Panzerschiff mit anderer Artillerieaufstellung

Begonnen von Umzugskarton, 29 Dezember 2019, 16:39:07

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Urs Heßling

moin,

Zitat von: Bergedorf am 30 Dezember 2019, 16:44:54
Die KM hatte selbst irgendwann festgestellt, dass die Panzerschiffe für die Aufgaben in der Ostsee mehr oder weniger ungeeignet waren.
Ich glaube, daß man das von Vornherein gewußt hat: Dafür waren sie nicht ausgelegt.
Siehe https://www.historisches-marinearchiv.de/sonstiges/artikel/panzerschiff.php

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Smutje Peter

 "Donnerwetter ich glaub der Kahn ist partout Abstinenzler"

Angebliches Bonmot des Reichspräsidenten Hindenburg, als die Deutschland der Sektflasche buchstäblich davonlief :-)

Mit dem Artikel haben wir auf jeden Fall einen, mit Quellen belegten, historischen Ramen für die weitere Diskussion.
top
Gruß

Peter aus Nürnberg

J.I.M

Moin,

ein Verzicht auf die Feuerkraft nach vorn verbietet sich nach meiner Meinung aus taktischen Gründen. Will man allen ernstes ein großes Kriegsschiff auf ein "Fluchtgefecht" hin optimieren.
Das ist bei Torpedobooten etwas anderes, da diese anders eingesetzt werden. Bei Kriegsschiffen, die im wesentlichen über ihre Artillerie wirken sollen, hat man sich mit einer Aufstellung nach Achtern die Gestaltungsmöglichkeiten in einem Gefecht weitgehend eingeschränkt. Ein 15cm Drillingsturm nach vorne ist da nur eine kosmetische Maßnahme. Stellen wir uns nur mal Gefecht wie Scheer gegen Jervis Bay, GS&SH gegen Glorious. Hier wäre die angesprochene Aufstellung von großem Nachteil....

JIM

Peter K.

Wieso hatten dann die Leichten Kreuzer zwei Drillingstürme nach achtern gerichtet, aber nur einen nach vorne? Dieselbe Aufstellung wurde übrigens auf für D und E kurz nach der Entscheidung für den dritten Turm und im Zuge der dadurch bedingten Neukonstruktion angedacht.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Urs Heßling

moin,

wenn man sich die Risse der Kampfschiffe des 1. und 2. Weltkriegs ansieht, stellt man fest, daß alle anderen Nationen bei ihren Schlachtschiffen und Kreuzern eine gleichmäßige oder eine das Bugfeuer bevorzugende Bewaffnung haben. Nur das Deutsche Reich hat bei den Schlachtschiffen der Kaiser-Klasse, den Großen Kreuzern von Moltke bis Seydlitz und den Leichten Kreuzern der Reichs- und Kriegsmarine eine Bevorzugung des Heckfeuers.
Die einzige feststellbare Ausnahme sind die ersten brit. Dreadnought-Schlachtschiffe von Dreadnought bis Neptune.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

harold

Servus in die Runde!

@ Urs:
vielleicht, weil ein von achtern anlaufender Gegner doch weniger an Optionen hat? - (ich kritzl grad an einem Vektor-Diagramm);

@ Peter:
[cit: ...Dieselbe Aufstellung wurde übrigens auf für D und E kurz nach der Entscheidung für den dritten Turm und im Zuge der dadurch bedingten Neukonstruktion angedacht]
... ist mir aus der von uns damals (2007-08) erhobenen Aktenlage unbekannt
(ansonsten hätte ich das sofort in unseren D- Stammbaum integriert!).
Bitte um exakte Quellen-Lage!

@ Thread-Ersteller UZK:
bitte finde doch den direkten Kontakt mit unsrem Mitglied Jefgte (Jean-Fancois Genette),
auf Englisch oder Francais.
Der hat damals (2005 - 2012) über ein Dutzend Varianten auf das Panzerschiff nach Versailles Vorgabe (Kaliber/ Konfiguration/ ...) durchberechnet und auch so einige davon als Modell 1/700 erstellt.

Ciao,
Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Peter K.

Zitat[cit: ...Dieselbe Aufstellung wurde übrigens auf für D und E kurz nach der Entscheidung für den dritten Turm und im Zuge der dadurch bedingten Neukonstruktion angedacht],
... ist mir aus der von uns damals (2007-08) erhobenen Aktenlage unbekannt
(ansonsten hätte ich das sofort in unseren D- Stammbaum integriert!).
Bitte um exakte Quellen-Lage!

Das habe ich selber erst 2018 bei meinem Freiburg-Besuch erfahren!
Quelle: RM 20/1528, Akte K Id 319/34 G.Kds. vom 20.07.1934
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Woelfchen

Zu den leichten Kreuzern (und der am Heck konzentrierten Türmen):
Laut dem wa sich mal gelesen habe, war das Konzept "Aufklärungskreuzer für die Flotte". Bei Feindkontakt also erst mal zurückziehen und da ist es dann gut wenn man viel Feuerkraft nach hinten hat.
Müsste das Buch "Die deutsche Kriegsmarine 1935-1945" gewesen sein.

Anmerkung:
Man hat sich aber viel Mühe gegeben das die Türme hinten auch möglichst gut nach vorne schießen können.

Meine Spekulation:
Gewichtmäßig waren die Schiffe am Limit. Mit der Anordnung konnten die Türme tiefer angeordnet werden. Damit wurde wahrscheinlich Gewicht gespart.

Umzugskarton

Zunächst einmal vielen Dank für die zahlreichen Antworten und ein frohes Neues.

Viel Holz zum abarbeiten.

Zunächst aber noch die Überlegung, die mich auf die achtere Aufstellung gebracht hat:

Theoretisches Szenario: Panzerschiff und ein durchschnittlicher 8inch-Kreuzer sichten sich auf offener See in 35km Entfernung.

Ein Panzerschiff hat den Vorteil, dass die 28cm-Kanonen eine höhere Reichweite haben als die 8inch-Geschütze ihrer Gegner. Die Differenz der Geschützreichweiten ergibt einen Bereich, in denen das Panzerschiff wirken kann, der Gegner mit 8 inch aber nicht. Für den Bereich setze ich mal 20km-18km = 2km an. Weniger minimalistisch gehen auch 23km-18km = 5km als Vorteilsbereich. D.h. das Pzschiff ist im Vorteil, sofern es gelingt, den Gegner auf Distanz zu halten. Da ein Kreuzer schneller ist, wird er versuchen, aus dieser Zone herauszukommen und die Distanz zu verringern, um wirken zu können.

Jetzt betrachten wird die beiden Extremfälle:
Fall a) Pzschiff dreht bei, legt den Gegner auf 180° und fährt mit 25kn davon. Gegner verfolgt mit 30kn.

Mit 5kn angenommener höherer Geschwindigkeit des Kreuzers und dem 2km Vorteilsbereich ergibt sich eine Zeit von rund 13min (Delta 5kn = 9.26km/h; 2km/9,26km/h = 0.21h = 13min; 5km Vorteilsbereich ergeben 32min) zu Gunsten des Panzerschiffs, in denen der Gegner "kassieren" muss.
Bei 2,5 Schuss pro Minute und Rohr und den drei achteren Rohren wären das 97,5 Schuss (bzw. 240 Schuss). Mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 2% ergeben sich 1,95 Treffer, 0,15 Treffer/min (resp. 4,8 Treffer; gleiche 0,15 Treffer/min). Nicht berücksichtigt sind Beobachtung, Rechnen, Einschießen usw., was alles Zeit kostet und man ja auch nicht linear fährt. Andererseits braucht es in dem Szenario 35km-23km=12km, 12km/5kn=78min bis der Kreuzer in Schussreichweite ist; in der Zeit kann man schon einiges davon erledigen.

Mit allen 6 Rohren ergeben sich in 13 min 195 Schuss und 3,9 Treffer (0,3 Treffer/min).

Fall b) Beide laufen aufeinander zu.
30kn + 25kn = 55kn. 2km Vorteilszone ergeben eine Zeit von 2km/102km/h = 0,02h = 1,2min. Bei 5km sind es 5km/102km/h = 0,05h = 3min.  Das ist nicht mal eine, respektive gerade mal eine Salve.




J.I.M

Es ist sicher etwas gemein, weil rein hypothetisch.

aber diese Verfolgungsgefechte mit Kreuzern, ist das realistisch? Dieses Szenario geht immer von einem kooperativen Gegner aus, der einfach hinterherfährt.
Sorry, die britischen Kapitäne und Admirale waren sicher alles andere als dumm. Auch die können Gefechtssituationen einschätzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei dem realen La Plata-Gefecht, die GB Kreuzer versucht hätten durch aufschließen (im Feuer eines 28cm Drillings) auf Gefechtsreichweite zu kommen.
Auch die können:
1. Wahrscheinlichkeiten einschätzen
2. Weg-Zeit-Berechnungen durchführen und
3. die Konsequenzen daraus ziehen.

Meine These daher: die hätten dann entweder Fühlungshalter gespielt und/oder in der Nacht  versucht in eine günstige Gefechtssituation zu kommen.

Zu den deutschen leichten Kreuzern:
Ja die hatten eine 1/3 vorn, 2/3 hinten Bewaffnung, aber zum einen eine andere geplante Verwendung und zum anderen ist es bei den leichteren Einheiten problematischer am Bug viele Geschütze unterzubringen.(siehe Wölfchen) Daher fand man auf großen Einheiten die ersten überhöhten Turme achtern. Wie Urs geschrieben hat, es gab einen eindeutigen Trend zum stärkeren Bugfeuer. Hier kann man sogar die Zerstörer der Battleklasse anführen, die alle Geschütze vorne hatten.


Gut das hier noch keiner die Flügetürme für Panzerschiffe ins Gespräch gebracht hat. :MZ:

JIM

Peter K.

ZitatHier kann man sogar die Zerstörer der Battleklasse anführen, die alle Geschütze vorne hatten.

Der hier zugrunde liegenden britischen Argumentation, selten nach achtern schießen zu müssen, könnte man die amerikanischen Schwierigkeiten mit den beiden Doppeltürmen am Bug der Zerstörer der SUMNER/GEARING-Klasse entgegenhalten. Und bei den japanischen Zerstörern des Spezialtyps ist ebenfalls eine eindeutige Bevorzugung des Heckfeuers festzustellen.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

maxim

Zitat von: J.I.M am 01 Januar 2020, 13:41:33
aber diese Verfolgungsgefechte mit Kreuzern, ist das realistisch? Dieses Szenario geht immer von einem kooperativen Gegner aus, der einfach hinterherfährt.
Sorry, die britischen Kapitäne und Admirale waren sicher alles andere als dumm. Auch die können Gefechtssituationen einschätzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei dem realen La Plata-Gefecht, die GB Kreuzer versucht hätten durch aufschließen (im Feuer eines 28cm Drillings) auf Gefechtsreichweite zu kommen.

Genau das haben sie gemacht: sie haben alle gemacht, um in Reichweite zu kommen - im Falle der Leichten Kreuzer aber zu langsam, so dass diese für einen großen Teil des Gefechts auf unwirksame Entfernung kämpften und von der Admiral Graf Spee eigentlich hätten ignoriert werden können.

Für wen hätten die britischen Kreuzer bei La Plata Führungshalter sein sollen? Da war kein schwereres Schiff, dass schnell hätte aufschließen können. Mit drei Kreuzern wurde wohl auch erwartet, dass man einen gegnerischen Kreuzer angreift - auch wenn der einen schweren Kaliber als Hauptartillerie hat.

(in Warship 2018 ist ein interessanter Artikel, der beschreibt, wie Rio de la Plata von zwei Torpedooffizieren geprägt war, obwohl es ein Artilleriegefecht war - und entsprechend suboptimal gingen beide Seiten taktisch vor)

harold

Servus an alle,

die Alternativen in der Artillerie der Panzerschiffe:

- Aufstellung in Flügeltürmen [just for J.I.M],    Mittel - Versetzt oder Überhöht /
- Kaliber, bzw Kaliber-Mix /
- Abwägung der Komponenten, Schutz-Speed angleichend /
- Strategie und Taktik einbeziehend  , etc...

hat eigentlich schon Jean-Francois Genette (unser Mitglied Jefgte)
hier und im warship-projects-Forum mit seinen Berechnungen, Zeichnung und auch per Modellbau 1/700 dargestellt.

Werd mal versuchen, ihn hier-her zu locken.
Ciao,
Harold
------------
Im Anhang
- der einzige Entwurf, den ich bislang aus alten Platten von ihm fischen konnte, Ende 2007;
- und ein Foto: nach gut&gern 4 Stunden miteinander im "Musée de la Marine" geh'n wir noch seine gesammelten Ideen und Pläne durch,
   anschließend war ich aber platt.

4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Smutje Peter

@ harold

cool!

Der Vorschlag harold hat der 4 Türme?
(Aufstellung ~ von der Tann ?)
Und kannst Du mir sagen welche Motoren das sind?

zugegeben ich bin wieder mal recht neugierig!

:-)
Gruß

Peter aus Nürnberg

Umzugskarton

@ Harold

Danke für den Tipp mit Jean-Francois Genette und seinen Entwürfen.  top
Ich lese mich gerade durch das, was ich von ihm im Netz und hier finde. Es ist jammerschade, dass die Bilder in den Threads nicht mehr online sind.
Schön, wie er vorrechnet, dass sogar 3*III*28cm gehen, wenn man bereit ist, die Panzerung entsprechend anzupassen.  :-D (http://www.shipmodels.info/mws_forum/viewtopic.php?p=158808#p158808)

Jefs und dein Entwurf lösen das Problem mit der Ausbalancierung ziemlich elegant: Der Turm steht einfach mittschiffs. :-D  Blöderweise ist für Feuer nach hinten der zweite Schornstein im Weg.


@ Smutje

Ich würde sagen, dass es drei Türme sind. Er schreibt ja 3*III*28...

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