Identifizierung Marinegeschütz

Begonnen von Red Baron, 12 März 2019, 14:23:44

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Red Baron

Das folgende Marinegeschütz kann ich absolut nicht identifizieren. Es steht einmal in der WTD 91 Meppen und im Auto & Technikmuseum Sinsheim. Bitte den Verschluß beachten.

Gruss

Andreas

Schorsch

Hallo Andreas,

für mich sieht das nach den Resten einer 10,5 cm SK C/32 in Ubts-Lafette C/32 U oder C/36 U aus. Als besonderes Schmankerl hat man noch einen Splitterschutz auf der Lafette montiert. Ob das in dieser Kombination ein regulärer Rüstsatz war, oder ob da ein gerüttelt Maß an Eigeninitiative sich Bahn gebrochen hat, kann ich aber nicht sagen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Red Baron

Hallo Schorsch,

auf den ersten Blick sieht es wie eine 10,5cm SK aus. Aber die 10,5cm SK hat einen völlig anderen und vor allem massiveren Verschluß. Wäre es ein Einzelexemplar in der WTD 91 gewesen, hätte ich an ein Experimentalrohr gedacht. Aber es steht auch in Sinsheim. Insofern kann man von einer "Serie" sprechen. Ich habe schon soviel Literatur gewälzt und das Internet befragt, aber man kommt nicht weiter. Denn bei den meisten Abbildungen fehlt eine Darstellung des Verschlusses und hier liegt wahrscheinlich der Schlüssel zur Lösung.

Gruss

Andreas

Hippi

Hallo Andreas,
ich bin zwar nicht der große Spezialist für deutsche Marinegeschütze, aber das abgebildete scheint ein 8.8 cm SK C/35 Marinegeschütz zu sein.
Vergleiche mit Bildern im Internet zeigen große Übereinstimmungen.
Grüße
Hippi

Schorsch

#4
Hallo Andreas,

vergleiche doch einmal bitte den Verschlussblock "Deines" Geschützes mit denen der Bewaffnung der Typ IX-U-Boote. Du wirst sehen, dass diese übereinstimmen. Als Ursache für die unterschiedliche Gestaltung der Waffen, die in die gewöhnlichen Mittelpivotlafetten eingelegt waren, zu denen, die in den Ubootslafetten gelagert waren, scheinen in der unterschiedlichen Anbringung der Rücklaufbremsen und Vorholer bei den beiden Lafettentypen begründet zu sein. Bei den Mittelpivotlefetten liegen die Rücklaufbremsen über der Rohrwiege, bei den Ubootslafetten zusammen mit dem Vorholer darunter. Warum allerdings beide 10,5 cm SK bei doch deutlichen Unterschieden in der Gestaltung die gleiche Bezeichnung trugen, weiß ich allerdings nicht zu sagen.

Hier noch ein Link zu einem Vergleichsbild: --/>/> Klick!

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch

Nachklapp: Hippis Vorschlag scheitert daran, dass die 8,8-er nur einen Vorholer und eine Rücklaufbremse unter der Rohrwiege hatten. Bei der 10,5-er waren es zwei Rücklaufbremsen und der Vorholer. Die drei Baugruppen sind auf den ersten "Rätselbild" eigentlich gut zu erkennen.

edit: Link gefixt
'Judea, London. Do or Die.'

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Red Baron

#5
Hallo Schorsch,

das ist es !!! Ich habe im Bundesarchiv aufgrund Deines Hinweises nachgeschaut und es ist tatsächlich eine 10,5cm SK Utof L/45. Der Hinweis mit den IX U-Booten war entscheidend. Vielen Dank.


Gruss

Andreas

Bild: Bundesarchiv 101 II-MW-4006-28 Foto: Tölle

Schorsch

Hallo Andreas,

freut mich, dass ich helfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

t-geronimo

Hallo Andreas!

Liegt die Genehmigung des Bundesarchivs vor, das Bild zu veröffentlichen?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Red Baron

Hallo Thorsten,

nun wird es juristisch:

Der Urheber ist im alleinigen Besitz der Verwertungsrechte an seinen Werken, allerdings gelten diese Rechte nicht uneingeschränkt. Zugunsten des berechtigten Interesses der Allgemeinheit an den Werken finden Beschränkungen statt. Diese werden auch als Schranken des Urheberrechts bezeichnet.

Zitate (§ 51)
Findet durch ein Zitat eine Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe statt, ist dies zulässig, wenn die Nutzung durch einen besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Dies ist zum Beispiel bei wissenschaftlichen Arbeiten der Fall, wenn dadurch der Inhalt erläutert wird.
In dem aufgeführten Vergleich der beiden Bilder und dem daraus sich ergebenden Kontext ist m. E. der Charakter des Zitates gegeben, zumal es sich bei dem Bild aus dem Bundesarchiv nur um ein für eine Veröffentlichung nicht geeignetes niedrig aufgelöstes digitales Image handelt. Kosten- und genehmigungspflichtig sind Bilder, die vom Bundesarchiv in einer veröffentlichkeitsfähigen Form bereitgestellt werden.

Werden keine anderen Aspekte vom Urheberrecht verletzt, wie zum Beispiel die Verwendung von Werken aus offensichtlich rechtswidrigen Quellen, ist eine erlaubnisfreie Nutzung zulässig.

Sollten trotzdem weiterhin Bedenken zu dem Bild bestehen, dann bitte löschen.

Gruss

Andreas

t-geronimo

Aus den Bedingungen des Bundesarchivs:

"Herkunftsnachweis
Der Benutzer ist verpflichtet, bei jeder Veröffentlichung von Bildmaterial des Bundesarchivs die vollständige Signatur der Bilder und - soweit bekannt - die Namen der Fotografen in unmittelbarer Zuordnung zum Bild oder in einem besonderen Bildnachweis der Veröffentlichung anzugeben. Hierbei ist folgendes Schema zu benutzen: Bundesarchiv, Bildsignatur / Fotograf.
Beispiel: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1109-030 / Fotograf: Thomas Lehmann
oder
BArch, Bild 183-1989-1109-030 / Thomas Lehmann".

Das gilt für jedes Foto, egal in welcher Auflösung. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen!!
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Red Baron

Was ich immer noch nicht verstehen kann ist, dass man ein Geschütz - die 10,5cm SK C/32 - mit unterschiedlichen Verschlüssen gebaut hat. Paul Schmalenbach bezeichnet das Geschütz in seinem Buch "Die Geschichte der deutschen Schiffsartillerie" in meinem ersten Beitrag als 10,5cm SK C/32 U, nicht Utof. Daraus folgere ich, dass man bei diesem Geschütz den Verschluß wegen Einsatzes auf U-Booten vereinfacht hat oder verändert, damit er nicht so empfindlich ist. In der Wehtechnischen Studiensammlung in Koblenz steht eine 10,5cm SK C/32, die als nL bezeichnet wird. Es besitzt den bekannten Verschluß der C/32. Er sieht komplexer aus. Wahrscheinlich war dieser Verschluß zu anfällig für den Einsatz auf U-Booten. Das warum würde mich interessieren.

Gruss

Andreas

PS
Alle Bilder selbst fotografiert.

Kuk

Hallo
Ist eigentlich ganz einfach
Das eine ist eine Kanone
Die andere eine Flak

Schönen Gruß von der Ostsee
kuk

Red Baron

Nein, so einfach ist es eben nicht. Die 10,5 cm SK C/32 wurde als reines Schiffsgeschütz konzipiert. Erst durch die spätere Verwendung in unterschiedlichen Lafetten kam es aufgrund seiner Leistungen in unterschiedliche Rollen. Flak, Küstenabwehr usw. Doch diese Geschütze hatten alle den gleichen Verschluß, wie zahlreiche Bilder im Internet zeigen. Das Geschütz vom Anfangsthread besitzt einen anderen Verschluß. Ich vermute, dass dieser Verschluß extra für U-Boote konzipiert wurde, um das Eindringen von Seewasser in den "Standard"-verschluß zu verhindern. Ansonsten macht die Ausstattung eines Universalgeschützes mit unterschiedlichen Verschlüssen keinen Sinn.

Gruss

Andreas

Schorsch

#13
Hallo Andreas!

Dass es nur zwei Ausführungen der 10,5 cm SK. C/32 gegeben habe, ist so nicht richtig. Insgesamt existierten fünf Lafetten-Grundtypen (10,5 cm MPL C/32, 8,8 cm MPL C/30, 10,5 cm MPL C/35. 10,5 cm MPL C/32 g.E. und 10,5 cm UbtsL. C/36), in die 10,5 cm SK C/32 eingelegt wurden und bei allen unterscheiden sich die Positionen der Rohrbremse (oberhalb der Wiege bei allen Lafetten bis auf 10,5 cm UbtsL. C/36) und der Vorholer (oberhalb der Wiege bei 10,5 cm MPL C/32, 8,8 cm MPL C/30 und 10,5 cm MPL C/35; jeweils unter der Wiege bei MPL C/32 g.E und 10,5 cm UbtsL. C/36) und damit die Befestigungen dieser Bauteile an den jeweiligen Verschlussblöcken. Des Weiteren weisen die verwendeten Verschlüsse z.B. zusätzlich noch unterschiedliche Gestaltungen der Endmuttern der Gestänge der Vorholer am Verschluss auf. Zudem gab es auch unterschiedliche Ausführungen der Rohre bezüglich ihres inneren Aufbaus und des Vorhandenseins einer motorunterstützten Ladeautomatik. Insgesamt führt z.B. die M.Dv. 170,21 von 1942, die die Munition dieser Geschütze beschreibt, acht verschiedene Geschütztypen auf, die alle unter der Bezeichnung 10,5 cm SK C/32 subsummiert werden. Dazu kommen noch nachgebohrte Geschütze der Typen 10,5 cm Ubts u. Tbts. Flak L/45 in Ubts. u. Tbts. L. C/1916, die 10,5 cm SK. L/45 und die 10,5 cm Flak L/45. Mir kommt es so vor, dass damit die gemeinsame Munition den Dreh- und Angelpunkt für die verwendete Bezeichnungen für diese teils doch deutlich unterschiedlichen Geschütze darstellen könnte. Gestützt wird diese Annahme imho auch davon, dass die 10,5 cm SK C/28 oder die 10,5 cm SK C/33 wiederum eigene Munitionsarten verfeuerten, ganz zu schweigen von den für die neue Munition noch nicht adaptierten Veteranen des Kalibers 10,5 cm, die noch aus Zeiten des WWI in den Arsenalen vorhanden waren.

Die Überlegung, dass für die auf den U-Booten eingesetzten Geschütze besonders seewasserfesten Konstruktionen der Verschlüsse geschaffen wurden, erscheint mit nicht recht tragfähig, da z.B. bei den kleinkalibrigen Flakwaffen auch keine besonders korrosionsbeständigen Materialien verwendet wurden (Vgl. dazu z.B. M.Dv. 228,32; Ziffer 10!). Das Geschütz in Koblenz weist über dem Rohr eine Ladeautomatik auf, die bei großen Rohrerhöhungen (die 8,8 cm MPL. C/30 kam bis auf maximal 79°) das Einführen der Patronen in das Rohr erleichterte. Solch eine Einrichtung war bei den U-Bootswaffen (max. Erhöhung 30° bei der UbtsL. C/36) natürlich nicht notwendig.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Red Baron

Hallo Schorsch,

vielen Dank für die Antwort. Es scheint hier wohl ein Labyrinth an Verschlüssen und Lafetten für dieses Geschütz zu geben. Eine leichte Beantwortung meiner Frage zum Verschluß der o.a. 10,5cm ist also nicht so einfach. Ich werde mich mal selbst in die Materie stürzen und weiter recherchieren. Ich habe per Fernleihe schon mal die M.Dv. 234/2, 436/10 und 437/XXI geordert. Vielleicht komme ich damit weiter.

Gruss

Andreas

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