Verdrängung von Schnellbooten / FAC's

Begonnen von torpedo mixer, 28 Januar 2018, 14:35:00

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Matrose71

Salve Urs,

genau um diese Zeit erfolgte ja neben den FK Schnellbooten auch der Zulauf der U 206 Klasse, die doch erheblich leistungsfähiger war als ihr Vorgänger und ebenfalls auf Landungsflotten in der Ostsee angesetzt worden wäre.

Kann man sagen das die BW Marine von 1972 bis 1976 den Turn around in der Ostsee mit den neuen Waffensystemen schaffte oder war es eher ein gleichziehen auf Augenhöhe und ihr hattet auch wieder ein scharfes Schwert?
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin, Carsten,

Zitat von: Matrose71 am 02 Februar 2018, 18:09:25
Kann man sagen das die BW Marine [1] von 1972 bis 1976 den Turn around in der Ostsee mit den neuen Waffensystemen schaffte oder [2] war es eher ein gleichziehen auf Augenhöhe und [3] ihr hattet auch wieder ein scharfes Schwert?
zu 1 und 3 - ja
zu 2 - schwer zu sagen, der WP führte ja ab ca. 1970 auch Neues ein, z.B. Projekt 1234 / Nanuchka und die Su-24 Fencer.

Subjektiv fühlten wir uns technisch zumindest wieder gleichwertig und von den Ausbildungsstunden her überlegen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

thommy_l

Hallo,

Zitat von: Urs Heßling am 02 Februar 2018, 13:49:43
Der Draht verteilte sich auf 20 km im Torpedo und 17 km an Bord des Bootes ...

Also insgesamt 37 Kilometer Draht. Wie hoch war dann die effektive Reichweite des Torpedos? Ich nehme an, das Boot läuft mit hoher Geschwindigkeit ans Ziel an und feuert den Torpedo ab.

Folgende Scenarien:
1. Boot bleibt still liegen, Reichweite damit 37km. Dürfte unwahrscheinlich sein, da das Boot als lahme Ente im Wasser liegt und bekämpft wird.
2. Boot läuft dem Torpedo hinterher, die Reichweite erhöht sich damit. Die Wahrscheinlichkeit der Versenkung ebenfalls.
3. Boot dreht ab und "rennt" davon um sich zu schützen. Dann bleibt von den 37km viel weniger übrig, abhängig von der Geschwindigkeit des Boots.

Auf welche Distanz wäre der Torpedo gefeuert worden und welches taktische Verhalten war vorgesehen?
Wieviele Torpedos konnten auf wieviele Ziele gerichtet werden?

Grüße
Thommy

Urs Heßling

moin, Thommy,

Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Also insgesamt 37 Kilometer Draht. Wie hoch war dann die effektive Reichweite des Torpedos? Ich nehme an, das Boot läuft mit hoher Geschwindigkeit ans Ziel an und feuert den Torpedo ab.
Das wurde in den Anfangsjahren (1972-77) tatsächlich noch so gemacht.
Bevor ich 1980 Torpedo-Offizier des Geschwaders wurde, hatten wir mit schon mit Änderungen begonnen:
Die Boote fuhren mit "verdecktem" Verhalten = geringe Fahrtstufen, unauffällige Kurse, Radarstille (d.h.  ein Hubschrauber, eine Küstenradarstation oder eigene Passivauffassungen durch mehrere Boote lieferten die Zieldaten)


Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Folgende Scenarien:
1. Boot bleibt still liegen, Reichweite damit 37 km. Dürfte unwahrscheinlich sein, da das Boot als lahme 
Rechenfehler # 1 : Reichweite nur 20 km (plus Annäherung des Gegners, siehe unten), da der Drahtvorrat des Bootes nicht genutzt wird.


Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Folgende Scenarien:
2. Boot läuft dem Torpedo hinterher, die Reichweite erhöht sich damit. Die Wahrscheinlichkeit der Versenkung ebenfalls.
Noch ein Rechenfehler : der Draht wird ja nicht durchs Wasser "hinterhergezogen", sondern "steht still" im Wasser (siehe oben).


Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Folgende Scenarien:
3. Boot dreht ab und "rennt" davon um sich zu schützen. Dann bleibt von den 37km viel weniger übrig, abhängig von der Geschwindigkeit des Boots.
Rechenfehler # 3 : auch das ändert nur dann die Reichweite, wenn das Boot seinen Drahtvorrat schneller aufbraucht als der Torpedo.


Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Auf welche Distanz wäre der Torpedo gefeuert worden und welches taktische Verhalten war vorgesehen?
Das hing entscheidend von der Annäherungsgeschwindigkeit des Zieles ab. Je schneller das Ziel (dem Torpedo entgegen-) fuhr, desto höher die Reichweite (einfache geometrische Lösung)
Der feuerzeitpunkt hing auch davon ab, ob man beim Gegner eine Täusch-geräusch-Boje vermutet wurde. Das erfordert eine andere Ansteuerung des Torpedos ans Gegnerschiff, nämlich Haken schlagend von achtern. Das war von der Reichweite "abzuziehen".
Zum "verdeckten" taktischen Verhalten schrieb ich schon oben etwas. Eine weitere Möglichkeit habe ich unter dem FMA-Link zur Taktik der "Zobel"-Boote beschrieben.


Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 18:56:09
Wieviele Torpedos konnten auf wieviele Ziele gerichtet werden?
Bei einem Boot : Zwei gegen zwei.
Bei mehreren Booten entsprechend mehr. Dann mußte man bei der "Zielverteilung" aufpassen.


Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

torpedo mixer

Thommy,

soweit ich das verstehe (Urs - bitte korrigierend eingreifen):

- S-Boot schießt Torpedo. Aus dem Torpedo spulen die 20 km Draht ab = 20km Reichweite bis der Draht reißt. Das fixe Ende ist die Abschußstelle.
- das S-Boot läuft von der Abschußposition ab und spult seinerseits seine 17 km am - auch wieder gegen die Start-Position.
- Der Draht "schwebt" im Wasser stationär rum bzw. sinkt langsam ab. Wird jedenfalls nicht durchs Wasser gezogen! (ich sag mal - innnen abwickelnde Spule mit einem vorgedrilltem Draht der über eine leichte Fadenbremse vom stationären Draht im Wasser abgezogen wird. Verhindert lose abfliessende Schlingen wo Ärger passieren und auch die Länge nicht voll genutzt werden kann) (Ich komme aus der Textilbranche - Glasarmierungs-Abspuler arbeiten so...)
- Wenn der Draht unklar wird dann reißt es irgendwo und "aus" bzgl. Nachlenkung.



Ich glaube auch das ein "alpha"-Schlag mit allen Kräften die einzige Möglichkeit war. Erst Luftüberlegenheit erringen, mit U-Booten den Schirm ausdünnen bzw. direkt auf die Landungsschiffe, dann aus der Luft und mit den S-Booten gemeinsam drauf und die Abwehr saturieren. Sagt sich natürlich recht einfach...

Gruß - tm
WoW: [FMA] torpedo07

thommy_l

#20
Hallo Urs,

das mit dem stillliegenden Draht habe ich jetzt kapiert  :MG: Der Torpedo "wirft"** seinen Drahtvorrat entsprechend seiner Geschwindigkeit aus. Das Boot seinen Vorrat ensprechend seiner Geschwindigkeit, egal in welcher Richtung. Wenn einer von beiden steht wird dessen Draht nicht ausgenutzt. Wenn das Boot hinterherfährt, wird der Bootvorrat zwar ausgenutzt, bringt aber keine Zusatzstrecke für den Torpedo. Egal wo das Boot hinfährt, trennt sich die Verbindung nach frühestens 17 Km beim Boot oder spätestens 20 Km beim Torpedo ab.

Ergo: gesteuerte Laufstrecke des Torpedos = max 20 Km nach Abschuss.

Grüße
Thommy

** wie der Wickel einer Harpunenleine

Edit: max

thommy_l

Hallo Torpedomixer,

danke für die Info! Da war ich etwas zu spät dran  :MV:

Thommy

torpedo mixer

Thommy,

Gern geschehen.

Urs - zu Deinem Link - vielen Dank!

Sehr informativ und immer noch aktuell.

Geruß - tm
WoW: [FMA] torpedo07

Urs Heßling

moin,

Zitat von: torpedo mixer am 02 Februar 2018, 20:01:52
- S-Boot schießt Torpedo. Aus dem Torpedo spulen die 20 km Draht ab = 20km Reichweite bis der Draht reißt. Das fixe Ende ist die Abschußstelle.
- das S-Boot läuft von der Abschußposition ab und spult seinerseits seine 17 km am - auch wieder gegen die Start-Position.
- Der Draht "schwebt" im Wasser stationär rum bzw. sinkt langsam ab. Wird jedenfalls nicht durchs Wasser gezogen! (ich sag mal - innnen abwickelnde Spule mit einem vorgedrilltem Draht der über eine leichte Fadenbremse vom stationären Draht im Wasser abgezogen wird. Verhindert lose abfliessende Schlingen wo Ärger passieren und auch die Länge nicht voll genutzt werden kann) (Ich komme aus der Textilbranche - Glasarmierungs-Abspuler arbeiten so...)
- Wenn der Draht unklar wird dann reißt es irgendwo und "aus" bzgl. Nachlenkung.
Urs - bitte korrigierend eingreifen -  top

Zitat von: thommy_l am 02 Februar 2018, 20:02:27
Ergo: gesteuerte Laufstrecke des Torpedos = max 20 Km nach Abschuss.
.. und auch da muß noch etwas ergänzt werden :
Nach Drahtriß/Drahtende lief der Torpedo noch zielsuchend mit einem eigenen Zielsuchprogramm TILP = Torpedo-internes Lenkprogramm so lange weiter, bis der Batterievorrat erschöpft war.

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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