTB von U 505 noch einige Informationen aus erster Hand beigeben, die, bei aller Vorsicht und unter Berücksichtigung der von ufo angesprochenen möglichen Animositäten, das Kommando von Zschech auf U 505 in keinem guten Licht erscheinen lassen. Insbesondere die Schilderungen, wie Zschech nach dem Angriff auf die OCEAN JUSTICE bei unsichtigem Wetter gegen den Rat seines II WO Stolzenburg darauf verzichtete, die Wachen auf dem Turm zu verstärken und das Boot prompt durch den Angriff der Hudson am 10.11.42 unter Flight Sergeant Sillock schwer beschädigt wurde; wie Zschech, der nach dem Luftangriff das ramponierte Boot zunächst aufgeben wollte, unter dem Eindruck, dass der Obermaschinist aber – um es freundlich zu sagen – nachdrücklich insistierte, dass das technische Personal des Bootes an Bord bleiben werde, um das Boot schwimmfähig zu halten und Zschech darauf einging und seinen ursprünglichen Befehl belegte, oder dass der Torpedoangriff auf dem Heimatkurs am 24.11., diesmal gegen die Befürchtungen des Torpedopersonals, das davor gewarnt hatte, dass die Geradeauslaufapparate der Torpedos durch den Luftangriff vom 10.11. beschädigt sein könnten, fast dazu geführt hatte, dass ein Kreisläufer das Boot versenkte, sind schon in der Menge der genannten Vorfälle ein starkes Indiz, dass Zschech als Kommandant mit einer effektiven Führung des Bootes überfordert war. Das mag zu Zschechs Zeiten als II WO und I WO auf U 124 unter Johann Mohr auf U 124 noch nicht so zutage getreten sein, da hier als Korrektiv der ihm übergeordnete Kommandant wirkte. In alleiniger Verantwortung für ein eigenes Boot aber scheint Zschech zunächst noch viel von dem profitiert zu haben, was sein Vorgänger Loewe auf U 505 etabliert hatte, und konnte so auch vor der U-Bootführung das Bild des energischen Kommandanten aufrechterhalten. Als dieser Impetus jedoch verraucht war und auch unter dem Einfluss der vielmaligen Reparaturen an U 505 vor der eigentlichen zweiten Feindfahrt von U 505 unter Peter Zschech, kam er an seine Grenzen und brach zusammen.

Nun will ich mir nicht den Vorwurf einhandeln, nur auf der Basis von Göbelers Buch zu argumentieren. In der von Theodore P. Savas herausgegebenen Sammlung ,,Die Jagd auf U 505 und der U-Bootkrieg im Atlantik" (im Original ,,Hunt and Kill – U-505 and the U-Boat-War in the Atlantik", von 2004; in der deutschen Übersetzung bei Ullstein maritim 2008 erschienen) sind u.a. mit T.P. Mulligan und Lawrence Paterson die Texte zweier Autoren enthalten, die sich ausführlich mit der Besatzung von U 505 beschäftigen. Während Paterson in seinen Darlegungen zu U 505 ziemlich genau dem folgt, was z.B. Göbeler schreibt, wartet Mulligan mit noch weiteren zusätzlichen Informationen auf. So mit einer Einschätzung Loewes zu seinem Nachfolger als Kommandant auf U 505, die dieser 1955 in einem Brief an Daniel V. Gallery gibt:
ZitatBis zu diesem Zeitpunkt könnte er [Peter Zschech] als Offizier von gutem Durchschnitt betrachtet worden sein. Zweifellos war er ein fähiger Seemann. (...) Aber das Kommando über ein U-Boot erfordert eine starke Konstitution, sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht, und Zschech hatte bald einen Punkt erreicht, an dem er beides nicht mehr besaß. Hinzu kamen sein fehlendes Glück und der fehlende Erfolg (...), so kam es, dass er mit seiner moralischen und physischen Stärke am Ende war und in einer Situation, die keineswegs kritisch war, die Nerven verlor und sich selbst tötete. Die Hauptverantwortung hierfür liegt nicht bei Zschech, sondern bei der Führung, die es versäumte, ihn aus dem Kampf zu nehmen, und seine Verfassung nicht erkannte. Er war ein Mann, von dem mehr gefordert wurde, als er geben konnte.
(zitiert nach T.P. Mulligan in Theodore P. Savas: ,,Die Jagd auf U 505 und der U-Boot-Krieg im Atlantik", Ullstein Taschenbuch, Berlin 2008, S. 76)
Die hier von Loewe beschriebene Überforderung trat imho schon auf der ersten Fahrt Zschechs als Kommandant von U 505 auf und spiegelt sich nach meinem Dafürhalten in der Art und Weise wider, wie Zschech seine Mannschaft behandelte oder auch in den Entscheidungen, die er traf.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Urs Heßling

moin, Schorsch,

ja, gute Argumente ... aber lassen sie sich auch überprüfen ?

Gruß, Urs
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Schorsch

Hallo Urs!

Zitat von: Urs Heßling am 19 September 2021, 19:54:10
moin, Schorsch,

ja, gute Argumente ... aber lassen sie sich auch überprüfen ?
...nicht durch mich. Das sehe ich jedoch auch nicht als meine Aufgabe an und überlasse das den Leuten, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Aber wenn mir z.B. T.P. Mulligan in der Anthologie von Savas neben den Ausführungen von Göbeler noch eigene Interviews mit weiteren Besatzungsmitgliedern von U 505 präsentiert (die Namen Karl Springer und Wolfgang Schiller werden hier genannt), die das bestätigen, was Göbeler in Bezug auf Zschechs Umgang mit seinen Untergebenen zu berichten hat, ist das ein Umstand, der in meinen Augen Göbelers Glaubwürdigkeit stützt. Dazu kommt, dass insbesondere Mulligan mich mit seiner Arbeitsweise bei ,,Neither Sharks Nor Wolfs" überzeugt hat, und ich deswegen geneigt bin, seinen Ausführungen auch in Bezug auf Zschech zu vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

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Urs Heßling

moin,

Zitat von: Schorsch am 19 September 2021, 19:26:11
... das Kommando von Zschech auf U 505 in keinem guten Licht erscheinen lassen. 
Da ist bis zu dem "absolut vernichtendes Urteil" (siehe oben) noch ein Unterschied

Zitat von: Schorsch am 19 September 2021, 19:26:11
Insbesondere die Schilderungen, wie Zschech nach dem Angriff auf die OCEAN JUSTICE bei unsichtigem Wetter gegen den Rat seines II WO Stolzenburg darauf verzichtete, die Wachen auf dem Turm zu verstärken und das Boot prompt durch den Angriff der Hudson am 10.11.42 unter Flight Sergeant Sillock schwer beschädigt wurde; 
Der Luftangriff erfolgte 3 1/2 Tage später ... das ist mE nicht "prompt" wie zB bei U 166
Wenn (!) ich es richtig sehen sollte, birgt eine Verstärkung der Brückenwache über den "Standard" (4 Mann) hinaus das Risiko, daß ein Alarmtauchen mehr Zeit in Anspruch nimmt. Das mag eine "zweischneidige" Maßnahme sein, oder nicht ?

Zitat von: Schorsch am 19 September 2021, 19:26:11
  spiegelt sich nach meinem Dafürhalten in der Art und Weise wider, wie Zschech seine Mannschaft behandelte
Da wären konkrete Beispiele interessant.

Versteh mich bitte nicht falsch. Es ist nicht meine Absicht, Zschech zu verteidigen.

Aber ich bin mißtrauisch gegenüber Untergebenen, die Jahrzehnte nach dem Erleben Negatives über ihre Kommandanten berichten.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Schorsch

Hallo Urs,

ich habe das ungute Gefühl, dass z.B. die von Dir aufgestellte Forderung nach mehr Beispielen für Zschechs Einstellung seiner Mannschaft gegenüber letztlich dahin führen würde, sowohl das Buch von Göbeler als auch Abschnitte aus dem Werk von Theodore P. Savas in größerem Umfange zitieren zu müssen. Das aber halte ich nicht für sonderlich effektiv, da solche Auszüge immer von dem geprägt sein würden, was ich diesbezüglich für wichtig erachte, während eine andere Information, die vielleicht Dir am Herzen läge, von mir übersehen wird. Insoweit schlage ich Dir vor, unsere Diskussion für den Moment auszusetzen, und die Unterbrechung dafür zu nutzen, sowohl das Buch von Göbeler als auch das von Savas (noch einmal) zu lesen. Wir würden dann zumindest bezüglich der in den Büchern getätigten Aussagen von einer gemeinsamen Ausgangsbasis operieren und könnten uns auf die Klärung von Details konzentrieren. Auch Fragen, die schon von Dir angerissen wurden (z.B. warum und wann hat Göbeler sein Buch verfasst) wären durch die Lektüre dann schneller beantwortet, als ich das Vorwort des entsprechenden Buches abgeschrieben und ins Forum gestellt hätte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Urs Heßling

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Schorsch

Hallo Urs,

alles klar. Vielleicht ergibt sich ja Anfang November in Nürnberg die Gelegenheit, das Ganze noch einmal aufzugreifen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Axel Niestle

#13
Im Zusammenhang mit den immer wiederkehrenden leidigen Diskussionen über einzelne Offiziere, die zumeist aufgrund fehlender Datenlage keinen wirklich Erkenntnisgewinn bringen außer der Befriedigung eines gewissen Sensationsgefühls, hier noch zwei kleine Hinweise zur Person des Göbeler, der hier als Zeuge geführt wird:

a) Göbeler ist offensichtlich ein gehöriger Aufschneider, indem er gemäß Werbetext für sein Buch davon spricht, an allen 11 Feindfahrten des Bootes teilgenommen zu haben, obwohl die offizielle Zählweise des Kommandos die letzte, zeitweilig unterbrochene Einsatzfahrt nur als die 7. Fahrt des Bootes bezeichnet. Göbeler zählt, wie dies von manchen Webseiten im Internet auch gepflegt wird, jeden abgebrochenen Auslaufversuch, der meist mit dem sofortigen Wiedereinlaufen nach dem obligatorischen Tieftauchversuch endete, als eigenständige Feindfahrt. Niemand hätte seinerzeit an Bord des Bootes von 11 Feindfahrten gesprochen. 

b) Göbeler geriet im Juni 1944, also nach mehr als 2-jähriger Dienstzeit an Bord von U 505, im Rang eines Maschinenobergefreiten in Kriegsgefangenschaft. Mithin ist offensichtlich, dass er trotz seiner langen Fahrenszeit vom Kommando nicht für den fälligen Maatenlehrgang vorgeschlagen wurde, obwohl an fronterfahrenen Maaten in der U-Bootwaffe großer Bedarf war. Da ich sein Buch nicht gelesen habe, kann ich leider nicht sagen, ob er sich über die Gründe für die Nichtbeförderung auslässt. Klarheit könnte hier nur ggfs. ein Blick in die Personalakte geben, sofern vermerkt.

Inwieweit ihm seine niedrige Dienststellung und sein zugewiesenes Aufgabengebiet Gelegenheit gaben, Abläufe im Boot aus eigenem Erleben zu berichten, wäre darüber hinaus schon aus quellenkritischen Gründen zu klären.

Mit besten Grüßen 

Axel Niestlé

   

Arche

Hier noch mal die Beurteilung von Peter Zschech im Originalton

Kapitänleutnant Zschech war seit dem 7.9.42bei der 2.U-Flottille als Kommandant "U 505" kommandiert.
Vielseitig interessierter, geistig gut veranlagter und begabter Mensch, der mit eigenen Ideen hervortrat und sie geschickt verfocht.
Als Kommandant ließ sich Z. ausgezeichnet an. Bei seiner ersten Unternehmung erlitt das Boot bei einem Luftangriff in äquatorialen Atlantik schwere Beschädigungen. Seiner Initiative ist es sicher weitgehend zu danken, daß das Boot den Stützpunkt wieder erreichen konnte. Diese hervorragende Leistung wurde s.Zt. von höchster Stelle besonders gewürdigt.
In der Folgezeit hatte das Boot bei seinen zahlreichen Auslaufversuchen ausgesprochenes Pech, so daß es insgesamt 6 mal in den Hafen zurückkehrte. Diese Tatsache hat offensichtlich bei Z. das Vertrauen zu seinen Boot, seinen bisherigen Einsatzwillen und sein Draufgängertum erschüttert. Während er es jedoch verstand, trotz der vielen Mißgeschicks den Geist in seiner Besatzung hochzuhalten und sie immer wieder zu begeistern, besaß er selbst seltersamerweise nicht die innere Härte, um darüber wegzukommen. Es ist dieser Vorfall der Einsatzfreudigkeit um so bedauerlicher als bei der hervorstechenden Veranlagung zum Ubootkommandannten und der früher gezeigten Leistungen Besonderes erwarten werden konnte.
In der Messe war Z. ein beliebte, gern gesehener Kamerad, der wegen seiner jungenhaften, überschäumenden Fröhlichkeit allgemein geschätzt wurde.

Im Westen, den 11.11.1943       Kals  Freg. Kapt. u. Flottillenchef


Ich denke, es wird noch mal klar, was erwartet wurde. Es wurde damals ein Angriffskrieg geführt und die U-Bootwaffe hatte gerade die höchsten Verluste zu verkraften.
Ja, vielleicht war s nicht das Ding von Hans Göbeler, sich hochzuarbeiten. Auch eine Erkenntnis, die zum Leben gehört.  Führung ist nur einen kleinen Teil der Menschen gegeben. Jetzt hat er sicherlich mit Unterstützung und einer neuen gelebten Demokratie, ein Buch geschrieben und dort Emotionen und Vermutungen mit Tatsachen vermischt. Jeder, der so ein Buch aus dieser Zeit, die er selbst erlebt hat, schreibt, wird sich die Frage stellen "Warum" und wundern, wie sich Sichten geändert haben.
Eigentlich finde ich jegliche Reflektion auf sein Leben erst einmal gut. Aber ich habe auch nicht jedes Buch zu Ende gelesen.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen
 

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