Torpedo G7a Brennstoff? Einsatz bis 1973?

Begonnen von Adebar, 08 August 2021, 09:48:32

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Adebar

Hallo,

derzeit restauriere ich einen G7a Brotherhood-Dampfgasmotor und lese mich gerade in die Thematik etwas ein. Das Buch von E. Rössler ,,Die Torpedos der deutschen U-Boote" habe ich, aber insgesamt gibt es doch nur wenig technische Informationen dazu.

Ein paar Dinge interessieren mich da.

Nach Rössler wurde der G7v und der G7a mit Petroleum als Brennstoff betrieben. Hierbei wird Luft und Brennstoff in den sogenannten ,,Verdampfer" eingedüst, mit einer Zündpatrone gezündet (Patronenzündung durch zwei Schlagbolzen, diese vermutlich pneumatisch ausgelöst?). Dann kommt Süßwasser hinzu und wird durch diese Stichflamme aus Brennstoff / Luft in Dampf verwandelt. Diese Luft / Abgas / Dampf - Mischung treibt den Sternmotor an. Soweit klar.

Aber war wirklich Petroleum der Brennstoff?

Man findet im Netz ab und zu 25 Liter Kanister, welche mit ,,Torpedo Spiritus" beschriftet sind und zum G7a gehört haben sollen.
Wurde er also mit Alkohol und nicht mit Petroleum betrieben?

Auch die Bezeichnung G7a würde dann ja irgendwie Sinn machen - ,,a" = ,,Alkohol". So wie beim G7e, ,,e" = ,,elektrischer" Motor. Wäre verlockend, das anzunehmen...

Weitere Frage.
Wie man auf verschiedenen Seiten nachlesen kann, wurde der G7a bei der Bundesmarine noch bis 1973 (laut MGFA, Quelle: https://docplayer.org/72254168-Mgfa-heft-1-2009-militaergeschichte-im-bild-hospitalschiff-des-deutschen-roten-kreuzes-ms-helgoland-vor-da-nang-im-dezember-1971.html ) verwendet, bzw. war noch im Bestand.

Die Bundesmarine-Torpedos sollen alliierte Kriegsbeute aus Frankreich gewesen sein, die dann als Erstbewaffnung für die Bundesmarine zurück an Deutschland gingen.

Auch Dänemark und Norwegen nutzten ja diese G7a zumindest bis in die 60er Jahre.

Ist eigentlich bekannt, wieviele Torpedos da nach Deutschland zurück kamen und wann diese Lieferung erfolgt ist?
Wurden noch nach dem Krieg G7a Torpedos gebaut (ich denke nicht, die Herstellerfirmen gab es ja so nicht mehr), oder sind alle Veteranen aus Kriegsmarinezeiten gewesen?

Gab es eigentlich eine Nachkriegs - TDV zu diesem Torpedo? Ich kann mir ja fast nicht vorstellen, daß so ein kompliziertes Teil bei der Bundesmarine ohne entsprechende Dienstvorschrift verwendet wurde, irgendwie mußten die Soldaten ja daran ausgebildet worden sein...

Vielen Dank für etwaige Antworten.

Viele Grüße, Dierk

Schorsch

Hallo Dierk,

bei ein paar Deiner Fragen kann ich vielleicht weiterhelfen.

Bei den Kanistern mit der aufgeprägten Aufschrift "Torpedo Spiritus" sind die Aufschriften auf den Seiten von Interesse. (Siehe dazu das unten verlinkte Foto!) Insgesamt ist davon auszugehen, dass z.B. sich die Energiegehalte von Spiritus und Petroleum  derart signifikant unterscheiden (Spiritus mit 29,7 MJ/kg zu 43,1 MJ/kg bei Petroleum), als dass man die beiden Brennstoffe verwechseln könnte oder sollte. Der Übergang bei der Verwendung von Spiritus zu Petroleum als Brennstoff in den Torpedos erfolgte in den deutschen Marinen schon um 1906 (C/06 AV* zum C/06 D bzw. G/6 zum G/6 D; siehe dazu E. Rössler: "Die Torpedos der deutschen U-Boote, Mittler, Hamburg 2005, S. 35ff. oder für die k.u.k. Marine Österreichs bei H. W. Malnig: ,,Die Torpedos der k.u.k. Kriegsmarine – Entstehung und Entwicklung (Luppis – Whitehead – Obry – Gesztesy)", NWV Verlag, Wien 2014, S. 84ff.!) Insoweit war dieser Drops zu Zeiten der Entwicklung des G7a bereits gelutscht.

Bezüglich der Dokumentationen der in der Bundeswehr eingesetzten Torpedomodelle des WK II kann konstatiert werden, dass z.B. die M.Dv. 690 ,,Torpedo G7e – Bedienungsvorschrift", die ursprünglich 1941 veröffentlicht wurde, im Jahre 1960 inhaltlich unverändert erneut herausgegeben wurde. Sogar weitere M.Dv. der ehemaligen Kriegsmarine werden im dortigen Text benannt und müssten somit ebenfalls vorgelegen haben. Insoweit vermute ich, dass auch für den G7a ähnlich verfahren wurde.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Adebar

Hallo Schorsch,

vielen Dank für Deine Mühe und die ganzen Infos. Ja, Petroleum hat deutlich mehr Energie, wäre eigentlich schon sinnvoll.

Der Kanister mit der Petroleumaufschrift ist hochinteressant, bei den anderen Bildern im Netz finden sich baugleiche Kanister, auch typisch mit ,,FEUERGEFÄHRLICH" schabloniert, aber mit dem Hinweis auf ,,Spiritus". Seltsam, daß sich die Bauform so lange nicht verändert hat, wäre ja plausibel. Nur daß dann tendenziell mehr WK1 Kanister als WK2 Kanister überlebt hätten, wäre natürlich erstaunlich...

Daher war ich mir eigentlich sicher, daß sich Rössler hier irrt. Ich hänge auch mal ein Bild an, welches die Betankung zeigt. Leider schlecht zu erkennen, ob da auch Spiritus draufsteht.

Danke auch für den Hinweis auf die Vorschriften, ich werde danach mal fahnden, vielleicht finde ich noch Hinweise auf die Vorschrift zum G7a.

Viele Grüße, Dierk

Adebar

Hallo nochmal,

immerhin gäbe es die M. Dv. 388 für den G7a im Bundesarchiv:

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/VYJCXNP4MI75YFMOLX25D2HJPQOVZBBW

Werde vielleicht mal erfragen, was eine Kopie kosten würde, ist ja sicher sehr umfangreich...

Viele Grüße, Dierk

Adebar

Hallo!

Noch ergänzend ein Detailbild von der Netzsuche. Gleicher Kanister, hier seitlich mit "Spiritus" gekennzeichnet.
Wirklich seltsam.
Ich denke "Spiritus" war auch früher schon gleichbedeutend mit Alkohol.

Sehr verwirrend. Ohne die M.Dv. 388 läßt sich das wohl nicht abschließend klären, fürchte ich...

Viele Grüße,
Dierk

Adebar

Hallo nochmal,

ein wenig glaube ich weitergekommen zu sein, zumindest die Vorschrift zu dem Abwurftorpedo F5 findet sich online. Ich gehe davon aus, daß die Betriebsstoffe ähnlich / gleich waren.

Spiritus findet in der Vorschrift Erwähnung als Frostschutzzusatz für den Süßwasservorrat - wahrscheinlich erklärt das die mit ,,Spiritus 25 l" gekennzeichneten Kanister.

Als Treibstoff wird ,,Dekalin", also Decalin / Decahydronaphthalin genannt. 

Da Petroleum und Decalin fast identische Daten haben, was Flammpunkt und Energiegehalt betrifft, nehme ich an, daß Decalin einfach ein Ersatztreibstoff für Petroleum war.
Decalin wird aus Kohle, Petroleum aus Erdöl hergestellt. Da ja große Mengen an Treibstoff für die Wehrmacht in Hydrierwerken aus Kohle hergestellt wurden und Erdöl ein rares Gut war, wäre das zumindest schlüssig.

Viele Grüße, Dierk

Thoddy

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

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