Anachronistische Schiffe im 1WK und 2WK

Begonnen von Huszar, 17 Juli 2021, 20:15:01

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Schorsch

#15
Hallo Alex,

Zitat von: Huszar am 19 Juli 2021, 11:55:35
Verstehe ich nicht.

Die K-Klasse war bekannter Massen recht schwach gebaut, es traten schon bei mittelässigem Wellengang Schäden auf. So ein Schiff in den winterlichen Südatlantik zu schicken, halte ich nicht wirklich für gescheit.
...google mal nach "Hochwasser 2021 + NRW". Momentan ist man hierzulande etwas dünnhäutig, was Bezüge auf diese Situation in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erlaubt. (Das nur zur Erklärung und nicht als Unterstellung.)

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

maxim

Ein Gedanken/Frage in Bezug auf panzerbrechende Munition, die auf heutigen Schiffen überwiegend (wegen fehlenden Bedarf) nicht existiert:

a) sowohl im Ersten als auch Zweiten Weltkrieg waren selbst Schlachtschiffe überwiegend NICHT gepanzert. Die Feuerleitung, Seefähigkeit, Teile, die wichtig für die Funktion der Maschinenanlagen waren (insbesondere Lüfter, Schornsteine) und teilweise auch die Bewaffnung (z.B. die Hauptbewaffnung vieler Kreuzer) konnte durch Sprenggranaten ausgeschaltet werden. Ein Schiff wäre dadurch wahrscheinlich nicht versenkt worden, aber außer Gefecht gesetzt worden. Dazu ist die Frage, was die kinetische Energie einer Anti-Schiffsrakete mit einem damaligen Panzer anrichtet, insbesondere, wenn man die Raketen nimmt, die mehrfache Schallgeschwindigkeit oder gar Hyperschallgeschwindigkeit erreichen. Für letzteres kommen nicht nur einige Anti-Schiffsraketen, sondern auch diverse Flugabwehrraketen in Frage.

b) panzerbrechende Munition aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg scheint mir eine sehr viel höhere Rate an Blindgängern gehabt zu haben, richtete also öfters verhältnismäßig weniger Schaden an. In vielen Fällen wäre der Gegner durch Sprenggranaten wohl schneller außer Gefecht gesetzt worden. Der Hauptnutzen von Panzerung scheint mir gewesen zu sein, dass der Gegner panzerbrechende Munition mit höherer Blindgängerrate und weniger Sprengkraft einsetzte. Das gegnerische Granaten aufgehalten wurden, war eher ein Nebennutzen und funktionierte oft nicht (siehe z.B. die ganzen Treffer durch die Turmpanzerung in der Skagerrakschlacht; das war natürlich panzerbrechende Munition).

Eine heutige Mehrzweckfregatte dürfte meiner Meinung nach problemlos ein Schlachtschiff der Dreadnought- und Super-Dreadnought-Generation gefechtsunfähig machen können - und zwar auf eine Entfernung, in der das Schlachtschiff nicht einmal bemerkt, dass die Fregatte überhaupt existiert. Das mit dem Versenken wird etwas schwieriger, keine Ahnung, ob man z.B. U-Jagd-Torpedos so umprogrammieren kann, dass sie unter dem Kiel explodieren.

Huszar

Hallo, Schorsch,

Wir sprachen über die Seeschlacht bei den Falklandinseln 1914 mit einer fiktiven Beteiligung des K-Klasse-Kreuzers Köln.
Eines Schiffes, das bekannter Weise nicht mit hohem Wellengang umgehen konnte, und welches Wetter im winterlichem Südatlantik oft vorkommt, und genau zum Zeitpunkt der besprochenem Seeschlacht mW auch vorhanden war.
Wenn der Bezug Kreuzer->schlechtes Wetter->nicht machen wollen in einem marinehistorischem Forum nicht gleich erkennbar ist...

(es ist natürlich klar, dass mein Beileid für alle Betroffenen gilt. Über eine solche Katastrophen sollte man keine Witze reissen, oder sie politisch ausschlachten. Auf das Ergebnis der Untersuchung, wer verantwortlich war, dass die Vorwarnungen nicht weitergegeben wurden, bin ich schon gespannt.)
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Huszar

Hallo, Maxim,

Ich gebe zu, Nachkriegstechnologie ist nicht mein Interessensgebiet, bin aber skeptisch, was moderne Anti-Schiff-Raketen im 2WK (oder auch im 1WK) gegen gepanzerte Zeile hätten anrichten können.
Gegen ungepanzerte Teile (was ja heute das ganze Schiff bedeutet), sind sie hervorragend, damalige Zerstörer hätten es da seeeehr schwer gehabt. Auch wenn Aufbauten von Schlachschiffen anfällig für Soft-Kills waren, an die Vitalie könnte man schwer herankommen. 1WK-Schlachtschiffe sind etwas leichter, wenn die Rakete von oben kommen kann - ob die das machen können, weiss ich ehrlich gesagt nicht. In den Aufnahmen, die ich gesehen habe, schlugen die Raketen in die Bordwand ein.

Es würde sich lohnen, das Thema zu diskutieren - vor allem, wenn es Mitglieder gibt, die mit Dingers zu tun hatten.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

maxim

Hi Alex,
schon im Ersten Weltkrieg war die Feuerleitung entscheidend, das lokale Richten von Geschützen war bei den damaligen Entfernungen (zwischen Schlachtschiffen) nicht wirklich möglich. Die gesamte Feuerleitung war aus technischen Gründen anfällig für Sprenggranaten - mit der Einführung des Radars war jeder Versuch die Feuerleitung zu panzern sowieso unmöglich geworden. Die Seetüchtigkeit konnte auch immer durch Sprenggranaten beeinträchtigt werden, da der Großteil des Vorschiffs eines Schlachtschiffs war abgesehen von einem kleinen Stück an der Wasserlinie ungepanzert. D.h. nach Beschuss mit Sprenggranaten oder heutigen Anti-Schiffsraketen mögen die Maschinen und die schweren Türme vielleicht theoretisch noch funktionsfähig sein, aber ohne Feuerleitung ist eine sinnvolle Verteidigung unmöglich und ohne intaktes Vorschiff kann auch keine nennenswerte Geschwindigkeit erreicht werden. Da ist eben noch die Frage, was passiert, wenn Sprenggranaten im Bereich der Lufteinlässe der Maschinen explodieren - funktioniert die Luftversorgung noch? Oder der Rauchgasabzug?

Viele heutige Anti-Schiffsraketen können so programmiert werden, dass sie entweder flach im Tiefflug angreifen oder im Sturzflug von oben.

Das mit der kinetischen Energie und damaligen Panzerungen wäre aus meiner Sicht eine Frage. Es ist sicher, dass die kinetische Energie von Anti-Schiffsraketen (und auch Flugabwehrraketen) erheblich ist, selbst bei Exocet MM38 aus den 1970ern, die nicht einmal die Schallgeschwindigkeit erreichten. Bei den Anhängern der Iowa-Klasse der 1980er liest man öfters die Behauptung, dass die Panzerung Harpoon stand gehalten hätten (keine Ahnung, worauf diese Behauptung beruht) - aber Harpoon waren im Vergleich zu damaligen sowjetischen Anti-Schiffsraketen in Bezug auf Gewicht, Sprengwirkung und Geschwindigkeit ein Witz.

Schlachtschiffe des Ersten und Zweiten Weltkriegs hatten auf jeden Fall praktisch keine Chance eine Anti-Schiffsraketen abzuschießen, selbst eine rechtzeitige Detektion ist relativ unwahrscheinlich.

Die Frage der Feuerleitung halte ich bei einem Vergleich von Schiffen des Ersten und Zweiten Weltkriegs auch für entscheidend.

Bis denn
Lars

Huszar

Hallo, Maxim,

Das du Feuerleitanlagen nicht panzern kannst (und jede Menge anderer Sachen) ist ja klar. Bei den russischen fetten Brocken (P-500, P-700 oÄ) wird sich auch wohl ein SChlachtschiff schwer tun, bei Exocet und Harpoon ist es doch fraglich.
Wenn schon Feuerleitung: in wie weit kann ein "modernes" (dh nach ca. 1960) Schiff ausschliesslich mit Bordmitteln die Möglichkeiten der Raketen überhaupt nutzen? Im vorliegendem Fall haben wir keine Spionagesateliten, kein GPS, eine Seeaufklärer, lediglich Bordradar und vielleicht die Standard-Bord-Helikopter.
Auch wenn wir davon ausgehen, dass die Position des Gegners ansatzweise bekannt is (dort irgendwo, auf der Fläche von 20.000km2), deine Magazine leerschiesse auf gut Glück?

Dazu die Frage: mit welcher Raketen-Zusammensetzung fährt zB eine Arleigh Burke für ihre 96 Zellen? Im Netz finde ich Möglichkeiten für Fla, U-Jagd, Landziel und Seeziel, nicht aber, welche Dotierung meistens gefahren wird...

mfg

alex
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maxim

#21
Hi Alex,
Eine NSM hat z.B. eine Reichweite von 185 km - das ist natürlich hinter dem Radarhorizont. D.h. die Lenkung wäre vom Bordhubschrauber abhängig oder würde auf maximale Detektionsreichweite des Radars (unter Berücksichtigung des Radarhorizonts) erfolgen. Ein Schlachtschiff sollte ein gutes Radarsignal abgeben. Selbst ohne Bordhubschrauber sollte eine moderne Fregatte außerhalb der Reichweite eines Schlachtschiffs angreifen können, insbesondere natürlich im Falle von solchen, die selbst über keinen Radar verfügen. Bei denen, die über einen Radar verfügen, hat die moderne Fregatte den Vorteil, dass sie besser die Radarsignale zum Anpeilen und Zielen benutzen kann - und nicht einmal den eigenen Radar einschalten müsste. Da sollten die heutigen passiven Sensoren wesentlich besser als die des Zweiten Weltkriegs sein.

Typische Fregatten haben heute 8 Anti-Schiffsraketen an Bord.

Die älteren Arleigh Burke, die ohne Bordhubschrauber, haben auch 8 Harpoon zusätzlich zu den 96 Zellen. Die neueren mit Hubschrauber (Flight IIA) haben nur 96 Zellen. Ich bin mir gar nicht sicher, ob diese überhaupt über Anti-Schiffsraketen verfügen, also ob wieder Tomahawk verfügbar sind, die gegen Schiffe eingesetzt werden können. Auf jeden Fall können SM-2 und SM-6 gegen Schiffsziele verwendet werden, insbesondere letztere dürften durchaus gefährlich sein. Die Version SM-6 Block IB soll Hyperschallgeschwindigkeit erreichen.

Wenn man viele Anti-Schiffsraketen will, sollten man vielleicht statt eines Arleigh Burke lieber einen südkoreanischen KDXIII oder chinesischen Typ 055 nehmen. /edit: oder gleich Pjotr Weliki oder Admiral Nachimow nach der Modernisierung (80 Zellen für Anti-Schiffsraketen!). Insbesondere wenn der Gegner ein Schlachtschiff ist, das sich sowieso nicht wehren kann.

Bis denn
Lars

Huszar

Hallo, Maxim,

Pjotr Weliki wäre gegen jede Flotte (einschliesslich den heutigen) gemein!  :-D

Mal eine Idee:
Deutsche moderne bei Falkland. F207 Bremen, F210 Emden und F212 Karlsruhe, dazu für Urs Gepard, Puma und Wiesel (alle im Zustand 1989) tauchen am 08.12.1914 früh morgens nordöstlich der Falklands auf. Um 0900 weiss man, wo (und wann) man ist, man entscheidet sich zum Eingreifen. Zu diesem Zeitpunkt steht die Flotille 150sm nordöstlich von Port Stanley.
Was ist deine Analyse? Und deines, Urs?

mfg

alex
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Urs Heßling

moin

Zitat von: Huszar am 19 Juli 2021, 18:34:59
Und deines, Urs?
Sorry, aber das geht mir zu weit in die Phantasie, das ist einfach nicht mein Ding

Ich werde erst einmal nur Mitleser bleiben. Danke für die Schnellboote :wink:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

Ich kenne mich mit Anti-Schiffsrakaten nicht so genau aus, dass ich beurteilen könnte, ob man schon mit den 1989er Varianten der Harpoon bzw. der Exocet MM38 in einen Hafen wie Bord Stanley hinein feuern und etwas treffen konnte.

1971 haben indische Osa-Schnellboote den Hafen von Karachi erfolgreich angegriffen - aber keine Ahnung, ob die Bedingungen für den Angriff vergleichbar waren.

Huszar

Hallo, Urs,

Nur noch zwei Verständnissfragen:
1, in wie weit könnten Schnellboote mit dem schwerem Wetter bei den Falklands umgehen?
2, wäre es technisch und ausbildungsmässig mit der Technologie von 1989 Kontakt mit Schiffen aus 1914 aufzunehmen? Sprich: kann man mit Radios funktelegraphische Stationen erreichen? Ist noch überhaupt jemand an Bord, der sich mit Morsekode auskennt?

mfg

alex
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Sven L.

Hallo Alex,

als ich Mitte der achtziger meinen Gang zum Kreiswehrersatzamt zwecks Musterung antreten durfte, müsste ich im Anschluss an die Gesundheitsprüfung an einer Funkerprüfung teilnehmen. Da piepten die Morsezeichen durch die Kopfhörer. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit habe ich den Stift bedeutet gelegt. Würde zu schnell für mich.
Also würde ich die Frage bzgl. 1989 mit ja beantworten.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

ede144

Wenn man mal die Roma als Beispiel nimmt und falls man eine Exocet oder Harpoon darauf programmieren könnte, die Schornsteine anzuvisieren, dann sind die dicksten Pötte nur noch Karpfen in der  Badewanne.

Huszar

Hallo, Ede,

Warspite hat ihren Treffer überlebt, ebenso Italia. Auch war die Fritz-X speziell gegen Panzerung entwickelt worden.

mfg

alex
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maxim

Warspite hat überlebt, aber war danach Schrott und musste abgeschleppt werden. Sie wurde danach nie wieder vollständig repariert.

Italia hatte das Glück, dass die Fritz X durch den Bug ging und dann unter dem Schiff explodierte. Einsatzfähig war sie danach wohl auch nicht mehr. Ein typisches Beispiel für das Problem einer panzerbrechenden Waffe, wenn sie auf den ungepanzerten Bereich eines Schiffs trifft.

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