Wracks nach dem Ende des 2. Weltkriegs – wo sind sie geblieben?

Begonnen von hoch-am-wind, 13 Juli 2018, 23:03:52

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hoch-am-wind

Moin,

Nach Ende des 2. Weltkrieges waren die deutschen Häfen und Seegebiete übersäht mit versenkten Schiffen. Viele davon wurden gehoben und wieder instand gesetzt oder verschrottet, andere wurden vor Ort gesprengt und abgewrackt (u.a. durch sog. Schrottfischer). Ein paar blieben, wo sie versenkt wurden und sind heute als Tauchziele bekannt.

Um das Thema systematisch anzugehen – weiß jemand, wie die Bergungen damals organisiert wurden? Wurden zentral Bergungsrechte vergeben und dokumentiert? Oder hat man pragmatisch die Hindernisse für die Schifffahrt aus dem Weg geräumt, ohne das weiter zu dokumentieren? Mussten die Bergungsunternehmen Konzessionen kaufen? Gibt es ein Register der gehobenen/verschrotteten/gesprengten Wracks?

Vielen Dank...

Ralf

maxim

Über die Nordland (ex dänische Niels Juel) habe ich neulich gelesen, dass das Wrack nach dem Krieg von Schrotthändlern wiederholt geplündert wurde, bis dann die dänische Regierung die Rechte 1952 an eine bestimmte Firma verkaufte. Das klingt so, als wären die Zustand nach dem Krieg chaotisch und unkoordiniert gewesen. Jeder, der die nötige Ausrüstung hatte, hat sich wohl bedient.

bettika61

Hallo,
ZitatDas klingt so, als wären die Zustand nach dem Krieg chaotisch und unkoordiniert gewesen. Jeder, der die nötige Ausrüstung hatte, hat sich wohl bedient
Dem Bericht über die Bergung https://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13895.msg165143.html#msg165143
ist das so nicht zu entnehmen
ZitatWährend die dänische Regierung die Ansicht vertritt, dass es sich um widerrechtlich beschlagnahmtes dänisches Eigentum handelt, ist die Besatzungsmacht der Auffassung, dass Sie auf das frühere Kadettenschulschiff, das im Kriegsdienst gegen die Alliierten eingesetzt hat, Anspruch hat.

Welche Stelle die Entscheidung wegen der Eigentumsrechte getroffen hat, ist nicht überliefert; auf jeden Fall wurde die Bergung des Wrackes von der dänischen Regierung ausgeschrieben.
Die Bergung der Wracks wurde danach ausgeschrieben vom  Eigentümer.
Bei den deutschen Wracks fällt öfters der Begriff "Northern Disposal group "
https://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,15240.msg294440.html#msg294440 #302
ZitatZwischen der Flensburger Hafenverwaltung und der "Northern Disposal Group" in Hamburg ist ein Kontrakt abgeschlossen worden, der die Verschrottung ehemaliger deutscher           U-Boote in Flensburg vorsieht,

Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

maxim

Laut dem Artikel von Tom Wismann über die Niels Juel in Warship werden ebenso Plünderungen des Wracks erwähnt, wie in Niels Juels Kanoner von Kenneth Kristensen. Letzterer nennt u.a. die Entfernung einer der Schrauben.

In dem von Dir verlinkten Bericht wird sogar erwähnt, dass es schon vor 1952 Plünderungen des Wracks gab:
"Als die Taucher im April die beiden Schrauben frei spülten, stellten sie fest, dass beide abgesprengt waren und nur noch eine davon tief im Schlick eingesackt war.

Wie später festgestellt wurde, hatten Mitarbeiter einer anderen Firma, die mit dem Abwracken des in der Nähe liegenden Dampfers ,,Herrenwyk" beauftragt war, ,,...um das Taschengeld aufzubessern..."; bei dem Wrack der ,,Nordland" nachgesehen, ,,ob noch etwas zu holen sein".

Eine abgesprengte Schraube hatten sie in flacheres Wasser verholt, wegen des Gewichtes in mehrere Teile zersprengt, an Land gebracht, auf Lastwagen verladen und anschließend an einen Schrotthändler verkauft. Auf jeden Fall wurden sie des Diebstahls überführt – wie, ist nicht überliefert. Im Februar 1953 mussten sich deshalb die 8 Besatzungsmitglieder vor dem Schöffengericht Kiel verantworten und wurden teilweise zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt."

Der Auftrag von der dänischen Regierung ging übrigens an die Firma Eisen und Metall KG aus Hamburg.

Ich vermute also, dass es um großen Umfang Plünderungen der zahlreichen Wracks gab.

hoch-am-wind

zuerst einmal vielen Dank für Eure Beiträge.
Die Nordland ex Niels Juel ist ein schönes Beispiel für eines der Wracks, bei denen die Bergung namentlich dokumentiert und vielfach in Berichten veröffentlich wurde. Wie Rocco in einem der verlinkten Beiträge beschrieben hat, sind die Wrackreste als Tauchplatz bekannt, Peter Klink fuhr da sogar kommerziell hin: http://www.bubblewatcher.de/nordland/

Es gibt aber auch Schiffe, insbesondere viele von denen, die im Mai 1945 versenkt wurden, zu denen der Gröner dann z.B. lakonisch schreibt + Kiel oder + Geltinger Bucht. Wie in den Links von Beate ausgeführt lagen die Eckernförder Bucht und die Geltinger Bucht voll mit Wracks. Auch die Häfen wie Kiel, Swinemünde, oder Danzig lagen voll mit Wracks.
Daher frage ich mich, ob es nicht nur gute Einzelbereichte gibt, sondern irgendwo bei den Wasser- und Schiffahrtämtern, beim BSH, oder sonst wo ein offizielles Register aller gesunkenen und gehobenen Wracks geführt wurde. Das wäre dann ein wirklich guter Ausgangspunkt zur systematischen Aufarbeitung. Evtl. gibt es das ja bereits in Buchform und ich kenne es einfach nicht...

Vielen Dank für einen Hinweis.
Ralf







Rheinmetall

Hab mal nen Bericht gelesen, dass die Wracks der in der Javasee versenkten Kreuzer "Java" und "De Ruyter" bereits durch illegale Altmetall- / Schrottsammler an ihren Ruheplätzen verschwunden sind.

Näheres siehe hier:

https://www.sueddeutsche.de/panorama/raetsel-auf-dem-meeresgrund-wer-hat-dieses-schiff-gesehen-1.3259787

Beste Grüße,

Matze
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Bugsierstefan

Moin,

zu diesem Thema sei das Buch "Gesunken und Verschollen" der Autoren Müller/Kramer aus dem Koehler Verlag empfohlen! Es behandelt die seekriegsmäßigen Ereignisse der letzten Kriegstage im Ostseeraum und enthält Wrackkarten sowie Wracklisten aus dem Ostseebereich von Flensburg bis nach Ostpreußen, in diesen Wracklisten geht auch so mancher Verbleib der Wracks hervor.
Ein weiteres Buch von Müller heißt "Schiffsschicksale Ostsee 1945" und schließt an das obige an.
Für dieses Thema empfehlenswerte und genau passende Lektüre!

Viele Grüße!
:MG:

hoch-am-wind

Hallo Bugsierstefan,

vielen Dank – ja, das sind beides sehr aufschlussreiche Bücher mit vielen guten Daten in den Wracklisten und im Text-Teil – besonders interessant sind auch die viele Fotos und Detailberichte. Ich schließe mich der Empfehlung gerne an.

Viele Grüße,
Ralf

Teddy Suhren

Zitat von: Rheinmetall am 11 August 2018, 20:17:49
Hab mal nen Bericht gelesen, dass die Wracks der in der Javasee versenkten Kreuzer "Java" und "De Ruyter" bereits durch illegale Altmetall- / Schrottsammler an ihren Ruheplätzen verschwunden sind.

Die nächsten auf Nimmer Wiedersehen:
The Guardian
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Darius


MarkusL

Hallo,
für Kiel etc. ist mir auch das Bändchen "Wrecks in Kiel Harbour, Kiel Förde, Flensburg Förde" bekannt.
Gruß
Markus

hoch-am-wind

Hallo Markus,

vielen Dank - ich habe den Titel auf meine Suchliste geschrieben.

Viele Grüße,

Ralf

Hägar

Hallo, Markus

Wäre es möglich, bibliographisch noch ein wenig konkreter zu werden?

Besten Dank und Gruß - Hägar

MarkusL


Hägar

Danke, Markus, für die weiterführende Titelseite.

Offensichtlich handelt es sich um eine fortgeschriebene amtliche britische Zusammenstellung des N.C.S.O. Kiel, auch wenn mir noch nicht ganz klar ist, wofür die Abkürzung konkret steht (Naval Command, Senior Officer?).

Wo findet man diese Darstellung - Stadtarchiv Kiel? Wenn ja, hast Du eine Signatur?

Bedankelse und Gruß - Hägar

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