Transport Gefangener durch die Kriegsmarine

Begonnen von bettika61, 28 Juni 2016, 23:29:53

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bettika61

Hallo Thomas,
dank der Unterstützung eines Historikers aus Norwegen  :MG: http://warmuseum.no/ der sich mit den POW beschäftigt, kann ich den Transport bestätigen
Zitat10.06.1942      Levante         Nord-Norge   910   Incl. 100 Ostarbeiterinnen
seine Auswertungen basieren u.a. auf den Transportlisten des Wehrmachtbefehlshaber Norwegen, Transportoffizier.
Das KTB KMD Stettin meldet für den 10.6.42 für die "MS Levante" nur "mit 32+700+82+3t Verpflegung ausgelaufen".
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

bettika61

#121
Hallo,
was passierte eigentlich mit den Besatzungen der "gegnerischen" Handelsschiffe, die "interniert" wurden?
Im KTB KMD Danzig wird ersichtlich , wie bei finnischen Schiffsbesatzungen aus der der anfänglich  "zuvorkommenden Behandlung als Gäste der Kriegsmarine" ein Weg ins KZ Stutthof wurde.
An anderer Stelle http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=9820.0 #5
wird sogar der Weg eienr Besatzung bis nach Neustadt aufgezeigt
Zitat1944: When the Government of Finland agreed on armistice with the Soviet Union on 2 Sep. and severed relations with Germany, the Mercator was after having discharged a cargo of iron ore from Luleå to Danzig loading there coal for Finland. Loading was immediately stopped and on 5 Sep. discharging was started. Mercator tried on 12 Sep. to leave Danzig in ballast but it was prevented. She was on 16 Sep. arrested and on 24 Sep. taken over by KMD Kriegsmarinedienststelle Danzig (Naval Intendancy Service) in Danzig on request of OKM Oberkommando der Kriegsmarine (Commander-in-Chief of the Navy). The crew was taken ashore on 25 Sep. and 3 weeks later they were interned in a concentration camp at Stutthof. British armoured troops finally released them on 3 May 1945 at Neustadt, whereafter they returned via Denmark and Sweden back to Finland

Gab es für die Behandlung der internierten Schiffsbesatzungen internationale Regelungen?

Edit: offenbar kein Einzelfall
ZitatAm 24. Januar 1940 wurde das Frachtschiff s/s Notung nordöstlich von Sottunga versenkt, wo es im Eis lag. Die Besatzung könnte sich an Land retten. Im Endstadium des zweiten Weltkriegs waren drei Sottungabewohner als finnische Seemänner im Konzentrationslager Stutthof in Deutschland interniert. Alle kamen Entbehrungen zum Trotz mit dem Leben davon und kamen allmählich nach Hause. http://www.sottunga.ax/deutch/history_deu.htm
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Manfred Heinken

Hallo Beate,
Die "Levante" wird im Buch der "Atlas Levante Reederei" als Truppentransporter für das Unternehmen "Seelöwe" bezeichnet.
Ein Häftlingstransport wird nicht erwähnt.
Wenn Du die Daten der "Levante" haben möchtest, schicke ich sie Dir.

Beste Grüße
Manfred Heinken

bettika61

Hallo,
beim Untergang des Katapultschiffes "Westfalen " sind auch norwegische Widerstandskämpfer  umgekommen.
http://www.stiftelsen-arkivet.no/westfalen-katastrophe

ZitatAm 7. September 1944 verließ die Westfalen Norwegen mit ca. 200 deutschen Soldaten und etwa 50 gefangenen Norwegern und 25 deutschen Häftlingen. Die Gefangenen sollten nach Deutschland transportiert werden und waren tief unten im Schiff untergebracht; Chef des Transports war der SS-Scharführer Wilhelm Heinze.

Am 8. September 1944 geriet das Schiff im Kattegat in schwere See. Um 11:15 Uhr gab es im Vorschiff eine schwere Explosion, eine Minute später achtern eine zweite. Die Westfalen war auf zwei Minen gelaufen. Sie brach auseinander und sank schnell in der stürmischen See. Die Gefangenen wurden aus dem Schiffsinneren befreit, als das Schiff zu sinken begann. An Deck herrschte Panik und jeder versuchte, einen Platz in einem Rettungsboot zu ergattern. Unter den Überlebenden befanden sich später nur fünf norwegische Gefangene. Insgesamt überlebten nur 78 Personen. 35 der umgekommenen Norweger wurden gefunden und beim Göteborger Dom beigesetzt, unter ihnen die Widerstandskämpfer Petter Moen[2] Reidar Olaf Østlid, Erling August Moi, Sverre Lid und Ansgar Sørlie. https://de.wikipedia.org/wiki/Westfalen_(Schiff,_1905)

Leider fehlt mit vom KTB KMD Oslo  (PG 47263) die Zeit nach dem 31.3.1944, gibt es davon eine Fortsetzung?
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Trimmer

Hallo Beate - zur Frage - Behandlung internierter Schiffsbesatzungen -  ja es gab eigentlich eine Regelung -  Haager Landkriegsordung. Die besagt das zivile Seeleute frei zu lassen sind  - waren Waffen an Bord = als Kombttanten ein zu stufen
Ich schreibe deshalb " eigentlich " weil sich wohl keine Seite an die Haager Landkriegsordnung gehalten hat  bzw. diese sehr offt missachtet wurde

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

bettika61

Zitat von: bettika61 am 02 August 2016, 15:41:10
Hallo,
beim Untergang des Katapultschiffes "Westfalen " sind auch norwegische Widerstandskämpfer  umgekommen.
http://www.stiftelsen-arkivet.no/westfalen-katastrophe

ZitatAm 7. September 1944 verließ die Westfalen Norwegen mit ca. 200 deutschen Soldaten und etwa 50 gefangenen Norwegern und 25 deutschen Häftlingen. Die Gefangenen sollten nach Deutschland transportiert werden und waren tief unten im Schiff untergebracht; Chef des Transports war der SS-Scharführer Wilhelm Heinze.
das war nicht der einzige Transport der Westfalen mit Gefangenen, aus dem KTB KMD Danzig:
Oslo           Danzig   19.45   27.08.44   Westfalen      strafgef.
Danzig   Oslo           21.00   28.08.44   Westfalen   696   Gefangene

dank an den user aus Norwegen   :O-O: für die die Bereitstellung der KTB's !
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

TW


bettika61

Zitat von: bettika61 am 02 August 2016, 15:41:10
Hallo,
beim Untergang des Katapultschiffes "Westfalen " sind auch norwegische Widerstandskämpfer  umgekommen.
http://www.stiftelsen-arkivet.no/westfalen-katastrophe

ZitatAm 7. September 1944 verließ die Westfalen Norwegen mit ca. 200 deutschen Soldaten und etwa 50 gefangenen Norwegern und 25 deutschen Häftlingen. Die Gefangenen sollten nach Deutschland transportiert werden und waren tief unten im Schiff untergebracht; Chef des Transports war der SS-Scharführer Wilhelm Heinze.umgekommenen Norweger wurden gefunden und beim Göteborger Dom beigesetzt, unter ihnen die Widerstandskämpfer Petter Moen[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Westfalen_(Schiff,_1905)
Damit die Toten ein Gesicht und eine Biographie erhalten:
Petter Moen hat unter dramatischen Umständen ein Tagebuch aus seiner Gefängniszeit überliefert http://gisela-schneemann.de/pettermoen.html
R.I.P.  :MG:
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Urs Heßling

moin,

Zitat von: bettika61 am 02 August 2016, 16:39:06
das war nicht der einzige Transport der Westfalen mit Gefangenen, aus dem KTB KMD Danzig:
Oslo           Danzig   19.45   27.08.44   Westfalen      strafgef.
Danzig   Oslo           21.00   28.08.44   Westfalen   696   Gefangene
Ist das so zu verstehen, daß die 696 Gefangenen nach Norwegen transportiert wurden ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bettika61

Hallo Urs,
ja so steht es im KTB KMD Danzig.
Ungewöhnlich ist das die o.g. Transporte der Westfalen Oslo-Danzig gingen. Eigentlich war Stettin der Hafen für fast alle Transporte von Gefangenen aller Art von/nach Norwegen.

Für die Fahrt vom 7.9.44 fehlt mir leider der genaue Start- und Zielhafen .


Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Urs Heßling

#130
moin, Beate,
danke für die Kopien :MG:

Interessant ist in der Kopie vom 28.8. die Zeile der Uhrzeit 0800 betr. Lazarettschiff Rügen.

Bernau ?  welche Stadt kann da gemeint sein ? Ich kenne nur ein Bernau bei Berlin ..

Aber es gibt https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A4rnu ; ...
.. das könnte es - auch in Anbetracht der Frontlage im Baltikum Ende August 1944 - sein.

Merke: auch in einem Original können Fehler stecken.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

TW

#131
Ach Urs,
wo wir Dich gerade "an der Strippe" haben.
Es gab im Anschluß an die Kapitulation Italiens eine Reihe von Transporten italienischer Militärinternierter in der Ägäis. Auch da ging es nicht zimperlich zu. Du hast ja selber das Schicksal der Oria in einem Aufsatz im HMA eingehend geschildert.

http://historisches-marinearchiv.de/sonstiges/artikel/oria.php

Hättest Du Interesse, diese Transporte (die gingen ja noch bis weit ins Jahr 1944 hinein weiter) kurz und knapp zusammenzustellen? Und wenn es nur ein Schiffsname und ein Anhaltsdatum ist, dann kann ich genauer nachhaken.

Herzliche Grüße
Thomas


TW

4./5.1.1944 - Zentralatlantik
Im Jahre 1943 sollen an Bord von Blockadebrechern, die kriegswichtige Rohstoffe von Japan nach Deutschland befördern, einige inhaftierte deutsche Staatsbürger zur Aburteilung in die  Heimat gebracht werden. Dazu erläßt der dt. Marine-Attaché in Tokio, Admiral Paul Wenneker, die Anweisung, die Inhaftierten bei drohender Aufbringung durch feindliche Kriegsschiffe nicht in Gefangenschaft fallen, sondern mit dem zu versenkenden Schiff untergehen zu lassen. In 2 Fällen wird dieser Befehl ausgeführt. An Bord des Blockadebrechers Burgenland wird der wegen Spionageverdachts inhaftierte Journalist Hofmeier vor der Selbstversenkung am 4.1.1944 von einem Wachbeamten erschossen. Bei Selbstversenkung des Blockadebrechers Rio Grande am 5.1.1944 bleibt der wegen Diebstahls inhaftierte Matrose Poweleit in seiner Zelle eingeschlossen und geht mit dem Schiff unter.

Ein Schwurgericht in Hamburg stellt am 25.2.1966 das Verfahren gegen Admiral a.D. Wenneker ein und führt dazu aus: "Auf Grund der Ergebnisse der Hauptverhandlung sieht das Schwurgericht die Tötung beider Menschen als Unrecht an. Es erkennt jedoch an, daß der Angeklagte Wenneker an die Rechtmäßigkeit seines Tuns geglaubt hat. Hierin sieht es einen Verbotsirrtum. Diesen hält es hinsichtlich Hofmeiers für unvermeidbar, hinsichtlich Poweleits für vermeidbar. Insofern wertet es die Tat als Totschlag. Dieser ist verjährt." 

Urs Heßling

#133
moin, Thomas,

Zitat von: TW am 03 August 2016, 13:42:04
Hättest Du Interesse, diese Transporte (die gingen ja noch bis weit ins Jahr 1944 hinein weiter) kurz und knapp zusammenzustellen? Und wenn es nur ein Schiffsname und ein Anhaltsdatum ist, dann kann ich genauer nachhaken.
Ja, aber ich erinnere mich, es gibt es eine solche Tabelle oder zumindest eine der "versenkten" Transporte (schon) in Gerd Schreibers Buch.
https://books.google.de/books/about/Die_italienischen_Milit%C3%A4rinternierten_i.html?id=pgJoAAAAMAAJ&redir_esc=y
Es kann sein, daß die "kleinen" Transporte mit Motorseglern etc. nicht dabei sind, das könnte ich dann, soweit auffindbar, "nacharbeiten". Da brauchen wir das KTB des Admirals Ägäis.

noch zum Wenneker-Prozeß :
Der Kapitän der Rio Grande, von Allwörden, wurde deutlich getadelt, aber freigesprochen.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46265920.html (immerhin von Gerhard Mauz)

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bodrog

Zum Thema Wenneker: Mag sein, das der Journalist Mauz renomiert war - ich kann mir aber nicht vorstellen, das man auf den wichtigen Posten des Marineattaches in Tokio einen (auch) politisch unzuverlässigen oder auch nur selbstständigen Mann gesetzt hat, den man einfach loswerden wollte. Japan war schlielich die wichtigste Stütze jenseits von Italien und mit Sicherheit die wichtigste im Kampf mit den USA.

Aus der Feststellung ergibt sich zwangsläufig die Tatsache, das der Vizeadmiral ideologisch "sattelfest" gewesen sein sollte. Unter der Prämisse sind - jenseits aller Nachkriegsbeteuerungen - die beiden Fälle auch nachvollziehbar. Und so doof wird Paul W. ja nun auch nicht gewesen sein, sonst hätte er den Posten nicht bekommen. Er wusste also recht genau, wie mit "Verrätern" oder "Volksschädlingen" umzugehen ist und was von ihm erwartet wird... der vorauseilende Gehorsam.

Er hätte auch garkeine Weisung erteilen müssen... und da wäre er auch nicht der Einzigste gewesen, der das so gehandhabt hat.

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