Beschießung der Dresden

Begonnen von Mark Alt, 05 August 2017, 22:53:05

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Mark Alt

Habe im Internet mehrere Artikel bezüglich der Beschießung der Dresden (engl.: ,,Battle of Más a Tierra") gefunden und die unterscheiden sich in mehreren Details.

Meine Fragen wären:
1.   Gab es dieses Fußballspiel am Strand? Wer spielte gegen wen?
2.   Gab es diesen Schwein, der sich aus dem sinkenden Schiff retten konnte und der sich schließlich der Royal Navy anschloß?
3.   Was geschah mit dem Kohlenfrachter Gotha, mit dem Dresden am 7. März treffen sollte? Haben sie die Briten abgefangen?
4.   Segelte Canaris auch zu einem zweiten Male zur Glasgow als Parlamentär?
5.   Wie endete das Fußballspiel am Strand?


Die Quellen die ich mir angeschaut habe:
* https://warandsecurity.com/2015/03/14/the-sinking-of-sms-dresden-14-march-1915/#_ftnref2
* https://hubpages.com/education/A-World-War-One-Naval-Action-Capturing-the-SMS-Dresden
* http://www.kleiner-kreuzer-dresden.de/index.html
* http://www.kreuzer-dresden.de/dresdenbattle.htm

Und drei Dokumentationen in YT.

Danke im Voraus für die Antworte!

schiffbauer

Hallo,
ich kann leider nichts Direktes zu Deinen Fragen beitragen, sondern nur eine Randnotiz:
Von dem als Versorgungsschiff eingesetzten Fracht- und Passagierdampfer GOTHA (der die Dresden nicht mehr erreicht hat), gibt es im Hafenmuseum Hamburg ein 1:50 Werftmodell, das dort gerade restauriert wird.
Gruß
Schiffbauer

Matthias Strauß

Vielleicht kann ich beitragen, die gestellten Fragen zu beantworten.
1. Es gab kein "Fußballspiel" am 14.03.1915 oder die späteren 4 Tage auf der Robinson-Insel.
2. Tatsächlich wurde durch eine engl. Kutterbesatzung ein lebendes Schwein an der Versenkungsstelle aus dem Wasser gefischt und an Bord gebracht. Hier tauften sie das Schwein "Tirpitz".
3. Die "Gotha" hielt sich zur Versorgung der "Dresden" im befohlenem Gebiet auf. Am 19.03.1915 erfuhr der Kapitän vom Untergang der "Dresden" vor Mas a tierra und fuhr nach Valparaiso, wo das Schiff am 20.03.1915 interniert wurde.
4. Nein
5. Nein

Gruß Jack

Mark Alt

Danke für die Antworten. Also Gotha war ursprünglich ein Passagierschiff, die später als Versorgungsschiff eingesetzt wurde.

Es ist mir nicht klar, ob die britischen Projektile defekt waren oder nicht. Die eine Quelle sagt ja, der andere sagt sie waren es nicht, da aber nur Panzerbrechergranaten verschossen wurden und die Dresden keine Panzerung besaß, flogen sie einfach durch die Außenwand ohne zu detonieren.

Dr. Willi Kramer und James Delgado stellten fest, dass die Löcher an den Felswänden durch Schüsse abgegeben von kurzer Entfernung (aus der Bucht) entstanden. Ihrer Skizze nach muss die Entfernung nur einige Hundert Meter betragen. Vielleicht ist es eine Laienfrage, aber liegen diese Einschußlöcher nicht ein bißchen zu hoch dazu? Sollte man aus so einer kurzer Distanz nicht fast paralell der Wasseroberfläche (wenn nicht ein bißchen nach unten) schießen? Die beiden Forscher steigen in der Dokumentation auf den Berg ganz hoch.

Es wird an einer Stelle erwähnt, dass die Dresden nach zwei Tagen von dem ,,Gouverneur" der Insel interniert wurde. Doch die chilenische Regierung beschuldigte später die Dresden, den 24-Stunden Grenze überschritten zu haben und protestierte deswegen auch bei Deutschland. Demnach wurde die Dresden doch nicht interniert. Internierung wird im KTB nicht erwähnt. Wie war es genau?

Es wird auch erwähnt, dass die Dresden bei Más a Tierra mit der Gotha treffen wollte. Gotha segelte frei, wurde nicht abgefangen. War dieses Treffen noch beabsichtigt oder ist es nur eine britische Darstellung, um ihr Vorgehen unterstützen zu können?

In der ZDF-Dokumentation bricht Kapitän Lüdecke nach der Falklandschlacht zusammen und Wilhelm Canaris tritt als eigentlicher Befehlshaber auf. Bei einer anderen Version wird er erst durch den Verlust seines Schiffes zerrüttet. Nach dieser Darstellung hielt er die Führung fest und organisiert die Evakuierung und Vorbereitungen zur Selbstversenkung des Schiffes, während Canaris mit den Briten verhandelt. Welche Version ist genauer?

Die britischen Quellen erwähnen manche Gegenstände außer den Schwein ausgefischt zu haben. War es erlaubt, in neutralen Gewässer solche Beute zu machen?

Matthias Strauß

Sehr umfassende Fragen.

zu den engl. Granaten: Der Einsatz der engl. Panzergranaten ist durch Versager belegt. Wieviele es waren, hat keiner gezählt. Als ich 2015 auf der Insel war, konnte ich einen Versager der "Kent" fotografieren (1). Das Gebiet der Einschläge an Land habe ich markiert auf dem Foto (2). Es liegt deckungsgleich mit meiner Gefechtsskizze. Auch Kramer/Delgado haben die selbe Stelle besichtigt und gemeint.
zur "Gotha": kann man alles nachlesen im www. Ihre diesbezüglichen Anmerkungen kann ich nicht nachvollziehen.
zur Internierung: der chil. Hafenkommandant konnte eine Internierung nicht rechtsverbindlich aussprechen, da er keine rechtliche und materielle Kompetenz besaß, um diese zu realisieren. Er sandte am 12.03.1915 mit einem Segelboot einen Bericht nach Valparaiso, um die berechtigte Forderung des Kmdt. Lüdecke zur Internierung der chilenischen Regierung/Armada zu überbringen.
zur ZDF-Dokusoup: wenn einer die Führung von Lüdecke übernommen hätte, dann in der Reihenfolge Nieden (I.WO), Wieblitz (N.O.) und Burchardi (A.O.). Es war aber zu keinem Zeitpunkt notwendig. Mit dem Namen "Canaris" konnte man die Produktion vielleicht besser verkaufen.
"War es erlaubt?": Wer hätte sie daran hindern sollen? Sorry, dass ich dies mit einer Gegenfrage beantworte.

Jack

Mark Alt

Die Antworten waren auch umfassend, Danke. Mir schienen die Einschläge in der Kramer/Delgado Dokumentation etwas höher zu liegen, aber dann war es nur eine optische Täuschung.

Wenn ich es gut verstehe, konnte der Hafenkommandant das Schiff nicht für interniert erklären, hat aber den Wunsch akzeptiert und hat sich bemüht den Prozess voranzubringen. (Wurde die Forderung nicht per FT sondern mit dem Segelboot vermittelt, um nicht abgehört zu werden?) War das Verhalten der Dresden in diesem Fall – weiter in neutralen Gewässer aufzuhalten – rechtmäßig? Sollte sich das Schiff nicht außerhalb der Hoheitsgewässer den Prozess (das Eintreffen der chlienischen Kriegsschiffen) abwarten? Denke die Wassertiefe hätte das Ankern außerhalb der 3-Meilen Grenze nicht erlaubt und das Festland war nicht mehr zu erreichen. Warum dann die chilenische Beschwerde? War es vielleicht auf politischen Druck der Briten?

Gruß
Andreas

Mark Alt

Einige andere Fragen hätte ich noch:

1.   Verfolgung
Eine britische Quelle berichtet, daß die Kent aus einer Entfernung von 12 Seemeilen die Dresden sichtete und während der darauf folgenden Verfolgung die Entfernung auf 8 Seemeilen verringern konnte, doch das Dunkelwerden rettete den deutschen Kreuzer. Kent konnte 23 Knoten, die Dresden (dank der Parsons-Turbinen) 24-25,2 Knoten erreichen (laut Wikipedia). Nach der ZDF-Dokumentation aber konnte die Kent mit 24,5 Knoten die Geschwindigkeit der Dresden nicht erreichen. Hat vielleicht die Dresden am Ende der Verfolgung wegen der eintretenden Dunkelheit das Tempo verringert um Kohle zu sparen und konnte so die Kent näher herankommen? Oder waren die Maschinen der Dresden tatsächlich in so einer schlechten Lage, dass die Kent die Entfernung stets verringern konnte?

2.   Entlassene
Am 12. März sendete der Hafenmeister via eines Segelschiffes die Nachricht über die Dresden und ihre Forderung zur Internierung nach dem Festland. Laut KTB wurde es 4 Offizieren an diesem Tag gestattet, das Schiff zu verlassen und in die Heimat frühzeitig zurückzukehren. Haben sie an diesem Tag (auf diesem Segelschiff) Más a Tierra verlassen?

3. Beschießung
Hat man Informationen darüber, wie lange die Briten die Dresden beschossen haben? Eine Quelle erwähnt 10 Minuten, eine andere 2 Stunden. Durch die Aktion der Kent war es sicherlich mehr als 10 Minuten, aber wie intensiv war es danach? Wie war die Zielgenauigkeit der Briten? Man hat den Eindruck es war schlecht (wie früher und später auch), doch haben ganz früh einige Treffer erzielt und mehrere Kanonen der Dresden ausgeschaltet. Deutet das nicht auf ein gutes Schießen der Engländer hin oder waren diese Treffer nur Glück am Anfang. Kann man wissen, wieviel Munition verschossen wurde und wie oft die Granaten trafen? Gab die Dresden 3 Schüsse oder 3 Salven ab?

4.   Panzerung
In der Seite über SMS Dresden steht folgendes:

Zitat''Das einseitige Gefecht begann gegen 09.10 Uhr. Binnen weniger Minuten waren die achteren Geschütze der ''Dresden'' außer Gefecht gesetzt, die Feuerleitung funktionierte nicht mehr, die Munitionskammer II mußte wegen Explosionsgefahr geflutet werden, die Munitionszuführungen waren zerstört. Der Freibord der ''Dresden'' lag auf grund der geringen Vorräte so hoch über Wasser, dass die so schon geringe Panzerung hier gänzlich fehlte. Eine Granate durchschlug den unter dem Panzer, aber bereits über der Wasserlinie liegenden Torpedoraum an der Bb.-Seite.''

Laut Wikipedia hatte die Dresden keine Seitenpanzerung. Hatte das Schiff eine Außenhülle von 20 mm bis zur Wasserlinie ("20 mm vertikal"), was als Panzerung betrachtet werden kann?

Danke im Voraus!
Andreas

EuGu

#7
Ich habe irgendwo gelesen, die Dresden habe überhaupt keine Gegenwehr geleistet, weil internierungsgemäß die Verschlüsse der Geschütze alle an Land gegeben gewesen seien.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Offiziere der Dresden vielleicht ebenso wie ich nicht wussten, dass eine Internierung der Zustimmung der Regierung des internierenden Staates bedarf bzw. abgelehnt werden kann. So wie es nicht der Zustimmung der Regierung des Kriegsgegners bedarf, wenn ein Soldat sich ergibt. Ab dem Moment der erhobenen Hände ist es Mord, ihn zu töten.

Beste Grüße
Eugen

Mark Alt

Zitat von: EuGu am 11 September 2017, 15:38:09
Ich habe irgendwo gelesen, die Dresden habe überhaupt keine Gegenwehr geleistet, weil internierungsgemäß die Verschlüsse der Geschütze alle an Land gegeben gewesen seien.

Beste Grüße
Eugen

Hallo Eugen,

ich denke das war nicht der Fall. Die Dresden soll mit 3 Schüssen (oder 3 Salven?) auf den Angriff geantwortet haben. Also ihre Kanonen müssen funktionstüchtig gewesen sein. Wie Matthias erläutert hat, war der Hafenkommandant nicht berechtigt, die Internierung durchführen zu können. Also soll das Schiff rechtlich noch nicht interniert gewesen sein.

Immerhin danke für deinen Beitrag. Auch wenn die Information in deiner Quelle falsch war, gehört es zum Thema.

Gruß
Andreas

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