E. K. Taddey (Kriegsmarine)

Begonnen von MatzeM1095, 24 Oktober 2018, 23:44:16

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MatzeM1095

Dankeschön für die Erklärung zu NARA, Beate. Kreativität ist das richtige Wort. Finde es auch sonderbar, dass er zwar zur Crew D35 gehört hat, aber erst am 1. Oktober 1942 zum Oberleutnant (MN) befördert wurde. Vielleicht war er nicht so pfiffig oder aber er war einer dieser MN-Offiziere, die immer mehr resignierten, weil zeitgemäße Fernmeldeorganisation, Aufklärung und Ortung den bestimmenden Seeoffizieren nicht behagten. Wer weiß.

Ich habe andernorts gelesen, dass Du etwas über KZ-Transporte geschrieben hast. Dazu gibt es bei Taddey etwas. Liest sich jedenfalls so. Er war zu dem Zeitpunkt 1943 in Trondheim. Er schreibt:

"Die Stationierung des Aviso "Hela" mit dem Flottenchef im Hafen von Drontheim brachte mancherlei neue Erkenntnisse auf Gebieten, die uns völlig fremd schienen und mit denen wir in dieser Form noch nicht in Berührung gekommen waren.

Im Hafen lag eines Tages ein typisches norwegisches Passagierschiff in Rufweite an der Tonne. An Oberdeck wurden Leute in Anzügen, die eher einem Schlafanzug glichen, herumgeführt. Einem Admiral kann man schlecht die Auskunft verweigern, und so hörten wir, daß es sich um sogenannte "Jössing-Leute" handele, norwegische Lehrer, die inhaftiert und als KZ-Häftlinge mit unbekanntem Ziel nach Norden transportiert werden sollten.

Kurze Zeit später lag uns gegenüber am Quai ein deutscher Frachter mit einer seltsamen Menschenfracht. Sie trugen zwar keine einheitliche Kleidung, nach ihrem Aussehen jedoch schienen sie in Yugoslavien oder Griechenland zusammengetrieben worden zu sein. Ihr Alter ließ sich schlecht schätzen, es waren meiner Ansicht auch Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren darunter. Erstaunlich war für uns jedoch die Tatsache, daß die auf diese Menschen einprügelnden Bewacher ganz normale deutsche Polizeibeamte waren, mit Gamaschen, Tschako und der typischen Schmeisser-MPi 18. Man sagte uns zynisch, die Leute würden zu Befestigungsarbeiten an die Eismeerfront transportiert. Die Arbeit sei so schwer und die Sterblichkeit so hoch, daß man sich um den Rücktransport keine Sorgen machen brauche."

Gut, da geht jetzt nicht hervor, dass die Kriegsmarine mit diesen Transporten etwas zu tun gehabt hätte, aber ich dachte, es interessiert Dich vielleicht.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: MatzeM1095 am 31 Oktober 2018, 17:26:06
Finde es auch sonderbar, dass er zwar zur Crew D35 gehört hat, aber erst am 1. Oktober 1942 zum Oberleutnant (MN) befördert wurde. Vielleicht war er nicht so pfiffig oder aber er war einer dieser MN-Offiziere, die immer mehr resignierten, weil zeitgemäße Fernmeldeorganisation, Aufklärung und Ortung den bestimmenden Seeoffizieren nicht behagten.
es ist auch möglich, daß er erst später in die Offizierslaufbahn eingesteuert und aufgrund seines Alters dann in die Crew 35 "eingereiht" wurde

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

MatzeM1095

Zitat von: Urs Heßling am 31 Oktober 2018, 18:00:37
es ist auch möglich, daß er erst später in die Offizierslaufbahn eingesteuert und aufgrund seines Alters dann in die Crew 35 "eingereiht" wurde

Moin,
das kann natürlich auch sein. Violoncello hat geschrieben, Taddey wäre Oblt. (MN) d.R. gewesen.

Gruß
Matze

joern

Hallo,
in den Listen der MOV wird Emil-Karl Taddey als Oblt. z.S. aD  in der Crew D 36 geführt.
Grüße Joern

MatzeM1095

Zitat von: joern am 31 Oktober 2018, 19:18:12
Hallo,
in den Listen der MOV wird Emil-Karl Taddey als Oblt. z.S. aD  in der Crew D 36 geführt.
Grüße Joern

Moin Joern,

Danke für den Hinweis mit der Crew. Ob er allerdings "zur See" war, bezweifele ich. Er bezeichnet sich selbst als Marine-Nachrichtenoffizier und "teilt" in seinem Manuskript zumindest gegen Seeoffiziere wegen ihrer Blockadehaltung in einigen Dingen aus.

Gruß
Matze

Violoncello

Hallo zusammen,

ohne zu sehr in Spekulationen verfallen zu wollen, dürften sich die Angaben zum militärischen Werdegang Taddeys schon schlüssig erklären lassen:

Wenn Taddey die in der Crew 1936 zum aktiven Seeoffizier ausgebildet worden ist, dürfte er noch vor Kriegsausbruch verabschiedet worden sein. Matze hat ja Anhaltspunkte, die diese Annahme stützen, angeführt. Als Reserveoffizier dürfte Taddey dann - umernannt in die Marine-Nachrichtenlaufbahn - wieder einberufen worden sein. Dies müsste sich durch die Aktenlage eigentlich noch erhärten lassen.

Viele Grüße

Violoncello

bettika61

Hallo Matze
eine  Erwähnung bei Lawrence Paterson "Waffen der Verzweiflung" S.67
ZitatUnter den 50 ständigen Angehörigen des Lehrkommandos...[Anm. LK 200]befand sich
Oblt. Taddey, ein Funkfachmann; seine Erfahrung war für das Operieren der ferngesteuerten Spreng-Linsen von entscheidender Bedeutung
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Cord

Sorry, Matze,

Crew D36 ist richtig, mein Fehler!

Gruß Cord
In den Straßengräben auf dem Weg zum Ruhm, liegen die Überreste derjenigen, denen der Erfolg versagt blieb... (unbekannter Verfasser)

MatzeM1095

Ahoi allerseits,

vielen Dank für Eure Hilfe. Habe mich jetzt bei der Findmaschine "invenio" des Bundesarchivs angemeldet. Ich habe auch "RM 17" gefunden. Dort finde ich allerdings kein "RM 17III". Selbst die angezeigten Unterpositionen sehen eher aus wie z.B. "RM 17/85" oder "RM 17/42".
Auch spuckt die Findmaschine zu Taddey (... in allen Vor- und Zunamen-Variationen) nichts aus. Vielleicht bin ich auch zu unbedarft.
Außerdem lässt sich augenscheinlich nichts online einsehen - außer den groben Inhalten.
Ich hoffe, Ihr seht das nicht als bloße Ausrede, aber ich habe keine Zeit, um mal eben nach Freiburg zu fahren. Wenn es also keine Einsprüche gibt (und Ihr habt ja deutlich mehr Quellenzugang als ich), wird Emil-Karl Taddey auf dem Titel und im Vorwort der PDF als "Oberleutnant (MN) d.R. a.D." erscheinen.

Gruß
Matze

MatzeM1095

#24
Das Vorwort der Überarbeitung sieht derzeit so aus:

"Diese Niederschrift wurde der Lehrsammlung für verwendungsbezogene Ausbildung der im Jahre 2002 aufgelösten Marinefernmeldeschule Flensburg-Mürwik übergeben. Sie ist leider nicht vollständig.
Emil-Karl Taddey wurde am 3. November 1913 in Rheinhausen, dem heutigen Duisburger Stadtbezirk, geboren und war Angehöriger der Offizieranwärter-Crew D 36, wobei sich allerdings nicht ausschließen lässt, dass er nachträglich in diese Crew eingereiht wurde. Am 1. Oktober 1942 wurde er letztmalig befördert. Seine eigenen Angaben widersprechen in Teilen den offiziellen Unterlagen im Bundesarchiv. So gibt er an, er wäre im Kommando der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine als Ausbildungsleiter im Lehrkommando 200 und auch Chef einer Ausbildungsflottille ,,Sirius" eingesetzt gewesen. Ein so bezeichnete Flottille gab es nicht. Die ,,Sirius" (Ex-,,Paul L.M. Russ") war das Ausbildungs- und Zielschiff des Lehrkommandos 200 und wurde auf der Trave und in der Lübecker Bucht eingesetzt. Unterlagen im Bundesarchiv führen ihn als Ausbildungsoffizier im Ausbildungslager der Schulflottille (Lager ,,Grünkoppel"). Insoweit sind einige seiner späteren von ihm aufgelisteten Dienstposten zumindest zu hinterfragen.
Er lebte nach dem Krieg in Elsdorf-Westermühlen, nahe Rendsburg, arbeitete als Elektroingenieur in Fockbek und starb am 22. September 1992.

Im Manuskript der originalen Niederschrift Taddeys sind neben den hier in der Überarbeitung erwähnten inhaltlichen Abschnitten noch weitere Themenpunkte vermerkt:

- Betrachtungen zum Funkschlüssel "M" und seine Sicherheit
- Die Funkmessgeräte und der Untergang der Scharnhorst
- Vom Ladungsträger Panzer B 4 zum Ladungsschnellboot ,,Linse"
- Streiflichter aus der Marinegeschichte, von Korvettenkapitän Erhardt zu Sturmbannführer der Waffen-SS Otto Skorzeny

Diese Punkte hat Taddey leider nicht mehr im vorliegenden Manuskript ausgeführt. Er hat daneben handschriftlich ,,folgt" notiert. Ob er sein Manuskript jemals vervollständigt hat, ist nicht nachzuvollziehen."

Urs Heßling

moin,

Zitat von: MatzeM1095 am 02 November 2018, 00:06:43
Dort finde ich allerdings kein "RM 17III".
Das ist eine alte (vor Umstellung auf ein neues Sortiersystem) Aktenbezeichnung.

Wenn Du in Freiburg anrufst, wird man Dir mEn beim Finden der richtigen Akte helfen (können).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

joern

Hallo Matze,
ich möchte zu Tadddey noch einiges präzisieren. In einem Verzeichnis von 1957 wird er als Oblt.z.S. d.R. a.D. geführt.
Das heißt er gehörte nie der aktiven Seeoffizierscrew 36 an. Er taucht in keinen Unterlagen der Crew 36 auf und in den Ranglisten ist er auch nicht vertreten.
Daraus schlußfolgere ich, dass er mit Diensteintritt 1936 als Reserveoffizieranwärter zur Kriegsmarine kam.
Die Marinenachrichtenlaufbahn (MN)wurde offiziell erst 1939 eingeführt und vorwiegend mit Reserveoffizieren besetzt.
Das würde ja auch passen.
Grüße Joern

ufo

Hier noch als kleiner Hinweis zum Lesen von Mitgliederlisten der Marine Offizier Vereinigung: Um der umfangreichen Verwirrung zu entgehen wer Teil einer originären Crew ist und wer nur zufällig im selben Jahr oder manchmal gar im selben Monat eingestellt wurde wie eben jene Crew, hat die MOV irgendwann die Bezeichnungen zum Beispiel C36 und D36 eingeführt. Ein 'C' für 'Crew' bezeichnet einen Offizier, welcher als Teil eines Marineoffizierjahrganges eingestellt wurde. Ein 'D' für 'Dienstalter' bezeichnet eben grad Offiziere, welche halt nur in dem Jahr eingestellt oder befördert wurden - Sonderoffiziere, Quereinsteiger und dergleichen mehr. Meiner Erfahrung nach sind die MOV Listen diesbezüglich sehr präzise. Selten nur findem man 'D-Offiziere', die dann später auch in Crewschriften auftauchen, weil sie kurzerhand in die Gemeinschaft aufgenommen wurden.

Ufo 

MatzeM1095

Moin,

Danke für die verschiedenen Hinweise. Ich bin nicht in der MOV und habe auch keinen Zugang zu diesen Verzeichnissen. Mir war auch bislang nicht bewusst, dass die MN-Laufbahn quasi nur etwas Zeitweiliges war und dass man danach dann (wieder) "zur See" wurde.
Ich werde kommende Woche versuchen jemanden in Freiburg zu erreichen, aber selbst wenn das nicht klappen sollte, denke ich, dass ich genug Informationen für das Vorwort habe. Ich möchte ja eigentlich nur sein Manuskript unter die Leute bringen.

Vielen lieben Dank.

Gruß
Matze

Violoncello

Hallo Matze,
ich möchte Dich vor einer Enttäuschung bewahren:
Über einen Telefonanruf in Freiburg wirst Du kaum nähere Informationen bekommen können. Zum einen handelt es sich bei den Verwendungsdatei des Personalamtes in dem Bestand RM 17III naturgemäß um personenbezogene Daten. Zum anderen handelt es sich nicht um ein Aktenstück, dass man "durchblättern" kann, sondern um eine "Loseblattsammlung" mit vielen tausend Karteikarten des Formats DIN-A-5. Ich habe im Sommer diesen Jahres mehrere Tage benötigt, um sie bezüglich des Kommandos der Kleinkampfverbände auszuwerten - und ich bin noch nicht fertig geworden.
Nach meinem Verständnis ist durch Joerns Erklärung aber auch das größte Fragezeichen gelöst: Taddey war zu keinem Zeitpunkt aktiver, sondern Reserve-Offizier. Und nach dem wohl letzten amtlichen Beleg in der Laufbahn "MN". Zumindest weist die der Laufbahn "MN" vorbehaltene rotbraune Karteikarte der Verwendungsdatei mit dem Eintrag "Oberleutnant (MN) d. R." dies aus.

Viele Grüße

Violoncello

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