Der Seedienst Ostpreußen

Begonnen von halina, 20 August 2021, 14:42:06

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halina

Der Seedienst Ostpreußen war zwischen den Jahren 1920-1939 eine kombinierte Personen-und Frachtschiffverbindung des Deutschen Reiches , um die nach dem Ersten Weltkrieg zur Exklave
gewordene Provinz Ostpreußen über die Ostsee an das Kernland anzubinden , da die über Land
führenden Schienenverbindungen durch den Polnischen Korridor nach Ostpreußen zeitweise mit
Schwierigkeiten belastet waren .
Das erste Schiff vom Seedienst Ostpreußen war der nicht mehr fertiggestellte Minensucher M 140
der von der HAPAG gekauft und zur Personenfähre umgebaut wurde und unter dem Namen
"HÖRNUM" am 30.1. 1920 die erste Fahrt von Swinemünde nach Pillau in 15 Stunden absolvierte
und diesen Dienst bis 1922 versah , auch noch M 139 kam in Fahrt als "HELGOLAND" , doch beide
Schiffe wurden 1922 nach England und Norwegen verkauft . Danach wurden weitere grössere
Passagierschiffe gechartert und auch die Anbindung zusätzlicher Häfen in der westlichen Ostsee
vollzogen .
Das Flaggschiff vom Seedienst Ostpreußen war das schöne Schiff "TANNENBERG" , gebaut auf
den Oderwerken in Stettin mit Indienststellung am 12.8. 1935, es hatte eine Länge von 130 m
und war vermessen mit 5.504 BRT . Die 2 Dampfturbinen erbrachten eine Antriebsleistung von
12.000 PS , mit der eine Höchstgeschwindigkeit von 20,0 Kn erreicht wurde . Zugelassen war
das Schiff für 2.000 Personen und die Mitnahme von ca. 100 PKW .
         Eingesetzt war die "Tannenberg" in der Ostsee mit Anläufen der Häfen Kiel- Travemünde-
Warnemünde - Binz - Swinemünde -  Zoppot - Pillau und Memel .
Am 2.9. 1939 von der Kriegsmarine eingezogen und zum Minenschiff umgerüstet , am 9.7. 1941
geriet das Schiff gemeinsam mit den Minenschiffen "Preußen" und "Hansestadt Danzig" in eine
schwedische Minensperre vor Öland ,die auch noch auf Wunsch der KM von  der schwedischen
Marine gelegt wurde und so zum Totalverlust der 3 Minenschiffe geführt hat .

                                                                                             :MG:   halina

Das erste Foto zeigt die "Tannenberg" im Hafen von Pillau liegend und die 2. Aufnahme die
Einfahrt in den Hafen von Memel

Edit :  hier das Foto vom 9.7.41 , es zeigt die "Tannenberg" über Vorschiff sinkend vor Öland
          Quelle : WLB , Seekrieg
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

smutje505

#1
Hallo Günter hier die Tannenberg in Swinemünde

Wilfried

#2
Seedienst Ostpreussen - ein interessantes Thema;
wäre heute sicherlich auch reizvoll, die Badeorte an der Ostsee bis in die baltischen Staaten hinauf mit einem Schiff zu besuchen ...  :-D

Die Reederei Braeunlich war hier damals auch aktiv; es gibt ein Buch über diese Reederei;
ebenfalls einen Blick wert ist dieses hier:
https://www.bildarchiv-ostpreussen.de/cgi-bin/bildarchiv/suche/show_thumbnails.cgi?objekt=6098

ein feines Video hier noch zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=5dh133PgBos

mit einem lieben Gruß
Wilfried
... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
http://www.passat-verlag.de
http://www.kartonskipper.com
http://www.forum-marinearchiv.de - wenn Marine Dein Ding ist!

Hastei

hallo,
es gab neben den reinen Personenschiffen wie, nur einige zu nennen, Tannenberg oder Hansestadt Danzig , auch Kombi-Frachter, z.B. die Brake .
Und dann habe ich noch ein Modell der Arucas mit der Aufschrift "Seedienst Ostpreußen ".
Ob die allerding mit dieser Aufschrift auch so gefahren ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Es grüßt der Hastei

smutje505

Danke Wilfried für den link: Bildarchiv
Hier noch einige PK zum Seedienst Ostpreußen
Bild 1 Hansestadt Danzig
Bild 2+4 Preußen

OWZ


halina

#6
Im Juli 1920 wurde das Reichsverkehrsministerium mit seinem Seedienst Ostpreußen vor einer
umfangreichen logistischen Aufgabe gestellt . Entsprechend dem Friedensvertrag von 1919 wurde
vereinbart , dass 1920 eine Volksbefragung in den Regierungsbezirken Allenstein in Ostpreußen
und Marienwerder in Westpreußen abgehalten werden musste . Diese Abstimmung fand dann am
11. Juli 1920 statt, hier wurde entschieden ob die Randgebiete nahe der Republik Polen wie bisher
bei Ostpreußen und Westpreußen verbleiben konnten oder an Polen abgetreten werden mussten,
doch das Votum fiel mit grosser Mehrheit für den bisherigen Verbleib aus.
Stimmberechtigt waren über 543.000 Personen , die dort geboren und mindestens 20 Jahre alt
sein mussten .
Von diesen Wahlberechtigten mussten jedoch ca, 100.000 auf dem Seeweg von Swinemünde
nach Pillau bzw. Königsberg  transportiert werden , die in westdeutschen Industriegebieten in
Arbeit standen und dort wohnten . Die Transportkosten und die Übernachtungen vor Ort wurden
von der Regierung übernommen .
Anfang Juli wurde nun mit der Charterung von zusätzlichen Fahrgastschiffen begonnen , so
waren es ca. 28 Seefahrzeuge die an dieser Operation "Abstimmungsfahrten" eingesetzt waren .

Nun aber zurück zum Hauptthema :

Nach den beiden ex M-Booten kamen im Laufe der 2. Jahreshälfte 1920 weitere Fahrgastschiffe
hinzu , die vom Seedienst Ostpreußen gechartert wurden .

Die  "PRINZESSIN HEINRICH" war ein Seitenraddampfer , der auf der Werft Blohm & Voss in
Hamburg gebaut und im Juni 1896 in Dienst gestellt wurde , und geordert von der Reederei
Albert Ballin . Das Schiff war 76,3 m lang und mit 819 BRT vermessen, mit den Seitenrädern
erreichte es eine Geschwindigkeit von ca. 14 Kn , es war für 540 Personen zugelassen und
wurde 1905 von der HAPAG übernommen , es war hauptsächlich eingesetzt im Bäderverkehr
zwischen Cuxhaven und Helgoland , Norderney und den nordfriesischen Inseln .
Nach dem Krieg ab 1920 beim Seedienst Ostpreußen in Fahrt , 1923 in Hamburg verschrottet .

Von der HAPAG wurde ein weiteres Seebäderschiff gechartert und im Seedienst Ostpreußen
eingesetzt und dort in Fahrt von 1920 - 1930 , es war die "BUBENDEY" , gebaut in Stettin auf
den Oderwerken mit Indienststellung Dezember 1913 . Das Schiff war 68 m lang und mit 849
BRT vermessen , mit beiden Damfmaschinen betrug die Antriebsleistung 1.300 PSi  , womit
eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 13 Kn erreicht wurde , zugelassen war es für 756 Personen .
Im WK1 bei der Kaiserlichen Marine Verwendung gefunden .
Ab 1930 beim NDL in Fahrt mit Umbennung in "GLÜCKAUF" , im WK 2 als Lazarettschiff in Fahrt
und nach dem Krieg wieder Verwendung als Seebäderschiff mit verschiedenen Eignern , 1954
zum Motorschiff umgebaut und 1965 nach Italien verkauft , dort 1986 verschrottet .

Weitere Beiträge folgen noch ,                                                                :MG:   halina

Noch einige Fotos , Bilder 1+2 zeigen die "Prinzessin Heinrich" und Bild 3 die ex "Bubendey"
aber schon hier als "Glückauf" vor 1954 , nach Umbau nur noch mit 1 Schornstein
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Deichkind

Hier die Tannenberg auf einem Privarfoto aus meiner Sammlung.
Deichkind

Hastei

@ OWZ ,  Arucas später Robert Möhrige ? Interessant. Da war mal meine Mutter Karbolmäuschen drauf.

Gruß Hastei

OWZ

#9
 Hallo Hastei,

Schwesterschiff "Orotava" ab 1940 "Robert Möhring". Ich dachte, das Modell war eine frühe "Arucas"-Version von CM, ist aber wohl von FÖRDE (? ). Ich hoffe Deine Mutter war im März 1945 nicht mehr auf dem Schiff...

Grüße OWZ

Hastei

Hallo OWZ (?) ,
welches Fabrikat das Modell ist , kann ich nichterkennen, hat keinen Hinweis. Vor gut 30 Jahren habe ich es mal auf einem Sammlertreff erworben.
Betr. Rober Möhring, zum Glück war meine Mutter da nicht mehr drauf.

Es grüßt der Hastei

OWZ

 Wenn ich den Namenszug auf der Unterseite mit anderen Modellen vergleiche, käme FÖRDE schon hin. Ich war etwas irritiert, da ich "R. Möhring" beim Seedienst Ostpreußen nur mit grauem Rumpf kannte ...
In der Zeit, wo Deine Mutter auf dem Schiff war, waren die Aufbauten dann offensichtlich dunkelgrau gestrichen - wie man auf den Photos gut erkennen kann.
Es grüßt denn mal Matthias

halina

#12
Danke OWZ für das Foto , hier mal einige Daten aus dem Gröner , die "Robert Möhring" wurde
gebaut auf der Krupp-Germaniawerft in Kiel mit Indienststellung 1927 , die Länge ca. 97 m und
die Vermessung mit 3.337 BRT angegeben . Mit einer Dampfmaschinenleistung von 2.200 PSi
erreichte der Dampfer gerade mal 12,5 Kn Höchstgeschwindigkeit . Geordert wurde er vom NDL
und war wohl für einige Jahre vom Seedienst Ostpreußen gechartert für den Transport von Gütern
und Personen von Swinemünde nach Königsberg bis September 1939 , hierzu habe ich leider
keine genauen Zeitangaben , am 1.9. 39 wurde der Seedienst für immer eingestellt .
Von der Kriegsmarine übernommen im Einsatz als Verwundeten-Transportschiff (VTS) von Juni
bis November 1941 , danach wechselnde Einsätze bei der KM , ab 1944 wieder als VTS in Fahrt
und am 6.3. 1945 vor Saßnitz durch Fliegerbomben versenkt mit 353 verwundeten Soldaten , die
mit dem Schiff untergingen , nur 194 konnten gerettet werden .
Somit ist anzunehmen , dass die Mutter von Hastei 1941 nur für einige Monate auf dem VTS
"Robert Möhring" an Bord war .

                                                                                                        :MG:  halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

OWZ

 Hallo halina,
ich ging bislang immer davon aus, dass das Schiff erst mit Kriegsbeginn quasi als Ersatz für die als Minenleger eingesetzten "Tannenberg", "Hansestadt Danzig" u. "Preussen" beim Seedienst Ostpreußen Verwendung fand. Leider habe ich kein durch Quellen abgesichertes Wissen bzgl. der Zeitabläufe...
  :MG: OWZ

halina

#14
Da die bisherigen kleinen Fahrgastschiffe nur für Tagesfahrten zwischen Swinemünde und Pillau
bis zu 15 Stunden Fahrzeit im Einsatz waren , konnte Ende 1920 die Situation durch den Zulauf
von 2 modernen Schiffen der Stettiner Dampfschiffs-Gesellschaft J.F. Braeunlich erheblich
verbessert werden , da sie über komfortable Schlafkabinen verfügten und somit auch besonders
für Geschäftsleute und Gutbetuchte bei Nachtfahrten gerne in Anspruch genommen wurden .
                     Das Passagierschiff  "ODIN" konnte 1.400 Passagiere aufnehmen und hatte neben
anderen 3 Gesellschaftsräume und einen Speisesalon sowie 52 Kabinen mit 1.-Klassekomfort .
Das Schiff hatte eine Länge von 78 m und war vermessen mit 1.177 BRT , angetrieben wurde
es durch 2 Dreifach-Expansionsdampfmaschinen mit einer Gesamtleistung von 2.200 PSi auf zwei
Wellen , womit eine Geschwindigkeit von 16,0 Kn erreicht wurde , die Besatzung wurde mit 44 Personen angegeben .

Das Passagierschiff  "HERTHA" war mit 82 m noch etwas länger als die "Odin" und war vermessen
mit 1.257 BRT , für den Antrieb sorgten 2 Dreifach-Expansions-Dampfmaschinen mit einer
Gesamtleistung von 2.600 PSi , damit erreichte das Schiff 15,0 Kn , zugelassen waren nur 1.280
Passagiere , daraus wohl resultierend , dass wohl mehr Komfort und auch mehr Schlafkabinen zur
Verfügung standen als auf der "Odin" , auch die Besatzungsstärke war mit 54 Personen grösser .
Erwähnenswert wäre noch ,dass im September 1920 der Reichspräsident Friedrich Ebert und eine
Wirtschaftsdelegation an Bord mit der "Hertha" von Swinemünde nach Königsberg zur Eröffnung
der "Deutschen Ostmesse Königsberg 1920" gefahren sind .
Leider kamen beim Untergang am 19.1. 1947 von den 544 Passagieren und 80 Besatzungsleuten
mehr als 380 Personen ums Leben .

Textpassagen wurden entnommen von Wikipedia unter der Lizenz CC-BY-SA 3.0

                                                                                                                      :MG:  halina

Das erste Foto zeigt die "ODIN" in Fahrt und die beiden anderen die "HERTHA" , dabei auch eine
Früstückskarte


                                                                                                       
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

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