Ich danke für Eure Worte. Ja, ich hätte den ursprünglichen Text besser nicht löschen sollen. Nun, jetzt ist es zu spät. Nicht jedoch für einige weitere Zeilen, die meine damalige Reise näher beschreiben:
Erinnerungen an meinen Italien-Besuch im September 2005Mit einer Maschine der Fluggesellschaft Ryanair begab ich mich am 15. September 2005 von Lübeck nach Pisa. Das von mir zuvor online reservierte Hotelzimmer konnte man mir zu meinem Erschrecken nicht geben, da das Haus überbucht und kein Zimmer mehr frei war. Ein Angestellter führte mich zu einem anderen Hotel, wo ich die Nacht verbringen konnte.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit dem Zug nach La Spezia. Nach Einchecken im schönen Hotel erkundete ich die nähere Umgebung und stattete auch dem Museo Tecnico Navale della Spezia, das sehr interessant und sehenswert ist, einen Besuch ab.
Am Nachmittag lernte ich das Ehepaar Brill persönlich kennen. Susanne und Karl-Friedrich waren sehr nett und freundlich. Er, der Sohn des berühmten und gleichnamigen Minenschiff-Offiziers /Kommandanten Karl-Friedrich Brill, war zusammen mit seiner Ehefrau ebenso wie ich vom italienischen Marinebund zur Zeremonie auf dem in Hafen von La Spezia liegenden Zerstörer ARDITO eingeladen worden. Wir hatten uns sehr viel zu erzählen. Zum Essen, das die Brills am Abend spendierten, brachte ich ihnen das (kopierte) Kriegstagebuch des Minenschiffes JUMINDA mit. Ich hatte es in einem Hardcover-Buchumschlag einbinden lassen zusammen mit vielen anderen Dokumenten zur Geschichte des Minenlegers. Zu den 63 Menschen, die beim Untergang fielen, zählte neben meinem Großvater (Maschinen-Hauptgefreiter Karl-Heinz Waack) auch der Korvettenkapitän der Reserve K.-F. Brill. Ihn hatte man einige Tage nach der Versenkung des Schiffes im Mittelmeer treibend geborgen, auf dem Friedhof von Orbetello / Monte Argentario mit militärischen Ehren beigesetzt und später dann auf den Soldatenfriedhof von Pomezia umgebettet. Meinen Großvater fand man nicht und es ist davon auszugehen, dass seine sterblichen Überreste im Innern der JUMINDA auf dem Grund des Meeres ruhen.
Es wurde ein langer Abend im Restaurant. Das 6-Gänge-Menue war überaus schmackhaft und reichhaltig, auch wurde manche Flasche guten Wein geleert. Ich hätte mich besser etwas mehr zurückgehalten, denn die Speisen waren mit viel Olivenöl zubereitet und mein Verdauungsapparat sollte schon bald „Probleme“ damit bekommen…
Als ich am folgenden Morgen auscheckte und meine Hotelrechnung begleichen wollte, wurde mir an der Rezeption mitgeteilt, dass diese bereits bezahlt wäre. Ja, das Ehepaar Brill war sehr großzügig und ich darüber sehr erfreut und dankbar.
Mit einem Militärbus wurden wir zum Marine-Arsenal La Spezia gebracht. Es lagen einige Fahrzeuge der italienischen Marine im Hafen, darunter auch AUDACE (D 551) und ARDITO (D 550). Zu den Menschen, die D 550 bestiegen, gehörte auch Alessandro Dondoli. Zu ihm, dem in Piombino wohnenden Alessandro, hatte ich bereits vor längerer Zeit Kontakt geknüpft. Beide sehr an der Marinegeschichte interessiert, hatten wir „guten Draht“ zueinander gefunden und wir verstanden uns prächtig. Zunächst mittels Briefe, E-Mails und Telefonaten verbunden, so konnte ich Alessandro am Morgen dieses 17. September 2005 erstmals persönlich treffen und begrüßen.
Zusammen mit dem Ehepaar Brill und meinem Freund schaute ich mir den Zerstörer ARDITO näher an. Der Kommandant des Schiffes, Ertreo, ließ es sich nicht nehmen, uns zu begleiten, die Brücke und vieles mehr zu zeigen und zu erklären.
Zu unserem Bedauern erfuhren wir, dass ARDITO nicht wie geplant mit uns auf See hinaus fahren würde. Eine Schlechtwetterfront näherte sich und der Wind nahm merklich zu. Mit höherem Seegang war zu rechnen und man wollte das körperliche Wohlbefinden der Gäste (aus verschiedenen Ländern, vielfach einem Marinebund angehörend) nicht „gefährden“. So fand die Zeremonie für die auf See gebliebenen Menschen nicht auf „schwankenden Planken“, sondern im Hafen von La Spezia statt.
Vielleicht war das auch gut so, denn meine Rede, die ich hielt, war etwas länger und möglicherweise hätte mir kaum jemand zugehört, wenn man mit der Seekrankheit zu „kämpfen“ hat. Das was ich sagte bzw. im Video
https://www.youtube.com/watch?v=wS9RDHK2d-4 akustisch nur unzureichend zu verstehen ist, kann hier nachgelesen werden:
http://www.manfred-krellenberg.de/Dennoch hätte ich mir gewünscht, mit ARDITO in See zu stechen, das gebe ich zu. Ein hübsches Video vom Zerstörer ist hier zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=AaRBgUV3eHIDie Kränze für die auf See Gebliebenen, insbesondere auch für die Opfer des Untergangs der JUMINDA, wurden einige Tage später dem Mittelmeer übergeben. Von der Schiffsführung der ARDITO erhielt ich einige Bilder, welche die feierliche Zeremonie zeigen. Auch vom italienischen Geistlichen bzw. dem „Kapuziner“ bekam ich ein Schreiben mit netten persönlichen Worten. Ich habe mich darüber sehr gefreut!
Von La Spezia aus ging es nun nach Piombino. Alessandro brachte uns mit seinem Wagen dorthin. Das Zimmer im Hotel, das ich online gebucht hatte, entsprach voll meinen Erwartungen; ich war sehr zufrieden. Mein Freund holte mich von dort wenige Stunden später wieder ab und führte mich zu seinem schönen Haus. Hier lernte ich auch seine Frau Arianna und die Tochter Giorgia kennen. Es wurde Abend, als wir wieder in Richtung Stadtzentrum aufbrachen. Man zeigte mir die Clubräume der LEGA NAVALE PIOMBINO und präsentierte mir dort einen sehr interessanten Film von der Unterwasserwelt der näheren Umgebung. Allzu lange konnte ich mich leider nicht an den wunderbaren Aufnahmen erfreuen, denn es rumorte tüchtig in meinem Bauch und das viele Olivenöl, das ich zusammen mit den Speisen zu mir genommen hatte, wollte mehr als nur einmal wieder „hinten raus“…
Ich befürchtete, dass ich am kommenden Tag das Hotel nicht würde verlassen können. Gut, dass die eingenommenen Medikamente ihre Wirkung entfalteten und ich die Fahrt in Richtung Monte Argentario antreten konnte. Vor Erreichen der Halbinsel trafen wir auf Claudio Amerini. Der in Florenz wohnende Claudio hatte das Wrack der JUMINDA im Jahr 2002 nach intensiver und zeitraubender Suche geortet. Um sich von der Identität des Schiffes zu überzeugen, hatte er sich mit anderen versierten Tauchern in die Tiefe begeben und großes Risiko auf sich genommen.
Mit einem motorisierten Schlauchboot brachte uns Claudio von Santa Liberata in Richtung Sinkstelle der JUMINDA. Wir passierten Porto Santo Stefano und fuhren einer sich rasch nähernden Schlechtwetterfront entgegen. Unter diesen Umständen war es sicherlich nicht vernünftig, auf das Meer hinauszufahren. Aber Claudio wusste nur zu gut, was es dem Ehepaar Brill und auch mir bedeutete, den Untergangsort des Minenschiffes anzusteuern. Alessandro, mit im Boot, filmte unsere Reise in die „Vergangenheit“. Er hatte auch dafür gesorgt, dass wir ein sehr schönes Blumengesteck mitnehmen und am Ort der damaligen Tragödie dem Meer übergeben konnten. Wir hatten auch eine Plakette aus Marmorstein dabei mit der Aufschrift JUMINDA ex ELBANO GASPERI und dem Tag des Untergangs, 22.10.1943.
Nach einer kurzen Ansprache, die ich über der letzten Ruhestätte des Schiffes und vieler seiner Besatzungsangehörigen hielt, war es auch schon wieder Zeit, in Richtung Monte Argentario aufzubrechen. Eine bedrohlich aussehende Wolkenwand hatte sich uns inzwischen soweit genähert, dass ein weiteres Verbleiben am Ort nicht ratsam war.
Zurück in Santa Liberata zeigte uns Claudio Amerini Videoaufnahmen, die er bei einem seiner Tauchgänge zur JUMINDA gefertigt hatte. Auch wenn aufgrund schlechter Sichtverhältnisse nicht viel vom Wrack zu erkennen war/ist, so waren die Brills und ich doch emotional sehr berührt. Ich bin ihm auch heute noch sehr dankbar für den Film, den er für uns auf CD gebrannt hatte. Vor allem aber für seine Mühen, die er sich gab, um uns einen großen Herzenswunsch zu erfüllen. Sicherlich war auch der finanzielle Aufwand nicht unerheblich.
Von Santa Liberata ging es nach Porto Santo Stefano. Erstmalig bekam ich Gelegenheit, mir das malerisch schöne Hafenstädtchen aus der Nähe anzusehen. Susanne und Karl-Friedrich Brill luden Alessandro und mich (Claudio war von Santa Liberata aus wieder gen Heimat gefahren) zum Essen ein. Leider ging es mir noch immer nicht so gut, als dass ich gut „zulangen“ konnte.
Auf dem Weg zurück nach Piombino kamen wir an Punta Ala vorbei. Die Felssprenkel von Scoglio dello Sparviero, welche das am 16.10.1943 auf einer Sperr-Unternehmung befindliche Minenschiff JUMINDA und das Geleitschutz gebende Räumboot 200 gerade noch rechtzeitig ausweichen konnten, nahm ich nun erstmalig selbst in Augenschein. Auch die Reste der bei Punta Falcone befindlichen Scheinwerfer-Batterie, von wo aus das auf seiner letzten Fahrt befindliche Minenschiff am Abend des 21.10.1943 angestrahlt wurde, zeigte Alessandro mir. Als ich von Pisa aus wieder nach Hause flog, hatte ich ganz viele Erlebnisse in meinem „persönlichen Gepäck“. Überaus dankbar bin ich nicht nur für die Erfahrungen, die ich in diesen Tagen machen durfte – ohne meine Freunde Alessandro und Claudio und ohne dem Ehepaar Brill sowie dem deutschen und italienischen Marinebund wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Reise und in diesem Umfang zu realisieren.
Und wer weiß, wer alles „von oben“ mitgeholfen hat, dass ich diese Tage – so traurig der Anlass dazu auch war – nicht missen möchte in meinem Leben. Auch ihnen ein DANKESCHÖN; das aus tiefster Seele kommt.