Seeflugstationen Bug und Wiek auf Rügen

Begonnen von Eddy, 21 Februar 2016, 14:34:47

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jaba

Auch ich bin immer wieder auf den Einsatz von Brietauben bei der Marinefliegertruppe gestossen. Die Verwendung von Tauben lässt sich bis ins Jahr 1918 nachweisen, teilweise mit großem Erfolg, wie die nachfolgenden Berichte belegen:

Hier einen Auszug aus den Unterlagen des Marineflugchefs:

ZitatBrieftauben haben in steigendem Maße und mit gutem Erfolg im Seeflugzeug Verwendung gefunden. In der Zeit vom 28.5. bis 5.6. haben 40 Brieftauben der SFS Flandern I die gestellten Aufgaben erfolgreich gelöst und dabei Flugstrecken von 10 bis 80 Seemeilen zurückgelegt.
Als besondere Leistung sind folgende zu verzeichnen:
Eine am 3.5. in den holländischen Hoheitsgewässern gelandetes Flugzeug übersandte eine Meldung mit Erfolg durch eine Brieftaube.
Einem am 9.5. infolge Motorpanne auf see notgelandeten Flugzeug konnte auf eine Brieftaubenmeldung hin Hilfe geleistet werden
Am 1.6. kehrten zwei Tauben, die trotz leichten Nebels von einem G-Flugzeug auf Fernaufklärung aufgelassen wurden, nach 3 1/2 stündigem Flug zur Heimatstation zurück, die hierbei durchflogene Entfernung betrug 80 Seemeilen.

Ein Check im KTB der SFS Flandern I ergab:
Zitat
Die am 3.5. notgelandete Maschine war die Fdh FF 49C 1705 [Fl.Mt. Geyger (P), Fl.Mt. Jany (B)]. Eine weitere Maschine, Fdh FF 49C 1682 [Fl.Ob.Mt. Hollunder (P), Flzg.Ob.Mtr. Haag (B)] die ebenfalls auf dem Heimweg war, kam dem havarierten Flugzeug zur Hilfe. Der Versuch das beschädigte Flugzeug zu Schleppen schlug fehl und beide Flugzeuge trieben i holländischen Hoheitsgewässer. Sie wurden von einem Wachfahrzeug aufgegriffen. Beide Besatzungen wurden interniert.

Ein weiterer Beleg, diesesmal von der Nordsee:
ZitatDie meisten Tauben haben ihre Aufgabe erfüllt. Von notgelandeten Flugzeugen sind in sieben Fällen die ersten Meldungen von Tauben überbracht worden. In einigen Fällen wurden die Tauben am späten Nachmittag aufgelassen; sie kehrten erst am nächsten Morgen in den Schlag zurück.

Die Tauben der SFS Helgoland sind nicht sicher; wenn nicht ganz klares Wetter ist, finden die Tauben die Insel nicht wieder. Sobald die Tauben des Wilhelmshavener (SFS Wilhelmshaven) Schlages genügend vorgebildet sind, werden diese den Helgoländer Flugzeugen mitgegeben.

Gruß
Alex

Eddy

Danke Alex,
für mich stellt sich eigentlich nur die Frage, hatte jedes Flugzeug was startete, Brieftauben an Bord. Bei Aufklärungsflügen über der Ostsee zwischen Schweden und Deutschland ist das sicher so gewesen. Aber eine Taube reichte da sicher nicht aus und wo waren diese Tiere in Käfigen an Bord dieser Flugzeuge verstaut? Laut Literatur wurden die Tauben auch noch eingesetzt als schon funktechnische Einrichtungen an Bord der Flugzeuge waren. Verantwortlich für die zu sendende Nachricht war sicher der Beobachter und auch für den Start der Taube. Es ist sicher kein weltbewegendes Ereignis aber es war einfach eine militärische "Einrichtung", die erklärt werden will.
Ich kenne aus eigenen Erfahrungen Brieftaubenzüchter, die diesen Sport aktiv betrieben und betreiben. Da geht es aber nicht um Flugzeuge. Die Tiere werden in Transportkäfigen zum Startpunkt gebracht und gestartet, sie orientieren sich am Wasser. Ich denke, ich werde dieses Thema etwas allgemein halten und mehr Wahrscheinlichkeiten benennen.
Eddy 
Eddy von der großen Insel

"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"

jaba

Ich kann nicht mit Gewissheit sagen ob auf allen Flügen Brieftauben eigesetzt werden, aber ich bezweifele es. Ich habe etliche Berichte von Flügen geselsen und Einträge in KTB und es wird sogut wie nie erwähnt das Brieftauben eingesetzt wurden bei Notwasserungen oder ähnliche Vorfälle. Ich glaube auch nicht das alle Einheiten Taubenschläge hatten. Darüber findet sich auch nichts in den KTB.

Gruß
Alex

Eddy

Zitat von: jaba am 07 Dezember 2019, 09:41:32
Ich kann nicht mit Gewissheit sagen ob auf allen Flügen Brieftauben eingesetzt werden, aber ich bezweifele es. Ich habe etliche Berichte von Flügen gelesen und Einträge in KTB und es wird sogut wie nie erwähnt das Brieftauben eingesetzt wurden bei Notwasserungen oder ähnliche Vorfälle. Ich glaube auch nicht das alle Einheiten Taubenschläge hatten. Darüber findet sich auch nichts in den KTB. ..
Alex,
im KTB SFS Bug steht am 15.03.1916 der nachfolgende Eintrag, also muss es zumindest auf dem Bug einen Taubenschlag gegeben haben. Ob nun bei jedem Flug Tauben mit unterwegs waren bezweifle ich auch. Es gibt im KTB Bug einige Einträge, "Training mit Tauben", es geht aber nicht daraus hervor wie das Training verlaufen ist. Aber denkbar für mich wäre die Mitnahme von Tauben bei Aufklärungsflügen, ohne Eintrag im KTB. Von Notwasserungen habe ich auch eine Notiz gefunden, passierte auf einem Langstreckenflug. Also eine gewisse Rolle spielten diese Tierchen schon bei den Seefliegern. An Land war es wohl noch intensiver, da gab es ja richtige Brieftauben-Einheiten.
Eddy
Eddy von der großen Insel

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jaba

Bei SFS Bug und Wiek hatten einen Taubenschlag da dort auch die F.B. und B. Schule war. Kann mir gut vorstllen das dies auch Teil der Ausbildung war.
SFS Helgoland und SFS Borkum hatten ebenfalls Brieftauben.

Gruß Alex

Eddy

Also ich denke, das mit den Brieftauben bekomme ich erklärt, wenn auch ohne stimmige Dokumente. Von den k.u.k.-Fliegern gibt es da auch einiges zum Nachlesen. Wird ja für die Tauben wenig Unterschied mach ob Ostsee, Nordsee oder Mittelmeer, sie konnten nur Einweg-Informationen bringen, also von See an Land, nicht umgekehrt.
Nun habe ich noch eine Frage zur Fliegerei. In den KTB´ern stehen bei Aufklärungsflügen Ortsangaben wie z.B. "in 104 delta nichts Verdächtiges" oder "in 166 delta U-Boot entdeckt".
Was muss ich unter diesen Angaben verstehen? Gibt es spezielle Fliegerkarten, die diese Einteilung haben? Denn die Marine gab ja die Position in Längen- und Breitengraden an, heute sicher in GPS-Daten, wie die Flieger auch. Wo finde ich solche Karten, damit ich erklären kann wo diese Flugzeuge im 1. WK geflogen sind? Im Bereich Ostsee ist klar und wenn von Stralsund aus die NO-Richtung angegeben wird, geht es etwa in Richtung Bornholm.
Kann mir da bitte jemand eine Tipp geben?
Eddy, der Nichtflieger
Eddy von der großen Insel

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Rudergänger

Hallo Eddy,
vielleicht eine kleine Hilfe. Im Anhang habe ich einen Ausschnitt
aus der Quadratkarte der Nordsee eingestellt. Leider habe ich von der Ostsee nichts gefunden.
Aber da muss ja das selbe Muster verwendet worden sein.

Viele Grüße
Harald

Eddy

Danke Harald,
wenn die Fliegerkarten in beiden Kriegen gleiche Einteilungen hatten, dann muss ich mal in unserem Archiv gucken, denn dort haben wir Karten aus der Zeit 1939-1945 von einem Flieger. Ich denke die Ostsee ist auch dabei. Wenn die Einteilung auch so ist, kann ich eventuell findig werden. Wie kamen die Piloten damit bloß klar.
Eddy
Eddy von der großen Insel

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der erste

Eddy, genau wie wir mit den FNMK Karten.

Eddy

Ich habe heute mal im Nachlass eines Piloten 2. WK nachgesehen und folgende Kartenausschnitte gemacht.
Der erste Scann ist von der Rückseite, eine Art Übersicht über die möglichen Karten,
der zweite Scann ist der Teil um Rügen von dieser Karte und
der dritte Scann ist wieder etwas anderes, eine "Luft-Navigationskarte in Merkatorprojektion" von Deutschland.
Beide Karten helfen mir bzgl. 1. WK nicht weiter.
Die Karte von Harald für die Nordsee ist wohl die Art, die ich für die Ostsee brauche. Gucken wir mal. Wer aufgibt hat verloren.
Eddy
Eddy von der großen Insel

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Mainschiffer

Zitat von: Eddy am 10 Dezember 2019, 17:16:00
Nun habe ich noch eine Frage zur Fliegerei. In den KTB´ern stehen bei Aufklärungsflügen Ortsangaben wie z.B. "in 104 delta nichts Verdächtiges" oder "in 166 delta U-Boot entdeckt".
Was muss ich unter diesen Angaben verstehen? Gibt es spezielle Fliegerkarten, die diese Einteilung haben?


Hallo Eddy,
ich gehe davon aus, dass es sich nicht um spezielle Fliegerkarten, sondern um Marinekarten gehandelt hat. Daher, dass die Stäbe und die schwimmenden Einheiten die gleichen Karten hatten. Schließlich musste man ja untereinander kommunizieren und sich gegenseitig über in See befindliche eigene Schiffe, verdächtige Beobachtungen oder neue Minensperren informieren. Das konnnte nur funktionieren, wenn man identische Karten hatte.

Stefan

Eddy

Es ist eine spezielle Karte für Marine und Seeflieger zur ungefähren Standortbestimmung. Diese Karten sind in neun Hauptquadrate eingeteilt, jedes davon in 850 kleine Quadrate. Der hier verwendete Auszug ist aus dem Buch "Rügens geheime Landzunge".
Das nachfolgende Beispiel vom Einsatz des Flugzeuges 495 am 13.11.1915 soll das mal verdeutlichen (wenn ich es richtig verstanden habe).
Flugzeugführer: Ob.Masch.Mt. Behrend, Beobachter: Stm.Mt. Schiller
Start um 13.25 Uhr in der SFS Stralsund Richtung NO, Aufklärung des Quadrates 166 delta um 14.20 Uhr, weiter Richtung SW, Aufklärung Quadrat 066 delta um 15.27 Uhr, Weiterflug zum Quadrat 033 delta Richtung W, hier Wasserung um 16.20 Uhr wegen starker Böen. Neustart um 16.50 Uhr Richtung SO, Wasserung im Kubitzer Bodden an der Westküste Rügens wegen starken Böen um 17.20 Uhr. Flugzeug rollt auf dem Bodden zurück zur SFS Stralsund, Ankunft 18.00 Uhr.
Eddy

Eddy von der großen Insel

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Eddy

Ich bin schon wieder auf ein Problem gestoßen, was bisher niemand erklären konnte.

Hallo Frauen und Männer,
ich möchte Euch heute mal eine rein theoretische Frage stellen, denn einen richtigen Lösungsweg habe ich bisher nicht gefunden.
Es geht um die Geschichte der Halbinsel Bug und ihrer Militärs. Die Schweden richteten 1684 ein Posthaus mit Hafen an der Südspitze ein. Das wurde später ab 1815 von den Preußen übernommen und teilweise weiter betrieben. 1833 wurde eine Wetterbeobachtungsstation dort aufgebaut und 1844 wurden Lots an der südlichen Spitze angesiedelt. Dazu entstanden eine kleine Siedlung mit sechs Häusern und eine kleine Schule. Dazu kam ein Rettungsschuppen, der mit der Gründung der DGzRS 1865, von dieser übernommen wurde. Insgesamt lebten an dieser Südspitze etwa 50 Personen und das bis 1920/21, da wurde alles aufgelöst.
Nun kamen 1915 im Herbst die deutschen Seeflieger und bauten ab 1916 im nördlichen Teil eine Seeflugstation auf, die Ende 1916 in Betrieb ging und bis 1919 betrieben wurde. Damit war die Siedlung an der Südspitze völlig von der Zivilisation abgeschnitten oder glaubt Ihr die Seeflieger ließen die Zivilisten einfach nach Dranske durch? Ihnen (den Einwohnern) blieben eigentlich nur Boote nach Hiddensee oder Dwarsdorf. Ich glaube nicht, dass auf dem Wieker Bodden, an dem zwei Seeflugstationen aktiv waren, Boote von Fischern und Bauern fahren durften.
Ich habe bisher in keiner Dokumentation, Chronik oder ähnlichen Abhandlungen etwas dazu gefunden. Vier Jahre völlig von der großen Insel abgeschnitten, einfach verrückt. Oder wie seht Ihr das? Ich hänge mal eine Karte an.
Eddy
Eddy von der großen Insel

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bodrog

Wieso sollte das beim Kaiser ähnlich restriktiv gehandhabt worden sein wie später? Es gibt Filmaufnahmen von Fischern in militärisch genutzten Häfen... zumal die Ostsee 1916 eher "Hinterland" war

Eddy

Danke bodrog,
das ist nur eine Teillösung des gesamten Problems. Mir ist klar, dass der Landweg gesperrt war und die Versorgung der Bewohner auf der Südspitze nur per Schiff/Boot möglich war. Ich persönlich bezweifele, dass den Fischern die Nutzung der Boddengewässer gestattet war, sie durften diese, wie auch die Dampfer von Wiek nach Stralsund oder Hiddensee, nur passieren. Gefischt wurde in der Ostsee. Ich nehme an, ohne es belegen zu können, dass diese Dampfer auch am Südbug einen Zwischenstopp machten, um die Bewohner des abgeschnittenen Stückes der Halbinsel die Möglichkeit der Versorgung zu geben. Nur Spekulation von mir.
Eddy
Eddy von der großen Insel

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