SMS Blücher vs. SMS Lützow

Begonnen von apendics.de.ore, 02 September 2017, 12:39:49

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

apendics.de.ore

Nach Analysen von Berichten und Dokumentationen stellt sich mir die Frage des Sinnes und der Verständlichkeit.

SMS Blücher:

L(CWL)=161,1m Bgr=24,5m Tkon=8,03m, 15840t (Quelle: Axel Grießmer: Die Großen Kreuzer...).
Vorschifflänge bis Turm A=32m, Seitenhöhe Vorschiff min. 10m, max. 16m, Anteil Vorschiff zu Länge in CWL=19,86%,
Turmgewichtslast im Vorschiff ca. 215t.

Doggerbank 1915: 70 bis 100 schwere Treffer aus Kaliber 30,5 und 34,3 cm sowie 7 Torpedotreffer (Backbord).


SMS Lützow:

L(CWL)=210m Bgr=29m Tkon=8,3m (Quelle: A. Grießmer: GK...Projekt 5d) Tkon=9,2m (Quelle: Schmolke/Koop: Die Großen Kreuzer...), 26600t.
Vorschifflänge bis Turm A=49m, Seitenhöhe Vorschiff min. 10m, max. 15m, Anteil Vorschiff zu Länge in CWL=23,33%,
Turmgewichtslast im Vorschiff ca. 1100t.

Skagerrak 1916: 24 (+1) schwere Treffer aus Kaliber 30,5 (Acht), 34,3 (12) und 38,1 cm (4) plus einen schweren Treffer gegen 22.00 Uhr
(Quelle: Schmolke/Koop: Die Großen Kreuzer...), durch zwei Torpedos selbstversenkt.

Beide Typen wurden mehrfach unterhalb des Panzergürtels getroffen!

Ungeachtet des Kalibers von 38,1cm, möchte die Frage stellen, wie es sein kann, dass ein 15840t Schiff (27,66 Mio GM) widerstandsfähiger
ist, als ein 26600t Schiff (45,65 Mio GM)?
                           

mini

Vielleicht weil Blücher keine konstruktive Schwachstelle wie den vorderen Torpedobreitseitraum hatte? Wenn ich mich recht entsinne, war es ja der Wassereinbruch dort, der Lützow das "Genick gebrochen" hat...

apendics.de.ore

Richtig, dies war das Ergebnis für Lützow, dennoch im Zusammenhang nicht ganz schlüssig.

Nach dem Vergleich von beiden Bugsektionen, besitzen sie ein ähnliches Muster von Anordnungen der Unterwassertorpedorohre.

Mark Alt

Eine interessante Darlegung gibt es im Artikel Battlecruisers at Jutland: A Comparative Analysis of British and German Warship Design and its Impact on the Naval War, geschrieben von Nathanial G. Ott (Seite 24):

ZitatLützow was the only vessel on either side to be sunk by gunfire alone, though the type of damage it sustained made it a unique case. At the head of the German battlecruiser line, and frequently targeted by multiple opponents simultaneously, Lützow was subjected to a terrific battering. There were five hits below the waterline in the forward section of the hull; none of the other ships on either side were severely damaged below the waterline. It was these underwater hits that doomed the vessel, though several other hits above the waterline and on the forecastle contributed to the fatal flooding. The lack of a torpedo bulkhead in the bow and insufficient internal subdivision permitted flooding to occur unchecked.

Der Verlust der Lützow war ein böses Unglück. Glück hatten eher die Briten, die hätten leicht 7-8 schwere Einheiten verlieren können, und nicht durch Wassereinbruch...

Der ganze Artikel ist erreichbar hier:
https://kb.osu.edu/dspace/bitstream/handle/1811/46765/Nathan_Ott_Thesis.pdf?sequence=1

Gruß

Matrose71

#4
Salve,

der Untergang der Lützow hatte mehrere Gründe, der Torpedoraum wude angesprochen, viel entscheidender waren aber zwei andere Dinge.

Lützow wurde trotz volllaufen des Vorderschiffes, zu viel zu hohen Fahrstufen "gezwungen", dazu muss man betrachten, dass Lützow im Vorschiff schon angeschlagen war (langsames volllaufen des Vorschiffes), als das AG I den Befehl von Scheer erhielt, die zweite Gefechtskehrtwende zu decken und auf Hoods Schlachtkreuzer, als Führungsschiff der AG I, stieß, die für die "entscheidenden" Treffer sorgten, um die Situation wesentlich zu verschlimmern. Auch nach diesen Treffern fuhr Lutzow noch viel zu schnell.

Der zweite Punkt, der in der Literatur noch angeben wird ist, das die Besatzung von Lützow nicht ganz auf der Höhe der anderen GK war und mit den Schaden und seinem Ausmaß nach den weiteren Treffern von Hoods Schlachtkreuzern einfach ab einem gewissen Zeitpunkt überfordert war.

Der Grund für den Verlust der Lützow lag hauptsächlich an der Schiffsführung und Besatzung und dem Design Fehler des Torpedoraums.
Lützow hätte den Vorstoß auf Hoods Schlachtkreuzer nicht anführen dürfen, weil sie schon viel zu hart angschlagen war im Vorschiff.

edit:

Es kann auch die erste Gefechtskehrtwende gewesen sein. Da will ich mich rein aus dem Gedächtnisnicht nicht festlegen.

Laut den ehemaligen Schaubildern von Delcyros lagen weit über die Hälfte der 24 Treffer auf Lutzow im Vorschiff.

Leider sind die Grafiken nicht mehr in dem Thread vorhanden.
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7482.msg116627.html#msg116627

Edit 2:

Bei nochmaligen lesens des Thread von Delcyros, waren es dann doch eher die Treffer von Orion und Monarch die "entscheidend" waren und nicht so sehr Hoods Schlachtkreuzer. Sorry aber ist auch schon ein paar Jahre her, das wir das diskutiert haben.
Viele Grüße

Carsten

Sven L.

An die Lenz- und Leckpumpen denkt wohl keiner und daran, das die wasserdichten Schotten nicht unbedingt absolut Wasserdicht waren?  :cry:

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


_________________________________
Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Matrose71

Siehe Delcyros Thread, Räume mit großen Löchern kann man eher nicht leer pumpen.

Man konnte das QS letztendlich nicht halten und damit war dann die Sache vorbei, dass es dazu kam hatte aber sehr viele verschiedene Gründe.
Viele Grüße

Carsten

Huszar

Nicht zu vergessen, dass die Briten noch lange auf Blücher geballert haben, als das Schiff eindeutig nicht mehr zu retten war...
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

apendics.de.ore

Verhängnisvolle Treffer erlitten beide Kreuzer.

Blücher: Treffer in der Zuführbahn von Kartuschen (43), die so gelegt war, dass beide Mitteltürme (vorlicher) versorgt wurden.
Ergebnis: Ausfall von zwei Mitteltürmen (vorlicher), Dampfleitung beschädigt, Geschwindigkeitsabfall von 23 auf 17 kn.

Lützow: Treffer Vorschiff (Torpedobreitseitraum) und Treffer folgend.
Ergebnis: Anlaufgeschwindigkeit 18 kn, Reduzierung auf 3 bis 5 kn zur Vermeidung von Schottenbrüchen nach Volllaufen.

Bedeutet dies, dass nur der Einsatz der 38,1cm, als Konsequenz der "großen Löcher", das Schicksal besiegelt hat?


Warum gibt es so wenig Informationsmaterial über die Blücher? Weil sie nicht in Scapa Flow gelandet ist?

Matrose71

#9
@ apendics.de.ore

Hast du eigentlich den Link gelesen, den ich gepostet habe?

Wo waren da 38,1cm Treffer irgendwo entscheidend

http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7482.msg107065.html#msg107065
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7482.msg107078.html#msg107078
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7482.msg107168.html#msg107168
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7482.msg107203.html#msg107203

Dazu kommt, dass Blücher nach ihrem geschwindigkeitsreduzierenden Treffer, der nichts mit dem Vorschiff zu tun hatte, einfach von einer erdrückenden Übermacht zusammengeschossen wurde.
Während Lützow 4 Stunden lang mit hohen Fahrstufen im Kampf stand und immer wieder Treffer plus wohl einen Torpedotreffer im Vorschiff kassiert hat, das kann man doch gar nicht vergleichen!

Dazu war Lützows Schicksal erst wirklich um Mitternacht entschieden, als das Querschott nachgegeben hat und damit das Schiff vor der Überflutung nicht mehr zu retten war.. Mir erschließt sich hier nicht die vergleichende Situation zwischen Blücher und Lützow auch waren die Schadenslagen und Umstände nicht vergleichbar.

ZitatUngeachtet des Kalibers von 38,1cm, möchte die Frage stellen, wie es sein kann, dass ein 15840t Schiff (27,66 Mio GM) widerstandsfähiger
ist, als ein 26600t Schiff (45,65 Mio GM)?

Diese Aussage ist völlig hanebüchen, wenn man die Gefechtsumstände von beiden Schiffen betrachtet.
Viele Grüße

Carsten

apendics.de.ore

#10
Vielen Dank an alle Beteiligten für die reichhaltige Zuarbeit!

@Matrose71

Blücher erhielt ersten Treffer um 10:12 Uhr....um 13:13 Uhr legte sie sich auf die Seite und sank über Backbord (3 Stunden).

Blücher: (70-100 Treffer, Durchschnitt=85) ~28 Treffer/h, ~1 Treffer in 2 min.

Lützow: (24 Treffer) ~6 Treffer/h, ~1 Treffer in 10 min (4 Stunden).


...zum Zitat: Ich stellte eine Frage in Addition von Treffern, mit Ausklammerung des Kaliber 38,1 cm. Danke!

apendics.de.ore

Ich bin ebenso ein Verfechter des großen und eindrucksvollen Kampfschiffes, aber dies rüttelt doch arg an meiner Überzeugung.

Vielleicht ist Weniger doch Mehr?


So eine Blücher mit 3x2 28,3 cm (L/45=1,62 Mio GM, L/50=1,95 Mio GM pro Turm) in Anordnung wie Projekt D48a, kostet auch nur 28 Mio GM.
Dies ginge auch mit dem Ersatz der 20,93 cm Doppeltürme durch 28,3 cm Einzeltürme (Krupp Einzelturm für Dutch Naval 1910) als Umrüstung....

...naja, ich möchte hier doch Themakonform bleiben!

Huszar

Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Matrose71

Viele Grüße

Carsten

apendics.de.ore

@Matrose71

Sie haben recht! Kaiser-Schmarn, denn ich habe es weder konstruiert, weder gebaut noch entschieden!

Danke ihrer Meinungsäußerungen.

Impressum & Datenschutzerklärung