Passage auf Blockadebrechern

Begonnen von FranziskaJahn, 09 August 2019, 15:41:04

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FranziskaJahn

Liebe Forumsmitglieder!
Für eine Biographie über den ehemaligen Admiral-Ostasien Paul Werner Wenneker bin ich auf der Suche nach folgendem: Ich befasse mich derzeit mit den Zusammenhängen, der Ermordung des Komplizen von Richard Sorge,  auf dem Blockadebrecher "Burgenland" im Januar 1944 . Welche Stelle war in Frühjahr 1943 dafür zuständig, die Blockadebrecher nach Ostasien zu organisieren und wer war dafür zuständig die festzulegen, welche Passagiere bzw. Besatzungsmitglieder an Bord durften ?Denn der Mörder des Komplizen ist erst im Frühjahr 1943 nach Tokio geschickt worden. Und ich würde jetzt gerne herausfinden, welche Stelle im Reich dafür zuständig war. Eigentlich war dies doch die Seekriegsleitung oder nicht?

Seekriegstagebücher etc. übrigens schon alles durchgeschaut.

Herzlichen Dank schonmal für eure Antworten

Urs Heßling

moin,

Zitat von: FranziskaJahn am 09 August 2019, 15:41:04
Seekriegstagebücher etc. übrigens schon alles durchgeschaut.
1. Hast Du auch die beim BA/MA in Freiburg vorhandenen Akten durchgesehen ?
Nach Ergebnis einer invenio-Suche gibt es für "Wenneker" einen Treffer im Nachlaß der Marine-Oberstabsrichters Helmut Sieber (N 623)

2. Ich nehme an (ohne einen Beleg dafür zu haben), daß die Skl. sich bei manchen Anordnungen aus dem Bereich der Sicherheits-Behörden wie RSHA "fügen" mußte.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

kalli

Zitat von: FranziskaJahn am 09 August 2019, 15:41:04
Ich befasse mich derzeit mit den Zusammenhängen, der Ermordung des Komplizen von Richard Sorge,  auf dem Blockadebrecher "Burgenland" im Januar 1944 .

Um welchen Komplizen des Richard Sorge soll es sich da handeln?

atlantis

Moin,
da dieser Themenkreis zeitgleich in einem anderen Firum begonnen wurde, ist die Antwort relativ einfach.
Es geht um den Journalisten Kurt Hofmeister, der auf der MS Burgenland am 4.1.1944 vor der Aufbringung des Schiffs erschossen wurde.

Beste Grüsse
Ingo

MarkusL

Hallo,
der Spiegel hat seinerzeit umfangreich berichtet
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46273929.html
Eventuell wäre da auch die Recherche im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes nach Unterlagen der Botschaft Tokio erfolgversprechend
Gruß
Markus

TW

Die Organisation der Blockadebrecher oblag dem Marinesonderdienst beim OKW, Amt Ausland.

FranziskaJahn

Moin,

herzlichen Dank an alle. Vorhandene Quellen in sämtlichen In- und Ausländischen Archiven habe ich selbstverständlich schon durchgesehen, aber danke dafür nochmal!

Und Urs, die Vermutung mit dem RSHA habe ich auch. Hab dafür auch Anhaltspunkte.

Insofern, gut zu wissen, dass ich auf einem richtigen Weg bin :)

Schönen Sonntag noch, Franziska

Urs Heßling

moin, Ingo

Zitat von: atlantis am 10 August 2019, 14:51:13
Es geht um den Journalisten Kurt Hofmeister, der auf der MS Burgenland am 4.1.1944 vor der Aufbringung des Schiffs erschossen wurde.
Ich erlaube mir 3 Korrekturen :wink:
Es geht um den Journalisten Kurt Hofmeier, der auf der MS Burgenland am 5.1.1944 vor der Selbstversenkung des Schiffs erschossen wurde

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

longwood

Hallo,

beim Aufräumen meines Regals habe ich einen kopierten Zeitungsausschnitt der Tageszeitung ,,KIELER NACHRICHTEN" vom 08. Februar 1966 zum Themenkomplex ,,Admiral Wenneker" gefunden, der evtl. noch von Interesse sein dürfte. Da dieser Bericht wegen der schlechten Wiedergabequalität nicht scanbar ist, gebe ich diesen nachstehend im Wortlaut wieder.

Damals Todesurteile für ,,jeden kleinen Dreck" verhängt

Prozess gegen Admiral Wenneker und Kapitän von Allwörden

Hamburg (Eigenbericht): Ein dunkles Kapitel der Seekriegsgeschichte ist gestern vor dem Hamburger Schwurgericht aufgeblättert worden.Unter Mordanklage hat sich der 75jährige Admiral a. D. Paul Werner Wenneker, ein geborener Kieler, zu verantworten.Ihm wird zur Last gelegt, im Jahre 1943 als Marineattache an der deutschen Botschaft in Tokio den Befehl erteilt zu haben, kriminelle Landsleute, die mit Blockadebrechern in die Heimat transportiert werden sollten, im Falle der Selbstversenkung mit dem Schiff untergehen zu lassen. Wennekers harte Order war zwei Männern zum Verhängnis geworden.

Der grauhaarige, kränklich wirkende Angeklagte, der ständig von einem Arzt beobachtet wird, berichtete, sein damaligen Wirken sei weit über die militärpolitische Funktion eines Marineattaches hinausgegangen. Er habe die gesamte Versorgung der Heimat mit Rohstoffen aus dem fernen Osten organisiert. ,,Ich war sozusagen Herr in Ostasien – eine einmalige Aufgabe!"

Zur Sache selbst erklärte Wenneker, hinter dem ihm vorgeworfenen Tötungen hätten praktisch die Japaner gestanden, Ihm sein keine andere Wahl geblieben, als den umstrittenen Befehl an die Blockadebrecher zu unterschreiben, sonst wäre das Vertrauensverhältnis zum verbündeten Japan nachhaltig gestört worden.

Wenneker fügte hinzu, die Notwendigkeit seines Befehls habe sich aus der damaligen militärischen Situation ergeben. In Übereinstimmung mit den Japanern sollte um jeden Preis verhindert werden, kriminelle Häftlinge in Feindesland fallen zu lassen, weil diese wahrscheinlich nur zu willig gewesen wären, landesverrätische Auskünfte zu erteilen.

Ein derartiges Risiko habe vor allem bei dem von den Japanern verhafteten Journalisten Hofmeier bestanden, dem seien Kontakte zum weltweiten Ring des Sowjetspions Sorge zum Verhängnis geworden seien. Wie bereits von uns berichtet, war Hofmeier auf dem Blockadebrecher ,,Burgenland" eingeschifft und vor der Selbstversenkung des Schiffes erschossen worden. Bei dem zweiten Opfer von Wennekers Befehl handelte es sich um den Matrosen Alfred Poweleit, der mit von dem mitangeklagten 64jährigen  Kapitän von Allwörden geführten ,,Rio Grande" unterging.

Zusammenfassend erklärte Wenneker, er sei von der Rechtmäßigkeit seines Befehls überzeugt gewesen. Trotzdem habe er darauf gebaut, dass die Kapitäne der Blockadebrechern seine Weisung nicht befolgen würden. Zu diesem Zweck habe er bei der Verabschiedung der Schiffe in vertraulichen Gesprächen mit den Kommandanten seinen Befahl stets abgeschwächt.

Kapitän von Allwörden, dem Mordbeihilfe vorgeworfen wird, kann sich nicht an eine persönliche Verabschiedung durch Wenneker erinnern.

Er bekundete, den Befehl, den wegen des Verdachts der Hehlerei einsitzen Poweleit im Falle der Gefahr zu opfern, in einem verschlossenen Umschlag erhalten zu haben. Zusätzliche Weisungen seien nicht an ihn ergangen. Nach den Worten des Angeklagten wurde die ,,Rio Grande" am 4. Januar 1944 von feindlichen Luft- und Seestreitkräften gestellt. Allwörden gab den Befehl zur Selbstversenkung, ohne Poweleit aus seinem Haftverlies befreien zu lassen. Aus der Erörterung von Poweleits grauenvollem Ende ergaben sich bezeichnende Dialoge.

Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Erhardt, zu Allwörden: ,,Haben Sie sich keine Gedanken gemacht, dass es ein grausiges Geschehen ist, jemand mit dem Schiff untergeben zu lassen?"
Allwörden: ,,Es war bitter. Ich hatte während der Reise bedenken. Aber für mich  war der Befehl des Admirals maßgebend."

Auf die Frage, ob es im Falle nicht besser gewesen wäre, den Häftling zu erschießen, anstatt ihn ,,absaufen zu lassen wie eine Ratte", meinte von Allwörden, jemand mit dem Schiff ertrinken zu lassen, sei ,,humaner" als eine Erschießung, die er selbst nie fertiggebracht haben würde.

Vorher hatte der Gerichtsvorsitzen mit Blick auf den Angeklagten Wenneker konstantiert: ,,Dass Poweleit sich eines todeswürdigen Verbrechens schuldig gemacht hast, in dem er in einer japanischen Bvar gestohlene Uhren an Geishas verkaufte, kann man wohl nicht sagen".

Darauf Wenneker: ,,Damals wurden für jeden kleinen Dreck das Todesurteil verhängt".

Soweit der Bericht in den ,,Kieler Nachrichten". Ob noch weitere Berichte erfolgt sind, ist mir z. Z. nicht bekannt. Falls Interesse besteht, kann ich die Ausgaben um den 08. Februar 1966 – der Zeitpunkt dieses Berichtes – in der Landesbibliothek in Kiel ,,durchforsten".

Viele Grüße – aus Kronshagen
bei der Marinestadt Kiel

Hans-Hermann H. alias longwood

Deichkind

So ging der Prozeß für den Admiral lt. WIKIPEDIA aus:
Das Gericht wertete den Tatbestand jedoch als Totschlag und stellte das Verfahren wegen Verjährung ein.
Gruß,
deichkind

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