"Spin-off" (Ableger) (II) vom Konferenz-Thread : "Fleuzer" 1919

Begonnen von Urs Heßling, 14 Juli 2017, 11:41:35

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Urs Heßling

moin,

als Geburtstagkind leiste ich mir heute einmal folgende Überlegung :

Ausgang : Vor fast 12 Jahren stieß unser ufo top :MG: mit der Idee eines Flugdeckkreuzers im FMA eine Diskussion an, die unter dem Stichwort "Fleuzer" richtig Fahrt aufnahm und in mehreren Konstruktionsthreads ausgiebig, interessant und mit starken Fachbeiträgen, unter Anderem und vor allem von Harold  :TU:) für alle lehrreich über mehr als 12 Monate betrieben wurde.

Die Idee war in der 2. Hälfte der 30er Jahre "angesiedelt".

Ich nehme diese Idee als "Ableger" :wink: des Threads der Flottenabrüstungskonferenz auf und bringe einmal folgenden, 15 Jahre früher platzierten Vorschlag ein :

Nach Abschluß der Verhandlungen bei der Flottenabrüstungskonferenz in Den Haag 1918 ergibt sich für DR die Lage, daß mindestens ein Großer Kreuzer der Reihe Moltke/Goeben/Seydlitz abgerüstet werden müßte.

Vorbehaltlich einer Bereitstellung genügender Finanzmittel durch den Reichstag (nicht wahr, Bernd ?  :angel:)
wird durch K die Möglichkeit untersucht, einen oder zwei der genannten Großen Kreuzer weiterzunutzen und zu vertragsgemäßen 25.000 t-Flugzeugträgern umzubauen.

Diese Schiffe sollen neben der Möglichkeit "normaler" Flotteneinsätze inbesondere die Fähigkeit zum Einsatz in Krisensituation wie z.B. vor Venezuela 1903 und als Drittes auch einem Einzelschiff-Handelsstöreinsatz haben.

Ergebnis : Der Umbau wäre wie folgt denkbar :

- Wegfall der Torpedoanlage (Bug- und Breitseitraum), neue Bugform ("Atlantik" , strömungsgünstig)

- Wegfall der Panzerung im Bug und Heckbereich : ist zu diskutieren, da (1) eine Abwägung des Nutzes (Gewichtsverringerung) gegenüber dem Abbauaufwand zu betrachten ist und (2) auch leichte Treffer im ungepanzerten Vorschiff die Seefähigkeit deutlich einschränken könnten

- Munitions- und Antriebsräume (Erhalt der "Raider"-Fahrfähigkeit hat hohe Priorität) sowie Hangarbereich (Ottokraftstoff !) müssen mindestens gegen 20 cm-Treffer gepanzert bleiben (daher keine Reduzierung der Panzerung in diesem Bereich)

- Wegfall der Diagonaltürme B und C und des überschießenden Heckturms D und Wegfall der 15 cm-Kasemattgeschütze im Mittschiffsbereich (Nr. 1, 2 und 6 bleiben)

- Nutzung der "freiwerdenden" Räume für Kraftstofftanks und TK- und andere Vorratsräume und den Einbau einer Klimaanlage, die die durch den Wegfall der Türme und Geschütze freiwerdende E-Kapazität nutzen können.

- Mit dem Wegfall der o.a. Geschütze entfällt der Personalbedarf für mind. 350 Mann, für die Flugzeugabteilung sind 250 Mann (60 Flugpersonal, 4 x 36 = 144 Warte, Unterstützungs- und Logistikpersonal, Planungsstab) zu veranschlagen, die freiwerdenden Räume werden als Unterkünfte für Gefangene oder einzuschiffendes Personal (Seebataillon) vorgesehen.

- Änderung der Antriebsanlage wie folgt:
- Außenwellen und ggf. eine Innenwelle : Turbinen mit Ölfeuerung
- eine oder beide Innenwellen : Marschdieselanlage(n)

- Verlegen der Abgasanlage in einen vorderen, größeren Schornstein

- 2. Mast (Portalmast wegen der Abgase) direkt hinter dem Schornstein zur Aufnahme der Funkanlage

- Wegfall des Hüttenaufbaus, die auf der Hütte platzierten 8,8 cm-Geschütze werden durch an der Seite des Mitteldecks aufgestellte 8,8 cm-Flugabwehrgeschütze ersetzt

- die im vorderen (Brücken-)Bereich platzierten 8,8 cm-Geschütze werden durch auf den Brückendecks aufgestellte 8,8 cm-Flugabwehrgeschütze ersetzt

- Der gesamte Mittschiffsbereich in Schiffsbreite wird Flugdeck mit beiderseits der Back mit 20 Grad Winkel zur Mittschiffslinie herausragenden Startbahnen (L = 100 m), die bei zusätzlichem "Fahrtwind" (Luftstrom) problemloses Starten auch etwas schwererer Aufklärungsflugzeuge ermöglichen
(Schwenkbereich Turm E bleibt erhalten)

- Flugzeugausstattung
- 1 Jagdstaffel (12 Maschinen) mit Fokker D-VIII
- 1 Aufklärungsstaffel (12) mit Rumpler C-VII
- 1 leichte Bomberstaffel (12) mit Hannover CL-III

- Unterhalb des Flugdecks Einbau eines Hangarbereichs mit mindestens 2 Deckshöhen; anstelle des Schachts Turm D ein zu konstruierender Hangaraufzug

- Das Flugdeck wird durch eine erhöhte Luftdruckschutzwand gegen Turm E abgesichert

- Verringerung des Geschützkalibers Turm A und E auf das für Träger zugestandene Kaliber, dafür Drillingstürme (24 cm oder 21 cm ist noch zu entscheiden)

- Auf beiden Seiten hinter 15 cm-Kasematte "2" Einbau eines Torpedorohrsatzes als "Gelegenheitswaffe" , um u.A. angehaltene Handelsschiffe schnell und effektiv versenken zu können (nicht mit Art. !)
(aus Erfahrungen der letzten Tage : nur eingeschränkt für Landzielbeschuß geeignet :wink:)

- Raum und Aussetzanlage (Kran) für 2 Schnellboote des Typs LM, um
- ggf. auf weite Entfernung abdrehende Handelsschiffe doch noch stellen zu können
- ggf. Stoß- bzw. Sabotagetrupps des Seebataillons an Küsten absetzen zu können

- Aus den Seefahrtserfahrungen mit beiden Schiffen heraus sollte der Rumpf im Heckbereich um 1/2 Deckshöhe angehoben werden, um ein "Überspültwerden" bei hoher Fahrt zu vermeiden. Turm E stünde dann sozusagen in einer "Wanne".

- Im Bug ist eine Kraftstoff-Übernahme-Anlage einzubauen, um eine Kraftsoffübernahme von Tankschiffen auf hoher See im Bug-Heck-Verfahren zu ermöglichen

Zusammenfassung :
- Das fertige Schiff hätte aufgrund seiner Größe eine deutlich höhere Seefähigkeit als ein 10.000 t- "Fleuzer" und eine "Multi-Kampffähigkeit"

- Die Seeziel-Bewaffnung betrüge 2 x 3 – 24(21) cm, 6 x 1-15 cm, "Breitseite" 6-24 cm + 3-15 cm, damit ist ein erfolgreiches "Kreuzergefecht gegen mögliche Gegner vorstellbar

Anmerkung : Das fertige Schiff hätte eine (ganz geringe, aber mich inspirierende) Ähnlichkeit mit
https://de.wikipedia.org/wiki/Jeanne_d%E2%80%99Arc_(R_97)#/media/File:Jeanne_D_Arc_2.jpg


Ernsthafte (Gewichte, Zeichnung) und andere Kommentare :-D herzlich erbeten  8-) :lol:


Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Tostan

Zitat von: Urs Heßling am 14 Juli 2017, 11:41:35
[...]
Die Idee war in der 2. Hälfte der 30er Jahre "angesiedelt".

Ich nehme diese Idee als "Ableger" :wink: des Threads der Flottenabrüstungskonferenz auf und bringe einmal folgenden, 15 Jahre früher platzierten Vorschlag ein
[...]
- eine oder beide Innenwellen : Marschdieselanlage(n)

Marschdiesel in der ersten hälfte der 20er? Ist das zu der Zeit wirklich denkbar?

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Tostan am 14 Juli 2017, 13:17:08
Marschdiesel in der ersten hälfte der 20er? Ist das zu der Zeit wirklich denkbar?
Für Fragen wie diese hoffe ich auf eine Antwort.
Immerhin war für Sachsen und Württemberg ein solcher Antrieb vorgesehen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bodrog

Marschdiesel waren schon für Prinzregent Luitpold fest eingeplant (der Motor wurde ja auch fertig- aber nicht eingebaut). Auch die Könige sollten ursprünglich alle vier, dann nur noch zwei, letztlich aber keiner mehr wegen Problemen mit der ENtwicklung einen Marschdiesel auf die Mittelwelle bekommen.

Tostan

eben, die Entwicklung stockte .... warum? Ungelöste Probleme oder eher Kriegsprobleme und später geringes Interesse der Marine wegen VV? in der Realität waren ja erst später die Deutschlands mit Diesel ausgerüstet - und vorher wurden keine so großen Schiffe gebaut - aber auch später baute man wieder ausschließlich Dampf. Daher meine frage - wäre ein einsatzreifer Diesel zu der Zeit denkbar?

bodrog

technische (bis 1913) und Brennstoffprobleme bis 1917 (letzters wegen der Umstellung auf Teeröl)

ede144

Bei der Bestückung mit den Flugzeugen stellt sich mir die Frage, ob genug Ersatzteile mitgeführt werden können? Die Dauerfestigkeit war damals lange nicht da wo man sie heute gerne hätte?

Könnte so ein Schiff mehrere Monate allein im Atlantik operieren?

redfort

Zitat von: ede144 am 14 Juli 2017, 18:45:17
Bei der Bestückung mit den Flugzeugen stellt sich mir die Frage, ob genug Ersatzteile mitgeführt werden können? Die Dauerfestigkeit war damals lange nicht da wo man sie heute gerne hätte?


Ebenda und wenn ich mir die Typen ansehe, die Spannweiten, Flügel nicht klappbar, braucht einen enormen Platzbedarf bei der Masse an Flugzeugen.
Das heißt auch grosse Aufzüge etc.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

Peter K.

1917/18 wäre die 6-Zylinder-Maschine der M.A.N. mit ihren 12.000 PS in diesem Szenario jedenfalls verfügbar gewesen, jene von der Germaniawerft hätte wahrscheinlich noch etwas Entwicklungszeit benötigt.
vgl. LAUDAHN, Die Nürnbergher Großölmaschine, VDI, 1923
vgl. LAUDAHN, Die Entwicklung der Germania-Großölmaschine, VDI, 1924
vgl. LAUDAHN, Großölmaschinen, Schiffbau, 1923

Alternativ bestünde ab etwa 1924/25 die Möglichkeit, beispielsweise vier 3.000 PS Maschinen der ehemaligen U-Kreuzer mittels des neuen Vulcan-Getriebes auf eine Welle wirken zu lassen und damit die selbe Leistung von 12.000 PS zu erzielen.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Urs Heßling

moin,

Zitat von: ede144 am 14 Juli 2017, 18:45:17
Bei der Bestückung mit den Flugzeugen stellt sich mir die Frage, ob genug Ersatzteile mitgeführt werden können? Die Dauerfestigkeit war damals lange nicht da wo man sie heute gerne hätte?
Richtig ... aber bei 25.000 t paßt "unten" schon einiges hinein.

Zitat von: ede144 am 14 Juli 2017, 18:45:17
Könnte so ein Schiff mehrere Monate allein im Atlantik operieren?
Gehen wir erst einmal von Friedens- bzw. Kriseneinsätzen aus, auch, um Erfahrungen mit den Flugzeugen im Einsatz zu sammeln. Dann gibt es Stützpunkte überall.
Über monatelange Einsätze in einem erneuten Krieg reden wir später.

Zitat von: redfort am 14 Juli 2017, 18:57:20
.. wenn ich mir die Typen ansehe, die Spannweiten, Flügel nicht klappbar, braucht einen enormen Platzbedarf bei der Masse an Flugzeugen. Das heißt auch grosse Aufzüge etc.
Ja. Das hat mir auch Kopfzerbrechen bereitet.
Bei der Fokker D-VIII könte ich mir noch nach oben klappbare Flügel vorstellen.
Die Hannover habe ich wegen des kleinen Heckleitwerks ausgewählt.
Für den Aufklärer hätte ich ja gern eine Hansa-Brandenburg W.29 genommen und auf ein Radfahrgestell gesetzt, aber das habe ich mich dann doch nicht getraut. Wenn das geklappt hätte, wären wir mit einem Flugzeugtyp statt dreien ausgekommen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Smutje Peter

Hallo Urs

Die MAN und Germania Groß-Diesel für die Linienschiffe bauten für Deinen Zweck wohl zu hoch. Aber die U-Kreuzer Diesel könnten hinhauen.
Gruß

Peter aus Nürnberg

Huszar

Hallo, Urs,

Als Versuchsträger wäre mir zu diesem Zeitpunkt eher ein umgebautes Frachtschiff lieber. Ist wesentlich billiger zu bekommen, als ein Komplettumbau von Seydlitz. Auch in England baute man nicht gleich die Ark Royal  :wink:

Im einzelnen geht mir der vorgeschlagene Umbau ZU DER ZEIT entweder zu weit, oder nicht weit genug.
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Urs Heßling

#12
moin,

Zitat von: Huszar am 15 Juli 2017, 08:29:46
.. ein umgebautes Frachtschiff lieber. Ist wesentlich billiger zu bekommen, als ein Komplettumbau von Seydlitz. Auch in England baute man nicht gleich die Ark Royal  :wink:
Aber die Courageous und Glorious (baute man um) ... und DAS wäre durchaus zu vergleichen.

.. und um ein ob / ob nicht geht es hier erst einmal nicht, sondern darum, den Entwurf zu verändern und zu verbessern.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Huszar

Hallo, Urs,

Vor Gloriurs und Gourageours (  :-D ) hatten die Engländer noch Furiurs, Argu(r)s, Hermes(urs) und die Versuche mit Vindictive(urs). Also ziemlich viel Ursus (oder Urses)  :-D :-D :-D
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Urs Heßling

#14
moin, Alex,

ein kleiner EXKURS :

mir reicht schon # 10 der "Admiralty Modified R-class destroyers" aus dieser Liste  :wink:
https://en.wikipedia.org/wiki/R-class_destroyer_(1916)

Bin halt ein Kleinschiffs- bzw. Bootsfahrer und ein Torpedobootsmann :O/Y

Allerdings : eine eigene Reederei habe ich natürlich auch  :MG:
http://maritime-union.com/company/urs-belgie-n-v/

.. und einen eigenen Fjord in Norwegen ...
http://de.getamap.net/karten/norway/nordland/_ursfjord/  8-)

Gruß :-), Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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