Doppeltwirkender Zwei-takt Diesel mit angehängtem Gebläse schon 1932/33

Begonnen von Smutje Peter, 19 Mai 2018, 18:33:20

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Smutje Peter

Doppeltwirkender Zwei-takt Diesel mit angehängtem Gebläse schon 1932/33

Moin zusammen

In dem Schnellboot S6, gebaut 1932/33, waren 3 MAN L7 Zu 19/30 Dieselmotoren eingebaut. Leistung 960 Pse Dauer- und 1320 Pse Höchstleistung.
Die Bezeichnung Zu besagt direktumsteuerbarer Zweitakt-Motor.

Der Motor war wohl ursprünglich als Luftschiffmotor gedacht. Daher war er extrem leicht gebaut. Nur 2 kg/Ps.

Nachdem sich Zeppelin Luftschiffbau für andere Motoren(Maybach und Mercedes) entschieden hatte bot MAN den Motor der Marine an.

In der Fachliteratur (Volkmar Kühn und Gröner) wird der Motor als 4-takter beschrieben. Das ist aber falsch. Der Motor war ein doppelt-wirkender 2-takter.
Quelle hierfür ist neben Wicki auch ,,Old Machine Press".
Es existieren mehrere Fotos der Ausbaustufe L11 Zu 19/30 (1400/2050Pse) des Motors die bestätigen: Das waren doppelt wirkende 2-takter.     

Die 7-Zylinder Motoren wurden dann in S 7 bis S9 verbaut.

Die 11-Zylinder Motoren wurden in S 14 bis S 17 und im Tragflächen-Versuchsschnellboot VS 5 eingebaut.

Die Gewichte der kompletten Maschinen der Schnellboote mit den 7-Zylinder Motoren lagen bei 24,2 t und mit den 11-Zylinder Motoren 32,5 t.

Die Motoren waren unzuverlässig, vor allem die 11-Zylinder waren nicht genügend verdrehungssteif. Folge des extremen Leichtbaus. Aber bereits 1932 waren für diesen Motor offensichtlich angebaute Lüfter verfügbar. Und direkt umsteuerbar.

Für den 42/58 hat die Marine 1936 13 Sätze zu je 4 6-Zylinder-Motoren mit angehängten Lüftern für die S- und U-Boot Begleitschiffe geordert. Also waren spätestens ab 1936 auch für den Motor 42/58 angehängte Lüfter möglich. (Quelle Möller/Brack)

Dass bei den H-Motoren (Z 65/95) erst ab 1939 angehängte Lüfter möglich waren, lag offensichtlich an den Problemen mit dem Motor selbst.

Für mich heißt das:
Nicht der Mangel geeigneten Motoren war der Grund für die Abkehr vom Dieselantrieb, sondern aus mir nicht nachvollziehbaren Beweggründen hat sich die Marine (K-Amt) für den Hochdruckheißdampf entschieden obwohl Dieselanlagen mit hinreichender Leistung verfügbar gewesen wären.

Auch für den Kreuzer M hat sich die Marine 1938 für eine veraltete Diesel-Marschanlage mit Hilfsmotoren entschieden, obwohl in alternativen Entwürfen von privaten Werften bereits V-22 und V-24 Motoren mit angehängten Gebläsen entworfen wurden. (Stichwort Motorkreuzer 1938)
Quelle Werner Stehr in Marinearsenal Spezial Band 3 und M. J. Whitley.

edit:
Das Deutsche Museum in München bestätigt, dass der Motor MAN L 11 Zu 19/30 ein 2-takter war.
Weitere Quelle: Lange Thorsten/Betriebsbesichtigung MAN:
Doppeltwirkender Elfzylinder-Zweitakt-Dieselmotor L11Z 19/30 von 1935. 1400 PS bei 900 U/min 
Gruß

Peter aus Nürnberg

Smutje Peter

Versteht mich hier bitte nicht falsch!

Ich möchte nicht behaupten, dass ein bestimmter Motor so und soviel Jahre früher fertig war, oder fertig seien konnte. Aber ich glaube, dass die in der Fachliteratur immer wieder gedruckte Behauptung, dass mit Diesel-Anlagen, Mitte der 30er Jahre, keine ausreichenden Leistungen erzielt werden konnten, als Begründung für den Wechsel vom Diesel auf den Hochdruck-Heißdampf, unrichtig ist.
Ich halte es ausdrücklich für möglich, dass MAN in der Lage gewesen wäre hinreichende Diesel-Anlagen für Scharnhorst, Bismarck und Hipper zu liefern.
Der Grund, dass das nicht geschehen ist, war meines Erachtens nicht, dass solche Anlagen nicht gebaut werden konnten, sondern dass sie seitens der Marine nicht gewollt waren!   
Wie solche Anlagen im einzelnen ausgesehen hätten ist dann spekulativ. Darüber nachzudenken macht mir Spaß, gehört aber nicht in diese Rubrik.   
Gruß

Peter aus Nürnberg

Thor

Zitat von: Smutje Peter am 19 Mai 2018, 20:23:35
....
Ich halte es ausdrücklich für möglich, dass MAN in der Lage gewesen wäre hinreichende Diesel-Anlagen für Scharnhorst, Bismarck und Hipper zu liefern.
Der Grund, dass das nicht geschehen ist, war meines Erachtens nicht, dass solche Anlagen nicht gebaut werden konnten, sondern dass sie seitens der Marine nicht gewollt waren! 
....

Der angehängte "Schriftverkehr" von Ende Oktober 1936 lässt den Rückschwenk von HDHD zu Diesel sehr gut erkennen (das K-Amt soll auch eine Änderung der Maschinenanlage der Bismarck-Klasse prüfen) und gibt auch die falschen Kalkulationen/Annahmen bzgl. des Kraftstoffverbrauches der HDHD-Anlagen beim kriegsmäßigen Marschzustand zu.

Gruß
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

Sven L.

Hallo Peter,

erst mal danke für deine Ausführungen. Recht interessant.

Zitat von: Smutje Peter am 19 Mai 2018, 20:23:35
Ich halte es ausdrücklich für möglich, dass MAN in der Lage gewesen wäre hinreichende Diesel-Anlagen für Scharnhorst, Bismarck und Hipper zu liefern. 

Das deckt ssich mit dem, was an anderen Stellen in der Literatur zu lesen steht. Unter anderem war auch die Bismarck als Alternative mit Dieselmotoren ausgestattet berechnet worden. Nur wurde dann entschieden diese mit herkömmlichen Turbinen zu bauen und dann ab "H" mit Dieselmotoren, wobei "H" ursprünglich nichts anderes als "F"/"G" mit Dieselmotoren und 38 cm gewesen war. Ich glaube nicht, dass es in diesen Fällen schon die späteren Motoren der "H"-Klasse gewesen wären. Aber leider hab ich hierzu noch keine weiterführenden Informationen gefunden.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Sven L.

Nachtrag:

Ich nehme nach Thor seinem Post mal an, das sich meine Literatur-Informationen auf dieses Schreiben beziehen.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Clausewitz - Vom Kriege

Smutje Peter

Hallo David(Thor)

Vielen Dank für die eingestellten Dokumente! Die kannte ich noch nicht. Sind aber ein weiterer Beleg für meine Annahme.
Gruß

Peter aus Nürnberg

Smutje Peter

@Sven

Mir ist auch nicht klar welche Motoren für die Diesel-Bismarck in Frage kommen. In dam Post von Thor ist von 132000 Ps die Rede. Damit die Dauer-Höchstfahrt mit dieser Anlage steigen kann, muss hier Dauer-Höchstleistung in WPs gemeint sein. Außerdem ist von 9-Zylinder Motoren die Rede. Der 65/95 der späteren H-Klasse war noch nicht so weit. Außerdem baut der für Bismarck etwas zu hoch. Das Panzerdeck hätte aufgeschnitten werden müssen.
Die Zu 9 42/58 hatten 7100 Ps Kurz-Leistung. Selbst mit einer Anlage mit 16 solcher Motoren kommen wir nicht auf die geforderte Leistung. MAN hat erst Ende 37 mit der Entwicklung der V-Motoren dieses Typs begonnen. Tja ist für mich ein Rätsel. Interessant!

Mal sehen ob wir hier Licht ins Dunkel bringen können.
Gruß

Peter aus Nürnberg

Smutje Peter

ha da hab ich wohl nicht sorgfältig genug gelesen!

Die 9-zylinder von denen die Rede ist sind wohl nicht für Bismarck vorgesehen. Sonder es soll für H ein Versuchs-Motor in Aufrag gegeben werden.

Das macht die Sache wieder etwas einfacher.

In Frage käme z.B. eine doppelte Anlage der Diesel-Variante von D (Ersatz Elsaß). Die hätte dann 144000 WPs Höchstleistung auf 4 Wellen. Da müsste man mal schauen ob die vom Raumbedarf unterzubringen sind. Evtl. möglich auch 16 Reihenmotoren Zu 12 42/58 mit bereis angehängten Lüftern. Die kämen dann auf ~ 120 000 Ps Dauerleistung. (Höchstleistung 134400 Pse). Die passt vom Platzbedarf bestimmt. Eine 3- Wellen-Anlage wird aber sehr knifflig!
   
Gruß

Peter aus Nürnberg

Smutje Peter

Also die doppelte Anlage von Ersatz Elsaß (D) könnte der Breite nach so gerade gehen. Hätte aber mindestens 3800 t Gewicht. Braucht aber 4 Wellen!
Gruß

Peter aus Nürnberg

Sven L.

Soweit mir bekannt, stand die Frage im Raum - nach Fertigstellung der Planungen für "F" und "G" - diese noch auf Diesel umzustellen. Als dies ablehnend beschieden wurde, wurde entschieden Motoren ab "H" vorzusehen. Zu Anfang war "H" nichts anderes als "F" mit Diesel. Insofern selbe Verdrängung bzw. Konstruktion! D.h. das die 132.000 eben auch für "F" gereicht hätten und da Planung schon abgeschlossen halt auf drei Wellen!

Vielleicht sollten wir ins Auge fassen, das es keine 42/58 Motoren geworden wären. Ein kleines Tool hatte ich dir ja geschickt. Es kann also durchaus die Annahme gemacht werden, das es von den Zylinderabmessungen etwas vergrößerte Panzerschiffmotoren geworden wären. Eine Möglichkeit wäre ein ~46/64 mit 12 Zylinder gewesen. Bei 420 U/min. wäre mit einer Leistung von rd. 11.850 PSe zu rechnen gewesen und von den Abmessungen hätten die Motoren auch bei "F" gepasst.

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Smutje Peter

@ Sven

Darüber lohnt es sich zumindest nachzudenken!

Ein vergrößerter 42/58?

Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen. Gefällt mir aber.
Der 30/44 wurde ja auch zum 32/44 vergrößert.

Aber warum taucht der Motor dann nirgendwo in der Literatur oder irgendwelchen Unterlagen auf?
Nur aufbohren reicht hier aber nicht. Wie Du schon vorgeschlagen hast, auch der Hub müsste vergrößert werden. Und wenn sowas in Entwicklung war warum wurde dann der neue Zylinder nicht für späteren den V-Motor genutzt?

Andrerseits würde das die Leistungs-Lücke schließen.

Gruß

Peter aus Nürnberg

Sven L.

Zitat von: Smutje Peter am 20 Mai 2018, 14:00:02
Aber warum taucht der Motor dann nirgendwo in der Literatur oder irgendwelchen Unterlagen auf?
Weil ich vermute, dass es evtl. nur eine Zusage von MAN gab, das ein passender Motor gebaut werden könnte.

Zitat von: Smutje Peter am 20 Mai 2018, 14:00:02
Nur aufbohren reicht hier aber nicht. Wie Du schon vorgeschlagen hast, auch der Hub müsste vergrößert werden.
Ich habe doch geschrieben - 46/64 - Das Verhältnis von Hub zu Bohrung sollte zwischen 1,3 und 1,4 betragen.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Smutje Peter

#12
Moin zusammen

Ich hab mir gerade noch mal die Räume für die Antriebsanlage auf der Bismarck angesehen. Möglicherweise geht doch eine 3-Wellenanlage mit dem R 12 Zu 42/58 mit angehängten Lüftern. Wenn man die Schotten für die beiden E-Werke in Abteilung VIII etwas nach innen verschiebt (dadurch wird der hintere Turbinenraum etwas schmäler), entstehen 3 gleich breite Räume in denen je 2 Motoren Platz finden würden. Die Getriebe für diese Motoren kämen in die Abteilung IX in den Raum für die Druckkupplungen für die beiden vorderen Turbinen und die E-Schalträume. Evtl. wären in dieser Abteilung noch Platz für 1 bis 3 Diesel E-Generatoren. Das Mittellängsschott zwischen den beiden Turbinenräumen in Abteilung X fällt weg, dafür wird die Abteilung durch 2 Längsschotte in 3 gleich breite Räume geteilt. Diese 3 Räume nehmen je ein Sammel-Kupplungs-Getriebe und einen Dieselgenerator auf. In die 6 Kesselräume in den Abteilungen XI und XIII kommen je 2 weitere Fahrmotoren, die auf Getriebe bzw Kupplungen in den Kessel-Hilfsmaschinenräumen in Abteilung XII wirken. Wahrscheinlich muss die Abteilung XII etwas vergrößert werden, damit die Getriebe Platz haben. Die E-Schaltstellen könnten dafür über den Kupplungen eingebaut werden, da diese deutlich flacher sind. In den Hilfsmaschinenraum in Abteilung XIV kommen die Dieselgeneratoren, die in den E-Werken neben dem hinteren Turbinenraum weggefallen sind. Bei Bedarf könnten auch noch im Raum für die Druckkupplung der hinteren Turbine, ein oder zwei Dieselgeneratoren aufgestellt werden. In die E-Werke 3 und 4 kämen dann natürlich Diesel- statt Turbogeneratoren.
Diese Anordnung ist nicht zwingend. So könnten z.B. die Sammelkupplungen auch in den hinteren Kesselräumen stehen und die mittlere Motorengruppe in den früheren Turbinenräumen in Abteilung X.
Es kämen so 9 Gruppen zu je 2 Fahrmotoren zur Aufstellung. Davon wirken je 4 Motoren auf ein gemeinsames Getriebe zwischen den Motorgruppen. Von den restlichen 6 Motoren wirken jeweils 2 auf 3 weitere Getriebe. Je ein Getriebe, das 4 Motoren aufnimmt, und ein Getriebe mit 2 Motoren wirken dann auf eines der 3 Sammelgetriebe. Solche Sammelgetriebe waren auch für die Diesel-Zerstörer 1940 vorgesehen, nur kleiner natürlich(siehe Breyer Marine-Arsenal Spezial Band 5) Von den Sammelgetrieben laufen dann die 3 Wellen zu den Schrauben.

Diese Anlage hätte dann 18 Motoren R 12 Zu 42/58 mit je 8400 Ps Leistung am Flansch. Also zusammen gut 150000 Pse. Nach Abzug der Kupplungsverluste bleiben noch ungefähr 145000 Psw Kurzhöchstleistung. Bei 90% Dauerleistung sind wir dann annähernd auf unseren 132000 Ps.   
So eine Anlage hätte meiner Schätzung nach etwa 3 Ps/kg mehr als die Anlage mit den V-Motoren vom Schlachtschiff Q bzw 2-3 kg/Ps weniger als die Anlage des Krz M.
Ich schätze das Gewicht der Anlage daher auf rund 3500 t.
Gruß

Peter aus Nürnberg

Smutje Peter

Zum Vergleich:
MI Bismarck
Voraussichtliches Fertiggewicht 1.4.1940 einschl. Öl und Wasser

3376,896t
Gruß

Peter aus Nürnberg

Peter K.

Der L 11 Z 19/30 war tatsächlich ein doppelwirkender Zweitaktmotor. Im MAN-Werksarchiv steht noch einer dieser Motoren (siehe Anhang).

Was die wechselnde Bevorzugung von Diesel- und Hochdruckheißdampfanlagen innerhalb der Kriegsmarine betrifft, so empfiehlt sich sich das Studium der Treue-Denkschrift, Kapitel 5 "Warum ging man beim Bau der Schlachtschiffe, Schweren Kreuzer und Zerstörer vom Motorenantrieb zum Hochdruckheißdampf über?", veröffentlicht in

TREUE / MÖLLER / RAHN
Deutsche Marinerüstung 1919 - 1942
ISBN 3-8132-0386-7

Welche Motoren für BISMARCK vorgesehen waren, kann ich auch nicht beantworten. Nach nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen meinerseits ist es aber mittlerweile eine belegbare Tatsache, dass MAN bereits für die ursprüngliche "D" mit der 70.000 WPS-Anlage mindestens drei verschiedene Motoren vorgeschlagen hat, nämlich


  • 8 x M9Zu 46/64 mit n = 415 und 4 x Hilfsmotore für 2 x 33.000 WPS bei n = 250
  • 8 x M9Zu 46/67 mit n = 400 und 4 x M6Zu 42/58, n = 425 für 2 x 35.000 WPS bei n = 250
  • 6 x M10Zu 57/76   direktwirkend für 2 x 35.000 WPS bei n = 300
Grüße aus Österreich
Peter K.

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