Hochdekorierter U-Boot-Kommandant in einer Bewährungseinheit

Begonnen von wirbelwind, 18 November 2018, 16:04:08

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Rudergänger

Hallo,
Danke für diesen ausführlichen und aussagekräftigen Lebenslauf von H. Schimmelpfennig. Es ist schon Bemerkenswert welche Stufen er in der KM bis zum tragischen Ende durchlaufen hat.

Viele Grüße
Harald

wirbelwind

Hallo,
den Lebenslauf von Schimmelpfennig, seinen Werdegang in der DKM und die Infos über seine Verurteilung zu lesen, waren für mich aufschlussreich. Der Hinweis von Heinz-Jürgen, dass der Informationsaustausch zwischen Fachhistorikern und die annahme von Untertstützung nicht gerade einfach ist, stellt für mich den Schlüssel dar, warum oft falsche Angaben in den jeweiligen Büchern erscheinen. Neugierig hat mich der Hinweis zum ,,Schwarzen U-Boot" gemacht. Welche Geschichte verbirgt sich denn dahinter?

MfG Wirbelwind

Teddy Suhren

Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Arche

Hallo,

zu Schimmelpfennig: ein Marine Infantriebataillon hat es aus meiner Sicht nicht gegeben. Er ist auf jeden Fall zu den Endkämpfen nach Berlin geschickt worden und zwar direkt aus Anklam. Wahrscheinlich lag die Kommandierung zum Infantrie Bataillon 500 zbV schon vor.


Die Geschichte mit dem "schwarzen U Boot" kann ich ja noch nachschieben.

Der ehemalige Marinesoldat Paul Bochen behauptete vor Jahren, dass es ein U-Boot gab, auf den nur Bewährungssoldaten der U-Bootwaffe direkt Bewährungsdienstdienst taten. Natürlich gab es U-Bootfahrer, die auf U-Booten zur Frontbewährung fuhren, aber das o.g. U-Boot (Schwarze U-Boot) war eine Erfindung/Legende. Als dies von Fachleuten als Quatsch abgetan wurde, drohte er mit der Veröffentlichung seines Buchmanuscriptes und schob nach, das die die U-Bootgeschichte ein neues Kapitel bekommen würde.
Horst Bredow versuchte dann, diese Behauptungen zu widerlegen und forschte über Paul Bochen nach. Er war sicherlich überzeugt, dass die Geschichte erfunden war, aber der Lebenslauf von Bochen konnte erst einmal nicht widerlegt werden. Das ganze wurde dann als unseriös abgelegt. Später wurde dann klar, das Bochen nie auf einen U-Boot fuhr (er war u.a. auf ein Vorpostenboot). Das Buch kam auch nicht heraus und Paul Bochen verstarb in der USA.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

wirbelwind

Hallo Heinz-Jürgen,
warum Schimmelpfennig nicht zum Bataillon 500 z.b.V. kam, dass ja eine Bewährungseinheit war, lag vielleicht daran, dass der Endkampf in Berlin wichtiger erschien. Deshalb alles, was nur ging, dorthin kommandiert wurde. Dönitz schickte ja auch Marineangehörige dorthin. Allerdings liegen mir keine Erkenntnisse vor, dass besagte Bewährungseinheit in den Kämpfen in Berlin zum Einsatz kam.
Zum ,,Schwarzen U-boot". Hätte doch Bochen seine drohung wahr gemacht und sein Manuskript veröffentlicht. Dann hätte die Auseinandersetzung mit ihm noch anders geführt werden können.
MfG Wirbelwind

Arche

Hallo Wirbelwind,

dieses Manuscript hat es sicherlich nie gegeben. Auf jeden Fall war sein militärischer Lebenslauf, den er damals bei Horst Bredow ablieferte getürkt.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

wirbelwind

Hallo Heinz-Jürgen,

Deine Antwort, dass es kein Buchmanuskript von Bochen gibt, habe ich schon vermutet. Sonst wäre er bestimmt zur Veröffentlichung geschritten. Was mich noch interessiert, ob es Erkenntnisse gibt, in welchem Umfang U-Boot-Männer als Bewährung auf entsprechenden Booten mitfuhren?

MfG Wirbelwind

Arche

Hallo Wirbelwind,

eine genaue Zahl von Bewährungssoldaten, auch geschätzt, ist mir noch nicht bekannt. Es gab Kommandanten, die keine Bewährungssoldaten an Bord haben wollten und es gab Kommandanten, die dabei nicht einschritten. Heinz Trompelt schreibt in seinen Buch "Eine andere Sicht", daß fünf Besatzungsmitglieder auf Bewährung an Bord waren. Dies war wohl eine sehr hohe Zahl. Um eine Frontbewährung zu bekommen, waren aber sicherlich einige Bedingungen zu erfüllen.
- geringe Strafe
-die Führung vor der eigentlichen Tat war gut
-die fachliche Beurteilung war gut
-Reue
-das Gericht ging von einen einmaligen Ausrutscher aus

War die Strafe höher und es kam zur Frontbewährung im Landeinsatz musste eine positive Beurteilung von dort vorliegen.

Verurteilungen nach § 175 schlossen eine Bewährung aus.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

FAlmeida

Ich gebe zu, dass Paul Frerks an Ex-Häftlingen an Bord der U-Boote beteiligt ist


313   Frerks, Paul-Heinrich       
25.06.1908 Hadersleben / Kreis Hadersleben / Reg. Bez. Schleswig / Preußische Provinz Schleswig-Holstein Handelsmarine Patent A 6   Reserve Seeoffizier   vorher in der Handelsmarine-HSO / Eintritt in Kriegsmarine, Jahrgang IX / 1939
07.09.1939   Rekrut   
01.02.1940   Bootsmannsmaat d.R.   
01.07.1940   Bootsmann d.R.    
01.11.1940   Leutnant zur See d.R.   
01.01.1943   Oberleutnant zur See d.R.    
01.07.1944   Matrose I. d.R. [Rangverlust]
                                                         
25.12.1940   Kriegsabzeichen für Minensuch-, U-Jagd- und Sicherungsverbände für den Dienst als Kdt. von Minensuchboot "M 1401" / 14. Minensuchflottille"    
14.04.1941   Eisernes Kreuz 2. Klasse für den Dienst als Kdt. von Minensuchboot "M 1401" / 14. Minensuchflottille"    
12.10.1941   Eisernes Kreuz 1. Klasse für den Dienst als Kdt. von Minensuchboot "M 1401" / 14. Minensuchflottille    
02.09.1943   U-Boots-Kriegsabzeichen 1939 für den Dienst an Bord als WO von "U 117" (02.1943-08.1943)                                                   
07.09.1939-26.09.1939   2. Marineartillerieabteilung, Wilhelmshaven, Grundausbildung;   
27.09.1939-28.10.1939   Aufstr. Abteileng. Bremen;   
29.10.1939-01.12.1939   Marinenachrichtenschule, Flensburg-Mürwik, Lehrgang;   
02.12.1939-01.02.1940   diverse Kommandos;   
02.02.1940-26.03.1940   12. Minensuchflottille, St. Malo-Frankreich;   
27.03.1940-24.03.1942   Minensuchboot "M 1401 Derfflinger" / 14. Minensuchflottille, Boot-Kdt.; 25.03.1942-05.07.1942   40. Minensuchflottille, Brest-Frankreich, Boot-Kdt.;                                                   
06.07.1942-24.10.1942   zur Verfügung  U-Boot-Waffe / 2. Admiral der Unterseeboote, U.W.O-Lehrgang  2. U.L.D., Gotenhafen.        
25.10.1942-03.01.1943   U.T.O-Lehrgang  Torpedoschule, Flensburg-Mürwik.
04.01.1943-30.01.1943   U.W.O-Lehrgang  Marine-Nachrichtenschule, Flensburg-Mürwik.
31.01.1943-14.02.1943   zur Verfügung  10. U-Flottille, Lorient.
15.02.1943-06.08.1943   WO auf "U 117" [Kdt: Neumann] / 12. U-Flottille, Bordeaux. Ein Überführungsfahrt, 2 Seetage. Ein Minenoperation und Versorgungoperation, 44 Seetage. Einen wieder Versorgungoperation und Übertragung auf das "U 66", zum als Ersatz Kommandant.
06.08.1943-01.09.1943   Kommandant in Vertretung auf "U 66" [Kdt: Markworth] / 2. U-Flottille, Lorient. Oblt.z.S. Paul Frerks Genommen von "U 117" als Kmdt i.V. "U 66" und mit dem Rückmarsch zum Lorient-Frankreich, weil Kommandanten und Offiziere der "U 66" wurden verwundet.
02.09.1943-30.09.1943   zur Verfügung  10. U-Flottille,  Lorient.
01.10.1943-16.11.1943   KSL  23. U-Flottille, Danzig.    
17.11.1943-16.03.1944   Kommandant auf "U 975" / 5. U-Flottille, Kiel. Das Boot in Prüfungen und Übungen in der Ostsee nach seiner Indienststellung. Abgelöst wegen eines Disziplinar-Verfahrens, 4 x disziplinar bestraft, davon 2 x unter Alkohol schlecht benommen, Führung mangelhaft.
23.03.1944-11.06.1944   zur Verfügung  7. U-Flottille, St. Nazaire, am 01.05.1944 bedrohte er unter Alkoholeinfluss mehre Soldaten und Passanten mit einer Pistole und wurde deshalb am 06.05.1944 zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt § 330 RStGB OKM bestand auf Degradierung zum Matrosen.
12.06.1944-28.08.1944   Matrose zur Verfügung  1. U.A.A., Plön in Holstein. Entlassung aus dem Offiziersstand.
29.08.1944-03.12.1944   zur Verfügung  3. Unterseebootsausbildungsabteilung, Schleswig.
04.12.1944-04.05.1945   Matrose an Bord der "U 711" [Kdt: Lange] / 13. U-Flottille, Trondheim. Ein Überführungsfahrt, 4 Seetage. Drei Feindfahrten, 52 Seetage. er Boot gesunken nach Luftangriff bei Harstad-Norwegen in Position 68°43´ N, 16°34´ O, durch Luftbomben von Flugzeug des britischen Geleitträgers "HMS Searcher", "HMS Trumpeter" und "HMS Queen".                                                                                     
09.05.1945   Kriegsgefangen nach Kapitulation. Britische Krieggefangenschaft im Kriegsgefangen Lager. Entlassen in 24.08.1945 in einer Britischen Entlassungsstelle im norddeutschen Raum.
02.08.1963   Gestorben mit Alter von 55 Jahren in Haderslev in Dänemark .
1,3,4,5,11,12,26,46,47,55,71   


Gruß
Fernando
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        

wirbelwind

Hallo,
auch der Fall Paul Frerks ist interessant. Sich aus dem Mannschaftsstand hochdienen, um dann 1944 wieder zum Matrosen degradiert werden, nachdem er zwischenzeitlich der Kommandant von U 975 war.
Gibt es Infos, ob auch auf Lüths Boot sich Mannschaftsdienstgrade zur Bewährung befanden? Er galt ja als strammer Offizier, der sich seiner Menschenführung einiges zugute hielt.
MfG Wirbelwind

Arche

Hallo Wirbelwind,

ich kenne zwei Soldaten, die auf U 181 straffällig wurden. Zum ersten Soldat: er hatte nie wieder ein U-Bootkommando.
Zum zweiten Soldat: er hatte Frontbewährung auf U 801.

Verurteilte Soldaten kamen nicht auf das Boot zurück, wenn sie während ihrer Kommandierung dort straffällig wurden.

Nach den Aussagen meines Onkels gab es an Bord von U 181 und U 43 keine Bewährungssoldaten. Lüth war eher ein Spezialist für Disziplinierung. Dafür wurden ja auch keine Tatberichte verfasst, die dann vom jeweiligen Gericht geprüft wurden.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

wirbelwind

Hallo Heinz-Jürgen,
danke für die promte Antwort. Bei meiner Frage hatte ich überwiegend an U-Boot-Männer gedacht, die zuvor nicht zur Besatzung gehört hatten und Lüth nun disziplinieren sollte. Wie bereits erwähnt, hielt er sich da ja einiges zu gute. Dein Onkel wird ja sicherlich diese Maßnahmen erlebt haben, sollte er lange genug unter Lüth gefahren sein. Ob die davon Betroffenen imer froh gewesen sind, dass deswegen kein Tatbericht eingereicht wurde, weil Lüth das so regelte, steht auf einem anderen Blatt.
MfG Wirbelwind

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