Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg

Begonnen von Urs Heßling, 10 April 2017, 22:22:21

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Urs Heßling

moin,

das
Zitat von: Urs Heßling am 08 April 2017, 18:45:38
Zitat von: Mario am 08 April 2017, 17:33:18
.. statt an Kreuzer, an die Battleships denken .. Ich glaube, da würdest Du (fast) dasselbe schreiben.
Ja, die Idee hatte ich auch, als ich meinen Beitrag vor dem Einsetzen noch einmal durchlas.
läßt mir doch keine Ruhe :MZ:

Also kommt hier die Provokation Nr. 2, bevor ich mich heute abend in den Urlaub verabschiede :wink:

Schlachtschiffe waren im 2. Weltkrieg eigentlich überflüssig, sie hatten keine Aufgabe, die nicht auch Kreuzer - so sie auf beiden Seiten existierten - hätten wahrnehmen können.

Alliierte Schlachtschiffe brachten den Großteil bzw. größten Teil ihrer Fahrzeit damit zu, Flugzeugträgern Luftschutz zu geben (besonders im Pazifik), Konvois im Nordmeer, Mittelmeer und Atlantik gegen vermutete/erwartete Angriffe durch gegnerische Schlachtschiffe zu decken, die nur äußerst selten (2 x SH/GU, 1 x SH) eintraten oder Küstenbeschießungen zu führen.

Die Kämpfe von Schlachtschiffen gegen ihresgleichen sind - fast - an einer Hand abzuzählen :
7/1940 - Warspite gegen Giulio Cesare und Conte di Cavour (Punta Stilo)
9/1940 - Richelieu (im Hafen !) gegen Barham und Resolution (Dakar)
5/1941 - Bismarck gegen Hood und Prince of Wales
5/1941 - Bismarck gegen King George V und Rodney
11/1942 - South Dakota und Washington gegen Kirishima (Guadalcanal)
12/1943 - Scharnhorst gegen Duke of York (Nordkap)
- und - kein wirkliches "Duell" ! -
10/1944 - West Virginia, California, Tennessee und Maryland gegen Fuso und Yamashiro (Surigaostraße)

Hab' ich eins übersehen ?

Im "Überwassergefecht" gingen 6 Schiffe (Hood, Bismarck, Kirishima, Scharnhorst, Fuso und Yamashiro) verloren
Durch U-Boote gingen 3 Schiffe verloren : (Royal Oak, Barham, Kongo)
Durch Luftangriffe im Hafen sanken oder wurden zu konstruktiven Verlusten 8 Schiffe : Cavour , Arizona, Oklahoma, Gneisenau , Tirpitz, Ise, Hyuga, Haruna
Durch Luftangriffe auf See gingen verloren Prince of Wales, Repulse, Hiei, Roma, Musashi, Yamato.

Nach Auslaufen der Verträge von Washington und London ging der Schlachtschiffbau 1935 nach 12-jähriger Ruhepause wieder los .. warum ?
- weil die entscheidenden Admirale noch an den Wert der Schlachtschiffe glaubten ?  :|
- weil auf die Kritiker des Schlachtschiffbaus nicht gehört wurde ?
- weil "die andere Seite" auch Schlachtschiffe baute ? :roll:

Kommentare - in meiner Abwesenheit :-) :-)   - willkommen und erbeten :laugh:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Big A

#1
Ein volles "einverstanden" mit Deiner These, lieber Urs :MG:

Der einzige Sinn war schließlich nur noch mMn der Küstenbeschuss vor einer amphibischen Landung, das große Kaliber hatte mehr Wirkung im  Ziel ("Stahl auf die Heide" in der Heeressprache). Dieser Beschuss konnte auch Nachts durchgehalten werden, wenn die Flugzeuge nicht flogen und war unterm Strich wohl auch preiswerter, als ständig Flieger in der Luft zu halten... (ohne die Kosten für den Bau selbst einzubeziehen).

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

t-geronimo

Ich provoziere mal weiter:

Mit diesem Ansatz - mit dem Wissen und Denken von heute das Planen und Bauen von damals zu analysieren und zu bewerten - werden sich künftige Generationen durchaus fragen, warum die Deutsche Marine der heutigen Generation sich noch die großen Pötte leistet (ob sie nun als Korvetten, Fregatten oder sonstwas klassifiziert werden).
Bricht man mit diesem Ansatz deren Kosten-Nutzen-Wert herunter, kann man eigentlich nur noch den Smiley verwenden, der sich an der Wand den Kopf aufhaut.

Die Analyse "Früher-Heute" ist ja richtig, aber der Transfer auf "Heute-Morgen", sprich die Zukunftsorientiertheit, ist immer nur in begrenztem Maß möglich. Und je schneller die Zeit voran schreitet, um so kleiner ist dieses Maß. Und wenn dann auch noch ein Krieg dazwischen kommt, der Anschubser für technologische Weiterentwicklung schlechthin, dann kann man fast nur noch alt aussehen - oder Glück haben, auf die Planer gesetzt zu haben, die auf den einen von vielen Zukunftssträngen gesetzt haben, der dann auch wirklich eingetreten ist.

Um den Kreis zur Ausgangsthese zu schließen: Bei der Iowa-Klasse und Vanguard kann man tatsächlich vielleicht sagen: Warum noch? Mit Abstrichen vielleicht noch bei der South Dakota-Klasse und den letzten KGVs.
Aber alle anderen Schiffe wurden zu einer Zeit geplant und gebaut, als die rasante Entwicklung der Waffe Flugzeug kaum in dem Maß absehbar war, als es dann tatsächlich passiert ist.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

delcyros

#3
Zitat von: Urs Heßling am 10 April 2017, 22:22:21
moin,


Die Kämpfe von Schlachtschiffen gegen ihresgleichen sind - fast - an einer Hand abzuzählen :
7/1940 - Warspite gegen Giulio Cesare und Conte di Cavour (Punta Stilo)
9/1940 - Richelieu (im Hafen !) gegen Barham und Resolution (Dakar)
5/1941 - Bismarck gegen Hood und Prince of Wales
5/1941 - Bismarck gegen King George V und Rodney
11/1942 - South Dakota und Washington gegen Kirishima (Guadalcanal)
12/1943 - Scharnhorst gegen Duke of York (Nordkap)
- und - kein wirkliches "Duell" ! -
10/1944 - West Virginia, California, Tennessee und Maryland gegen Fuso und Yamashiro (Surigaostraße)

Hab' ich eins übersehen ?




Ja,

04/1940 RENOWN vs SCHARNHORST & GNEISEINAU

06/1940 HOOD, VALIANT, RESOLUTION & NELSON gegen (zunächst im Hafen) BRETAGNE, PROVENCE, DUNKERQUE, STRASSBOURGH

05/1941 PRINCE OF WALES vs BISMARCK (Kurzzeitig auf große Entfernung)

Mit dem Argument der Häufigkeit gehe ich nicht ganz mit. Eine besonders hohe Häufigkeit von Gefechten gegeneinander war noch nie das historisch charakteristische Merkmal von Dickschiffen und kann es m.A.n. auch nicht sein.

lg,

p.s. ich frage mich, ob Kreuzer tatsächlich so gut wie Schlachtschiffe Bedrohungsszenarien aufrechterhalten konnten (Frankreich, Norwegen). 

Benjamin

Zudem sollte man noch weitere Handlungen abseits der Küstenbeschießung und des Kampfes BB vs BB mit einbeziehen. Ich denke da gerade an Leyte und den Angriff auf Taffy 3 (?) und co, Unterstützung von Landungsoperationen (Torch, Guadalcanal..). Das lässt sich dann zwar auch tw. mit Küstenbeschießungen in Verbindung bringen, einer Küstenbeschießung folgt jedoch nicht zwangsläufig eine Landungsoperation bzw. die Deckung einer Invasionsstreitmacht gegen potenzielle Feinde bedingt nicht zwangsläufig einer Küstenbeschießung.

Abgesehen davon, finde ich die Aufgabe "Küstenbeschießung" bzw. der Einsatz von diesen schlagkräftigen Schiffen als "Mobile Artillerie" durchaus valide und empfinde dies als Teil des Anforderungsprofils an ein Schlachtschiff im WKII - zumindest für einige Länder.

Zitat von: t-geronimo am 11 April 2017, 00:12:16
Um den Kreis zur Ausgangsthese zu schließen: Bei der Iowa-Klasse und Vanguard kann man tatsächlich vielleicht sagen: Warum noch? Mit Abstrichen vielleicht noch bei der South Dakota-Klasse und den letzten KGVs.
Aber alle anderen Schiffe wurden zu einer Zeit geplant und gebaut, als die rasante Entwicklung der Waffe Flugzeug kaum in dem Maß absehbar war, als es dann tatsächlich passiert ist.


Die IOWAs wurden alle 1940 / Anfang 41 auf Kiel gelegt. Die Essex-Träger zB wurden im Mai 1940 genehmigt (zunächst 3Stck, ab Sommer dann +8). D.h. zumindest die USA scheinen entweder die Relevanz der Flugzeugträger mE schon vor Tarent 11/1940, Bismarck 05/41 und Pearl Harbor 12/41 erfasst zu haben, oder arbeiteten an ein homogenes Einsatzkonzept ala "Schnelles Schlachtschiff als Teil einer Flugzeugträgerkampfgruppe". Das finde ich ganz interessant, da die Japaner ihre "Kido Butai" auch erst 1941 gebildet haben, und dementsprechend bei Erteilung obiger Bauaufträge das Potenzial der Luftwaffe (im maritimen Kontext) noch nicht zum Tragen gekommen war.

Deswegen, Thorsten, ich finde dein "vielleicht" ganz interessant, denn eine ähnliche Frage stelle ich mir aktuell beim Lesen von Shattered Sword: Was ist das Einsatzprofil der IOWAs (und der neuen CVs) im Kontext der Flugzeugträgerbauaktivitäten in den USA vor dem Hintergrund, das all dies *vor* den einschlägigen Marine/Luftkampfereignissen stattfand. Vielleicht kann da hier jmd weiteres Hintergrundwissen vermitteln?  :MG:
If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.

Big A

ZitatWas ist das Einsatzprofil der IOWAs im Kontext der Flugzeugträgerbauaktivitäten in den USA vor dem Hintergrund, das all dies *vor* den einschlägigen Marine/Luftkampfereignissen stattfand. Vielleicht kann da hier jmd weiteres Hintergrundwissen vermitteln?  :MG:

Ich denke, die Konzepte liefen parallel, denn es gab bis Pearl Harbour noch einen heftigen "Kampf" zwischen dem "big gun Club" und den "Fly Boys".
Ernest King hat zwar schon 1937 bewiesen, dass Träger als selbständige Einheiten offensiv wirken können, jedoch waren die Admirale der "old School" davon nicht so recht überzeugt.
Die IOWA et al. wurden noch vor Pearl auf Kiel gelegt, nach dem Desaster jedoch hat man sich ja sehr schnell auf den Trägerbau konzentriert und "nur" die Verträge für die 4 IOWAs abgearbeitet.
Japan hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, nicht jeder Admiral war so fortschrittlich im Denken, dass das Potential schlagkräftiger Trägergruppen à la Pearl in seiner ganzen Tragweite erkannt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Man plant den nächsten Krieg mit den Erfahrungen des letzten! (keine Ahnung wo ich das mal gelesen habe...)

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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Benjamin

Zitat von: Big A am 11 April 2017, 10:41:13
Ich denke, die Konzepte liefen parallel, denn es gab bis Pearl Harbour noch einen heftigen "Kampf" zwischen dem "big gun Club" und den "Fly Boys".
Ernest King hat zwar schon 1937 bewiesen, dass Träger als selbständige Einheiten offensiv wirken können, jedoch waren die Admirale der "old School" davon nicht so recht überzeugt.
Die IOWA et al. wurden noch vor Pearl auf Kiel gelegt, nach dem Desaster jedoch hat man sich ja sehr schnell auf den Trägerbau konzentriert und "nur" die Verträge für die 4 IOWAs abgearbeitet.
Japan hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, nicht jeder Admiral war so fortschrittlich im Denken, dass das Potential schlagkräftiger Trägergruppen à la Pearl in seiner ganzen Tragweite erkannt wurde.
Wie heißt es doch so schön: Man plant den nächsten Krieg mit den Erfahrungen des letzten! (keine Ahnung wo ich das mal gelesen habe...)

Vor Pearl Harbor waren bereits 11 Essex-Träger im Bau. Der Wandel hat, gemessen an den Flottenträgern, eher begonnen und war "nach" Abarbeitung der IOWAs eher abgeschlossen als das er gestartet wurde - würde ich so sagen.

Gibt es Literatur zu den Einsatzdoktrinen der SDKs und IOWAs in Kontext mit den Flugzeugträgern vor 12/1941?
If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.

mhorgran

Seltsam das man sich hier wieder auf die US-Navy "einschießt" als Taktgeber in der Entwicklung der Trägerstrategie. Anscheinend, wie bei Urs, das unterbewußte von "heute" auf damals schließen.

Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

Benjamin

Zitat von: mhorgran am 11 April 2017, 11:07:19
Seltsam das man sich hier wieder auf die US-Navy "einschießt" als Taktgeber in der Entwicklung der Trägerstrategie. Anscheinend, wie bei Urs, das unterbewußte von "heute" auf damals schließen.

Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.

Missverstehe mich bitte nicht  :MG: Ich beschäftige mich gerade laienhaft mit der japanischen Marine und ihren Trägerstrategien - dabei kam die Frage auf, wie das Trägerprogramm der USA vor diesem Hintergrund zu bewerten ist. Es scheint mir hier zwei parallel stattfindende Entwicklungen zu geben, die ich für mich etwas einordnen möchte. Zudem hake ich ja explizit nach, was *vor* dem Quantensprung (getrieben und bewiesen durch die Japaner) in Bezug auf "Trägerstrategie" und co getrieben wurde. Der Bau von 11 Flottenträgern auf seiten der USA erscheint mir da doch arg überdimensioniert für konventionelles Denken vor Bildung und Einsatz der Kido Butai.

Ich bin ehrlich gesagt nicht abgeneigt, eine Diskussion über die internationale Entwicklung von Flugzeugträgern und deren Einsatzprofil zwischen den Weltkriegen zu starten.
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Big A

Zitat
Die führende Marine in Trägerstrategie und -Taktik war doch wohl die japanische Marine, wahrscheinlich sind deren Erfahrungen sehr viel interessanter.

Ein klares "Jain", denn außer bei Pearl (und eventuell bei Midway) wurden die Träger eben nicht als eigenständige Waffe eingesetzt. Die IJN hatte große Erfahrungen im Betrieb von Trägern (z.B. vor der chinesischen Küste bereits Mitte / Ende der 30er Jahre), häufig wurden bei der Expansion in den südostasiatischen Raum aber die Träger zur Unterstützung der Landungsoperationen eingesetzt, also an Konvois gebunden (siehe z.B. die Fernsicherungsaufgabe im Korallenmeer). Man setzte sehr viel auf landgestützte Marineflieger-Kräfte.
"leider" dominierte in der IJN analog zu vielen anderen Marinen auch der "Big-Gun-Club".

Zitat
Gibt es Literatur zu den Einsatzdoktrinen der SDKs und IOWAs in Kontext mit den Flugzeugträgern vor 12/1941?

Hier würde ich in die verschiedenen "Rainbow-Kriegspläne" schauen, der Plan "Orange" sah vor, dass die Pazifik-Flotte mit den Schlachtschiffen offensiv in Richtung Philippinen ausläuft und die IJN stellt. Die Träger waren da eher als Aufklärungs- und Sicherungskräfte (gegen U-Boote) gedacht, weniger als eigenständiges offensives Kampfmittel. Das Umdenken begann mit dem Verlust der Dickschiffe in Pearl und man sich mit dem begnügen musste, was man noch hatte. Zwar lagen der USN die Berichte von/über Tarent vor, der Bericht ist aber in der Bürokratie des Verteidigungsapparates untergegangen und hatte keinen Einfluss auf die konzeptionelle Ausrichtung der Flotte.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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Sarkas

Was die US Navy betrifft: Zum einen spielten schon vor Dezember 1941 die Träger eine wichtige Rolle. Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen. Und die Iowas (eigentlich keine richtigen Schlachtschiffe) wurden immerhin vor den Montanas (den "wahren BB") gebaut. Zum anderen hat Pearl Harbour mehr unfreiwillig zu einer Träger-orientierten Strategie geführt.

Man darf den Wert des Schiffsbestandes zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht unterschätzen. Alle großen Seemächte hatten eine Anzahl älterer Schlachtschiffe im Bestand. Es ist nicht falsch, diesen Bestand durch Neubauten zu ergänzen. Zumal die Überlegenheit der Träger bis etwa 1942 alles andere als so offensichtlich war, wie es sich heute darstellt. Alle Seiten bauten Träger auch als Begleitschutz für die eigenen Schlachtschiffe, also als durchaus sinnvolle Ergänzung der Schlachtflotten; was die Schlachtflotten eben nicht obsolet machte. Ein vollständiger Verzicht auf BB-Neubauten war deshalb aus meiner Sicht zu der Zeit weder naheliegend noch wirklich sinnvoll.

Die Royal Navy hat ihre Schlachtschiffe nur deshalb meist zweckentfremdet eingesetzt, weil ihr ein Gegner mit einer ernstzunehmenden Schlachtflotte fehlte.

Der Todesstoß für die Schlachtschiffe kam meiner Meinung nach erst 1944 mit "Fritz", als man erkennen musste, dass keine denkbare Panzerung ein Schlachtschiff vor (treffsicheren) Bomben schützen konnte.

Benjamin

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Was die US Navy betrifft: Zum einen spielten schon vor Dezember 1941 die Träger eine wichtige Rolle.

Ja, nach welcher Rolle frage ich ja.

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17

Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen.

Das widerspricht doch dem  :?

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Zumal die Überlegenheit der Träger bis etwa 1942 alles andere als so offensichtlich war, wie es sich heute darstellt. Alle Seiten bauten Träger auch als Begleitschutz für die eigenen Schlachtschiffe, also als durchaus sinnvolle Ergänzung der Schlachtflotten; was die Schlachtflotten eben nicht obsolet machte. Ein vollständiger Verzicht auf BB-Neubauten war deshalb aus meiner Sicht zu der Zeit weder naheliegend noch wirklich sinnvoll.

Also BBs für CV Support oder CV für BB Support ?


Die erste wirkliche Zusammenfassung mehrerer CV als Angriffsverband war ja eben erst die Kido Butai. In den ersten Kriegsjahren etwa haben die US-Träger jeweils allein mit entsprechender Kreuzer / Zerstörerdeckung operiert. Selbst bei Midway '42 waren die US CVs noch in verschiedene TFs organisiert, die außer Sicht von einander relativ unabhängig operierten. CVs in GB hatten (anfangs) ja auch mE mehr die Rolle des Aufklärers und Flugzeugtransporters inne, sowie deren Verwendung als Mittel zur U-Bootabwehr (siehe der Verlust der Courageous während einer solchen Operation).
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Sarkas

Uff, da muss ich jetzt ein wenig spekulieren, da ich nicht mit Quellen dienen kann.

Man muss dazu sagen, dass die Amerikaner von Anfang an sehr große und sehr schnelle Träger hatten, da sie für ihre Träger die Lexington-Rümpfe recycelt haben. Man hat wohl sehr schnell den unheimlichen Wert dieser beiden Parameter erkannt und die Träger deshalb in von den langsamen BB unabhängigen Gruppen organisiert.

Zitat von: Benjamin am 11 April 2017, 13:21:55
Ja, nach welcher Rolle frage ich ja.
Träger sollten die gegnerischen Träger angreifen und die eigenen Schiffe vor den Angriffen der gegnerischen Träger schützen.

Zitat
Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 13:09:17
Die Forderung nach schnellen Schlachtschiffen ist ja gerade auf den Wunsch, die schnellen Träger begleiten zu können, zurückzuführen.
Das widerspricht doch dem  :?
Es drehte sich wohl immer darum: Wie weit kann eine gegnerische Flotte während der Dunkelheit an den eigenen Träger heranfahren? Man wollte wohl einerseits nicht die Beschränkungen aus diesem "Sicherheitsabstand" - der nicht so weit von der Einsatzreichweite der Flugzeuge entfernt war - hinnehmen, sich andererseits aber auch nicht "auf dem falschen Fuß" erwischen lassen.

Zitat
Also BBs für CV Support oder CV für BB Support ?
Beides, aber in erster Linie CV als Support für die BB.

Zitat
Die erste wirkliche Zusammenfassung mehrerer CV als Angriffsverband war ja eben erst die Kido Butai. In den ersten Kriegsjahren etwa haben die US-Träger jeweils allein mit entsprechender Kreuzer / Zerstörerdeckung operiert. Selbst bei Midway '42 waren die US CVs noch in verschiedene TFs organisiert, die außer Sicht von einander relativunabhängig operierten. CVs in GB hatten (anfangs) ja auch mE mehr die Rolle des Aufklärers und Flugzeugtransporters inne, sowie deren Verwendung als Mittel zur U-Bootabwehr (siehe der Verlust der Courageous während einer solchen Operation).
"Fleet Tactics" erklärt den Wandel im Laufe des 2. WK sehr gut: Anfangs waren Träger eine sehr gute Angriffswaffe aber sehr schlechte Verteidiger. Es war also bei Midway sinnvoll, die Träger in separaten Gruppen aufzustellen, weil ein erfolgreicher Angriff unweigerlich die Versenkung des Ziels bedeutete, und bei mehreren Gruppen eben nur ein Träger auf einmal gefunden wird. 1944 war das Defensivpotential der Träger dank Radar und CAP so stark, dass eine Konzentration in einer Gruppe sinnvoll war. Die Amis haben es also in diesem Fall richtig herum gemacht, die Japaner nicht. Dazu kommt der oben erwähnte Unterschied in der Größe der Träger: Ein amerikanischer Träger konnte im Alleingang einen ganzen Flottenverband versenken; ein kleiner britischer Träger hatte dafür überhaupt nicht die Flugzeuge und war deshalb zu völlig autonomen Operationen gar nicht in der Lage.

Big A

Zitatdie außer Sicht von einander relativ unabhängig operierten

Nur zum Teil, Yorktown musste nach dem Korallenmeer erst noch "zusammengeflickt" hinterherdampfen. Fletcher überlies dann Spruance weitgehende Handlungsfreiheit mit seiner Gruppe.

Außerdem hatten die Amerikaner ja auch nichts mehr, was sie noch mitschicken konnten :/DK:

Axel
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Benjamin

Zuerst einmal danke für die Antworten und für die spannende Diskussion  :MG:

Zitat von: Sarkas am 11 April 2017, 14:02:35
"Fleet Tactics" erklärt den Wandel im Laufe des 2. WK sehr gut: Anfangs waren Träger eine sehr gute Angriffswaffe aber sehr schlechte Verteidiger. Es war also bei Midway sinnvoll, die Träger in separaten Gruppen aufzustellen, weil ein erfolgreicher Angriff unweigerlich die Versenkung des Ziels bedeutete, und bei mehreren Gruppen eben nur ein Träger auf einmal gefunden wird.

Sehe ich anders. Mit dem heutigen Wissen mag das stimmen. Damals gabs aber eben mehrere Ansätze. Die USN *hat* entsprechend deiner Aussage die Aufteilung in verschiedene TFs bei Midway u.a. zum Schutz der Träger vorgenommen. Dies lag aber auch darin begründet, das die versch. Airgroups (noch) nicht so effektiv zusammenarbeiten konnten, wie die Japaner. Entsprechend war der Vorteil einer Zusammenfassung der Angriffsverbände als eine Einheit nicht so groß wie umgekehrt bei den Japanern. Die Japaner haben ihre "Air Groups" zusammenarbeiten lassen und gemäß ihrer Doktrin klappte das ziemlich gut. Zudem, im Gegensatz zu den Amerikanern, griffen die Japaner idR nur mit halber Stärke an. Die andere Hälfte der Flugzeuge wurde für einen weiteren Luftschlag zurückgehalten. D.h. eine Konzentration der japanischen Träger war in sofern sinnvoll, als das a) die Flugzeuge der versch. Träger als *ein* Verband agieren konnten und b) durch die Zurückhaltung je der Hälfte der Flugzeuge pro Träger im Zweifel auch ein größeres Verteidigungspotential zur Verfügung stand. Die USN hat im Gegensatz dazu zumindest bis Juni 42 immer die kompletete Air Group losgeschickt (Da wurde der kommandierende Offizier im Korallenmeer kurz vor Midway wohl laut Shattered Sword auch zur Schnecke gemacht, das er die Träger schutzlos zurückließ um in voller Stärke die Zuiho(?) anzugreifen)

Lange Rede kurzer Sinn: Mit dem Wissen des Ausgangs von Midway war es klüger, die Träger zu splitten. Auf Basis der bis dahin gemachten Erfahrungen war es klüger (mindestens auf japanischer Sicht), die Träger zusammen agieren zu lassen um mindestens das Offensivpotential zu stärken.
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