Rösing....Retter von U 48?

Begonnen von suhren564, 04 März 2018, 17:28:51

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suhren564

In vielen (einigen) Büchern, aus 2. bzw 3. sekundärer "Literatur" , wird oft behauptet, dass Rösing deshalb U 48 übernommen hat, weil ein unerfahrener Kmdt. nicht gegen die bestehende Offiziersgarde hätte bestehen können. Es hätte leicht zu meutereiähnlichen Dingen kommen können. So zB Brennecke, Busch und  Kurowski.

Mein Problem mit dieser Meinung ist, dass Rösing auch kein erfahrener Kriegskommandant war und eine Meuterei bei dem damals erfolgreichsten Boot eh undenkbar wäre. Persönlich denke ich eher, daß in den Märchen der genannten Personen, Rösing hervorgehoben werden sollte. Danach übernahm ja eh ein unerfahrener Offz., dies wäre vorher auch gegangen. Evtl. brauchte Rösing ein paar Fronttage, mehr war aber nicht. Ab '42 wurden genug unerfahrene Offz. Komdt., da hat keiner gefragt, obs da Probleme gibt.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

Arche

Hallo Ulf,

über Rösing zu diskutieren, ist immer recht einfach, da er eine klare Einstellung hatte. Diese Einstellung lässt sich immer wieder nachlesen, wenn er Urteile und Vorgänge beurteilte. Hier aus zum Beispiel in einer Strafsache gegen einen Matr.Gfr.
"In dem Tatbericht ist mitgeteilt, dass wegen der am 30.12.43 begangenen Tat der Tatbericht erst am 10.2.44 wegen nachlässiger Behandlung durch den Disziplinarvorgesetzten erfolgt sei. Dadurch ist die Aufklärungsmöglichkeit wesentlich erschwert worden. Es ist daher zu melden, was gegen den Disziplinarvorgesetzten wegen dieser Säumigkeit veranlasst wurde.
In der Strafsache selbst hat sich ergeben, dass der angegriffene Maat am fraglichen Abend sich unerlaubt aus dem Revier entfernt und an Land gegangen war. Ausserdem ist es auf sein in angetrunkenen Zustand gezeigtes unrichtiges Verhalten zurückzuführen, dass es überhaupt zu dem strafbaren Verhalten des Beschuldigten gekommen ist. Es ist daher zumelden, was eine dizilplinare Nachprüfung des Verhaltens des Maates ergeben hat und was veranlasst wurde. Ausserdem ist festzustellen, dass der Maat sich nach seinen eigenen Einlassungen nicht gewehrt hat. Er hat dieses damit begründet, dass er keine Kämpfernatur sei. Eine derartig schlappe Einstellung gibt Veranlassung zur Nachprüfung, ob der Maat nicht aus dem Unteroffizierskorps zu entfernen ist. Ergebnis ist zu melden.
Nach der Aussage des Leutnants in der Hauptverhandlung hat der Matr.Gfr. trotz Ausgehverbot nach Einreichung des Tatberichtes zweimal Landgang gehabt und dabei einmal eine Rauferei gehabt, worüber er dem Kompaniechef auch noch belogen hat, ein anderes Mal im U-Bootheim Schwierigkeiten gemacht. Es ist zu melden, was wegen dieser Fälle veranlasst wurde. Im Übrigen wird bemerkt, dass es aus Gründen der Manneszucht bei Feststellung eines tätlichen Angriffs oder dergl. wünscheswert ist, sofort die Festnahme durch das Kommando zu veranlassen, nicht erst den haftbefehl des Gerichts abzuwarten. gez. Rösing"

Der Matr.Gfr. wurde im ersten Verfahren frei gesprochen. Das Urteil wurde nicht bestätigt. Im zweiten Verfahren kam es dann zur Verurteilung.

Rösing gehörte sicherlich zu den Offizieren, die die Angst vor Meuterei (die größte Meuterei der Kriegsgeschichte - der Matrosenaufstand von Cattaro im Februar 1918) verinnerlicht hatten. Daraus wurde dann in der Sekundärliteratur diese Legende. Der Brief von Rösing zeigt, dass es in der besagten Zeit drunter drüber ging und viele Soldaten am physischen und phychischen Limit waren.

Schöne Grüße

Heinz-Jürgen

bodrog

Was hat Rössing mit Catarro zu tun? - nichts! In dem Fall greift wohl eher das Beispiel Kiel Ende 1918...

Arche

Ja, da gebe ich Dir recht. Ich habe gerade einen Artikel über Cattaro gelesen und habe mich davon leiten lassen. Leider habe ich mittlerweile so viele Schriftstücke gelesen, die Rösings Unterschrift tragen. Es führt wohl bei mir dazu, sich unsachlich zu äussern.

Schöne Grüße
Heinz-Jürgen

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Arche am 05 März 2018, 19:55:18
.. die größte Meuterei der Kriegsgeschichte - der Matrosenaufstand von Cattaro im Februar 1918
https://de.wikipedia.org/wiki/Meutereien_von_Spithead_und_Nore ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

suhren564

Danke erstmal für eure Antworten.

Was mich interessieren würde, was wäre passiert im Frühjahr 1940, wenn nicht Rösing (als Flo-Chef), sondern ein unerfahrener Offizier das Kommando übernommen hätte. Wäre die Moral der Mannschaft zusammengebrochen? Disziplinarprobleme während des Einsatzes? Oder warum wird Rösing von den genannten Schreiberlingen so dargestellt, als ob nur er (Rösing) das Boot zu dieser Zeit erfolgreich hätte führen können. Helden-  oder Legendenbildung?
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

Axel Niestle

Ich bin ja kein Prophet, aber nach Murphy's Gesetz ist die Antwort sehr einfach: mit einem unerfahrenen Kommandanten wäre U 48 am 26.05.1940 vor Mitternacht beim Auslaufen zur nächsten Feindfahrt auf die englische Minensperre auf dem Weg I gelaufen und würde wohl bis heute als verschollen gelten. Aber Rösing als alter Fuchs fuhr immer neben dem Wegstrich und entging so dem Verderben. Den Engländer kostete das dann so ein paar Tonnen mehr und auf deutscher Seite gab es zwei Ritterkreuze und ein Eichenlaub extra. Schon erstaunlich, was alles so hätte passieren können.

suhren564

Danke Axel Niestle für diese Antwort.  :MG:

Woher erfährt man Näheres über diese Situation?

Gruß Ulf

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Erich Kästner

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