ASS-Nummer: 01301

Begonnen von Axel Niestle, 22 November 2020, 21:40:28

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Axel Niestle

Laut Torpedoschussmeldung griff U 37 am 4. Februar 1940 einen 7000 BRT Frachter an, der mit nördöstlichen Kurs in Richtung ca. 35° steuerte und etwa 5 Minuten nach dem Treffer kenterte bzw. sank. Die Position der ersten Sichtung um 2030 im Marinequadrat AN 2613 und die Schußposition um 2123 in AN 2184 bestätigen die Kursrichtung. Nach bisheriger Lesart, die sich auf Rohwer's 'U-Booterfolge der Achsenmächte' stützt, wurde bei dem Angriff der britische Dampfer Leo Dawson (4330 BRT) versenkt.

Nach Lloyds Register wurde die Leo Dawson am 20. März 1940 as 'missing' registriert, nachdem sie am 29. Januar 1940 von Narvik mit einer Ladung Eisenerz als Einzelfahrer nach Immingham an der Mündung des Humber an der Ostküste Englands ausgelaufen war. Das Schiff und seine Besatzung aus 35 Mann gelten seither als verschollen. Hinweise auf Verlustort und Verlustdatum liegen nicht vor.

Bei der Zuordnung des Schiffes zum Angriff von U 37 wurde offenbar übersehen, dass das angegriffene Ziel in Gegenrichtung zu dem für die Leo Dawson zu erwartenden Kurs (südwestliche Richtung) lief. Es spricht mithin alles dafür, dass das Schiff höchstwahrscheinlich nicht durch den genannten Angriff von U 37 verloren ging.

Preisfrage daher ist:
a) welches Schiff war das Ziel von U 37?
b) wer versenkte die Leo Dawson?

Für b) bietet sich der Angriff von U 21 am 4. Februar 1940 um 2104 im Marinequadrat AN 4175 an, bei dem das Boot einen tief beladenen 3000 BRT Dampfer angriff, der nach dem Treffer innerhalb von 40 Sekunden versank. Die vom Kommando U 21 seinerzeit angestellte Vermutung, dass das versenkte Schiff der jugoslawische Dampfer Vid gewesen sei, ist nachweislich falsch.

Aber wer hat eine Idee zur Frage a)? Hinweise sind jederzeit willkommen.

Mit den besten Grüßen

Axel Niestlé

PS: dieser Fall ist leider nicht der einzige aus dem Monat Februar 1940, bei dem berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der bisherigen Angaben bestehen. 



TW

Vielen Dank für Deinen fundierten und (wie gewohnt) brilliant formulierten Einwand zur ASS-Erfolgsmeldung U 37 vs. LEO DAWSON.

Ich hänge gerade so intensiv in einem anderen Projekt, dass ich es ganz schwer finde, mich dort herauszuwerkeln und auf ASS umzusteigen. Ist ja vorraussichtlich auch mit viel Arbeit verbunden. Gib mir daher noch ein paar Tage Zeit.

Viele Grüße, Thomas

Axel Niestle

Hallo Thomas,

ich hoffe, dass ich auch andere fundierte Kenner der Materie und solche, die es noch werden wollen, mit meinem Hinweis zur Mitarbeit an dem Problem annimieren kann. Es ist ja nicht so, dass nur Du und ich uns damit beschäftigen sollten. Wir haben ja auchmal angefangen!

LG

Axel

Urs Heßling

moin, Axel,

die Argumente zu b) sind gut nachvollziehbar.

Wenn der Verlust der Vid am 4.2. nicht U 21 zugeschrieben werden kann, durch was geschah er und wo fand er statt ?
Ist es damit eindeutig auszuschließen, daß Vid das Opfer von U 37 war ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

ARANTALES

Hallo Axel, Thomas,

Schließe mich gerne Thomas's erstem Satz an.

1. Bei einem (von U37 geschätzt) 7000 BRT Großen versenktem Dampfer, meint man er wurde erfasst von Lloyd's.
2. Lloyd's erwähnt m.E. keinem anderen 'missing' Dampfer der laut die angegebene Auslauf- und Zielhafen in Anmerkung kommt um U37 vor die Rohre zu laufen am 4. Februar 1940 abends in AN2184.

1+2 macht vielleicht 3: wenn er nicht bei die 'missing' steht, dann musste er eigentlich zwischen die versenkte Dampfer stehen. Gab es eine Verwechslung zwischen die LEO DAWSON und einem Anderen, wohl in NO-Richtung fahrendem versenktem Dampfer?

Werde in diese Richting suchen.
Wie beim Lotto:"ohne Gewähr".

Herzliche Grüßen,
Walter

ARANTALES

Nachtrag:
Der vom U21 angegriffenem Dampfer fuhr eine ösö-Kurs und wurde laut T-Schußmeldung (sehe ASS im HMA) angegriffen in AN4175 (5821n-0100w).
Der vom U37 angegriffenem Dampfer fuhr eine nno-Kurs und der Angriff fand statt in AN2184 (6009n-0036w).

Die 2 Orte liegen etwa 108 Seemeilen aus einander. (berechnet mit "PC Sightmaster for Windows").

Distanz und Zielkurs weisen auf unterschiedliche Ziele.

Met vriendelijke groeten,
Walter

Urs Heßling

moin,

Zitat von: ARANTALES am 23 November 2020, 20:50:43
Der vom U21 angegriffenem Dampfer fuhr eine ösö-Kurs und wurde laut T-Schußmeldung (sehe ASS im HMA) angegriffen in AN4175 (5821n-0100w).
Aha !  sagt der Navigator :roll:
Ein Kurs von ca. 112o paßt nicht zu einem Schiff, das von einer Position östlich von Nordschottland den Humber ansteuert, sondern weicht nahezu 50o davon ab. Der Kurs von AN 4175 zur Humbermündung wäre etwa 165o.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

t-geronimo

Aber da ist die Frage, ob 112° der Generalkurs des Schiffes war oder nur ein zeitweiliger, evtl sogar ganz kurzer, aus welchem Grund auch immer.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Axel Niestle

Vid kommt aus dem in ASS in der Fußnote zum Angriff genannten Grund nicht in Frage. Das Schiff wurde nach der Umbenennung 1941 in Radchurch in 1942 durch U 176 versenkt.

Das von U 21 angegriffene Schiff lag gemäß TSM beigedreht bzw. in Wartestellung zu liegen. Insofern hat der Hinweis von Torsten seine Bedeutung. Interessanter ist, dass das tief beladene Schiff nach 40 Sekunden gesunken war. Dies war für Erzfrachter, wie die Leo Dawson, ein leider typisches Schicksal.

Für den Angriff von U 37 kommt anstelle der Leo Dawson am ehesten der estnische Dampfer Reet in Betracht. U 37 hatte das Ziel ja als kleinen "Tanker" angesehen, was vermuten lässt, dass die Maschine bzw. der Schornstein achtern lag. Genau dies trifft für die Reet zu, die einem Tanker zum Verwechseln ähnlich sah und bekanntlich auf dem Weg vom Tees nach Gothenburg war. Bliebe nur noch die Aufgabe, etwas Licht in die seinerzeit von alliierten und neutralen Schiffen gesteuerten Kurse in der Nordsee zu bringen, da es ja vor Minen- und Warngebieten nur so wimmelte und niemand mehr so steuerte, "wie die Krähe fliegt".

Damit ist auch schon klar, dass das Problem der korrekten Zuordnung im Februar 1940 nicht durch einfaches Austauschen zwischen zwei Angriffen gelöst werden kann, sondern ein Aufdröseln einer größeren Zeitspanne beinhaltet. Es sei nur daran erinnert, dass die norwegische Hop sicher auch nicht durch U 37 am 4.2.40 morgens versenkt wurde, da es das Schiff wohl kaum innerhalb eines Tages von Bergen (Auslaufen lt. Lloyds am 3.3.40) bis zum Versenkungsort geschafft hätte und immerhin 15 von 17 Mann der Besatzung im Februar 1940 am Strand von Unst und den Nachbarinseln auf den Shetlands angetrieben wurden. Vom Angriffsort bis dahin sind es schon mal rund 100 Seemeilen. Da würde zugegebenermaßen der Angriffsort von U 37 am 4. Februar 1940 abends wesentlich besser passen, wenn es nicht den gesteuerten Generalkurs gäbe.

Also, dranbleiben!

Beste Grüße

Axel Niestlé

     

TW

#9
Zitat von: Axel Niestle am 24 November 2020, 10:04:34
Vid kommt aus dem in ASS in der Fußnote zum Angriff genannten Grund nicht in Frage. Das Schiff wurde nach der Umbenennung 1941 in Radchurch in 1942 durch U 176 versenkt.

Dass die Vid erst 1942 unter den neuen Namen Radchurch versenkt würde, bedeutet aber nicht, dass sie sich 1940 nicht ebenfalls in dem uns interessierenden Raum aufgehalten haben kann und ein RRR-Signal gesendet haben kann. "WERDE VON FEINDLICHEM SCHIFF ANGEGRIFFEN". U21 hat die Vid anhand dieses Notrufs und anhand des damit verbundenen Rufzeichen identifiziert. Die Vid muss deshalb nicht zwangsläufig U21 vors Rohr gelaufen sein, aber zeitlich muss der Vorfall schon passen. Könnte die Vid von U37 verfehlt worden sein?

Deine Reet-Argumente sind schon recht überzeugend, Axel, ich will nur nicht, dass die Vid vorschnell aus allen Überlegungen ausgeschlossen wird.

TW

#10
Nur ein paar generelle Überlegungen:

Für die Reet, die von Methil (Firth of Forth) nach Göteborg wollte, wäre der Umweg über die Shetlands und Bergen riesig gewesen. (Ich weiß, die Minengefahr ...) Für die Reise-Route der Hop wäre die Angriffsposition von U37 (am Abend des 4.2.) auf Anhieb passender.

Hop hatte wiederum nicht das Aussehen eines Tankers (hatte den Schornstein hinter der Brücke und nicht achtern).

Wenn wir die Reet U37 zusprechen, reißen wir eine Lücke beim Angriff von U58 in AN 4241 - das wäre auf dem Kurs der Reet. Allerdings liegen zwischen dem Abreisetag (31.1.) in Methil und dem Angriffstag von U58 (am 3.2.) 3 Nächte. Auf dem kürzesten Weg hätte die Reet m.E. nicht so lange gebraucht. Sie fuhr also - welchem der beiden Boote auch immer wir letztlich den Versenkungserfolg zusprechen wollen - tatsächlich einen Umweg.

Letzte Frage (die gestellt wenn auch nicht beantwortet werden muss): Was passierte mit der Hop, wenn U37 als Angreifer nicht mehr zur Debatte steht ? Natürlich ist ein Seeunfall nicht ausgeschlossen, aber ....

Viele Grüße, Thomas

Axel Niestle

Vid-Überprüfung hinsichtlich des Aufenthaltsortes Anfang Februar 1940 läuft. Muss geklärt werden, alles andere wäre Fuscharbeit. Ist leider nicht ganz einfach, da der Dampfer auf der Website ConvoWeb leider nicht gelistet ist. Tritt dort erst nach der Umbenennung im Juli 1941 auf. Admiralty-Tagebuch ist für den Zeitraum leider auch lückenhaft online.

Hop und die Frage, wen U 58 nun versenkt haben könnte, habe ich mir noch nicht gestellt. Meist geht es ja so, dass, wenn man ein Stück herausbricht, Anderes auch zu Bruch geht!

Kuppisch gibt für seinen Dampfer Generalkurs 75° und 8,5 kn Fahrt an. In der Verlängerung käme man nach Utsira Lighthouse an der norwegischen Küste. Mal sehen, ob neben Fußball auch ein wenig Stöbern im Lloyds was bringt. Eine Versenkung steht ja außer Frage.


TW

ConvoyWeb - ich nenne sie immer die Arnold Hague Datenbank.
Irgendwann habe ich mal so viele Schiffsnamen recherchiert, dass ich rausgeflogen bin (als potentieller Daten-Räuber). Ich kam auch Wochen später nicht mehr hinein, danach habe ich es nicht mehr probiert.

Ich wollte gar keine Daten rauben, in dem Sinne, dass ich daraus eine eigene Liste erstellt hätte. Ich wollte immer nur den Konvoi herausfinden und fertig. (Das war für die S-Boot-Erfolge). Allerdings sind die Listen mit den Schiffsnamen oftmals nicht vollständig. Daher zog ich meistens (!) Nieten.

Hilfreich und immer zuverlässig hingegen scheinen mir aber Abfahrt- und Ankunftszeiten der Geleitzüge. Trotz aller Kritik ein lobenswertes Unternehmen.

Schönen Abend, Thomas

Axel Niestle

Für U 58 scheint mir der norwegische Dampfer Start eine echte Alternative zu sein nach erster Sichtung. Bei U 13 hast Du ihn ja bereits ausgeschlossen. Was die Umlaufzeiten angeht, muss man ganz offensichtlich anders rechnen. Da scheint öfters mal Stillstand an der englischen Küste stattgefunden haben.


TW

Als ich gerade nochmal nach der "Start" geschaut habe, fiel mir ins Auge, dass U21 am 31.1 40 die dänische "Vidar" versenkte. Ich vermute, die Geschichte mit dem Notruf und der Identifizierung der "Vid" gehört in Wahrheit hierher. Was meinst Du ?
Schönen Abend oder besser: gute Nacht!
Thomas

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