Sturmflut 1962

Begonnen von Manfred Heinken, 16 Februar 2017, 16:06:19

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Manfred Heinken

Moin zusammen,
bei der Sturmflut in der Nacht vor 55 Jahren vom 16. auf den 17. Februar 1962, so schreibt die Nordsee - Zeitung, ich zitiere: spürte Wursten und der Kutterhafen Dorum den Druck nie gekannter Riesenwellen am stärksten an der niedersächsischen Nordseeküste.
An der Küste wurde sofort Großalarm ausgerufen, auch die Bundesmarine war da voll dabei.
Das heißt, wir waren eigentlich zu einem Grünkohlessen in der Nähe von Bremerhaven aufgebrochen.
Auf dem Weg zum Lokal, wir wurden mit Bussen dahin gebracht, stürmte es gewaltig.
Der Kohl stand  noch nicht einmal richtig auf dem Tisch, kaum davon gegessen da war das Futtern schon wieder vorbei,
Wir wurden sofort an die Deiche gefahren um da mit anzupacken wo wir dringend gebraucht wurden.
Dorum, der Kutterhafen war vollständig zerstört. Von den dort beheimateten 43 Kuttern waren nur noch 17 eingeschränkt Fahrbereit,
der Rest war Feuerholz.
Nach totaler Erschöpfung wurden wir abgelöst, mussten unsere Arbeitspäckchen anziehen, kurz ausruhen, dann wieder an die Deiche.
Dieses mal mussten wir Holzstämme in den Deich versenken, mit Gebüsch verstärken damit die Deiche sicherer wurden.
Wer jemals mit einem schweren Holzhammer dicke Stämme in einem Kleiboden versenkt hat, der weiß was das für eine Knochenarbeit ist.
Nach ca 3 Tagen war under Einsatz beendet, wir fuhren in die MOS zurück.
1964 bekam ich für meinen Einsatz noch eine Urkunde und eine Medaille.
Beste Grüße
Manfred Heinken
Versorgt wurden wir von einer Gulaschkanone, hat sogar geschmeckt.

Bild 1 Zeigt unseren Zug beim nicht vollendeten Kohlessen.
Bild 2 Arbeiten bis zur Erschöpfung.
Bild 3 Ohne Pause geht es auch nicht.
Bild 4 So sieht der Kutterhafen Dorum  zum jetzigen Zeitpunkt aus.
Den Kutterhafen besuchen wir immer wieder gerne.
Bild 5 Meine Urkunde

Alles im allen, das war schon ein hartes Stück Arbeit an der Küste.

Die Zivilisten auf dem Deich waren Mitarbeiter von den Deichverbänden, die uns das ja alles genau zeigen mussten, damit auch alles passte.





Urs Heßling

moin, Manfred,
:TU:) :MG:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

RonnyM

...jau Manfred, bei mir gings da noch unmilitärisch zu. :-D Meine Rückfahrt von der Firma in Geestemünde nach Hause in Lehe habe ich über 2 Stunden mit dem Rad gebraucht.

In der Nacht dann das Highlight: Das Dach war weg und die Sternlein funkelten... Wir hatten aber Glück gehabt. Übers Wochenende erhielten wir ein neues Dach.

Ergo: Meine Sturmflut war nicht so anstrengend. :wink:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

beck.Schulte

#3
Ronny, da gab es ja noch was. Zum ersten und wohl einzigen Mal stand beim Abschnitt Geeste - Kaiserschleuse US Militär unter deutschem Kommando.  :-D
Für mich auch Primäre, dass ich meinen Vater, der kam Samstag mal kurz zum essen nach Hause, in Oliv erlebt habe. Er war "Abschnittsbevollmächtiger" Schleusenstrasse - Zoo. Man gut das das Sperrwerk just fertig war. Aber die Batteriestraße liegt ja  auf dem Leher Berg.  :-D

ede144

Und alle haben das Grundgesetz gebrochen :BangHead:

Hastei

Ede, verstehe ich jetzt nicht, was du meinst.
Gab es da den sog. " Sandsack-Orden " ?
Gruß Hastei

kalli


Gebirgsmarine

Hallo Zusammen!

Auch ich hatte mein Erlebnis.

Ich befand mich in dieser Katastrophennacht im Kesselraum 1 als Brennerfahrer auf Z 4.
Das 4. Z-Geschwader befand sich auf dem Marsch durch die Nordsee Richtung Skagerrak.
Es war ein "Höllenritt".
Irgendwann kam über Bordlautsprecher die Warnung, daß das Schiff wenden würde und evtl. zeitweise mit starker Schlagseite zu rechnen sei. Wir dachten die "Blechbüchse" fällt bei dem Manöver um. Aber es ist alles gut gegangen.
Seetüchtig waren diese ollen Fletcher ja.
Was war geschehen?
Auf Z 5 war ein Fahrmaat aussenbords gegangen. Den galt es nun zu suchen.
Allen war klar, daß dies ein sinnloses unterfangen war. Zumal man nicht einmal wußte wann und wo.
Aber trotzdem hofften wir auf ein Wunder.
Auf Z 5 wurde Alarm gegeben, nachdem sich der Maschinenraum meldete, daß der Maat schon länger Zeit verschwunden sei.
So geisterte später das Gerücht bei uns an Bord rum.
Ob es tatsächlich so war kann ich nicht sagen.
Im übrigen war schon lange Oberdeck betreten verboten. Wer nach achtern mußte, nur über Aufbaudeck und natürlich Schwimmweste.
In Dwarslinie ging es nun einige Stunden wieder nach Süden. Die See wurde mit den Scheinwerfern abgeleuchtet.
Unten im Kesselraum graute uns schon vor dem erneuten wenden.
Schon lange war alles was nicht niet und nagelfest war mit Tampen irgendwo festgezurrt.
Nach Stunden erfolglosem suchen ging es wieder nach Norden.
Am nächsten Tag, als meine Wache gerädert aus den Kojen kroch, lagen wir vor Skagen.
Die Seeschäden waren so groß, daß U Bauer uns mit Sauerstoff- und Gasflaschen aushalf.
Eigentlich sollten wir mit denen im Skagerrak U-Jagd üben.
Einige Stunden später ging es dann zu unserem Stützpunkt nach Flensburg.

Gruß
Gerhard

Gebirgsmarine

Hallo!

Es muß natürlich 3. Z-Geschwader heißen.
Danke Urs für die Richtigstellung.

Gruß
Gerhard

Manfred Heinken

Hallo Gerhard,
den Fahrmaaten habt ihr ja sicherlich nicht gefunden und an Bord nehmen können.
Bei den Wetter- und Seegangsverhältnissen ja auch nur schwer möglich.

Ist der Mann, wie auch immer, doch noch gefunden worden?

Gruß
Manfred Heinken

Gebirgsmarine

Hallo Manfred!

Der Mann wurde in dieser Nacht nicht gefunden. Ob später, entzieht sich meiner Kenntnis.
Monate später fuhr das Geschwader in umgekehrter Richtung durch dieses Seegebiet.
Es wurde von Kiellinie in Dwarslinie übergegangen.
Auf jedem Schiff mußte die Freiwache in"erster Geige" längs der Reeling antreten. Auf Z 5 blies ein Hornist und ein Gebinde wurde der See übergeben.
Dies war damals ein richtiges Gänsehauterlebnis, als durch den Lautsprecher das Lied vom "Guten Kameraden" erklang.

Gruß
Gerhard

Manfred Heinken

Hallo Gerhard,
Deine Antwort hat macht mich doch betroffen gemacht.
Aber bei dem Seegang, ich denke die Wellenhöhe lag bei 6 m, wenn nicht höher.
Die Strömung in dem Seegebiet ist auch noch zu beachten.
Da ist die Suche nach dem Mann ja schon fast aussichtslos.

Ganz toll aber war das Verhalten des Geschwaders bei der erneuten Durchfahrt durch die Gewässer in Richtung Süden.
Zeigt es doch, das der Mann nicht vergessen worden ist.
Die Kameradschaft in der Marine, das gilt für alle Marinen, war und ist ein hohes Gut.

Nichts für Ungut
Manfred Heinken




RonnyM

...danke Kalli für den Hinweis. Schön, dass das Gesetz dahingehend geändert wurde. Aber ich befürchte, dass uns bei der nächsten Sturmflutkatastrophe nicht genügen Hände zur Verfügung stehen weil wir

a) gewaltig geschrumpft sind und
b) der Rest sich im Ausland befindet. :angel:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

kalli

Zitat von: RonnyM am 17 Februar 2017, 12:55:40
...danke Kalli für den Hinweis. Schön, dass das Gesetz dahingehend geändert wurde. Aber ich befürchte, dass uns bei der nächsten Sturmflutkatastrophe nicht genügen Hände zur Verfügung stehen weil wir

a) gewaltig geschrumpft sind und
b) der Rest sich im Ausland befindet. :angel:

Grüße Ronny

Beim Jahrhunderthochwasser/Oderflut hat die BW ganzen Einsatz gezeigt. Und nicht nur die. Beispielhaft auch das THW. Ich denke, dass der Katastrophenschutz nur im Zusammenspiel Vieler gewährleistet ist.

FAUN

Damals hatte die BW allerdings insgesamt fast 330.000 Soldaten, heute noch 180.000. Und viele Einheiten, die damals materalmäßig dazu in der Lage waren, gibt es heute nicht mehr.

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