Boote der Kaiserlichen Marine im Dienst der Polnischen Marine

Begonnen von halina, 04 Juni 2021, 17:16:09

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halina

Mit der Gründung der Polnischen Marine 1918 war natürlich die Beschaffung von Marine-Einheiten
wegen beschränkter Haushaltsmittel ziemlich schwierig ,so dass der Zulauf von 6 T-Booten der
Kaiserlichen Marine sehr willkommen war , die 1920 an Polen ausgeliefert wurden , zumal es sich
hier um hochseetüchtige Boote handelte , die besonders für die Ausbildung nützlich waren .
Hierzu mal die Kurzvorstellung der Einheiten , von denen einige in GB mit neuer Bewaffnung
umgerüstet wurden :

Bild #  1  ORP "SLAZAK" ,  ex A-59 , 1921 in Rosyth modernisiert und bis 1937 in Fahrt , danach
                                                      als Zielschiff aufgebraucht

Bild # 2  ORP "KRAKOWIAK" , ex A-64 , 1921 in Rosyth umgerüstet , am 4.9. 1939 in der
                                                      Danziger Bucht von der  dt.Luftwaffe versenkt

Bild # 3  ORP "KUJAWIAK"  , ex A-68 , ebenfalls 1921 in Rosyth umgerüstet , am 4.9.1939 nach
                                                        schweren Teffern in der Danziger Bucht selbst versenkt

Bild # 4  ORP " PODHALANIN" , ex A_80 ,ex "GORAL" , 1924 modernisiert , bis 1938 im Dienst,
                                          danach Zielschiff , am 1.9.1939 vor Hela durch Bomben versenkt

Bild # 5 ORP " MAZUR" , ex V 105 , von 1935-37 umgebaut , danach nur noch 1 Schornstein ,
                                                     am 1.9. 1939 von der dt.Luftwaffe in Oxhöft versenkt

Bild # 6 ORP "MAZUR" vor dem Umbau bis 1935

Bild # 7 ORP "KASZUB" , ex V 108 , am 20.7. 1925 durch Kesselexplosion gesunken

Bild # 8 Das T-Boot A 68 im Dienst der Kaiserlichen Marine vom TYp A - III


                                                                                                          :MG:  halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

halina

Zum Aufspüren von Minen in küstennahen flachen Gewässern wurden von der Kaiserlichen
Marine nach einem Entwurf von 1917 insgesamt 66 flachgehende Minensuchboote ( FM ) bei 21
Werften geordert , von denen aber nur 47 Boote im Zeitraum von Mitte August 1918 - 1919
fertiggestellt und die meisten von denen europäischen Ländern zum Kauf angeboten wurden .
So kamen auch einige nach Dänemark mit Weiterverkauf von 4 Booten an die Polnische Marine ,
diese hatten eine Verdrängung von 170 t , eine Länge von ü.a. von 43 m , eine Breite von 6,0 m
und einen Tiefgang beladen von 1,68 m . Die Maschinenleistung der beiden Dampfmaschinen
betrug 600 PSi auf 2 Wellen mit einem Speed von ca. 14,0 Kn , als Bewaffnung diente eine
8,8 cm Torpedobootkanone .
Hier eine Kurzfassung von den 4 Booten , die nach Polen gingen :

ORP " CZAJKA" ex dt. FM 2 , gebaut auf der Seebeckwerft in Geestemünde mit Indienststellung
                       24.8.1918 , 1920 von DK gekauft , 1935 ausgemustert , 1939 selbst versenkt

ORP " "JASKOLKA" , ex dt. FM 27 , gebaut auf der Wollheim-Werft in Breslau , Indienststellung
                              ca. Ende 1918 , von DK 1920 gekauift , 1935 ausgemustert + abgewrackt

ORP " MEWA" , ex dt. FM 28 , gebaut auf der Wollheim-Werft in Breslau , Fertigstellung 1919,
                            1920 von DK gekauft , 1934 umgebaut zum Vermessungsschiff mit dem
                             Namen ORP "POMORZANIN" , 1.Sept. 1939 versenkt und 1946 abgewrackt

ORP " RYBITWA" , ex dt. FM 31 , gebaut auf der Lübecker Maschinenbau AG , Fertigstellung am
                             11.6. 1919 , von DK 1920 gekauft , 1935 ausgemustert und abgewrackt

Im Anhang noch einige Aufnahmen von den übernommenen Einheiten :

Bild  #  1  Das Foto von 1921 zeigt die von Dänemark gekauften FM-Boote ORP "Jaskolka" ,
               "Rybitwa" , "Mewa" und "Czajka"

Bild  # 2   Die 4 Boote im neuen Marinestützpunkt Oksywie  mit neuem Anstrich ca. 1923

Bild  # 3  ORP "MEWA" in Fahrt

Bild  # 4  Die 1934 zum Vermessungsschiff umgebaute Mewa als ORP "POMORZANIN"

Bild  # 5  Im Hafen liegend die ORP "Jaskolka" , von Wikimedia unter CC0 1.0

Bild  # 6  Eine Grafik des FM-Bootsentwurfes von 1917 , Dank an Michael Emmerich


                                                                                                        :MG:   halina



                                                                                                     
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

maxim

Vielen Dank für die Übersicht!

Ich denke, dass auch die erste POMORZANIN früher ein deutsches Schiff war, aber eventuell nicht von der Kaiserlichen Marine.

halina

Hallo maxim , danke für Dein Interesse , werde in Kürze dazu noch was schreiben .

                                                                                                           Gruss  halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

maxim

Von den beiden POMORZANIN habe ich Kartonbausätze - merkwürdigerweise die einzigen Kartonbausätze polnischer Vermessungsschiffe, die ich gefunden habe. Dabei ist Kartonmodellbau in Polen wirklich stark entwickelt.

halina

#5
Von dem ersten Kriegsschiff der Polnischen Marine ab 1918 , ORP "POMORZANIN" einige Daten :
Das kleine Fahrgastschiff wurde 1893 auf der Sachsenberg-Werft in Roslau an der Elbe in Dienst
gestellt unter dem Namen "Deutschland" und war bis 1914 im Bäderdienst zu den friesischen
Inseln in Fahrt . Der Dampfer war vermessen mit 186 BRT und war 36 m lang , die Maschine kam
auf eine Leistung von 240 PSi  und brachte das Schiff auf 8-9 Kn Fahrt , es war zugelassen für die
Beförderung von 200 Personen .
1914 von der Kaiserlichen Marine in Beschlag genommen und in der Ostsee als Patrouillenboot im
Einsatz unter dem Namen "WOTAN". 1919 an Privateignern in Rostock und Hamburg verkauft und
im Dezember 1919 von dem polnischen Kpt.Marinarki ( Kpt.Lt.) Josef Unrug erworben , der dem
Schiff am 10.2.1920 den Namen "POMORZANIN" gab . Nach dem Umbau zum Vermessungsschiff
erfolgte am 1. Mai 1920 die offizielle Indienststellung in Gdansk und am 4. Mai in Puck ( Putzig"
die Flaggenhissung auf dem ersten Kriegsschiff der Polnischen Marine der ORP "POMORZANIN"
Von März 1922-Januar 1924 war das Vermessungsschiff dann bei der Handelsmarine in Fahrt
unter dem Namen "KACZUBA" , wohl zur Ausbildung der Handelsschiff-Offiziere auf dem Gebiet
der Hydrografie .
Ab 1924 wieder bei der Marynarki Wojennej (Kriegsmarine) als Vermessungsschiff in Dienst bis
1936 , der letzte Kommandant der "ORP " Pomorzanin" war Kpt. Marynarki Karol Zagrodzki von
Oktober 1934-September 1936 . Nach der Ausserdienststellung war der Dampfer bis 1939 als
Transporter und Fahrgastschiff zwischen den Häfen Gdansk-Gdynia und Tczew ( Dirschau) in
Fahrt unter dem Namen "POMIAN" , 1945 von der Wehrmacht in Gdansk versenkt und später
ca. 1950 verschrottet . 
Die Textauszüge sind von Wikipedia unter der Lizenz von CC-BY SA 3.0 entnommen

Das 1. Foto von August 1923 , das Vermessungsschiff "Kaczuba"im Dienst der Handelsmarine
im Marinestützpunkt Oksywie ( Oxhöft) liegend , an der langen Pier der französische Dampfer
S/S "KENTUCKY" , es war das erste ausländische Schiff , das Gdingen angelaufen hat .

Die 2. Aufnahme die ORP "Pomorzanin" als Vermessungsschiff in Fahrt ca. 1921 oder ab 1924
mit Kriegsflagge der Marine

                                                                                                  :MG: halina
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                      Phil Borman

maxim


beck.Schulte

#7
Vielen Dank für die Informationen und Fotos!  Lieber Maxim.  Das mit den Infos ist ( mal wieder ) son ne Sache. Im Teil 1914-1918 stimmt nix. Weder wurde der Dampfer "in Beschlag genommen" , noch hieß er in dieser Zeit  "Wotan" und ein Patrouillenboot  war er auch nicht. Lieber Herr Halina: Hätte Sie im Gröner Band 8/2 ( Seite 422/424) oder ( und ) bei Abert nachgelesen wären Ihnen das auch aufgefallen.
Allen noch einen schönen sonnigen Montag  :angel:

NACHTRAG:  Mann, Mann Herr Halina. Da haben Sie aber ( mal wieder )  für Verwirrung gesorgt. Ich hab mal bei Abert und den div. KTBs nachgeschaut. Also :  1914 war er NICHT bei der Marine  und als er bei der Marine war, war er NICHT in der Ostsee.  Also das nächste Mal nen büschen in der guten Literatur nach gucken tun...dann klappt es auch mit den Infos.  :angel:

Urs Heßling

moin,

Zitat von: halina am 13 Juni 2021, 20:25:50
... im Dezember 1919 von dem polnischen Kpt.Marinarki ( Kpt.Lt.) Josef Unrug erworben
Das war Kptlt v. Unruh
Die Darstellung in u-boat.net ist überraschend unvollständig Unrug
In der Crew 4/04 befand er sich auf einem der hinteren Plätze (118/136)
Er diente
1909 als Lt.z.S. auf Kanonenboot Tiger in Tsingtau
1910 als Oblt.z.S. auf dem kleinen Kreuzer München
1912-14 als Oblt.z.S. auf dem Großlinienschiff Friedrich der Grosse

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

halina

#9
Lieber Herr beck.Schulte ,

Möchte aber darauf hinweisen , dass ich als Quelle Wikipedia genannt habe und leider nicht über
Gröner-Band 8 verfüge . Es is ja lobenswert , dass Sie den Irrtum erkannt haben , schön wäre
es jedoch wenn Sie uns kurz mitteilen könnten was im Gröner zu dem Schiff von 1914-18 steht ,
also war es doch bei der kaiserlichen Marine in Fahrt .

                                                    Vielen Dank im voraus ,    Gruss  halina                                                         
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

beck.Schulte

#10
also war es doch bei der kaiserlichen Marine in Fahrt . habe ich das Gegenteil behauptet ?  Deutsche Zivildampfer wurden nie "beschlagnahmt"
1919 an Privateignern in Rostock und Hamburg verkauft   wer verkauft hier was ? Das Deutsche Reich den Dampfer nach Rostock oder und Hamburg ?  Das Deutsche Reich war nie Eigentümer des Dampfers und konnte ihn somit auch nicht verkaufen. . usw usw.

..ach Gott was soll`s ...ich bin dann man raus! 

halina

Der letzte Eigner der "Wotan" vor der Übergabe an Polen im Dezember 1919 war
die Hamburger Firma Behnke & Sieg , zu welchen Bedingungen und von wem das
Schiff in Rostock gekauft wurde , ist mir leider nicht bekannt .

                                                                                              :MG:  halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

SchlPr11

Hallo,
Behnke&Sieg waren Danziger Reeder und wahrscheinlich Strohmann für den Verkauf nach Polen, was in Deutschland zu dieser Zeit nicht sehr populär war.
Die Aufarbeitung der Geschichte DEUTSCHLAND geht schon über viele Jahrzehnte und neben Theo waren auch Martin Maass und weitere hier Beteiligte vertreten. Von Theo hier ein typischer Aktenausriß.
Mit Zugang zu Teilen des Rostocker Seeschiffsregisters habe ich um 1984 die Geschichte der ROSTOCKER HOCHSEEFISCHEREI AG zur Diskussion gestellt.Da es in der DDR dafür keine Gelegenheit und Basis gab, sandte ich mein Manuskript an Dr. Harald Hückstädt (damals ein eingeführter Historiker insbesondere auch für Ostseeschiffahrt - wenige werden ihn noch kennen heute - darum ihm zur Erinnerung). Er veröffentlichte dann in STRANDGUT 5 diese bis dahin wenig bekannte deutsche Reedreigeschichte mit Schiffsliste. Daraus hier meine Seiten zu DEUTSCHLAND mit dem Kenntnisstand 1984!
Die Forschungen gingen weiter und es vervollständigten sich die Unterlagen. Es fehlt allerdings für die frühere DEUTSCHLAND immer noch eine stichhaltige Verwendung 1939-1945.
Aus dem Nachlass von Martin Maass, der auch ein Faible für Fischdampfer hatte und zum guten freund wurde, hier zwei Blätter. Selbst von HJH habe ich Korrespondenz zu Dr. Hückstädt in den Unterlagen gefunden. Wie ist das alles nach Rostock zurückgekommen? Ein namhafter Hamburger Antiquar erhielt Bibliothek und Teile des Nachlasses von Dr. Hückstädt. Für ihn war das Schrifttum nicht zu verwerten und da wir gerade zusammen publiziert hatten, durfte ich mir das Auto volladen und bekam aus dem Bestand noch einige Seltenheiten dazu. Das alles war gleich nach 1990 als ob es nie eine Grenze gegeben hätte.
Viel Spaß bei der Lektüre - REINHARD

PS: bei Abert mal nachgeschaut, gibt es hier und dort maginale Abweichungen

beck.Schulte

Tach Reinhard !°  Das es die 1. Geleitflottille in 1915, 1916, 1917 nicht gab ist euch zwischenzeitlich aufgegangen..oder   :angel:


maxim

Hi Reinhard,
vielen Dank für die ganzen Informationen zur Deutschland/Pomorzanin!

Bis denn
Lars

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