Was hatte ein deutscher U-Boot-Heizer im 1. WK auf Korfu verloren?

Begonnen von Harm, 09 April 2019, 17:18:59

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Harm

Hallo liebe Freunde und Experten der Marine-Historie,
ich hoffe, ihr könnt mir helfen, ein paar Fragen zu klären.

Im Zuge von Nachforschungen zur Familiengeschichte beschäftige ich mich aktuell mit dem Schicksal des Urgroßvaters meiner Frau im Ersten Weltkrieg. Sein Name war Arthur Eickenrodt, geboren 1888 in Hamburg-Horn, wohnhaft in Hambühren bei Celle, von Beruf Schlosser und Dreher (siehe http://ofb.genealogy.net/famreport.php?ofb=celle_west&ID=I13142&nachname=EICKENRODT&modus=&lang=de ).

Im Ersten Weltkrieg diente Arthur in der Kaiserlichen Marine als Heizer. Seine Einheit war die 3. Kompanie der 2. Werft-Division. Nach mündlicher Überlieferung war er zumindest zeitweise Heizer auf einem U-Boot. Mich würde sehr interessieren, auf welche(m/n) U-Boot(en) Arthur gefahren ist. Leider haben wir keine Dokumente, aus denen das klar hervorgeht. Alles, was wir haben, sind mündliche Berichte, ein Foto, das Arthur in seiner Uniform zeigt (siehe Dateianhang) und ein Notizheft, in dem Arthur handschriftlich einige Lieder und Gedichte aufgeschrieben hat. Arthur hat den Krieg überlebt, ist daher nicht in Gefallenen-Listen o.ä. verzeichnet.

Fragen:

1a) War es üblich, dass Heizer von U-Boot zu U-Boot oder gar von U-Boot zu Schiff versetzt wurden oder blieb die Mannschaft für die Dauer des Krieges üblicherweise auf dem selben Schiff? Will sagen: Suche ich nach einem oder nach mehreren U-Booten oder Schiffen?

1b) Gibt es irgendwo Listen der Besatzungsmitglieder der deutschen U-Boote? In einem anderen Thread habe ich gelesen, dass das Archiv des Deutschen U-Boot-Museums in Cuxhaven solche Listen führt. Über die Online-Recherche auf deren Internetseite des DUBM kann ich aber nur nach U-Booten suchen, nicht nach einzelnen Besatzungsmitgliedern.

2) Das o.g. Notizheft gibt Hinweise aber wirft auch Fragen auf. Der Hauptteil ist leider nicht sehr aufschlussreich; es handelt sich offenbar um eine Sammlung von Gedichten und Liedern, die unter Marineseeleuten zu der Zeit populär waren. Bemerkenswerter ist da schon eher eine Liste von Adressen von Personen, mit denen Arthur während seiner Dienstzeit zu tun hatte, darunter ein Kaufmann aus ,,Pola, Österreich" und zwei Personen beim deutschen Konsulat auf Korfu, Griechenland. Dazu eine Handzeichnung einer Meerenge oder Bucht, umgeben von Bergen mit schroffen Felsen; am Ufer verschiedene Gebäude und eine Kirche im südländischen Stil. Es könnte z.B. die Bucht von Cattaro/Kotor sein.

Aus der Adresse in Pola und der Zeichnung schließe ich, dass Arthur zumindest zeitweise bei der k.u.k.-Marine im Mittelmeer im Einsatz war. Dies dürfte die Zahl der in Frage kommenden U-Boote für die o.g. Suche deutlich reduzieren. Leider ist nirgendwo ein Datum vermerkt, was bei der Eingrenzung helfen könnte.

Sehr seltsam finde ich die Adressen beim deutschen Konsulat auf Korfu. Arthur war offenbar dort. Aber Griechenland war doch im Ersten Weltkrieg anfangs neutral und zum Ende hin auf Seiten der Entete. Warum sollte die Besatzung eines deutschen U-Bootes auf einer griechischen Insel an Land gehen? Könnte es sein, dass Arthurs U-Boot nahe Korfu, z.B. in der Otranto-Sperre, beschädigt wurde und dass die Besatzung als Schiffbrüchige nach Korfu kamen, von wo sie über die Botschaft die Rückreise nach Deutschland organisieren mussten? Ist ein solcher diplomatischer Vorfall bekannt / dokumentiert?

Über Hinweise, die mir bei der Beantwortung meiner Fragen helfen, würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße
Harm

Karsten

Zuerst einmal herzlich Willkommen im FMA.

Dann der Hinweis, dass im Ersten Weltkrieg nicht nur k.u.k. U-Boote, sondern auch deutsche U-Boote im Mittelmeer tätig waren. 
Viele Grüße,

Karsten

Hippi

Auch von mir herzlich Willkommen, Harm

Eine weitere Ergänzung von meiner Seite:
- die ersten deutschen U-Boote, UB-3, UB-8 und UB-9 kamen 1915(?) im Bahntransport nach Pola, um gegen die Dardanellen zu operieren.
- aus Geheimhaltungsgründen führten diverse Boote der deutschen U-Flottille Mittelmeer zeitweise die K.u.K. Kriegsflagge sowie eine Österreichische Nummer (z.B. deutsches UC 35 = K.u.K U-75) bei stehts deutscher Besatzung.

Interessant wäre natürlich die Handskizze um die Gegend genauer zu lokalisieren.

Grüße Hippi

Sven L.

Hallo,

wie bereits in einem anderen Thread geschrieben, muss dir leider mitgeteilt werden, dass es keine Besatzungslisten mehr gibt.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

UC 67

Moin Sven,

da muss ich widersprechen. Die Besatzungslisten der gesunkenen Boote liegen unter RM3 in Freiburg. Die Listen der ausgelieferten Boote sind dem Buch ,,Ausgeliefert - Die Deutschen U-Boote 1918-1920 und ihr Verbleib" zu entnehmen. Diese stammen aus London. In den Logbüchern findet man ebenfalls Besatzungslisten. Diese sind ebenfalls in Freiburg. Die Liste mit den einzelnen U-Boot-Fahrern in Altenbruch enthält den Namen Eickenrodt leider nicht. Das muss nicht heißen, dass er nicht auf einem U-Boot gefahren ist. Die Fluktuation auf den Booten war relativ hoch und noch sind die Logbücher in Freiburg nicht ausgewertet worden, zumindest ist mir nichts bekannt.
Gruß aus Potsdam

Simon

Harm

Zitat von: Karsten am 09 April 2019, 17:52:45
Dann der Hinweis, dass im Ersten Weltkrieg nicht nur k.u.k. U-Boote, sondern auch deutsche U-Boote im Mittelmeer tätig waren.
Ich habe ich mich falsch ausgedrückt. Mir ist bewusst, dass die deutschen U-Boote im Mittelmeer zwar mit Österreich kooperierten und österreichische Häfen nutzten, aber i.d.R. trotzdem für Deutschland fuhren. Ich habe inzwischen einiges über deutsche U-Boote im Mittelmeer im 1. WK gelesen, beginnend mit https://de.wikipedia.org/wiki/U-Flottille_Mittelmeer .

Zitat von: Hippi am 09 April 2019, 19:17:40
Interessant wäre natürlich die Handskizze um die Gegend genauer zu lokalisieren.
Anbei ein Scan der Zeichnung. Ich habe schon viel im Internet nach aktuellen und alten Fotos aus der Region gesucht, um die Szene wiederzufinden, aber es ist mir bisher nicht gelungen. Ich habe verschiedene Hafenstädte in Dalmatien in Betracht gezogen: Pula/Pola, Split, Cattaro/Kotor, ... Es gibt zwar Ähnlichkeiten, aber insbesondere die sehr charakteristische Kirche auf der rechten Seite kann ich nirgends genau so entdecken.

Peter K.

Viel kann man in die Zeichnung ja nicht hinein interpretieren, aber der Zweischornsteiner könnte den Kreuzer KAISER FRANZ JOSEPH I . darstellen, der den ganzen Krieg über in der Bocche stationiert war und auch oft vor dem auch von deutschen Ubooten stark frequentierten Ubootsützpunkt Gjenovic ankerte.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Harm

Zitat von: Peter K. am 12 April 2019, 17:34:07
Viel kann man in die Zeichnung ja nicht hinein interpretieren, ...
Mir bestätigt die Zeichnung immerhin, dass A. Eickenrodt wohl im Mittelmeer war, denn die Szene passt mit den schroffen Bergen, den Palmen und den Gebäuden ganz sicher nicht in die Nord- oder Ostsee.
Zitat von: Peter K. am 12 April 2019, 17:34:07
... der Zweischornsteiner könnte den Kreuzer KAISER FRANZ JOSEPH I . darstellen
Wenn ich Bilder vergleiche, sehe ich bei der k.u.k.-Kriegsmarine die größte Ähnlichkeit mit der SMS Zenta.

Noch größere Übereinstimmung finde ich bei der deutschen Gazelle-Klasse, z.B. SMS Niobe, aber soweit ich auf die Schnelle herausfinden konnte, war kein derartiges Schiff im 1. WK in der Adria im Einsatz.
Zitat von: Harm am 09 April 2019, 17:18:59
Sehr seltsam finde ich die Adressen beim deutschen Konsulat auf Korfu. Arthur war offenbar dort. Aber Griechenland war doch im Ersten Weltkrieg anfangs neutral und zum Ende hin auf Seiten der Entete. Warum sollte die Besatzung eines deutschen U-Bootes auf einer griechischen Insel an Land gehen?
Kommen wir zu meinen Fragen vom Anfang zurück:
Ist jemandem was von einem Zwischenfall mit einem deutschen U-Boot vor Korfu bekannt?



Peter K.

ZitatSMS Zenta
... scheidet wohl aus, das 1914 versenkt.
Die Schwesterschiffe ASPERN und SZIGETVAR kommen aber in Frage - erstere war bis Oktober 1917 in der Bocche, zweitere von Juni bis November 1917.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

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