Die montenegrinische Königsyacht RUMIJA

Begonnen von Ferenc, 01 November 2017, 20:11:31

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Ferenc

Hallo,

Ich möchte hier ein kleines aber historisch sehr interessantes Schiff, nunmehr Schiffswrack im Hafen von Bar, vorstellen.

Es geht um die Geschichte der montenegrinischen Königsyacht RUMIJA, deren Geschichte den meisten unbekannt ist.


NAME:                              RUMIJA ex ZAZA
ART:                                 Dampfyacht,
EIGNER:                           1901 William Beardmore, Glasgow, 1905 Prinz später König Nicola von Montenegro,
WERFT:                            John Reid, Whiteinch, Jordanvale Yard,                           BAUORT:         Glasgow,
BAUJAHR:                         1900,                                                                           STAPELLAUF:  11.08.1900,
LÄNGE:                             41,76 Meter,                                                                BREITE:           6,13 Meter,     TIEFGANG: 3,8 Meter,
BRT:                                 185,                                                                             NRT:                84,                 
MASCHINE:                       Muir & Houston Ltd, Glasgow, 1-Screw, T3Cyl, 65 NHP,
UNTERGANGSDATUM:       02.03.1915,                                                                 UNTERGANGSORT: Hafen von Antivari/Bar,
UNTERGANGSURSACHE:   Torpedo,                                                                        GPS:  24.05.24.04 N / 19.04.41.70 E,
TIEFE:                              min: ca 8,5 Meter, max: ca 14 Meter

Geschichte des Schiffes:
Die Yacht wurde unter den Namen ZAZA vom türkischen Sultan Abdulah Hamit in Grossbritannien als Geschenk für Prinz Nikola von Montengero gekauft.
Bereits im Juli 1905, anläßlich einer Fahrt des Kronprinzen Danilo mit der Yacht auf dem Fluss Bojana wurde der Entschluss gefasst, das Schiff auf den Namen RUMIJA umzutaufen.
Während der Balkankriege 1912-1913 wurde die Yacht für den Transport von Kriegsgütern eingesetzt.
Im Ersten Weltkrieg war die RUMIJA das einzige größere mit Dampfantrieb versehene Schiff das Montenegro besaß. Es wurde deswegen wiederum zum Entladen von Nachschubgütern und Kriegsmateriel der großen Frachtschiffe der Verbündeten eingesetzt, die wegen ihrer Größe und Tiefganges nicht an der Mole anlegen konnten und vor dem Hafen auf Rheede ankern mussten.

1915 wurde von der k.u.k. Marineleitung beschlossen eine Operation gegen den Hafen von Antivari/Bar durchzuführen.
Nach einer erfolglosen Unternehmung im Februar 1915 wurde, nachdem die Fliegeraufklärung vom 1. März 1915 das Vorhandensein größerer Warenmengen auf der Hafenmole festgestellt hatte eine sofortige neuerliche Unternehmung angeordnet. In der gleichen Nacht gegen Mitternacht verließen die Torpedobootszerstörer CSIKOS, STREITER und ULAN sowie die Torpedoboote 57, 66 und 67 den Golf von Cattaro um den Hafen von Antivari anzugerifen und die Yacht die RUMIJA aufzubringen oder zu versenken. Gegen 02.30 Uhr erreichten die Schiffe den Hafen von Antivari/Bar. Es herrschte starker Regen und der heftige Südwestwind verursachte eine starke Dünung. Kurz darauf eröffneten die Küstenbatterien das Feuer.
Das Torpedoboot 67 zerstörte mittels Torpedo die Holzmole. Torpedoboot 66 warf drei Seeminen vor der Steinmole und die von dem Boot gelandete Sprengabteilung setzte die im seewärtig gelegenen Schuppen vorgefundenen Getreidevorräte in Brand.
Der Zweite Offizier des Torpedobootes 57 Fregattenleutnant Paul Meixner sprang mit 8 Mann auf das Deck der RUMIJA und befestigte Leinen um die Yacht abzuschleppen. Die Besatzung der Königsyacht hatte bereits bei Beginn der Schiesserei das Weite gesucht. Da die, nach Lösen von der Mole und der Sprengung der Ankerketten, frei gegen Nordosten treibende, Yacht im Wellengang stark zu rollen begann, war ein schnelles Wegschleppen nicht möglich und es bestand die Gefahr dass die Schleppleinen rissen. Linienschiffsleutnant Heinz-Erian entschloß sich daher seine Leute wieder an Bord zu nehmen und die Yacht zu versenken. Eile war geboten, da die Geschoßeinschläge der feindlichen Batterien gefährlich näher rückten. Um 03.45 Uhr schoß das Torpedoboot 57 aus einer Entfernung von ca 200 Metern einen Torpedo. Die Mannschaft sah die einst stolze Königsyacht in zwei Teile zerbrechen und im Wasser des Hafens sinken.
Durch die Versenkung der RUMIJA wurde der Hafen seiner einzigen Schleppgelegenheit beraubt. Die Zerstörung der Holzmole und das Legen der Minen machten es größeren Schiffen unmöglich den Hafen von Antivari/Bar anzulaufen. Laut Hans Sokol in Österreich Ungarns Seekrieg 1914-18 hat dies wesentlich zur späteren fast völligen Aushungerung des montenegrinischen Königreiches beigetragen. 

Das Wrack heute:
Der Rumpf der einstigen Königsyacht liegen im Hafenbecken von Bar in etwa 14 Metern Tiefe. Das Wrack wurde wegen seiner enormen historischen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt.
Ein Betauchen durch Sporttaucher ist leider nicht möglich. Nur mit den Sondergenehmigungen von Polizei und des Hafenkapitäns von Bar ist ein Tauchen für wissenschaftliche Zwecke erlaubt.
Nach jahrelangen ergebnislosen Versuchen, hatte ich  endlich das Glück, das der neue Hafenkapitän von Bar, ein guter Bekannter meiner montenegrinischen Freunde ist und unser Ansuchen unterstützte. Damit gelang es eine Genehmigung für den 18.10.2017 zu erhalten.
Die Sicht im Hafenbecken ist sehr dürftig zu nennen. Trotzdem gelang es mir ein paar brauchbare Fotos vom Wrack zu machen. Der Rumpf des Schiffes ist vorhanden, jedoch alles, Aufbauten, Masten etc, was das Deck überragte, fehlt. Dies ist nur zum Teil auf die Beschädigungen bei der Versenkung zurückzuführen. Der Großteil der über das Deck ragenden Objekte wurde beim Ausbau des Hafens in den 1950-ern abgetragen, um das Wrack als Unterwasserhindernis für Schiffe mit größeren Tiefgang zu entschärfen. Im vorderen Teil des Schiffes dürfte der Torpedo von TB 57 getroffen haben, da dort der Rumpf beidseitig beidseitig sehr starke Beschädigungen aufweist. Die charakteristische Bugform ist sehr gut zu erkennen. Der Dampfkessel und die Maschine sind von oben frei zugänglich. Die Schiffsschraube ist noch vorhanden.
Für mich war es eine große Ehre an dem geschichtsträchtigen Wrack tauchen zu dürfen.

Das zweite Bild zeigt die Yacht 1915 in Verwendung als Transportschiff für montenegrinische Soldaten




Ferenc

Hier die Unterwasserfotos von dem Wrack.

Aufgenommen vom Bug beginnend in Richtung Heck

Ferenc


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