wie aus der Tasche gezogen : ein Aufklärungskreuzer für die Hochseeflotte

Begonnen von Urs Heßling, 11 Juni 2016, 00:48:03

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Urs Heßling

moin,

ich versuche es noch einmal mit einem Konstruktionsthread.

Da ich kein "Neu-Konstrukteur" bin, wieder einmal mit dem Umbau eines bekannten Fahzeugs ..
.. und ich wage es diesmal sogar mit einem Kaiserlichen (von denen ich noch weniger verstehe :|)
.. einem meiner "Lieblinge" ..

Hypothetische Ausgangslage: nach den Erfahrungen der Skagerrakschlacht wird ein Aufklärungskreuzer gefordert, der schneller als die C-Kreuzer der Royal Navy ist.

Die deutschen Werften sind aber mit dem Bau von Kreuzern, Torpedo- und Unterseebooten so gut wie ausgelastet.

Da kommt der Chef der II. T-Flottille mit der Idee, die Großen Torpedoboote des Typs B 97 zu "Spähkreuzern" umzubauen.

Man einigt sich schnell auf folgende Details:
- Die Kuhl zwischen Back und Brücke wird geschlossen, um ein (noch) besseres Seegangsverhalten zu bewirken, und bis zum vorderen Schornstein gezogen, die Einzel-ToRo vorn entfallen ersatzlos.
- Die Brücke wird um ein Deck erhöht, um Beeinträchtigungen bei Überflutung der Back im schweren Seegang zu vermeiden, damit ist auch eine Erhöhung des vorderen Schornsteins verbunden
- Diese Umbauten und der Einbau von der neuen Aufgabe entsprechenden leistungsstarken Fernmeldeanlagen fordern einen Gewichtsausgleich, ggf. den Verzicht auf ein Geschütz oder einen Torpedorohrsatz.

Nun aber beginnen die Diskussionen in der Rüstungsabteilung ..
- die "Torpedobootsfahrer" wollen auf keinen ToRo-Satz und eher auf ein Geschütz verzichten,
- die "Artilleristen" wollen nicht nur alle 4 Geschütze behalten, sondern, um moderne britische Zerstörer niederkämpfen zu können, den Ersatz von ein oder zwei von ihnen durch 15 cm-Geschütze
- die "Fortschrittlichen" fordern eine (zusätzliche ?) Flak-Bewaffnung mit mindestens einem 8,8 cm L/45 Geschütz, und
- die "Schiffbauer" wollen nach den erstgenannten Änderungen keine weitere Gewichtszunahme.

Frage an Interessierte und Konstruktionsfans : Was wäre wohl die beste Lösung ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bodrog

Einfachste Lösung - man baut einfach S 113 & Co wie vorgesehen und teilt mehr Arbeiter wie Materialien zu. Dafür werden eben die Großen Kreuzer Fürst Eitel und Bismarck komplett zurückgestellt, für die man aller Wahrscheinlichkeit sowieso keine Mannschaften ohne weiteres gehabt hätte...

Urs Heßling

moin,
Zitat von: bodrog am 11 Juni 2016, 08:23:56
Einfachste Lösung - man baut einfach S 113 & Co wie vorgesehen und teilt mehr Arbeiter wie Materialien zu.
Ja, daran hatte ich auch schon gedacht, aber :wink:
- die Indienststellung wird dennoch nicht vor Frühjahr 1918 sein können :-( , und, noch wichtiger :-D
- der Umkonstruktionsspaß  8-) wäre weg und der Thread schon wieder zu Ende  :cry:

Gruß, Urs
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Sven L.

So schlecht deine Gedankengänge sind gar nicht mal  :-D

Da die B-97-Klasse 1 m schmaler war als S-113 & Co würden 3x 15 cm durchaus möglich sein. 1-1,5 kn weniger an Geschwindigkeit müßte wohl hingenommen werden, jedoch ist man dann immer noch deutlich schneller als die C-Klasse. Durch die Verlängerung der Back und Erhöhung der Brücke kommt nicht so viel an Mehrgewicht heraus. Das könnte man damit ausgleich, das zwei der drei 15 cm achtern überhöht angeordnet werden und der bislang achtere Torpedrohrsatz zwischen die Schornsteine geschoben wird, wo die 2 bislang vorhandenen Geschütze verschwinden.

Im Original trugen die Boote der Klasse (ab wann genau?) achtern ein Wasserflugzeug. Zwecks Aufklärung natürlich eine feine Sache.

Diese Form des Umbaus ließe sich in jedem Fall schneller bewerkstelligen als der beschleunigte Bau der S-113-Klasse.

Es möge aber bedacht werden, dass in diesem Falle eine komplette Torpedoboots-Flottille abgeschrieben werden muss.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Sven L.

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Urs Heßling

moin, Sven,

Zitat von: Halvar66 am 11 Juni 2016, 16:03:19
Da die B-97-Klasse 1 m schmaler war als S-113 & Co würden 3x 15 cm durchaus möglich sein. 1-1,5 kn weniger an Geschwindigkeit müßte wohl hingenommen werden, jedoch ist man dann immer noch deutlich schneller als die C-Klasse. Durch die Verlängerung der Back und Erhöhung der Brücke kommt nicht so viel an Mehrgewicht heraus. Das könnte man damit ausgleich, das zwei der drei 15 cm achtern überhöht angeordnet werden und der bislang achtere Torpedrohrsatz zwischen die Schornsteine geschoben wird, wo die 2 bislang vorhandenen Geschütze verschwinden.
Die 15 cm-Geschütze wiegen nach Angabe aus dem Internet 16,5 t, die 10,5 cm Geschütze 2,5 t.
Das wären dann also rund 40 t mehr, die deutlich über dem Metazentrum angeordnet sind.

Meine Präferenz wäre es, die Artilleriebewaffnung (10,5, nicht 8,8 cm !) beizubehalten und auf einen ToRo-Satz zu verzichten (der Torpedo ist eine reine Gelegenheitswaffe, außer in der Seeschlacht beim Angriff auf die gegnerische Linie).

Bleibt die Frage, ob eine Flakbewaffnung Sinn macht und sich ein Platz dafür findet.

Gruß, Urs
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Matrose71

Salve,

ich kann deine Vorschläge nur unterstützen Urs.
Für einen Spähkreuzer halte ich sogar die 8,8cm für ausreichend und keine Torpedobewaffnung.
Er braucht Geschwindigkeit, gute Kommunikationsmittel und gutes Seeverhalten, der Rest ist Firlefanz.

Wir hatten das schön öfters, jeder der einer hangeladenen 15cm Kanone das Wort redet, egal ob im 1 oder 2. Weltkrieg würde ich doch mal bitten, 45kg Geschosse über einen länegren Zeitraum zu heben und nach dieser Übung, dass ganze nochmal auf einem rutschigen und schwankenden Untergrund.

Handgeladene 15cm auf Zerstöreren oder Kreuzern sind einer der größten Schwachsinnsentwicklungen in der deutschen Marinegeschichte.
Viele Grüße

Carsten

bodrog

@ Urs

ZitatDie 15 cm-Geschütze wiegen nach Angabe aus dem Internet 16,5 t, die 10,5 cm Geschütze 2,5 t.
Das wären dann also rund 40 t mehr, die deutlich über dem Metazentrum angeordnet sind.

Nach Friedman wiegen die Geschütze "including breech" 3.990 kg und die gesamt Waffe mit Lafette "8tons 8 cwt". Man sollte die 15 cm TK L/45 C16 nicht mit der 15 cm SK L/45 C09 verwechseln. Auch die Mündungsgeschwindigkeit verhält sich 680 m/s zu 835 m/s.

Sven L.

Zitat von: Matrose71 am 13 Juni 2016, 16:19:08
...
Für einen Spähkreuzer halte ich ... und keine Torpedobewaffnung.
...

top top top top top top top top

Guter Vorschlag. Die Dinger haben eh (fast) nie getroffen.


Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, was man mit den Dingern nach der Skagerrak-Schlacht noch will?
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Urs Heßling

moin, Ulrich,

Zitat von: bodrog am 13 Juni 2016, 16:37:44
Man sollte die 15 cm TK L/45 C16 nicht mit der 15 cm SK L/45 C09 verwechseln.
Danke für den Hinweis top. Es ist doch gut, einen Fachmann :MG: dabei zu haben.

Zitat von: Matrose71 am 13 Juni 2016, 16:19:08
Für einen Spähkreuzer halte ich sogar die 8,8cm für ausreichend und keine Torpedobewaffnung.
Er braucht Geschwindigkeit, gute Kommunikationsmittel und gutes Seeverhalten, der Rest ist Firlefanz.
Hm .. ich war erst geneigt, Dir in allen Punkten zuzustimmen ... aber ...
.. die Hochrüstung" von 8,8 cm auf 10,5 cm hatte ja triftige Gründe ..

Man mußte und wollte sich ja mit den zahlreichen Acasta-, Laforey- und Admiralty M-Zerstörern auseinandersetzen können, die bei v = 34 kn schon drei 10 cm-Geschütze trugen.
Selbst wenn unser "Umbau" sich mit 36 kn auch diesen Zerstörern entziehen könnte .. die kommen ja nicht nur von achtern.

Obwohl ich wirklich kein Fan einer "Misch-Bewaffnung" bin, ... wie wäre es mit Folgendem ?
- Geschütze 1, 3 und 4 bleiben bzw. werden 10 cm-Geschütze,
- das Backdeck wird noch weiter nach achtern bis zum mittleren Schornstein verlängert,
  der gewonnene Raum nimmt die Fernmeldeanlagen auf, Geschütz 2 entfällt,
  an dessen Stelle wird an Bb- und Stb-Seite je ein 8,8 cm Flak-Geschütz auf Deck angeordnet, und
- die Torpedobewaffnung entfällt, der freie Decksraum wird für Minenschienen genutzt; damit erhält das Schiff eine Zweitrolle als sehr schneller Minenleger (ein deutscher Manxman des WW I).

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bodrog

Zitatein deutscher Manxman des WW I

ich glaube nicht, dass das Schiff dafür geeignet ist. Laut Gröner Bd. 2 konnte ein Nowik-Typ wie Gnewnij oder Bystrij zwischen 50 bis 80 Minen mit sich rumschleppen, während sein dt. Pendant B 97 (gleicher Plan nur mit dt. Spezifika) 12 Minen beförderte. Entweder wichen russische und deutsche Minen derart voneinander ab, das es möglich war (d.h. die russischen waren wesentlich kleiner und leichter) oder auf B 97 ist irgend etwas gravierend anders...

Urs Heßling

moin,

Zitat von: bodrog am 13 Juni 2016, 21:15:30
Laut Gröner Bd. 2 konnte ein Nowik-Typ wie Gnewnij oder Bystrij zwischen 50 bis 80 Minen mit sich rumschleppen, während sein dt. Pendant B 97 .. 12 Minen beförderte.
Gröner, Bd. 2, S. 58 : B 97 ... 24 Minen
Aber Du hast recht; der Unterschied ist deutlich.

Zitat von: bodrog am 13 Juni 2016, 21:15:30
ich glaube nicht, dass das Schiff dafür geeignet ist.
Warum nicht, wenn entsprechend mehr Minenschienenlänge (s.o.) zur Verfügung steht ?

Wenn ich den mir bekannten Decksriß richtig deute, gab es nur an Steuerbord auf Höhe der beiden ToRo-Sätze eine einzige Minenschiene, auf die je nach Quelle entweder 12 oder 24 Minen paßten.
Bei Ausbau der ToRo-Sätze (s.o.) hätten vier (4) solcher Schienen Platz .. also 48 oder 96 Minen.

Bei ihren Unternehmungen im November 1914 legte Novik jeweils 50 Minen (Rohwer, Seemacht)

Gruß, Urs
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bodrog

ZitatBei ihren Unternehmungen im November 1914 legte Novik jeweils 50 Minen (Rohwer, Seemacht)

kann ich leider nicht beurteilen, da die Nowiks - wenn man vom B&V-Entwurf absieht - unterschiedlich waren. Möglicherweise beziehen sich die 80 Minen auf die Untergruppe der Isjaslaw-Klasse. Die waren statt 98 immerhin 107 Meter lang.

MfG

delcyros

Ein solcher Entwurf wäre ohne substanziell größere TR-Anlage m.E. im Kontext der damaligen Torpedopanik nicht begründbar.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: delcyros am 15 Juni 2016, 10:47:47
Ein solcher Entwurf wäre ohne substanziell größere TR-Anlage m.E. im Kontext der damaligen Torpedopanik nicht begründbar.
"Größere" im Vergleich zu ? .. ist mit nicht ganz klar.
Wenn wir die beiden achteren ToRo-Sätze behielten .. wäre es nicht möglich, sie (oder zumindest einen) kurzfristig (d.h. in Stundenfrist) abzubauen und Minenschienen für eine Wurfunternehmung aufzubauen (-schrauben)?
.. wie später die Schnellboote der Kriegsmarine und jene der Jaguar-Klasse der Bundesmarine ..  :O/Y

Nachklapp: bei der Suche nach dem Angriff der Torpedoboote der II. Flottille auf einen Norwegen-Konvoi am 12.12.1917 stieß ich auf diese recht interessanten Karten ..
https://books.google.de/books?id=Yw63CwAAQBAJ&pg=PA137&lpg=PA137&dq=norway+convoy+bremse+1917&source=bl&ots=v5NuTfuhKg&sig=0ZGagCkCG_IT7oCuyfl6LgYhrRI&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwielpC-4KzNAhWQmhQKHVP9B3cQ6AEIOzAE#v=onepage&q=norway%20convoy%20bremse%201917&f=false

Gruß, Urs
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